Elitäre Kunst

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von ppue, 17.April.2015.

  1. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem

    .....Für Dich schon........
     
  2. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @Claus

    für dich ja, für mich nicht, es seidern jemand bezahlt mir für das geschenkte Kunstwerk ein paar Tausender :)

    Gruß,
    Otfried
     
  3. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Hm, Rick, das klingt jetzt etwas noch dem Motto "wenn er es nicht versteht, ist eben der Kunde schuld" ;)
    Die Bringschuld liegt für mich beim Künstler, nicht beim Staat. Zumindest solange, wie Kunst etwas mit Kommunikation zu tun hat.
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich möchte die Diskussion mal auf ein Normalmaß herunter kochen.

    Der ganz normale Künstler, wie ich ihn zum Beispiel hier in Duisburg aus dem Künstlerverein kenne, schafft Kunstwerke, die er hin und wieder in kleinen Ausstellungen bei der Sparkasse oder eben im Künstlerhaus ausstellt, er arbeitet als Lehrer an der VHS, gibt dort seinen Aquarellkurs, kann hin und wieder eines seiner Werke verkaufen, entweder davon leben oder in vielen Fällen nicht.
    Das ist adäquat im musikalischen Bereich der Instrumentallehrer, der auch in ein/zwei Bands spielt, hin und wieder Auftritte hat und sich mit etwas Glück so seinen Lebensunterhalt verdient.

    Ich zeichne dieses Bild vom normalen Künstler, weil der in großer Zahl anzutreffen ist, häufiger als die großen Meister, die in berühmten Museen zu finden sind. Und ich zeichne dieses Bild, weil kaum einer solche Künstler vor Augen hat, wenn er den Threadtitel "Elitäre Kunst" liest. Wenn man aber das, was hier über Künstler, ihre Kunst und deren Wertigkeit geschrieben steht, auf den gemeinen Künstler anwendet, dann tut man denen Unrecht.

    Unrecht deshalb, weil all die Geschichten, die einem zum Thema spontan einfallen, aus extremen Randbereichen des Künstlertums kommen. Auf der einen Seite der geniale verhinderte Künstler, der dann doch Taxi fahren muss, auf der anderen Seite der hoch gelobte millionenschwere Meister, der noch seine letzte Skizze für ein paar Tausender vergoldet. Das sind die Geschichten, die emotional greifen, uns aufregen und für uns am gesamten Kunstmarkt zweifeln lassen.

    Die Frage, auf die ich hinaus wollte, ist eigentlich eine andere und vielleicht können wir sie ohne wertende Kunstkritik angehen. Ich stelle sie noch einmal anders:

    Muss sich ein Kunstwerk von selber erklären? Muss eine Komposition spontan sinnlich erfassbar sein? Muss ich die Aussage eines Bildes auch ohne historischen Hintergrund oder Wissen um des Künstlers Geschichte begreifen können? Muss der Text einer Oper zu verstehen sein?

    Wer die Fragen mit ja beantwortet, wird sagen: Kunst darf nicht elitär sein. Wer sie mit nein beantwortet, räumt der Kunst die Freiheit ein, auch elitär sein zu dürfen.
     
  5. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ppue

    Du hast ja grad Deine Fragen selbst beantwortet...die einen werden es so sehen, die anderen anders....

    Und alle haben Recht. Das ist doch wundervoll, oder?

    CzG

    Dreas
     
  6. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Die obigen vier Fragen beantworte ich mit Nein. Deiner Schlussfolgerung stimme ich aber nicht zu. Ich kann auch Spaß oder Genuß an einem Kunstwerk haben, ohne es zu verstehen. Und wenn ich irgendwas aufgrund von Vorkenntnissen zu verstehen meine - wieso ist das gleich elitär? Ich brauche nur in einen Club zu gehen mit aktueller Musik - da verstehe ich nichts davon, aber offenbar viele andere, der Laden ist nämlich voll. Ist das jetzt die Elite?

    Meinetwegen kann bestimmte Kunst sich als elitär verstehen - ein Qualitätsmerkmal ist das nicht. Sie kann auch schlicht aus der Mode gekommen sein, so wie das Programm vor spärlichem Publikum gestern im Jazzclub.
     
    Zuletzt bearbeitet: 18.April.2015
  7. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Eigentlich finde ICH das Eingangsthema schon fraglich...

    "Elitäre Kunst".....im Grunde schon ein völlig falscher Ansatz für eine Diskussion...

    Warum sollte man über "elitäre Kunst" diskutieren? Was soll das bringen?

    Wo bringt uns das wie weiter?

    Ich finde jeder definiert sein eigenes Kunstverständnis...alles andere ist doch eigentlich überflüssig.....

    Meine Meinung...jeder darf...(Zitat Hanjo)

    CzG

    Dreas
     
  8. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Gute Idee, "den Künstler" aus der Diskussion rauszulassen. Mit dem Wort verbindet sich ja vieles, wie der Thread hier wieder zeigt. Ich habe oben geschrieben, dass ich die Maler und Musiker in meiner Bekanntschaft nicht als Künstler bezeichnen will. Der Grund ist einfach der, dass ich das Wort vermeiden will. Peter, Du hast das wohl missverstanden, ich will dadurch niemanden abwerten.

    Jetzt aber zum eigentlichen Thema.

    Als 17-Jähriger habe ich Coltrane über das Radio kennengelernt. ich war sofort von der Musik fasziniert und habe natürlich nichts "verstanden". Der damalige Moderator beim bayrischen Rundfunk fand Trane völlig unakzeptabel, weil humorlos unharmonisch, zu lange Soli und was weiß ich noch. Mir hat das nichts ausgemacht, es war eine Entdeckung. Muss noch ergänzen, dass das 1961/62 war, also vor den wirklich extremen Sachen Coltranes. (Verdamm lang her ;-))

    Tranes Musik ist elitär, würde ich behaupten. Trotzdem konnte ich spontan was damit anfangen, eigentlich spannend...

    LG Helmut
     
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  9. ppue

    ppue Mod Experte

    Ganz spannend, was du da beschreibst, bluefrog und ganz ähnlich dem ähnlich, was Rick über sein Parkergefühl schrieb. Schreibe morgen was dazu, bin durch. In der Zwischenzeit schrub ich das hier:

    Dann wäre es sinnlich erfassbar. und das wäre ein Ja.

    Weil es sich nicht selbst vermittelt und man Hintergrundwissen benötigt. Gut, dazu muss man nicht "auserlesen" sein, vielleicht einfach nur interessiert. Aber genau da scheint sich die Sache ja zu scheiden: Ist es Aufgabe des Künstlers, das Verständnis zu vermitteln oder darf er hoffen, dass auch der Schauer sich bemüht, zu verstehen?

    Keine Ahnung. Ich müsste die Musik hören und die Leute sehen. Kann mir gar nicht vorstellen, dass ich von der Musik nichts verstünde. Und dass der Laden voll ist, weil die Leute die Musik begreifen, würde ich in Frage stellen. Ich würde wahrscheinlich denken, dass es hier um erlernte Rituale ginge. Gut, dass trifft auf alle Kunst zu, denn sie setzt sich zum einen ständig mit den Ritualen auseinander und ist gleichzeitig immer der große Zeremonienmeister. Alles nicht so einfach zu trennen.

    Dem stimme ich in vollen Umfang zu.

    Obwohl: "Meinetwegen kann bestimmte Kunst sich als elitär verstehen". Da ist eine düstere Färbung drin, wieder eine Wertung, die ich nicht haben will. Wird Kunst nicht viel mehr als elitäre gesehen? Das ist kein aktiver Akt, sondern eine passive ...

    pffff, kann nich mehr,
    muss noch mit dem Hund die Rund, also Schluss,
    weil auch müde vom Töpfern. Heute sechseckig.

    Schlaft gut, pü
     
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  10. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Hi,

    Die Extrempositionen verständlich - unverständlich kommen so in freier Natur so gut wie nie vor. Eher vollzieht sich die Annäherung (idealerweise) als hermeneutischer Zirkel aus Vorverständnis und Kontakt mit dem Werk. Eine Art von Vorwissen ist immer da. Schlimmstenfalls führt sie dazu, dass das Werk dann nicht rezipiert wird (kompliziert, dissonant, und wie die Attribute alle heißen). Anderenfalls besteht zumindest die Chance, dass durch wiederholte Begegnung mit dem Werk das Verständnis vertieft wird.

    Der Begriff "elitär" auf das Publikum bezogen, bemisst sich meines Erachtens am Grad des Vorwissens zu einem Werk, einer Stilrichtung, etc. Und da sind Aspekte wie Schulbildung und anderes immer noch Faktoren, die ein elitäres Publikum generieren, das wiederum möglicherweise gar keine Lust hat, seinen Status mit anderen zu teilen.

    Und genau deswegen ist es wohl kein Fehler, wenn Kunst versucht, verstanden zu werden. Nicht im Sinne von Anbiederung. Aber ganz sicher im Sinne von Nicht-Abschreckung und dem Nehmen von Schwellenangst.
     
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  11. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Mit Verlaub, lieber ppue: deiner Argumentationskette kann ich so nicht folgen. Ich würde eher sagen, dass derjenige, der die Fragen mit "nein" beantwortet, den Empfänger von Kommunikation, die man "Kunst" nennen mag, gewollt oder ungewollt mehr in die Pflicht nimmt, sich um die Message zu bemühen. Das heißt aber noch lange nicht, dass die Botschaft oder deren Absender elitär sein müssen. Das Elitäre schließt für mich die gewollte, beabsichtigte Abgrenzung vor, quasi die Freude daran, andere vom Kommunikationsprozess auszuschließen. Die Verfasser von Kunst, die sich nicht ohne Weiteres erschließt, kann man nun wirklich nicht alle über diesen Kamm scheren. Als Beispiel wieder mal die Zwölftonmusik: sie ist alles andere als "spontan sinnlich erfassbar", und doch bin ich sehr davon überzeugt, dass Arnold Schönberg eine neue Sprache der Musik, nicht aber die Ab- und Ausgrenzung im Sinne einer elitären Geisteshaltung verfolgte. Der Mann hatte ja als Spätromantiker auch schon, z.B. mit den Gurre-Liedern, Kompositionen rausgehauen, die nicht zwischen Dessert und Espresso zu genießen waren.
    Hier kommt noch einmal das Kriterium der "Innovation" ins Spiel: der Erfinder, Entwickler, sieht sich immer der Gefahr ausgesetzt, als elitärer "Spinner" gelabelt zu werden, selbst wenn er einfach nur neue Wege ausprobieren und gehen möchte.
    Auch wenn es jetzt statt "Runterkochen" noch komplizierter wird: Adorno hat ja in seiner Musiksoziologie zum Warencharakter der Musik folgendes gesagt:

    Sie [die affektive Besetzung des Tauschwertes] entspricht der Verhaltensweise des Gefangenen, der seine Zelle liebt, weil nichts anderes zu lieben ihm gelassen wird. Die Preisgabe der Individualität, die in die Regelhaftigkeit des Erfolgreichen sich einpasst; das Tun dessen, was jeder tut, folgt aus dem Grundfaktum, daß von der standardisierten Produktion der Konsumgüter in weiten Grenzen jedem dasselbe angeboten wird. Die marktmäßige Notwendigkeit zur Verhüllung dieser Gleichheit aber führt zum manipulierten Geschmack und zum individuellen Schein der offiziellen Kultur, der notwendig proportional mit der Liquidierung des Individuums wächst.

    Er wollte also sagen, dass das Ausbrechen aus dem Prozess der Verkäuflichkeit von Musik, die den Erwartungen eines breiten Publikums entspricht, quasi eine Pflicht des Künstlers ist, aber nicht, um elitär zu sein, sondern um eine Gleichschaltung und Vermassung auszuschalten.
    Ist die Aufforderung zur Abkehr vom Gewöhnlichen elitär? Ich glaube, nicht.
     
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  12. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Dann sollten wir den Begriff "elitär" hier vielleicht auch nicht weiter verwenden. Ich glaube nicht, dass es um bewussten Ausschluss aus dem Kommunikationsprozess geht, sondern - ganz im Gegenteil - darum, ob und warum neue Kunstformen verstanden oder nicht verstanden werden. Natürlich gibt es auch elitäre Kunst in Deinem Sinn lieber henblower, beispielsweise von Stefan George. Die finde ich BTW ganz und gar uninteressant.

    Adorno musste in dem Zusammenhang irgendwann kommen. ;-) Er hat ja Recht mit seiner Kritik an der Standardisierung der Kulturgüter. Das ist aber kein ausschließliches Merkmal der Moderne oder des Kapitalismus. Die Kunstregeln wurden früher eisern beachtet, und wer sich als Hofcompositeur nicht daran hielt, war seinen Job schnell los. Die Abkehr vom Hergebrachten, dem Gewöhnlichen war immer auch ein Thema in der Kunst, damit auch die Frage "versteht's das Publikum?" (Den Jazz hat Adorno nicht verstanden.)

    LG Helmut
     
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  13. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Die Quantenphysik wird auch nur von einer handvoll Physiker verstanden und erschließt sich nicht dem breiten Publikum. Ist sie deshalb elitär?
     
  14. Claus

    Claus Mod Emeritus

    ppues Fragen sind ja interessant, aber sie lassen die aus meiner Sicht entscheidende Vorfrage unbeantwortet:

    Ist der Kunstbegriff (zumindest teilweise) an objektivierbare Kriterien geknüpft oder (siehe die Beiträge von Xcielo und anderen) genügt es, wenn auch ein Mensch auf dieser weiten Welt etwas - aus welchen Gründen auch immer - für Kunst hält? Also ein rein subjektiver Kunstbegriff ("für denjenigen ist es Kunst"...).

    Wenn Letzteres der Fall ist, erübrigt sich jede weitere Diskussion. Es gibt dann beliebig viele Verständnisse dessen, was Kunst ist, ohne das eines davon erklärbar "falsch" wäre. Wir könnten dann höchstens noch versuchen festzustellen, ob ein Kunstbegriff womöglich mehr Anhänger hat als andere, aber das ist es dann auch schon.
     
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  15. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @Claus

    Ich sehe das so. Mir kann doch niemand vorschreiben, was ich für "Kunst" zu halten habe.

    Selbst wenn die Allgemeinheit etwas für "Kunst" hält, muß ich das noch lange nicht.

    CzG

    Dreas
     
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  16. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Also wenn ich Musik höre, möchte ich nicht dazu eine Gebrauchsanweisung lesen müssen, in der steht was der Komponist damit ausdrücken wollte, damit ich weiß, was ich beim Hören empfinden soll....:D
     
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  17. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Dann stellst Du, Claus, meiner Meinung nach die Was-ist-Kunst-Frage, die für mich auch ohne eine Welt von Foren und elitären Debattierclubs eine der interessantesten Fragen überhaupt ist.
    Im Zusammenhang dieses Threads ist sie aber, wie ich finde, eine "Killer"-Frage, da sie den Sinn der (so tatsächlich explizit nicht gestellten) Frage "Darf Kunst auch elitär sein?" bezweifelt.
    Der Frage, ob die Knabenliebe im antiken Griechenland elitär gewesen sei oder nicht, sollte man nicht begegnen, indem man die Was-ist-Liebe-Gegenfrage stellte (ich weiß, dass Vergleiche oft hinken bzw. albern erscheinen).:)
     
    Zuletzt bearbeitet: 19.April.2015
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  18. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Der Begriff "Kunst" stellt immer eine Bewertung von etwas dar, will Ein-, Aus- und Abgrenzen. Damit wird er zu etwas Elitärem. Ich möchte halt einfach viel lieber von "kulturellem Schaffen" sprechen, damit stützt und würdigt man auch viel breiter und grenzt nicht aus. Und was einem zusagt oder man ablehnt lässt das auch offen. Die Diskussion was Kunst ist und was nicht ist eine rein akademische.

    antonio
     
  19. ppue

    ppue Mod Experte

    Das ist eben die Frage: Wird er gelabelt oder labelt der Künstler selbst? Ich denke, die Wahrheit liegt daneben, nämlich im alltäglichen Kunstbetrieb. Zur Ausstellungseröffnung meines Normalkünstlers kommen nur Leute, die schon per se kunstinteressiert sind. Dann spricht ein Experte die Laudatio und erklärt das Werk des Künstlers. Das erlesene Publikum findet dadurch einen erweiterten Zugang zu dem Werk. Und schwupps, ist, ohne das von irgend einer Seite gelabelt wurde, nur durch diesen ganz normalen Kunstbetrieb der Interessierte dem Wissen eines kleinen Kreises näher gekommen und hat den uninteressierten Laien ein Stück weit abgehängt.
    Elitäre Kreise entstehen so ganz automatisch und es bedarf der Anstrengung beider Seiten, diesen natürlichen Trend zur "Eingebildetheit" bewusst entgegen zu wirken. Von Seiten des Künstlers aus, der verschiedene Möglichkeiten besitzt, auf das gemeine Publikum zuzugehen und auch von Seiten des Publikums, dass sich entsprechend vorbilden kann oder einfach nur erst mal Interesse zeigen könnte.

    So sind alle gefordert, dem vom Markt diktierten Massengeschmack entgegen zu wirken.

    Ja, das entspricht ganz dem, was ich oben schrieb.

    Ich denke schon, dass er ihn verstanden hat. Sein Artikel über Jazz ist allerdings von 1936 und der Jazz dieser Zeit war über alle Maßen kommerziell und standardisiert. Die Entwicklung des Bebop mit ihren harmonischen Erweiterungen gab es noch nicht. Auch da hätte Adorno gesagt: Arbeitet an eurer Struktur, sie steht in krassem Gegensatz zur Komplexität eurer Melodien. Und Recht hätte er gehabt mit seiner Forderung, denn die rhythmische und harmonische Grundstruktur befreite sich erst in den 50er Jahren.

    Kommt drauf an, wie man elitär erklärt, s.o.. Eben als bewussten Akt oder als schleichenden Prozess der Abgrenzung spezialisierter Gruppen von der Allgemeinheit.

    Ja, ist er meines Erachtens und ich versuchte auch, darzustellen, an welche: Einmal an die Person des Künstlers, an ein kreativ geschaffenes Werk und die Anerkennung des Werkes als Kunst durch die Öffentlichkeit.

    Ein schönes Beispiel ist die Fontaine von Duchamp:

    [​IMG]

    Ein handelsübliches Urinal. Das war vor Duchamp keine Kunst und auch nach ihm hat es keins zu diesem Status mehr bringen können. Das abgebildete hat Glück gehabt, denn das Original ist verschollen.

    Duchamp war ein anerkannter Künstler. Er hat ein kreatives Werk geschaffen. Kreativ? Ist doch aus dem Baumarkt!

    Das Kreative an dem Werk ist gerade, dass es ein schon fertiges Stück aus der Massenproduktion ist, ein so genanntes ready made, das der Künstler aus dem alltäglichen Zusammenhang reißt und ins Museum stellt. Neben dem hohen Maße an Kunst- und Künstlerkritik, (der Künstler hat nichts hergestellt außer seiner Idee; er kann womöglich gar nichts!), und einer respektlosen Provokation ist das Werk dabei humorvoll inspiriert. Das Ding hängt nicht an der Wand und nennt sich Fontaine. Ist damit der Urinstrahl des Benutzers gemeint oder die Fontaine, die sich ergibt, benutzte man das Urinal in dieser liegenden Position? Der Urin flösse einem aus dem Wassereinlass umgekehrt direkt auf die Füße. Er scheint dem Publikum zu sagen: "Bepisst euch doch selber!"

    Hier ist also alles vorhanden, was es zur Kunst braucht: Ein Künstler, ein kreatives Werk und dessen Anerkennung. Ich suchte das Urinal aus, weil es so schön zeigt, dass man Kunst nicht alleine von einem Werk ableiten kann. Es besteht aus der Kommunikation zwischen Künstler, dem vermittelnden Werk und dem Rezipienten. Nur aus dieser Kombination heraus ist Kunst definierbar.

    So könnte eine Definition von Kunstwerk folgende sein: Das Kunstwerk ist ein von einem Künstler geschaffenes Objekt, dass es erfolgreich schafft, die Idee des Künstlers einem Publikum zu vermitteln.

    Da knüpft die Threadtitel dann direkt an: Ist der Künstler so abgehoben, dass das Publikum sein Werk nicht mehr verstehen kann oder ist das Publikum so einfältig, abgestumpft und auf Massenware raus, dass es seinen Draht zur Kunst, sein Interesse zu ihr schon verloren hat?

    Genau so ist es. Du bist ein Teil der Allgemeinheit und trägst, so lange du deine Meinung nicht für dich behältst, mit zur allgemeinen Meinung.

    Das sei dir überlassen. Ich will nicht Musik machen, die sich allen sofort erschließt. Das würde mich arg langweilen. Aber jedem nach seinem Gusto. Kunst ist frei und das ist ihre größte Stärke. Sie darf experimentieren, muss Sachen zusammen setzen, die es vorher noch nicht in der Zusammenstellung gab, will immer neue Wege finden.
     
    Bereckis gefällt das.
  20. ppue

    ppue Mod Experte

    Oder den Begriff des Künstlers vom hohen Ross stürzen. Ich möchte mich nicht als "Kulturell Schaffender" bezeichnen, sondern möchte, dass "Künstler" als zwar spezieller, aber doch alltäglicher Beruf angesehen wird.
     
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