Einkommen der Künstler in Deutschland

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gerrit, 6.Dezember.2017.

  1. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    @altoSaxo ,
    alles richtig, aber warum sollte allgemein eine teilweise geistige Arbeitsleistung eines Handwerkers anders besteuert werden, als die eines Künstlers?
    Dass Subventionen einseitig wirken dürfte hinlänglich bekannt sein.
     
  2. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Weil es darum geht, dass man Menschen bildet, nicht darum, dass man in seinem Beruf geistige Leistungen erbringt.
     
    Bereckis und altoSaxo gefällt das.
  3. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Das hatte ich bereits beantwortet und Livia hat es noch mal verdeutlicht.
     
  4. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Na, ja, das ist eine recht einseitige Ansicht.
    Geistige Leistung ist geistige Leistung, egal von wem erbracht und sollte einheitlich besteuert werden.
    Nach Deiner Aussage ist Bildungsleistung mehr wert als andere.
    Bist Du Pädagogin?:rolleyes:
     
  5. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    In dem Paragraphen, der die Umsatzsteuerbefreiung betrifft, werden Personen befreit, die im Bereich der Bildung von Kindern, u. a. tätig sind. Also Pädagogen (an Volksschulen, Musikschulen, Sportvereinen (?)). (Wenn ich ein Gig habe ist es was anderes.)
    Es geht also nochmal (!) nicht darum, dass ich geistige Arbeit leiste, sondern darum, dass ich andere in ihren Fähigkeiten weiterbilde.

    Ja, ich bin Pädagogin.
     
    kokisax, jabosax und miju gefällt das.
  6. saxhornet

    saxhornet Experte

    Zum Teil sollte uns Bildung da schon wichtig sein und den Bereich nicht so kaputt machen, gerade was Kunst und Kultur angeht, wie es mittlerweile der Fall ist. Die Kinder haben nur noch extrem wenig Unterricht an den Schulen in punkto Musik und Kunst und erfahren meist sehr wenig. An den Grundschulen unterrichten teilweise Leute Musik, die kein Instrument können und Musik nie gespielt haben, trotzdem wird der Quereinstieg schwer gemacht für studierte Musiker.
    Künstler sind finanziell fast immer benachteiligt egal ob wirtschaftlich gerade goldene Zeiten sind oder nicht. Gerade derzeit geht es dem Handwerk sehr gut, den Musikern schlechter als je zuvor. Die Leute sind auch eher bereit mehr für einen Handwerker als für einen Musiker oder für Unterricht zu zahlen. Die Personen, die die magische 175000 Euro Grenze mit ihrem Umsatz überschreiten (was sehr einfach ist), können auf ihren Unterricht keine 19% raufschlagen, ohne massiv Schüler zu verlieren, es ist also dann eine 19% Kürzung deiner Einnahmen. Um das zu Kompensieren durch das Gegenziehen, müsstest Du extrem viel Geld ausgeben um das auszugleichen und wofür auch das Geld fehlt, gerade wenn der Staat auch noch erwartet, daß man selber für die Rente zurücklegt (man müsste Beamter sein, die haben eine gute Lobby). Leider sind Musiker was Lobbyarbeit und Organisation von Vereinigungen angeht oder zusammen für etwas zu kämpfen eher unfähig oder unwillig, ist meine Erfahrung. Auch kann ich als Musiker keinem Kunden eine Anfahrt auf die Rechnung setzen oder die Materialkosten (wo dann wieder der Handwerker die Ust gegenziehen kann). Insofern muss man sich überlegen, was fair wirklich bedeutet und was man will.
    Schlimmstenfalls können sich viele Unterricht nicht mehr leisten und es gibt deutlich weniger Musiker bzw. der Staat zahlt halt grosse Summen an staatlicher Unterstützung (Hartz IV und wegen Altersarmut dann die Altersvariante von Hartz IV) für viele Musiker. Hilft dem Staat aber als Konzept auch nicht, wenn Du mich fragst, wir haben schon genug Leute, die nur noch ein Handy oder Tablet bedienen können aber die Motorik für mehr nicht reicht bzw. das Auffassungsvermögen.
     
    Livia gefällt das.
  7. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Äähm - also... mir wäre es nicht genug, wenn die für mich tätigen Handwerker nur teilweise mit dem Geist dabei wären. (Ich erlaube mir, die Abwesenheit von Geist bei der Arbeit mit Abwesenheit von Teilen der Bezahlung zu sanktionieren).

    Dennoch bezahle ich beim Handwerker - nicht nur dem Wortsinn nach - ein Werk, das vorwiegend mit der Hand und Werk-zeugen erbracht wurde. In Abgrenzung zu einem (dinglichen) Produkt aus industrieller Herstellung.

    Das gilt analog für Dienstleistungen und taugt insofern nicht zur Abgrenzung ob 0, 7 oder 19% MWSt.

    LJS
     
  8. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Grundsätzlich ist der Steuersatz bei der Umsatzsteuer 19%. Der Gesetzgeber hat sich aber überlegt, dass es sinnvoll ist, bestimmte Leistungen von der Umsatzsteuer zu befreien oder dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Warum so etwas sinnvoll ist, da können verschiedene Aspekte eine Rolle spielen, da kann man unterschiedlicher Meinung drüber sein und das kann manchmal auch zu problematischen Konkurrenzsituation führen - vgl. öffentliche Musikschule mit 0% und privater Lehrer mit möglicherweise demnächst 19%. Ein ermäßigter Steuersatz für Bildungsleistungen könnte diese Konkurrenzsituation entschärfen, die bei anderen Leistungen nicht vorhanden ist, das könnte ein sinnvolles Motiv sein, daher meine Idee dazu und das ist schon mal ein Unterschied zu den Handwerkerleistungen; denn eine Gleichbehandlung könnte ja nur aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung Art 3 GG her gefordert werden und der greift hier nicht, weil die Situation wie beschrieben unterschiedlich ist.

    Eine anderes Motiv ist folgendes: bisher hat der Gesetzgeber Bildungsleistungen unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit, damit der Konsument nicht mit Umsatzsteuer belastet wird und die Leistungen, die dadurch günstiger sind, finanziell einfacher in Anspruch nehmen kann. Der Staat hält es also für förderungswürdig, dass diese Leistungen unterstützt werden und hat in diesem Fall in erster Linie den Verbrauer und nicht den Dienstleister im Blick. Ähnlich sieht es bei ärztlichen Leistungen aus, die ebenfalls grds. von der Umsatzsteuer befreit sind. Dabei geht es nicht um die geistige Leistung des Arztes, sondern darum, dass der Patient für seine Gesundheit sinnvolle oder notwendige Leistungen günstiger bekommt. Diese Förderungswürdigkeit ist für handwerkliche Leistungen aus Sicht des Gesetzgebers nicht gegeben. Man könnte natürlich darüber nachdenken, ob man handwerkliche Leistungen auch fördern möchte. Dass es sich auch um geistige Leistungen handelt, spielt jedoch aktuell keine Rolle und dürfte auch zukünftig keine Rolle spielen, sonst müsste man jede Dienstleistung, die eine Ausbildung erfordert, von der Umsatzsteuer befreien, also auch Leistungen von Steuerberatern, Architekten, Programmierern, Vermögensberatern, etc. Ein offensichtlich sinnvoller Zweck wie eine gut ausgebildete Gesellschaft, die von den meisten wohl angestrebt wird, ist dabei aber bei Handwerkern erst mal nicht erkennbar. Darum ist die Forderung, dass dann alle geistigen Leistungen ermäßigt besteuert werden müssten, nicht gerechtfertigt.

    Ob Steuerlasten gerecht verteilt sind und ob einzelne Ausnahmetatbestände sinnvoll und richtig sind, ist aber ein weites und komplexes Thema und jede gut gemeinte Ausnahme widerspricht auf der anderen Seite einem einfachen Steuersystem. Man könnte Bildung oder andere Leistungen ja auch anders fördern, etwa durch Subventionen von Lehrern oder Bildungsgutscheinen. Darum ist der ermäßigte Steuersatz auf Bildungsleistungen nur eine Idee von mir.
     
    saxhornet und Livia gefällt das.
  9. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Die überwiegende Mehrheit der Handwerkerleistungen für eine Privatperson sind steuerlich über die zumindest teilweise Absetzbarkeit von der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer gefördert. Das Gleiche gilt für Haushaltsnahe Dienstleistungen.

    Beide Regelungen waren ursprünglich als Förderung der zum Zeitpunkt der Einführung kränkelnden Wirtschaft gedacht und haben als solche gewirkt.

    Der Netto-Effekt beim Verbraucher ist allerdings stark von der Bemessungsgrundlage abhängig... selbst im Idealfall ist es wohl kaum mehr als 7%.

    Das hat aber alles nichts mit der Befreiung von Kleinunternehmern (Umsatz 17500€ pro Jahr) vom Erheben der Mehrwertsteuer und schon gleich zweimal nichts mit dem Steuersatz auf Dienstleistungen (nichts anderes ist privater Musikunterricht) zu tun.
    Und die weitgehende Befreiung staatlicher Leistungen von der Mehrwertsteuerpflicht ist auch nichts Neues.
    Die öffentlich-rechtlich organisierten aber deshalb noch lange nicht staatlichen Volkshochschulen waren bisher von der MWSt-Pflicht ausgenommen und sollen jetzt von dieser Ausnahme ausgenommen werden, wenn ich es richtig verstanden habe.

    Das ändert aber alles nichts an der Tatsache, dass zu viele Musikpädagogen zu wenig kaufwilliger Nachfrage gegenüber stehen.
    In den „Milieus“, die Wert auf umfassende, auch musikalische, Bildung legen, werden die 19% eher gering Nachfragewirksam sein.
    In Milieus, für die musikalische Bildung bedeutet, sich über Gangster-Rap im Tut-Deutsch oder Kanak-Sprak hinaus zu entwickeln ist die Bezahlung der Musikpädagogen ohnehin subsidiär.

    LJS
     
    slowjoe und kokisax gefällt das.
  10. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Ich stimme Dir absolut zu, daß mit unserem Steuerstystem einiges nicht OK ist, gerade was pädagogische Leistungen, Beamtentum usw. angeht.
    Vor allem dürfte die Besteuerung nicht von irgendwelcher Lobbyarbeit abhängig sein.

    Aber bist Du sicher, daß die magische Grenze bei 175000€ liegt, wie Du schreibst?
    Dann würde ich sofort noch Musiklehrer werden auf meine alten Tage.....:D

    Vielleicht wäre es eine gute Lösung diese magische Grenze für jedermann zu verdoppeln, oder zu verdreifachen, bevor man die vollen 19% zu zahlen hätte. Ebenso könnte man dann nur den Betrag der darüber hinaus geht hoch besteuern und nicht die ganze Summe, auch wenn sie nur um 1€ überschritten wird. Aber da bin ich zu wenig Fachmann und denke wohl zu pragmatisch und würde den deutschen Staat mit meinen Ideen recht schnell in den Ruin treiben......

    Wo kämen wir denn hin, wenn man die Steuererklärung auf einem DIN A4 Blatt machen könnte......
    Die meisten Steuerberater, Finanzbeamten und Finanzjongleure wären ja arbeitslos. :rolleyes:

    kokisax
     
    SaxFlute gefällt das.
  11. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Verwerfungen im Steuerrecht gibt es ja auch in anderen Branchen, z. B. in der Gastronomie.

    Der Gastronom kauft seine Lebensmittel und zahlt darauf 7,5% Mehrwertsteuer (Vorsteuer), auf Gerichte, die er im Restaurant verkauft muss er aber 19% berechnen.

    Mehrwertsteuer und Vorsteuer werden verrechnet, der Differenzbetrag wird ans Finanzamt abgeführt.

    Der Handwerker/Industriebetrieb bezahlt im Einkauf 19% und berechnet im Verkauf auch 19%, verrechnet also 19% gegen 19% .

    Der Gastronom wird mit 11,5% benachteiligt.

    Eine absolute Steuergerechtigkeit gibt es nicht.

    CzG

    Dreas
     
    kokisax gefällt das.
  12. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Aber wir sollten daran arbeiten......;)
     
  13. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Geht leider nicht, weil jeder ein anderes Verständnis von Steuergerechtigkeit hat.

    CzG

    Dreas
     
  14. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    Genau !
    Hauptsache die anderen zahlen und ich finde ein Steuerschlupfloch und rechne mich arm.

    kokisax
     
    saxhornet gefällt das.
  15. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Nein, gar nicht so polemisch.

    Bezieher kleiner Einkommen meinen, Bezieher großer Einkommen könnten doch noch mehr Steuern zahlen. Warum nicht?

    Bezieher hoher Einkommen meinen, sie würden ja eh schon den Großteil der Steuern zahlen, warum noch mehr?

    (die oberen 10% der Einkommensbezieher zahlen 50% der Einkommenssteuer, die unteren 30% zahlen gar keine Einkommenssteuer)

    Daher gibt es halt unterschiedliche Sichtweisen, jeder findet seine Sichtweise gerecht, aber die Sichtweisen bringt man nicht übereinander.

    Daher gibt es keine objektive Steuergerechtigkeit.

    CzG

    Dreas
     
  16. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Da hast du beim Gastronom einen Denkfehler: abgesehen davon, dass die meisten Getränke auch mit 19% belastet sind, ist es für ihn egal, wie viel Vorsteuer auf den eingekauften Lebensmitteln ist, egal ob 0, 7 oder 19%. Denn er führt im Endeffekt 19% ab, die er auf seine Nettogewinnspanne aufgeschlagen hat. Und alles, was er an Vorsteuer auf die eingekauften Lebensmittel bezahlt hat, kriegt er vom Finanzamt zurück, egal ob da 7% oder 19% waren; deshalb werden für Unternehmer in der Regel die Netto-Preise angegeben, weil nur die für sie interessant sind, wenn sie die Vorsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen.
     
    kokisax gefällt das.
  17. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    @Dreas ,

    die Gutverdiener sollten ja nicht unbedingt mehr zahlen, sondern es sollte einen quasi steuerfreien Lohn geben der über dem Harz IV Satz liegt.
    Sagen wir ca. 1000€. Erst ab diesem Nettobetrag sollte die Steuer von mir aus linear bis zum max. Steuersatz steigen.
    Das heißt aber nicht, daß jeder diesen Betrag grundsätzlich verdienen muß wenn er es nicht auf die Reihe kriegt, warum auch immer.
    Aber da gibt es sicher andere Schlaue hier, die das genauer rechnen, bzw. gegenrechnen können.

    Als Ausgleich könnten ja die Dienstwagenprivilegien zusammengestrichen werden.
    Warum muß es denn ein schwerer, grosser dick bereifter Muskelprotz sein, den die Steuerzahlen mitfinanzieren?
    Eine einigermassen motorisierte Golfklasse tut es auf steuerzahlers Kosten ja auch.
    Will man mehr, kann man es sich ja auf eigene Kosten leisten.
    Aber da höre ich schon wieder den Aufschrei der Autolobby......

    kokisax
     
    Jacqueline gefällt das.
  18. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Ein lange bekanntes und interessantes Schlupfloch waren die Cum-Ex-Geschäfte.
    Allerdings zeigen die aktuellen Prozesse, dass das Ganze nicht ganz ungefährlich im Hinblick auf Strafverfolgung war. Ob eine legale Gesetzeslücke ausgenutzt wurde oder Steuerhinterziehung vorliegt, wird sich zeigen.:confused:
     
    saxhornet und kokisax gefällt das.
  19. kokisax

    kokisax Strebt nach Höherem

    @altoSaxo ,

    genau, warum sollte es überhaupt Steuerrückerstattungen bei irgendwelchen Geschäften jeglicher Art geben?
    Jede Transaktion wird besteuert, fertig !
    Über die Höhe liesse sich ja reden.....
    Wenn jeder immer zahlt, könnte ja die allgemeine Steuer ja viel niedriger sein.

    Aber das Problem werden wir heute hier nicht lösen können.
    Gerecht wird es erst, wenn das System geändert wird und nicht die einzelnen Privilegien von der jeweiligen Regierung als Steuergeschenk für die eigene Klientel hin und her geschoben werden.
     
    altoSaxo gefällt das.
  20. saxhornet

    saxhornet Experte

    Damit ist der Beweis erbracht mal wieder, daß ich Multitasking nicht kann und mehr die Brille tragen muss, Mist.
    17500,-, eine Null zu viel erwischt, war garantiert meine Tastatur, kann ich gar nicht gewesen sein.
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden