Eintritt bei Konzerten - spielt Ihr für umsonst?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gast_13, 18.April.2014.

  1. ppue

    ppue Mod Experte

    Zitat:

    Was nichts kostet hat kein
    Wert !




    Das ist schon richtig. Aber ich sehe es etwas differenzierter, denn, was ganz viel kostet, ist auch meist Mist.

    Ich mache Musikkabarett.

    Umsonst spiele ich dann, wenn es etwas zu benefizieren gibt: ein Kleinkunsttheater, was nicht mehr über die Runden kommt oder eine Veranstaltung, deren politische Ziele ich mit trage.

    Dann gibt es Theater, wo wir auf Eintritt spielen. Wir tragen also das Risiko mit, wenn wenig Publikum kommt. Oft sind das, auch mit wenigen Gästen, sehr schöne und spannende Veranstaltungen. Die intensivsten Erfahrungen machen wir bei einem Publikum zwischen 30 und 150 Personen. Werden es mehr, so wird das Publikum zu sehr zur Masse. Auch droht der Kontakt abzureißen, wenn man die Reaktionen der letzten Reihe nicht mehr mit bekommt.

    Dann das Mittelfeld: Festgage oder Festgage mit Prozenteregelung ab einer bestimmten Einnahmesumme. Das ist so die Regel und damit können wir gut leben, so wir genug von solchen Auftritten haben.

    Besonders hohe Gagen gibt es bei speziellen Events, Galas, bei Radio- und Fernsehmitschnitten oder Festivals. Gerade hier sind die Auftrittsbedingungen oft nicht gut. Sei es, dass ein Durchlaufpublikum keine Ruhe zulässt oder ein Regisseur keine Blacks verträgt, schon gar nicht Licht von unten oder andere Kuriositäten. Das sind meist Arbeitsauftritte und die üppige Gage heißt hier eher Schmerzensgeld.

    Spezielle Erfahrungen macht man, wenn man mit Goethe-Reisen in anderen Ländern spielt. Die Gage ist mittelmäßig aber man kommt natürlich herum, was man sich nicht entgehen lässt. Leider sind die Auftritte in den verschiedenen Lokalitäten der Goethe-Institute oft schwierig. Sie sind meist schlecht informiert über das, was wir machen, haben relativ wenig Erfahrung im Veranstalten (was mich immer wundert) und man selbst weiß so gar nicht, wie das fremde Publikum die Performance annimmt.

    Hat man die Auswahl, so ist es natürlich leichter, auch mal ohne Gage zu spielen. Ich wollte zur Diskussion nur beitragen, dass auch gerade höhere Gagen der Kunst nicht unbedingt zuträglich sind.

    GEMA selbst oder dafür zu zahlen, dass man überhaupt spielen kann, geht allerdings gar nicht.

    Als Alternative sehe ich Projekte, die man selbst oder besser noch in einer Gruppe organisiert. Von der Straßenmusik zu selbst organisierten kleinen Festivals, einem Sonntagnachmittag im Stadtpark, zu dem man Musiker und Publikum einlädt, selbst organisierte Workshops im nächstgelegen Kulturzentrum oder eine eigene kleine Blaskapelle, in der man sich erprobt und die ein paar Euro auf dem nächsten Stadtfest verdient.
    In den 70ger/80gern haben wir uns die eigene kulturelle Szene selber gemacht. Das geht auch heute noch, da bin ich sicher.

    Gute Nacht, pü
     
  2. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    Ich hab zwar "nur" drei Kinder, wir nehmen aber relativ heftig am kulturellen Leben teil, auch als Familie.
    Natürlich können wir uns kein Lady Gaga Konzert zu fünft leisten, aber wer will das schon???

    Ich lebe ja auf dem Land, aber selbst hier gibt es mehr als genug zu schauen und mitzumachen.
    Eben genau das, was ppue oben schrieb: da ist hier mal n Straßenfest, da mal n tag der offenen Tür, hier spielt die örtliche Coverband, da die musikschul big band
    Ja, das ist nicht die Hochkultur, die gibt es in den großen Städten und die kann man sich als Familie nur gelegentlich leisten, das ist so und auch gut so...

    Ob ich nun Geld für mein Getröte beim Maifest im Nachbardorf bekomme oder nicht, ist mir ziemlich schnuppe, Hauptsache die Bluesband aus dem Dorf kommt auch zu "meinem" Straßenfest.

     
  3. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Primär geht es um Wertschätzung, egal ob Kunst oder Kommerz angeboten wird.

    Man kommt als Musiker nicht drum herum, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wo man mit welchem Projekt zu welchen Konditionen spielt.

    Mit dem Motto "Besser als nix" verhungert man auch bei 200 Jobs pro Jahr.

     
  4. saxology

    saxology Ist fast schon zuhause hier

    "Wo eine Betätigung unmittelbaren Arbeitsgenuss und nicht Arbeitsleid bringt, wird für sie kein Lohn gezahlt; im Gegenteil: der 'Arbeiter' muss für den Genuss dem zahlen, dem er ihn verdankt."
    Ludwig von Mises, aus: Nationalökonomie

    Die Empfänger musikalischer Dienstleistungen werden immer bestrebt sein, den unterstellten Spaß am Musizieren vom Lohn abzuziehen.
    Das ist kein bewusster Denkvorgang, sondern archaisches "Gerechtigkeitsempfinden".

    Das einzige, was dagegen hilft, ist eine Einzigartigkeit der (musikalischen) Leistung in Bezug auf die Bedürfnisse des Kunden.

    Dem Herzchirurgen, der uns operiert, lassen wir die möglicherweise vorhandene Begeisterung für sein Tun so gerade eben durchgehen - aber nur, weil unser Leben davon abhängt.
    Das gleiche gilt z.B. für Helene Fischer oder Kenny G., deren Absage den Konzerteranstalter in üble Schwierigkeiten bringen könnte.
     
  5. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    @saxology: nach deiner these verlangen h. fischer und kenny G. wohl keine gage, sondern schmerzensgeld, weil sie ihr zeug nur widerwillig spielen und heerscharen von sadisten treiben sie als publikum zur höchstleistung.....interessanter ansatz :-D

    grüsse

    mixo
     
  6. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Wir befinden uns halt in einem fragmentiertem Markt. Ganz viele Anbieter, ganz viele Nachfrager....

    Anbieter haben null Marktmacht.....

    Alle Solidaritätsbekundungen sind Makulatur, weil es immer einem gibt, dem das Wurscht ist.

    Die einzige Möglichkeit: eine Nische besetzen, was machen, was andere nicht können und damit Begehrlichkeiten wecken und/oder besonders gut sein.

    Damit man grade MICH will und nicht "irgendeinen guten Saxer..."

    Der Markt ist hart....geschenkt gibt es nix.... :)

    CzG

    Dreas
     
  7. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Bie dem heute üblichen Gesellschaftsspiel namens 'Einstellungsgespräch' und 'Personalgespräch' gehört doch quasi dazu, dass man bekundet, Spaß an seinem job zu haben.

    So gesehen dürften die Cheffs ja auch nix verdienen, weil die ja auch Spaß haben ... ah, sorry, falsch gelesn. Da steht 'Arebiter'. Bei den höheren Tieren ist das ja was anderes, die opfern sich ja quasi auf und tragen viel Verantwortung (siehe Bankenkrise). Ja, dann ...


    Andersherum wird auch ein Schuh draus: Damit Cheffe auch berechtigt Geld verdient, muss er Arbeitsleid erleben. Dafür kann ich sorgen, har har har!

    Grüße
    Roland
     
  8. Gelöschtes Mitglied1288

    Gelöschtes Mitglied1288 Guest

    Etwas Off-Topic, dennoch habe ich hier grade eine etwas andere Art des Gagen-nicht-zahlen-wollens-obwohl-vorher-schon-vereinbart-Trick:

    Am Ostersonntag habe ich zur Osternacht (Beginn: 6Uhr früh!) Improvisationen zur Lithurgie gespielt. Text wurde im Vorfeld geschickt. Teilweise habe ich zum Text gespielt, dann wieder zwischen zwei Textpassagen, Gebet, Taufe etc.

    Gage war im Vorfeld mit der Pfarrerin ausgemacht. Nun habe ich ihr die Rechnung präsentiert (wie ausgemacht...ist klar) und nun möchte sie nochmal über die Gage verhandeln, da sie sonst Ärger kriegt, wenn ein anderer Musiker die Rechnung sieht! (Wahrscheinlich landete zu wenig Kohle im Klingelbeutel)Es ist schon fast wieder zu traurig, um nicht darüber zu lachen.....

    In diesem euch allen eine schöne Woche,
    Andy
     
  9. Gast_13

    Gast_13 Guest

    :ironie:
    Tja die Neoklassiker! Wäre eigentlich lustig, was die so zusammenschrieben, wenn es nicht so ernste Auswirkungen auf vieler Menschen Leben hätte.

    Aber hatte nun der Herr Edler von Mises Arbeitsgenuss, weil er seinen Interessen folgend Freude an seinem Tun hatte - oder hatte er Arbeitsleid, weil er als Lohnschreiberling die Interessen Anderer "verkaufen" musste?
    Wir wissen es nicht - ich glaube aber nicht, dass Herr von Mises arm gestorben ist!

    Aber da fällt mir noch Gottfried Benn ein:

    "Dumm sein und Arbeit haben: // das ist das Glück."

    ;-)
     
  10. saxology

    saxology Ist fast schon zuhause hier

    Nein, ich wollte damit nur ausdrücken, dass die beiden einen "Markenstatus" erlangt haben, der ihnen die nötige Machtposition verleiht.

    Die Frage lautet doch: Treibt ein "Dann eben nicht!" meinerseits dem Kunden den Angstschweiß auf die Stirn oder nicht?


    Die Verlogenheit dieses "Gesellschaftsspiels" wird spätestens dann deutlich, wenn der Spaß eingefordert wird, z.B. in Form von Überstunden.
     
  11. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Da kann ich - zum Glück! - von abstrahieren.

    Man kann das auch so sehen: Der Veranstalter will Geld verdienen, das ist sein gutes Recht. Wenn er jetzt 100 Saxophonisten fragen müsste, bis er einen findet, der umsonst spielt, ist der Break-Even-Point überschritten, wo es billiger wäre, einfach 'nen Hunderter locker zu machen, da kann man sich 95 Anrufe sparen, kostet ja Zeit, und Zeit ist Geld.

    Dosis facit venenum. Gegen Überstunden ab und zu habe ich nichts. Sollte nur nicht zum eingeplanten Normalzustand werden, sonst ist der Vertrag im Sinne einer beiderseitigen Willenserklärung nachverhandlungsbedürftig.

    Grüße
    Roland
     
  12. saxology

    saxology Ist fast schon zuhause hier

    Das zeigt, dass du deine Verhandlungsposition als gut einschätzt, woraus man wiederum schließen kann, dass du nicht mit Musik Geld verdienen musst.

    An Berliner Musikschulen wurde vor einem Jahr auch nach"verhandelt".
    Die Lehrer bekamen neue Honorarverträge zugeschickt, nach denen nur noch einzelstundenweise abgerechnent wird.
    Der Verhandlungsspielraum bestand in der Möglichkeit, nicht zu unterschreiben und den Job los zu sein.

    Gruß
    Joachim
     
  13. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Das stimmt. Ich bin Softwareentwickler.

    Als Hobbymusiker kann ich mir manche Arroganz erlauben. Das macht frei!

    Da fehlt die Musikergewerkschaft. Jeder Beleuchter am Theater hat 'ne bessere Verhandlungsposition. :)

    Grüße
    Roland
     
  14. Marko1974

    Marko1974 Kann einfach nicht wegbleiben

    Vielleicht spart sie ja auf ne neue Badewanne. ;-)
     
  15. abraxasbabu

    abraxasbabu Ist fast schon zuhause hier

    Hütet euch vor den Pfaffen
     
  16. abraxasbabu

    abraxasbabu Ist fast schon zuhause hier

    Eine Musikergewerkschaft ist nicht die Lösung sondern eine Weltweite Gewerkschaft für alle. Und die gibt es schon. Also nicht jammern Organisieren: www.wobblies.de
     
  17. claptrane

    claptrane Strebt nach Höherem

    In Limburg soll es eine kaum benutze gebrauchte geben...
     
  18. Gelöschtes Mitglied1288

    Gelöschtes Mitglied1288 Guest

    [/quote]
    In Limburg soll es eine kaum benutze gebrauchte geben...[/quote]

    richtig, die dürfte eine ev. priesterin sicher nicht benutzen!
     
  19. saxology

    saxology Ist fast schon zuhause hier

    Da ist was dran. Wenn das Prinzip der Spartengewerkschaft weiter Schule macht, werden Piloten, Lokführer und Atomkraftwerksangestellte sich goldene Badewannen erkämpfen.
    Wer keinen großen Schaden anrichten kann wie z.B. Musiker, bleibt weiterhin am Ende der Nahrungskette.
     
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