Elitäre Kunst

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von ppue, 17.April.2015.

  1. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Da geht es mir ähnlich. Und als Elite unter Künstlern würde ich die ansehen, die Meister darin sind Emotionen auszulösen, den Betrachter zu fesseln, herauszufordern. Und das hat überhaupt nichts mit Gefälligkeit zu tun. Zur Kommunikation gehören gleichermaßen der Sender und der Empfänger. Wenn keine Verständigung möglich ist, kann das ganz verschiedene Ursachen haben. Vielleicht fehlt die gemeinsame Sprache. Vielleicht ist der Empfänger taub oder der Sender spricht einfach schlecht.
     
  2. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @chrisdos

    Genau...wie im sonstigen Leben auch...

    CzG

    Dreas
     
  3. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Dies ist für mich die Kernaussage!
     
  4. deraltemann

    deraltemann Strebt nach Höherem

    Woher weist du was ich weis? Lange genug Springer Presse live erlebt
    und die Massstäbe die die Bild an ihre Arbeit stellt. Und gesehen wie der verein mitkritischen Journalisten umgeht.
    Also für mich gibt einen Unterscheid zwischen journalistisch gut und Meinungsmache
    Bild bedient da doch mehr so die Lobby bestimmter Kreise und das hat nichts mit exelenter journalistischer
    Arbeit nix zu tun.

    back to topic
     
  5. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Ich scheine hier mehr der konservativen Fraktion zum Thema Kunst anzugehören. Diese Aussage halte ich für mich persönlich nur bedingt für zutreffend. Solange "im negativen Sinn" bedeutet, dass es mich tief traurig macht, Beklemmung oder Grusel hervorruft bin ich dabei. Wenn ich beim Hören oder Betrachten eines "Kunstwerks" mir nur denke "was für eine Sch...", dann ist das auch eine negative Empfindung, aber keine die ich als "Kunst" bezeichnen würde.

    Tatsächlich ist für mich "Kunst" untrennbar mit "können" verbunden. Einen Satz Töpfe in einen Flügel zu werfen oder mit einer Schaufel Exkremente an eine Wand zu spachteln mag bei mir auch starke Gefühle auslösen, aber "Kunst" ist das für mich nicht. Vielleicht ist es eine Kunst, so etwas jemandem als Kunst anzudrehen. Wenn sie wieder einmal begeistert berichten, dass in Salzburg eine sensationelle Uraufführung von Mozarts "Don Giovanni" stattgefunden hat – mit nackten Künstlern in einem Kohlenkeller, dann ist das weder kreativ noch Kunst, sondern lediglich der 10.000ste Versuch eines selbst unbegabten Menschen am Genius anderer ein wenig teilhaben zu können. "Ich kann zwar selbst keine neue Oper schreiben, aber ich kann eine vorhandene so verstümmeln, dass man sie kaum mehr wieder erkennt." Großartig. Ganz im Gegenteil beispielsweise zur Modernisierung von "Romeo und Julia", die im Film mit Leonardo Di Caprio überzeugend umgesetzt wurde. Das ist aber auch nicht in erster Linie dem Regisseur zu verdanken sondern William Shakespeare, der eine dermaßen gute Geschichte erzählt hat, dass sie ein paar Anpassungen noch problemlos übersteht.

    Kunst ist für mich etwas, das zum Einen nicht jeder "kann" und zum Anderen das Leben positiv beeinflusst. Niemand hat etwas davon, wenn man vom Hören eines Werkes Depressionen bekommt, oder wenn einem beim Betrachten einer senfgelb/kotzgrünen Schmiererei übel wird. Um bei mir als "Kunst" durchzugehen ist zumindest ein hohes Mass an handwerklicher Fertigkeit nötig. Das muss dann noch nicht kreativ sein, denn das ist davon unabhängig. Es kann etwas enorm kreativ sein und dennoch keine "Kunst". Dann hat es den Reiz des neuen und überraschenden.

    Leider hat sich der Reiz des Neuen und Überraschenden in der "modernen Musik" längst abgenutzt. Es macht sich Beliebigkeit breit, die nur deshalb gelegentlich hohes Können beweist, wenn man imstande ist, diese "Zufälligkeit" jedes mal exakt zu reproduzieren. Fällt auch das weg, bleibt keine bewundernswerte Leistung mehr übrig, die den Begriff "Kunst" rechtfertigen würde.

    In meiner Funktion als Orchester Musiker bewundere ich die Kunstfertigkeit mancher Kolleginnen und Kollegen und die Genialität der verschiedenen Komponisten ein stimmiges Ganzes zu ersinnen.

    Eine "Personen Installation" bei der mit Farbe überschüttete Darsteller eine Stunde vor Publikum zum Klang einer Klospülung in der Nase bohren und vor sich hin lallen ( (c) das habe ich gerade in einem Anfall von Kreativität erfunden!) würde ICH aber nicht als Kunst durchgehen lassen.
     
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  6. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Tja, viele sehen das eben anders. Mir geht es auch oft so, dass ich zweifle ob das jetzt Kunst ist oder nicht - auch wenn ich dazugehörend über einen gesellschaftlichen Kontext, ein mehr oder weniger ausufernd-verständlich-unverständliches Konzept lese. Die Abwesenheit von handwerklichem Können macht mich schnell mal misstrauisch und ich vermute, dass man mir Mist andrehen will unter dem Deckmantel intellektueller Raffinesse z.B. Schön haben wir darüber gesprochen, könnte man dann immerhin sagen.

    antonio
     
  7. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Das ist dann keine negative Empfindung, sondern ein negativer Gedanke! ;-)

    Dazu fällt mir der Satz ein: "Auch Männer haben Gefühle - Hunger und Durst zum Beispiel"
    :ironie:
     
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  8. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Da scheinen sich ja zwei Extrempositionen herauszukristallisieren. Die einen sehen alles als Kunst an, was jemand zur Kunst erklärt, sei es der "Macher" oder der Rezipient, die anderen legen handwerkliche und ästhetische Maßstäbe an, die ein Kunstwerk notwendigerweise erfüllen müsse. Es gibt natürlich auch Zwischenpositionen aller Art.

    Jetzt gibt es aber nicht nur Kunst und Nicht-Kunst, sondern auch Kunst und große Kunst. Ich nehme mal als Beispiel die Matthäuspassion von Bach für viele andere Werke. Das Oratorium ist allgemein anerkannt, niemand zweifelt an seiner künstlerischen Qualität. Es muss also doch irgendwelche allgemeinverbindlichen Maßstäbe geben, nach denen bewertet wird, ob etwas große Kunst ist. Die sind nicht nur subjektiv und haben sich im Lauf der Jahrhunderte gefestigt. Es scheint uns leichter zu fallen, große Kunst zu erkennen als einfach Kunst, vor allem wenn diese neu ist. (Ein erstes Fazit)

    Die ursprüngliche Frage hier war, ob Kunst elitär sein muss. Ich behaupte nun einmal frech, dass die Matthäuspassion sowohl elitär als auch nicht elitär ist, wobei ich mit "elitär" meine "nicht ohne weiteres verständlich". Bach hat äußerst kunstvolle Musik komponiert, man musste also musikalisch vorgebildet sein, um diese zu "verstehen". Die Passion wurde aber im Gottesdienst gespielt, also nicht für eine Elite, sondern das Volk. Außerdem verwendete er alte Choräle, Kirchenlieder, die der Gemeinde bekannt waren. Und das ist "einfache" Musik.

    Dieses "O Haupt voll Blut und Wunden" berührt mit seiner einfachen Melodie zutiefst, gerade in Verbindung und als Kontrast zu Bachs kunstvoller Komposition. Es ist wie ein einfacher alter Blues, der uns direkt emotional anspricht.

    Wenn ich das jetzt schreibe, wird mir wieder mal bewusst, wie genial Bach war.
     
  9. ppue

    ppue Mod Experte

    Die Matthäuspassion war bestimmt nichts für das einfache Volk und wurde auch mal nicht eben mit zwei Orchestern, zwei Chören, etlichen Solisten in über zwei Stunden in der Kirche gespielt.

    Nein, hat keiner so getan, es gehören zwingend beide dazu, der Macher und der Rezipient.
     
  10. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Ich käme da zu einem klaren Jein. Du hast ja den historischen Hinterrund schon angesprochen. Alles hat auch eine zeitliche Perspektive. Um Coltrane in Ansätzen zu verstehen, ist es sicher hilfreich Parker verstnaden zu haben. Um Parker zu verstehen ist es wiederum hilfreich den Swing verstanden zu haben usw. usw. Dabei ist es eigentlich egal, ob ich mich der Musik analytisch nähere oder rein emotional über Hörgewohnheiten. .... Gut, das "spontan" sinnlich erfassbare ist dann sicher nicht mehr spontan. Aber Genuß kann komplex sein, muss es aber nicht.

    Ich vermute mal, dass Kunst am Anfang einer Stilepoche meistens elitär ist. Wenn sich der elitäre Ansatz aber durchsetzt und verbreitet, ist es häufig nicht mehr elitär. Aber ist es deshalb auch keine Kunst mehr? Da hätte ich so meine Zweifel.



    Keep swingin´



    Saxax
     
  11. EstherGe

    EstherGe Ist fast schon zuhause hier

    also verstehe ich das jetzt richtig :
    elitär ist also eine Gruppe, die sich in einer Richtung besonders gut auskennt und so die Richtung (also Kunst in Form von Musik, Bildern, Skulpturen, Architektur ect.) versteht und beurteilen kann.

    Nun beschleicht mich aber immer die Befürchtung, dass diese Elite sich aber auch "nur" auf bestimmte Bereiche bezieht. Andere bereiche zählen einfach nicht dazu, da gibt es einfach keine Kunst. Warum Architektur und nich Maschinenbau? Da diese elitäre Gruppe der sogannanten Kunstversteher sich damit eben nicht auskennt und das Proletariat ja keine Kunst schaffen, oder verstehen kann.

    Und das finde ich einfach viel zu eng gedacht.

    Kunst kann nur ein studierter, ein elitärer verstehen? Nein, das denke ich nicht. Kunst muss alle ansprechen.
    Da komme ich doch noch mal auf "Hurtz" von Hape zurück, der die elitäre Gruppe da so richtig vorführt.

    Und nicht alle Picasso Bilder sind Kunst, sie sind nur von einem großen Künstler, dessen Name drunter steht und daher wertvoll sind. Das ist die andere Spate "Kunst"
     
    deraltemann und kokisax gefällt das.
  12. Claus

    Claus Mod Emeritus

    doch
     
  13. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Genau!
     
  14. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem

    hier ein Link, Anschauen lohnt sich ;)

     
  15. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    meiner meinung nach erzeugt "kunst" als abgetrennter nominaler begriff erhebliche sprachlogische probleme. gemeint ist ja nicht das "kunstwerk" in seiner physischen wahrnehmbarkeit, sondern eine eigenschaft dieses "kunstwerkes". eigenschaften sind aber nicht durch sich selbst existent, sie müssen zuerst subjektiv einem "ding" zugeteilt werden. sie entstehen erst durch betrachtung und reflexion. kunst ist sozusagen eine behauptung des kunstschaffenden und/oder der rezipienten.
    die unterschiede ergeben sich ganz von selbst durch die unterschiedlichkeit der kriterien, aufgrund derer die behauptung jeweils aufgestellt wird. dass solche kriterien im rahmen gesellschaftlicher konsenzbemühungen gebildet werden, ist leicht auszudenken. auch dass sich die kriterien mit dem voranschreiten des gesellschafftlichen diskurses ändern, ergibt sich.
    ersetzte man gedanklich den begriff "Kunst" durch "Künstler sein", würde die eigenschaft des "künstlerischen" den (momentanen) zustand einer handelnden person beschreiben.
    mir erscheint das als sinnvoll, weil zumindest ein teil der abgetrenntheit aufgehoben wird. dadurch wird es auch möglich, die produkte des künstlers als ergebnis von zuständen zu beschreiben, die ja sehr unterschiedlich sind.

    ich selber bin machmal (natürlich nach meinen eigenen kriterien) künstler, im sinne von: ich schaffe etwas neues, einzigartiges.
    öfter als das bin ich musiker, im sinne von: ich interpretiere auf meine weise und verleihe bekannten stücken etwas eigenständigkeit.
    meistens aber bin ich musikant, im sinne von: ich bin einer von denen, die da musik machen.

    und so oder ähnlich stell ich mir vor, sind sie alle, die künstler, ein gemisch aus Genius, Interpret, Plagiator, Kopist, und Erzeuger von banalem Füllmaterial. Oft genug trifft sich das alles in einem einzigen Werk.


    ethymologisch kommt das wort "kunst" wohl nicht von "können" sondern von "kunde" (ich weiß, dass bei wiki was anderes steht...). darin steckt schon der anspruch, kunst möge mitteilend sein, sowie auch in gewisser weise auch "neu". ob aber solche herkunftsbetrachtungen produktiv sind, sei mal dahin gestellt.

    gruß
    zwar
     
    Zuletzt bearbeitet: 22.April.2015
  16. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Ja, damit ist es auf den Punkt gebracht.
     
  17. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    ich halte so Charakterisierungen wie "neu" oder "mitteilend" als notwendiger Bestandteil für Kunst als nicht angemessen.

    Kunst ist in meinen Augen das Produkt eines kreativen Prozesses. (Punkt)

    Und eben dadurch zur Kunst erhoben, dass der Schaffende und/oder der Konsumierende es als Kunst empfindet. (Punkt)

    Alles Weitere kann Eigenschaft von Kunst sein, muss es aber nicht.

    Und richtig, ein Großteil dieser länglichen Debatte wäre damit eigentlich hinfällig ;-)

    Gruß,
    Otfried
     
    Bereckis gefällt das.
  18. ppue

    ppue Mod Experte

    Nö.

    Es hat keiner so getan, als könne alleine der Künstler oder alleine der Rezipient bestimmen, was Kunst ist. Es gehören beide dazu. Zwar bringt es auch auf den Punkt:

    Wobei ich eben das oder ausschließe. Kunst entsteht in der kreativen Manifestierung der Behauptung des Künstlers (seinem Werk) und in der Kommunikation mit dem Rezipienten. Fällt diese Kommunikation aus, z.B. wir das Werk nicht verstanden oder ignoriert, ist es fraglich, ob sich die Manifestierung Kunst nennen darf. Damit wäre Otfrieds Standpunkt wohl auch dabei.
     
  19. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @ppue
    Künstler und Rezipient können aber eben auch ein und dieselbe Person sein ;-)

    dem zweiten Teil stimme ich eben nicht zu!
    Die Werke van Goghs hat zunächst niemand verstanden, er wurde schlicht ignoriert.
    Trotzdem waren sie schon alleine dadurch Kunst, dass sie gemalt wurden, und dies in künstlerischer Absicht.

    Gruß,
    Otfried
     
  20. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Ach, und ich dachte, dann sei sie elitär....:)

    Jetzt mal ernsthaft. Jeder Versuch in diesem Bereich etwas festzulegen, muss scheitern. Die Diskussionen bei ähnlich schwammigen Begriffen wie z.B. "Jazz" verdeutlichen ja die Diskrepanz zwischen dem Wunsch, Dinge klar, eindeutig und allgemeingültig zu definieren und den sehr unterschiedlichen vorhandenen Vorstellungen. Es gibt keinen Gesetzgeber, keine Kommission, die uns erlösen würde. Die Auflösung mittels einer Mehrheitsmeinung lehnen wir ab, wie ich finde zu Recht. Wir müssen also lernen die teils sehr unterschiedlichen Auffassungen auszuhalten.

    Immerhin wissen wir jetzt, dass wir nichts wissen....:) Unbefriedigend? Na gut, die Klärung des Begriffes "elitär" böte noch Angriffsflächen.
     
    Claus und zwar gefällt das.
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