Ein unglaublicher Probeabend, und keine Erklärung dafür...

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von horrorsax, 17.Juli.2013.

  1. horrorsax

    horrorsax Kann einfach nicht wegbleiben

    Hallo allerseits,

    letzten Freitag fuhr ich wie jeden Freitag Mittag vom Harz nach Berlin. Auf der Arbeit ging alles drunter und drüber, und ich war so schon vollkommen fertig Dann waren auf der A2 auch noch etliche Staus und ich kam erst gegen 18.00 Uhr am Proberaum an.
    Der Tag davor war auch schrecklich weil es einer sehr guten Freundin wieder ziemlich schlecht geht usw.; also ein furchbarer Tag...

    Dann gingen wir, also die halbe Band (Drums, Sängerin und icke) in den Raum und fingen an einen Song zu üben.
    "Crazy" von Knarles Barkley; allerdings als Jazz Version, so, wie wir ihn schon zwei drei mal geübt hatten. Ich spiele eigentlich nur ein paar kleinere Läufe und wir hatten den Song länger nicht gespielt, weil unsere Sängerin für vier Wochen bei ihren Eltern in Paris war.

    Wir fingen ganz normal mit Gitarre (von der Sängerin gespielt) an und ich setzte irgendwann nach dem Schlagzeug ein...Aber irgendetwas muss an diesem Abend geschehen sein, denn ich spielte plötzlich Sachen, die ich vorher niemals geübt hatte geschweige denn mir jemals hätte vorstellen können, dass ich das je hin bekäme.
    Ich merkte auch nicht, daß Audrey schon lange aufgehört hatte zu singen und das das Schlagzeug nur noch mit Bassdrum, Highhat und Snare ein Standardbeat spielte. Ich war wie in Trance und nachdem ich nach einer gefühleten Ewigkeit endete, schaute mich Aurey an und meinte: "Das kann doch garnicht sein, daß man sich in nur vier Wochen soooo doll verbessern kann...Das hat mich ganz tief berührt". Unser Drummer (gleichzeitig mein Freund ) sagte garnichts mehr und guckte nur ungläubig, genau wie ich, stand auf und umarmte mich...! O.K., vielleicht hatte ich unbewusst für meine kleine Freundin, der´s so schlecht geht gespielt, aber es lief den ganzen Abend so weiter..bis der Ansatz im Eimer war.
    Ich glaubte fast, ich sei nicht mehr ich selbst und fragte mich, ob ich soetwas jemals wieder spielen könnte. Und so kam es leider auch. Am nächsten Tag leif es noch ganz gut; aber Sonntags war die Luft dann irgendwie raus und meine Enttäuschung über mich selbst riesengroß (wobei sonntag alle irgendwie schlecht spielten).

    Klar, ich hatte in den letzten Monaten wie ein Bekloppter Tonleitern geübt; aber das allein, kann so einen Abend ja nicht erklären, und nein, ich hatte KEINE Drogen genommen (o.k., vielleicht ist eine kleine Rauchschwade unseres Drummers zu mir herüber geweht) und Saufen tue ich sowieso schon länger nichts mehr, ausser Selter und "Club Mate".

    Ich habe keinerlei Erklärung dafür; hat von Euch schonmal jemand so einen Tag erlebt???
    Kann das irgendwie aus dem Unterbewusstsein kommen oder kriechen die Tonleitern nun doch nach und nach in das Langzeitgedächtnis?

    Viele Grüße

    Thomas

    PS: Ich gehe jetzt erstmal üben ;)
     
  2. Gast

    Gast Guest

    du scheinst das reinste horror - sax zu haben :lol: :cool: ;-) nimm's mit fassung und freue dich auch.
     
  3. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Du warst im "Flow". Das sind magische Momente, wo man über sich
    hinauswächst, ohne das erklären zu können.

    Auf einmal läuft alles wie von alleine, man braucht nicht denken, alles "fließt"
    und klappt automatisch.

    Kommt leider nicht so häufig vor und es bewußt zu erreichen geht eigentlich
    nicht.

    CzG

    Dreas
     
  4. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Ja und was man so aus den Biographie einiger Musiker heraus liest, war DAS dann der Grund mit Drogen dieses Gefühl wieder und wieder erzwingen zu wollen.

    Einmal das Paradies sehen dürfen und dann wieder Türe zu. :-o Lass Dich davon nicht deprimieren.

    Ich kenne das Gefühl leider nur aus Erzählungen. Wie Kugelblitze oder Ufos. :roll:

    Schön dass es ab und zu doch jemanden erwischt.
     
  5. Rick

    Rick Experte

    Hallo Thomas,

    Glückwunsch zu Deinem Erfolgserlebnis!

    Klar, ständig, das ist inzwischen schon fast Alltag.
    Wie und warum man plötzlich gut drauf ist und einem alles leicht fällt, was vorher noch undenkbar erschien, kann ich auch nicht erklären, ich finde aber auch, das es etwas Magisches, fast schon Religiöses hat.
    Nicht ICH spiele, sondern ES spielt... :roll:

    Je mehr man sich mit einer Sache beschäftigt, desto selbstverständlicher wird sie. Für jemanden, der sich ständig mit Musik befasst, ist Vieles daran so selbstverständlich wie Essen und Schlafen, während Einsteiger sich die Augen reibend fragen, wie etwas so leicht erscheinen kann, wofür sie (noch) soviel Zeit und Mühe brauchen...

    Ich sehe das wie das Autofahren, kann mich noch gut an die ersten unsicheren Fahrstunden erinnern und das Gewürge mit der Kuppelei und den Gängen - heute fahre ich pro Jahr bei Wind und Wetter zehntausende Kilometer, kann auf engstem Raum einparken usw., was mir früher wie Hexenwerk erschien. :cool:

    Oder erinnerst Du Dich noch an den Moment, als Du plötzlich ohne Stützräder und sonstige Hilfestellung Fahrrad fahren konntest? Was DAS für ein tolles Gefühl war? ;-)


    Schöne Grüße
    und noch viele solche Momente
    wünscht
    Rick
     
  6. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Das geht ohne Stützräder ??? :-o :-o :-o
     
  7. elgitano

    elgitano Ist fast schon zuhause hier

    herzlichen Glückwunsch zu deinem tollen Wochenende. Ja, Tonleitern üben hilft mehr als die Mehrheit denkt, denn du automatisierst die Läufe. So kannst du freie Energie/Konzentration in andere Dinge investieren. Und wie du schon schreibst, Freitag war der beste Tag, das gesamte Wochenende lag noch vor dir und das befreit. Und diese Befreiung in Verbindung mit freier Energie hat dir einen gewaltigen Schub verliehen. Eigentlich wie im gesamten Leben. Weiter frei aufspielen und viel Erfolg
    Claus
     
  8. Gast

    Gast Guest

    hüstel:

    ...Ja, Tonleitern üben hilft mehr als die Mehrheit denkt, ...

    also so ist es ja nun auch nicht, ich stell mir ne impro vor , wo die tonleiter hoch und runtergeht.


    nimo
     
  9. Dieter_B

    Dieter_B Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Thomas
    Eine sehr schöne Geschichte!
    Nimm es als "Geschenk" und freu dich darüber.
    Du weißt jetzt aber - was geht!
    Und - DASS es geht!




     
  10. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,

    kurz gesagt glaube ich, dass das die Momente sind, wo man es nicht schafft, sich selbst im Weg zu stehen.

    Liebe Grüße,
    Guenne
     
  11. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Cool, wenn "es einfach passiert".
    Wenn man nicht denkt, sondern die Finger einfach laufen läßt! Yeah!

    Bewahre Dir dieses Gefühl und konserviere Dir diese Momente.

    Es wird leider ja auch wieder einmal der Augenblick kommen, wo so gar nichts funktionieren will...

    Und dann erinnere Dich an solche "flow"-Erlebnisse! DU weißt, dass Du's kannst und "schlechte" Tage gibt es denn halt auch einmal.

    Weiter viel Spaß und "flow"
    tmb
     
  12. Gast

    Gast Guest

    @Mugger

    Zitat:"
    kurz gesagt glaube ich, dass das die Momente sind, wo man es nicht schafft, sich selbst im Weg zu stehen."

    Mannmann...das hast Du aber fein ausgedrückt !
    Nee im Ernst - in dem Spruch steckt sehr viel Wahrheit !



    freu

    CBP
     
  13. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Ich glaube, das sind Momente wo man vor allem von Verspannungen loslässt...auch psychischen. Ich kenne das von Etüden, die ich manche Tage (höchst selten) in, für meine Verhältnisse wahnsinnigen Geschwindigkeiten spielen kann. Beim Improvisieren hatte ich auch schon solche Momente, in denen ich im Flow war. Da habe ich die Band voll wahrgenommen und meine "Muster" durchbrochen, weil ich einfach ganz da war.
     
  14. bernd_rossini

    bernd_rossini Ist fast schon zuhause hier

    ...konserviere dir diese Momente

    genau das würde ich nicht versuchen. Du versuchst festzu halten oder wiederzubekommen, was nicht festzuhalten ist. Wie man merkt vergehen diese Momente und kommen auch wieder, wenn du sie nicht herbeisehnst.

    Im Inneren ergibt sich daraus ein tiefes Selbstverständnis und das ist das Geschenk.

    Gruß
    Bernd
     
  15. horrorsax

    horrorsax Kann einfach nicht wegbleiben

    Hallo@all,

    danke für Eure lieben Kommentare...zum Glück scheine ich ja nicht der einzige zu sein, der sowas schonmal erlebt hat :cool: Ich hätte sonst gedacht, ich bin jetzt völlig verrückt geworden. :roll:

    Vielleicht war´s aber ja auch die "Buescherseele" :lol: Es war vielleicht glücklich, das es jemand aus seinem Dornröschenschlaf erweckt, und generalüberholen lassen hat... ;-)

    Aber ich glaube, das ist das faszinierende an der Musik generell. Wäre natürlich cool, wenn sowas mal auf der Bühne passiert..(o.k., das kann bei uns allerdings noch etwas dauern...)

    LG

    Thomas
     
  16. elgitano

    elgitano Ist fast schon zuhause hier

    und noch einer :-o
     
  17. Rick

    Rick Experte

    Hallo Nimo,

    wir hatten im Heidelberger "Cave'54" jahrelang auf der Jam-Session einen US-Saxofonisten, der als Improvisation ausschließlich Tonleitern rauf und runter spielte. Zwar sehr flüssig, durchaus passend und mit super Sound, aber eben nur Skalen, sonst nichts - kein Rhythmus, keine Melodie...
    Weil er körperlich auch noch sehr einschüchternd aussah (Afro-Amerikaner), störte sich aber keiner (öffentlich) daran, er bekam immer seinen Applaus und durfte auch stets mitspielen, die "Jazzpolizei" hielt sich zurück.

    Einmal besuchte ich mit einem talentierten, aber sehr zurückhaltenden erwachsenen Schüler zusammen die Session, wollte ihn motivieren, dort selbst einzusteigen. Musikalisch war er durchaus dazu fähig, aber als er den "Skalendudler" hörte, bekam er es mit der Angst zu tun und wollte schon flüchten:
    "Wieso hast du mir nicht erzählt, dass hier das Niveau dermaßen abartig hoch ist?", fragte er mich panisch.
    Ich entgegnete, er solle mal die Augen schließen und nur zuhören, was der "Crack" denn da gerade spielte.
    Plötzlich erhellten sich seine Gesichtszüge, er grinste erleichtert und sagte: "Aber der nudelt ja nur Tonleitern rauf und runter! DAS kann ich auch!"

    Er konnte es, sogar noch besser, bekam ebenfalls Applaus, besuchte seither immer öfter Sessions, lebt heute in Berlin und erteilt dort inzwischen selbst Saxofon-Unterricht. :cool:

    Was ich damit sagen will:
    Auch Tonleitern können ihren Zweck erfüllen und das Publikum beeindrucken, wenn man sie nur selbstbewusst (und schnell genug) vorträgt. :-D


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  18. Gast

    Gast Guest

    @Rick

    Es mag gut 22 Jahre her sein, da habe ich auf einem Concert ein kleines Klezmer-Stückchen gehört. > Es bestand im wesentlichen aus zwei abwärts gespielten Molltonleitern, jeweils einen Ton versetzt.

    Ich weiss weder wie die Band hiess ( es waren Holländer ) noch wie das Liedchen sich nannte .... der Alt-Saxer hat das jedoch dermassen gekonnt und genial vorgetragen, dass ich den Song bis heute nicht vergessen habe.
    Er ist nach wie vor eines meiner liebsten Übe-Impro-Themen zum Aufwärmen.

    Das geht durchaus mit den Tonleitern ;-) ;-)
    > Natürlich sollte man nicht NUR so spielen ;-) ;-) ;-)

    CBP
     
  19. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    :ironie:

    Au ja!!!
    Eine D#kussion: Was macht ein gute Solo aus?
    Au ja! Au ja! :applaus: :)
    :pint:
    :sorry: es überkam mich....
    :duck:

    Schönes Wochenende
    tmb
     
  20. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    das sind oft die besten abende, wo man scheiß-drauf ankommt und dann trotzdem spielt. leute die gut drauf sind, brauchen eigentlich kein musikinstrument.

    gruß
    zwar
     
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