Die trimetrale Übungstechnik

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von peterwespi, 26.September.2011.

  1. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Leider wird der trimetralen Übungstechnik relativ wenig Beachtung geschenkt und so werden tagtäglich hunderte von Übungsstunden nicht optimal genutzt.

    Die Sache ist eigentlich simpel: Während des Übens sollen die Bereiche Gehirn (Befehl), Muskulatur (Ausführung) und Gehör (Kontrolle) immer zu gleichen Teilen aktiv sein.

    Dokument "Die trimetrale Übungstechnik"


    Das Ungleichgewicht geschieht meisten darurch, dass die Muskulatur dem Gehirn voraus ist. So wird das Üben zu einer durchgehenden *Try & Error*-Aktion und man muss ständig reagieren statt agieren zu können. Dieser Missstand kann durch ein langsameres Tempo behoben werden. Einmal mehr: Wer schnell vorwärts kommen will, muss lernen, langsam (und trimetral) zu üben.

    Interessant sind da auch die Blechbläser: Sie kaufen sich für sinnlos viel Geld eine Arban-Schule, deren Inhalt eigentlich auf zwei A4-Seiten Platz hätte - einfach nicht alles ausgeschrieben, sondern der Anfang der Übung, so dass man den Rest durch musikalisches Denken weiterführen muss (wie bei den Tonleiter-Studien in 12 Monaten).
    Diese Arban-Schüler rattern dieses Buch in einem Affentempo durch, wobei in den meisten Fällen die ganze Sache *hirnlos* (im trimetralen Sinn ;-)) betrieben wird. Klappt man mitten in der Übung das Buch zu, dann ist sehr schnell Stille am Notenpult angesagt. Es ist so eine reine Prozedur mit Muskulatur und Gehör, bei der zwar schnelle Finger generiert werden. Aber man hat auf diese Art keine Möglichkeiten, die Übungen irgendwann z.B. auch in Improvisationen einzusetzen, obwohl sich diese Motive hervorragen eignen würden.
    Wer Tonleitern in vielen Variationen (Terzen, Vierergruppen, Dreiklänge - die Liste hier ist beinahe endlos) trimetral übt, hat nicht nur die Skalen fest im muskulären Griff, sondern hat durch das Vorausdenken und Verstehen beinahe unendlich viel Tonmaterial für Improvisationen zur Verfügung. Und weil dabei auch das Gehör seinen Anteil hat, wird man mit der Zeit die Figuren voraushören, was bei der Improvisation den wunderbaren Umstand erzeugt, dass Tonmotive gezielt eingesetzt werden können. Auch hier nix mehr mit *Try & Error*, sondern musikalisches Denken gezielt umsetzen.
    Ebenso weiss man anhand der trimetralen Erfahrung, wie geschriebene Noten tönen werden, ohne dass man sie vorher gehört hat.
     
  2. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Hallo Peter,

    danke für Deinen sehr interessanten Beitrag!

    Liebe Grüße

    Chris
     
  3. coolie

    coolie Strebt nach Höherem

    Dazu sagt Rolf Kühn in der aktuellen Sonic:

    "Schnelles Üben ist Zeitverschwendung".

    Auch ich bedanke mich bei Peter

    Uli
     
  4. Gast

    Gast Guest

    Prinzipiell stimme ich Peters trimetraler Übungstechnik hundertprozentig zu. Es ist extrem wichtig, dass das Gehirn immer der Muskulatur voraus ist. Desshalb ist langsames Üben unerlässlich, damit die Strukturen Gehirn, Ohren und Muskulatur richtig koordiniert werden.

    Allerdings gibt es auch andere Methoden, das Muskelgedächtnis extrem schnell zu trainieren, um dann nicht in Einzeltönen denken zu müssen, sondern in Notengruppen zu denken. Dabei wird die Muskelkoordination direkt an die Muskeln (bzw. das Unterbewußtsein) abgegeben.

    Das Ganze funktioniert so:

    Man spielt eine einzige Notenverbindung so schnell wie überhaut nur möglich (natürlich sauber). Sehr, sehr oft wiederholen.
    Dann die nächste Zweiergruppe. Und die nächste ... (schwierige Kombinationen natürlich noch öfter wiederholen!)

    Grundsätzlich immer sehr oft wiederholen, bis alles ohne Fehler sauber läuft. Dann Dreiergruppen ... Vierergruppen ...

    Man sollte unbedingt beginnen, nicht mehr in Einzeltönen zu denken, sondern in Notengruppen.

    Diese Methode ist eigentlich das absolute Gegenteil der trimetralen Übungstechnik, führt aber bei manchen Menschen unter Umständen schneller zum Erfolg.

    Ausschließliches Üben mit dieser Methode kann natürlich bewirken, dass die Finger dem aktuellen Tempo "davonlaufen" und dem Gehirn voraus sind, wie Peter das sehr treffend beschrieben hat.

    Für mich persönlich wäre daher eine Kombination beider Methoden ein optimales Training für das Gehirn und die Muskulatur.

    Das Gehirn benutzt durch die letztere Methode dann ein langsameres Raster, da es in Gruppen denkt. Ähnlich der Blockverarbeitung bei Computern. Dadurch arbeitet das Gehirn effizienter, weil es die Ausführung einzelner Elemente an die Muskulatur delegiert.

    Grüße
    ewiator
     
  5. auge

    auge Ist fast schon zuhause hier

    Leider kann ich am Sax da nicht mitreden!
    Auf der Gitarre habe ich wahrscheinlich Jahre verschenkt weil alle sagen: langsam üben! Das funktioniert so aus meiner Erfahrung nicht!

    Ich kann eine Paganini Caprice 1000 x langsam spielen können! Schneller wird man trotzdem scheitern! Dazu muss man schnell und auch über seinen Grenzen üben. Immer und immer wieder.

    Sorry wenn ich hier dagegen spreche.....

    Lg
    Auge
     
  6. GelöschtesMitglied3606

    GelöschtesMitglied3606 Guest

    "Ich kann eine Paganini Caprice 1000 x langsam spielen können! Schneller wird man trotzdem scheitern! Dazu muss man schnell und auch über seinen Grenzen üben. Immer und immer wieder."

    Das kann ich bestätigen. Die Mischung macht es halt.
     
  7. Rick

    Rick Experte

    Genau - ich werde es nie müde daran zu erinnern, dass nun mal jeder Mensch unterschiedlich ist und es deshalb auch schlichtweg nicht EINE perfekte Lern- und Übemethode für alle gibt, oder auch für ALLE möglichen musikalisch-spielerischen Problemstellungen.

    Aber Peters Überlegungen und Ansätze sind auf jeden Fall bedenkenswert, bilden eine gute Ausgangsbasis und sollten daher keineswegs ignoriert werden, finde ich.

    Schöne Grüße,
    Rick
     
  8. GelöschtesMitglied3606

    GelöschtesMitglied3606 Guest

    "Aber Peters Überlegungen und Ansätze sind auf jeden Fall bedenkenswert, bilden eine gute Ausgangsbasis und sollten daher keineswegs ignoriert werden, finde ich."

    Das kann ich auch nur bestätigen.
     
  9. ludmilla

    ludmilla Schaut öfter mal vorbei

    Auch ich kann bestätigen, dass es die Mischung macht.
    Mir geht es auf der Gitarre ähnlich.
    Es gibt Stücke die ich langsam perfekt spiele - aber an schnell nicht zu denken.

    Aber leider habe ich auch Stücke die ich schnell beherrsche, dafür aber nicht langsam spielen kann - keine Ahnung warum das so ist.

    Beim Sax versuche ich erst mal nur langsam zu üben, aber schnell das Tempo zu steigern. Bis jetzt klappt das.
    Mal sehen..

    LG
    ludmilla
     
  10. NewSebi

    NewSebi Schaut nur mal vorbei

    Sehr interessant, sich in beiden Übekonzepten bestätigt zu fühlen! Jahrelang habe ich sehr langsam bis langsam geübt, mit der Hoffnung, irgendwann schnell spielen zu können. Fortschritte haben sich zwar gezeigt, aber ich erst der Wunsch wirklich schnell spielen zu lernen hat mich dazu bewegt in schnellen Tempi zu üben. So schnell, daß es eben eigentlich zuerst unmöglich erscheint und keine Linie zu Ende geführt wird. Das hat neben den Hürden für die Finger noch andere Gründe, die sich auf Luftführung und Ansatz beziehen. Man übt beim schnell Üben auch den Ansatz an solche Tempi anzupassen.
     
  11. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Mir ist dieses Dreieck nicht ganz klar, ich meine, wie soll ich denn mein Gehirn wegschalten, das steuert doch sowohl meine Motorik als auch mein Gehör, ist also grundsätzlich zu 100% involviert??
    LG Juju
     
  12. TheSteamer

    TheSteamer Guest

    Moin!


    Solche Methode/Technik ist keine Methode, im Höchstfall eine Erklärung in der Kognitionswissenschaft.
    Eine fälschlich deklarierte Technik, die keine Stützung auf wissenschaftliche Arbeiten, der Psychologie, Anatomie, Pädagogik, Philosophie oder Phänomenologie des Geistes
    jemals finden könnte!

    Der Mensch blinzelt, es bewusst zu beeinflussen führt zu trockenen oder zu sehr feuchten Augen, aber niemals zu optimal angefeuchteten Augen.

    Beeinflusst nicht diese Leitungen, sie funzen innerhalb von Millisekunden, und sie regeln jegliches Minus mit Plus am anderen Punkt, immer automatisch!

    `Ach ich habe gerade nicht an meine Hände gedacht` …haben trotzdem den Griff gemacht`!

    `Und nein, du bist nicht tot weil du gerade mal nichts gedacht hast` ….Gehirn ist aktiviert!

    `Und ja, dein Gehör ist immer aktiviert, sonst könntest du keinen Ton regeln`!

    `Und ja, Blinde hören besser, auch eine hervorragende Automatik an uns Menschen!

    Der Mensch ist nicht im Stande, sein Gehirn zu deaktivieren, und wenn der Gehörgang offen ist, dann geht er auch nicht zu deaktivieren.

    Vielleicht bemerkt man ja, das dieser Vorgang ->Denken -> Hören -> Greifen, ein Akt, ein natürlicher Vorgang ist, der niemals in einzelnen Punkten deaktiviert werden kann, höchstens
    das Greifen, aber dann spiele ich auch nicht.

    Hier werden die automatischen Leitungen und Funktionen in einem Menschen als Methode/ Technik verkauft, das halte ich für groben Unfug!

    Grüße the Steamer
     
  13. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Peter meint offensichtlich mit "Gehirn" Vorgänge wie z.B. Transponieren im Kopf im Gegensatz zum Abspielen von Noten.


    [size=xx-small]swing-jazz-berlin.de/#jazzband[/size]
     
  14. Gast

    Gast Guest

    Also ich sehe Peter's Ansatz als absolut notwendig und richtig an.

    Die Verknüpfung des Gehirns mit dem was musikalisch passiert ist extrem wichtig! Es geht ja in erster Linie um Vorausschauendes (-hörendes) Denken. Das kann (anfangs) nur sehr langsam erarbeitet werde. Entweder komplett im Kopf oder am Instrument - und dann eben langsam.

    Das ist schon alles richtig so. Nur die Komponente Geschwindigkeit sollte in dieses Konzept noch mit eingebracht werden - dann passt für mich alles!
     
  15. rbur

    rbur Mod

    Natürlich ist das Gehirn die ganze Zeit damit beschäftigt, schwarze Punkte in Fingerbewegungen umzusetzen.
    Aber Peter meint damit, dass man tatsächlich weiß, was man tut. Dass die Etüde, die man grade spielt, Durdreiklänge in Tonleiterschritten nach oben darstellt.
    Und dann braucht man eben keine Schule kaufen, die jeweils 32 gleiche Übungen in 12 Tonarten enthält, sondern kann diese selber entwickeln.
     
  16. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Von 'Gehirn wegschalten' habe ich bei Peter gar nichts gelesen. Oder habe ich das übersehen?
     
  17. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Müsste es ja irgendwie runterschalten, wenn es gemäß dem Schema nur zu einem Drittel involviert sein sollte.
    Die Prinzipien des Feedbacks zwischen Fingern und Gehör sind ja eigentlich logisch. Ebenso wie man effektiv übt.
    Für mich passt das Schema nur einfach nicht zu diesen Überlegungen, denn ich sehe mein Gehirn als absolut übergeordnete Instanz an.
    LG Juju
     
  18. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    schnell-langsam. ich denke, das wichtigste ist, sich darüber klar zu sein, was ist langsam, bzw. ab wann wird es zu schnell.
    welches kriterium sagt mir, du übst zu schnell?
    ansonsten halte ich methoden, die voraussetzen "ich" weiss wie es geht, "ich" mische mich ein etc. für mehr als hinterfragwürdig.
    ausserdem hat-meiner meinung nach(!) steamer recht: es ist alles da und in funktion, was du brauchst, hirn, ohren, motorik.du musst nur erlauben, dass sie arbeiten. ich denke, durch einmischen und "besserwissen"
    stört man nur den reibungslosen ablauf.stellt euch mal hin und macht zwei langsame schritte vorwärts.so könnt ihr das wunderwerk eures organismus beobachten, was der alles kann, ohne dass ihr euch einmischt.besser, als wenn ihr euch einmischt!
    das gleiche gilt fürs sprechen.
    was da alles passiert-ohne unse einmischen-würden wir "machend" also mit methode nie so perfekt hinkriegen.
    und was soll man jetzt machen?
    ich denke, sich über meine eingangsfrage gedanken machen und einfach spielen "just play"wie es herr parker sagte,
    und methoden gehören ignoriert, vorsichtig ausgedrückt.
     
  19. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    @Nightwatchman

    In dem Sinne pflichte ich dir bei. Ich habe den von Peter benutzten Begriff 'Gehirn' gegen die von Rascher in diesem Zusammenhang verwendeten Begriffe der 'Imagination' oder des 'inneren Ohres' ausgetauscht. Dann haut das Schema für mich hin. Aber ob das Peter auch so gemeint hat weiß ich natürlich nicht.
     
  20. rbur

    rbur Mod

    Herr Parker war doch der, der zwei Jahre lang elf Stunden täglich Tonleitern geübt hat. Oder verwechsle ich ihn da mit jemandem?

    Ganz im Gegenteil. Peter meint, dass man es einschalten muss. Dass man eben nicht einfach nur schwarze Punkte in Töne umsetzt, sondern auch den Teil des Gehirns benutzt, der versteht, was da musikalisch passiert.
     
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