Die Seele verlangt nach dem Blues, aber das Gehirn versteht es nicht

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von kapa, 9.Mai.2024.

  1. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Noch einmal ein Disclaimer:
    Fragt mich nicht, wqie die das messen. Ich habe die Originalstudien nicht gelsen. Ich weiß nicht, welche Metriken sie anwenden.

    Mir ging es es lediglich um das Thema 'Talent und Üben'. Ich habe bewusst zwei gegensätzliche Dinge gepostet. Das eine aus der Abteilung 'berühmte Studie, hinterfragt und Co.', das andere als Gegenposition ein Erlebnis.

    Um zu zeigen, dass das eben nicht so einfach ist.

    Ich persönlich glaube weder '10.000h, dann bisse gut'. Schon weil die Zahl 10kh aus dem Arsch gezogen ist.
    Noch 'mit dem Blues musse geboren sein'. Halte ich für Blödsinn. Wir haben den Blues nicht in der DNA kodiert. Ebensowenig die Struktur einer Durtonleiter. Ist (u.a.) eine Frage der Sozilisation.
    Noch 'ich bin begabt, ich muss nicht üben.' Jeder muss üben. ("Üben hilft. Leider." sagte mal ein bekannter Kirchenmusiker.)

    Also bitte keine Fragen zu 'Performance von was, welche Prozente, wer hat das gemessen", darum ging es mir nicht und ich kann und will das nicht beantworten. Fragt die Leute, die mit "4% von mehr als 25% der Probanden in Gütersloh 1972, statistisch randomisiert" um die Ecke kommen.

    Grüße
    Roland
     
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  2. Rick

    Rick Experte

    Außerdem geht es hier doch überhaupt nicht darum, allgemein ein Instrument (Sax) zu erlernen, sondern um die konkrete Sprache des Blues.
    Ja, den kann man lernen, wie eine Fremdsprache.
    Und auch hier hilft es, nicht nur nach einem Lehrbuch Vokabeln und Grammatik zu pauken, sondern sich auch unters Volk zu mischen und mit möglichst vielen "native Speakers" in Kontakt zu sein.
    Mir hat, neben dem ausgiebigen Hören von Originalmusik, auch die Zusammenarbeit, sogar das Zusammenleben mit afro-amerikanischen Musikern sehr geholfen. Wenn Du täglich mitbekommst, wie sie reden und denken, dann kannst Du auch besser verstehen, wie und warum sie so singen und spielen.

    Es ist das Erlernen einer Kultur, nicht nur die Verwendung von Blue Notes usw.
    Wobei letzteres wahrscheinlich dem typischen europäischen Hörer schon vollkommen ausreicht... :-D
     
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  3. Acolonia

    Acolonia Ist fast schon zuhause hier

    Genau das isses doch.
    Mit ca 10 Jahren begann ich mit Flügelhorn, dann Kornett, 1. Trompete in einem ziemlich ambitionierten Posaunenchor, gut 10 Jahre lang. Zwischenzeitlich kauften meine Eltern ein Klavier für die jüngeren Geschwister, darauf brachte ich mir den Blues bei. Also etwas Theorie sollte schon dabei sein. Sax geht dann auch so
     
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  4. Rick Detroit

    Rick Detroit Kann einfach nicht wegbleiben

    Hausaufgabe: King Curtis, Jr. Walker, Stanley Turrentine, Jimmy Forrest, Sam Butera..
     
  5. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Kriege ich nicht ganz zusammen.

    Ach, daran wird's liegen. Bin so'n blöder Musiker.

    Grüße
    Roland
     
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  6. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Tja wenn nur Blinde über Farben reden, klappt das besser, als wenn 1 oder2 dabei sind, die sehen können.
     
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  7. Acolonia

    Acolonia Ist fast schon zuhause hier

    Vielleicht hätte ja Beethoven noch schönere Musik gemacht, wenn er nicht taub gewesen wäre?
     
  8. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Ich glaube das mit dem Zufliegen ist genau der Punkt wenn es darum geht, zur absoluten Spitzenklasse zu gehören- die Konzepte werden aufgesogen und sind in Kürze auf der Festplatte und können jederzeit abgerufen werden und werden nicht so schnell vergessen/überschrieben. Dadurch hat man in wesentlich kürzerer Zeit eine wesentlich größere Menge an "Material" zur Verfügung. Aber das Fundament muss trotzdem gelegt werden, und da kommt man um eine längere Zeit des intensiven Übens nicht herum. Ich kenne auch so einige Profis, die (inzwischen) kaum noch am Instrument üben sondern fast nur noch gedanklich.
    Aber es gibt ja nicht nur die beiden Extreme, sondern alles dazwischen, das ist eine Linie, auf der wir uns alle irgendwo zuordnen können. Evtl, besonders bei mangelnder Vorerfahrung und höherem Alter, dauert es halt ewig lang, aber mit Beharrlichkeit kann man schon einiges erreichen, da muss man sich dann aber auch im Klaren sein, wo wahrscheinlich die Grenzen sein werden.
    LG Juju
     
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  9. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Dir ist der Unterschied zwischen einem Forum und einer Echokammer klar?
     
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  10. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Dir ist bekannt, daß Beethoven nicht von vornherein taub war, sondern erst mit der Zeit taub wurde?
    Dir ist auch bewusst daß Beethoven ein absolutes Gehör und eine sehr starke Vorstellungskraft was Musik angeht hatte und warum er dann ohne "Gehör" weiter komponieren konnte?
    Wenn man grosse Namen in den Raum wirft, sollte man sich mit denen auch auseinandergesetzt haben.
     
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  11. _Eb

    _Eb Ist fast schon zuhause hier

    Das funktioniert schon, wenn man die Leute respektiert.
    Am Ende zeigt der Betrag sehr schön wer der intolerante Teilnehmer ist...
     
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  12. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Gesungener Blues, Mozarts Klaviersonaten, die Schlaflieder meiner Mutter, etc,, etc., sind alles Sprachen oder Dialekte innerhalb der Musik, die man lernen kann wie andere Sprachen.

    Wenn man „muttersprachlich“ Blues lernt, hat man das schneller drauf, eben weil die Mutter oder der Vater oder das ganze Umfeld es vorgesungen hat und es die erste Form von Musik und Lautmalerei ist, die man wahrnimmt.

    Für die Frage mit dem Talent hilft auch die Sprachanalogie. Klar gibt es Talentierte, die z.B. auch die dritte Fremdsprache relativ schnell lernen, während andere an der ersten verzweifeln und manche sogar in der Muttersprache trotz Übung limitiert bleiben.

    Und natürlich kann man Sprachen lernen und natürlich muss man üben, damit man sie überhaupt lernt, mit viel und mit wenig Talent. Und wer politikwissenschaftliche Abhandlumgen und Reden auf Englisch schreiben will hat ein ganz anderes Übungsmsterial vor sich, als jemand, der in Louisiana Kontakte knüpfen, eine Neuseeländerin heiraten oder Cockney inkl. Rhyme Slang meistern will. Ohne Input kein Output.

    Die Vorstellung, dass man etwas im Blut haben muss und nicht lernen kann, hat für mich eher soziologische Bedeutung. An der Sprachanalogie sieht man, dass die Behauptung natürlich so nicht aufrechterhalten werden kann. Es geht m.E. um einen Abgrenzungswunsch, um die Klarstellung, dass die emotionalen Aspekte der Musik einem wichtiger sind, als die technischen. Und dass man die Prioritäten der offiziellen „Musikdidaktik“ nicht teilt. Das Problem ist, dass es diese eine Linie da nicht gibt, das Feindbild verschwimmt bei genauerem hinsehen.

    Die Talentfrage hier im Forum hat m.E. für die meisten übrigens keinen Klärungsbedarf auf der Sachebene. Man könnte sich mit dem Thema ja wissenschaftlich auseinandersetzen, genetisch, soziologisch, didaktisch, und würde viel Informationen finden, die einem dem Verständnis näher bringen. Das ist aber gar nicht im Interesse der Diskussion.
    Ich denke meistens geht es um Stolz und Frustration. Oder?

    Jetzt ist es Sonntag, die Sonne scheint, wir haben alle das beste Hobby der Welt. Manche gehen es intellektuell an, manche intuitiv. Und manche haben es zum Beruf gemacht, was auch Vor- und Nachteile hat. Nicht genug Basis für Groll untereinander, wenn ihr mich fragt.
     
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  13. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Sorry ,mal wieder laienhafte Zwischenfrage:

    Ja..sicher Fremd-Sprachen kann man lernen...bei einem geht's schneller bei anderen eben langsamer.

    Aus meiner Sicht lebt Blues aber hauptsächlich aus eigenen Improvisations-Feelings......individuell kreativ !

    Werden demnach Fremdsprachen auch verimprovisiert, individuell verändert ?

    Ich verstehe den Vergleich nicht ?
     
  14. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Wie die Sprache auch, also auch Fremdsprachen.

    Aber sicher. Oder liest Du in der Fremdsprache nur Texte vor?

    Sprechen ist Improvisation, was sonst?

    CzG

    Dreas
     
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  15. _Eb

    _Eb Ist fast schon zuhause hier

    Blues ist nichts was man nicht lernen kann...
    Das alleine es Menschen gibt, die blues performen, zeigt das es erlernbar ist...

    Blues im Blut heist nichts anderes als sehr früh und intensiv gelernt....

    Es gibt kein bluesgen in der DNA... Habe gerade mal nach geschaut
     
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  16. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Aha....

    Ich dachte bisher bei einer musikalischen Improvistaion erfindet man eigene Melodien in eigenen Rythmusvariationen etc....nach meinem Verständnis wären das bei einer Fremdsprache eigene Worte und eigene Betonungen etc.

    Aber man lernt ja nie aus :rolleyes:

    Für den Monats Jazz-TOTM habe ich mal eine Impro über ein Blues-Schema vorgeschlagen.

    Wäre interessant, wenn es gewählt würde .
     
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  17. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Den Satz hast du gerade selber erfunden. Und zwar völlig problemlos. Und sogar noch grammatikalisch korrekt und mit korrekter Rechtschreibung. Und vermutlich alles spontan, ohne im Duden nachzusehen oder im Grammatikbuch. Aber du bewegst dich in der deutschen Sprache, die den Rahmen bildet. Du beherrschst dieses Idiom.

    Beim Blues kannst du m.E. keineswegs frei Melodien oder Rhythmen kreieren. Wenn du diatonische Melodien im Volkslied-Charakter oder etwas wie Zwölftonmelodien spielst, vielleicht in der Rhythmik eines Wiener Walzers, werden dir alle nur bescheinigen, dass du keinen Blues spielen kannst. Von wegen Freiheit.

    Du musst Blues kennen, um es spielen zu können. Wie man diese „Sprache“ lernt, ist bei genauem hinsehen eine Frage der Didaktik, nicht des Inhaltes. Ob du seit der Kindheit einfach 20 Jahre zuhörst, wie bei der Muttersprache, oder ob du analytisch auf Tonmaterial, Rhythmik und Phrasen der guten Blueser schaust, um des besser zu verstehen, und schneller zu lernen, ist aus meiner Sicht eher dem Lerntyp und dem Alter geschuldet und berührt weniger die Inhalte.

    Die Sprachanalogie hat ihre Grenzen, ich finde sie für diese Fragen aber meist recht treffend.
     
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  18. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Nachtrag: Ich würde sogar behaupten, dass der Wortschatz beim Blues nicht besonders groß ist und das die Coolness und Attidüde eine besondere Rolle spielen. Das macht es ja gerade schwierig, „gute Sätze“ zu bilden ohne die gleichen Phrasen zu dreschen. Man darf Klischees verwenden, aber nicht jeder!
    Wenn du den „Wortschatz erweiterst“ (z.B. mit dem Ausspielen von jazzigen Akkordsubstitutionen) begibst du dich auf dünnes Eis und brauchst irgendeine Form von Street-Credibility, damit dir das durchgeht, und manchmal auch genau umgekehrt.
    Schwieriges non-verbales Terrain!
     
    Zuletzt bearbeitet: 12.Mai.2024
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  19. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Es existieren viele Jazzstandards auf der Grundlage eines Bluesschemas.
    Da es um den Jazz-TotM geht, würde es mir persönlich besser gefallen, wenn Du einen konkreten Titel und nicht ein Schema vorschlagen würdest.
     
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  20. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Melodien entsprechen meiner Auffassung eher Sätzen, die man auch in der Sprache improvisiert. Eigene Wörter erfinden gibt es in der avantgardistischen Literatur sowie auch in der avantgardistischen Musik. Somit passt die Analogie sogar wieder.
     
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