Entlacken

Dieses Thema im Forum "Reparatur und Instandhaltung" wurde erstellt von saxchrisp, 22.September.2018.

  1. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Halt nur blöd, dass unsere Sinne (mitsamt der Verarbeitung in der Signalkette) uns zwar recht sicher durchs Leben bringen, dennoch keinen Zuverlässigkeitspreis gewinnen können.
    Nichts ist zweifelhafter als: "Ich habe es selbst gesehen / gehört".
     
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  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Das ist die eine These.

    Die Gegenthese wäre: Eine stehende Welle in einem Horn mit mehr Masse zu erzeugen, braucht weniger Energie, weil keine Energie in der Schwingung des Materials verloren geht.
     
  3. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Laut den australischen Akustikern, deren Webseite wir manchmal bemühen, kommt nur ein kleinerer Teil der Energie der Reinpustung am anderen Ende als Schallenergie raus. Das meiste geht als „Friction Loss“ in das entropische Universum. Ob die Anregung von Schwingung hier auch dazugehört und relevante Energie frisst, kann ich nicht rauslesen. Ich werde heut mein Saxophon innen wie einen Golfball auskleiden, um die friction losses zu vermindern. Vielleicht gibts da einen formbaren Lack? :)
     
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  4. Onkel D

    Onkel D Schaut öfter mal vorbei

    Ja, genau. Wobei nicht die Masse die entscheidende Größe ist, sondern die "Steifigkeit" und der Anteil, der beim Schwingen durch Dämpfung in Wärme umgewandelt wird, also für die Schwingung verloren geht (wie @JES schon geschrieben hat). Mehr Masse des gleichen Materials kann aber natürlich zu mehr Steifigkeit führen.

    Dennoch - und da wird es dann kompliziert - wird bei einem Saxophon auch das etwas dickere Material zu schwingen (und damit zu dämpfen) anfangen. Blöd. Gegenläufige Effekte, nichtlinear, mit komplizierten Geometrien und (uns) unbekannten Parametern. Außerdem geht es ja überhaupt nicht nur darum, wie stark etwas schwingt oder dämpft, sondern wie das ganze sich über den hörbaren Frequenzbereich verteilt. Ab da müssen wir uns dann auf unser Erleben und Hören stützen, wie unsere Vorgänger schon seit langer Zeit. Ist doch eigentlich auch schön. :)
     
  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Das war damit gemeint.
     
  6. Onkel D

    Onkel D Schaut öfter mal vorbei

    Ich weiß, es ist nur ein Witz. Aber da ich tatsächlich Strömungsmechanik-Vorlesungen halte und der Golfball darin auch vorkommt, würde ich Dir abraten. Bei den Dellen im Golfball geht es darum, möglichst frühzeitig Turbulenz zu triggern und so eine frühe Strömungsablösung zu erreichen, wodurch sich in der Folge ein geringerer Strömungswiderstand ergibt. Dellen auf der Innenseite des Saxophons dürften da eher wie akustische Diffusoren wirken und die Entropieerzeugung erhöhen. :D
    Sorry für OT...
     
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  7. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Bei mir geht die Fragerei schon los, inwieweit die Dämpfung und der Energieverlust geringer wird, wenn ein Teil der Blechtröte gerade in dieser Frequenz resoniert. Das Erreichen einer Resonanz wird den Energieverlust geringer halten, als das zaghafte mitschwingen ohne Resonanz, nehme ich zumindest an. Von daher glaube ich, dass die Schwingungen, die wir am Horn spüren, vielleicht gar nicht das Problem sind, sondern die, die wir nicht spüren.

    Ich bin aber erst glücklich, wenn endlich einer von euch Akustik studiert und das experimentell austestet. Astro- oder Atomphysik, Ingenieurswesen aller Art, Maschinenbau, etc. - was haben wir schon alles versucht, es bringt uns in den entscheidenden Punkten nicht weiter.
    Wir brauchen einen Forumsakustiker mit Testlabor, der unsere Experimente zeitnah durchführt. Wer macht es?
     
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  8. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Ich habe da eine Schnapsidee). Diese Glöckchen aus Bronze haben knapp 4 cm Durchmesser, also ziemlich groß. Der Preis für 20 Stück beträgt 12 Euro. Ich vermute, die sind unlackiert und sie haben einen Klang. Und sie sind ziemlich gleich von der Masse her und vermutlich vom Klang auch.
    Wenn man sie verschiedenst lakiert und beschichtet, könnte man anhand dieses Experiment feststellen, ob eine Lakierung bzw Beschichtung die Klangeigenschaften der Körper aus Kupferlegierungen beeinflusst?
    Denn dies wäre einfacher als eine Dutze Screenshot_20250605_164601_Gallery.jpg nd gleiche Saxophone (die nicht unbedingt gleich sind) zu lackieren bzw entlacken:).
    Desweiteren habe ich jetzt versucht, einen Topf mit einer ganz dünnen Küchenfolie stramm zu überziehen. Der Klang verändert sich. Kann man da einen Vergleich zu Lakierung ziehen?
     
  9. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Ich sehe gerade, dass sie wohl lackiert sind. Aber sie zu entlacken ist ziemlich einfach
     
  10. Shorty

    Shorty Ist fast schon zuhause hier

    in meinem früheren Berufsleben bin ich viel im Akustiklabor mit Klimaanlagen im Fahrzeug gesessen.
    Auch viele vergleichende Windkanalmessungen. Eine Messung zu wiederholen, bei minimaler Veränderung
    des Messobjektes, ist eine Kunst für sich. Bei Akustik super schwierig, da nicht nur die MIC-Position, sondern
    auch die Position im Raum einen riesen Einfluß auf das Messergebnis hat. Eine vergleichende Messung mit z.B. verschiedenen
    Daumenhaken, Schräubchen S-Bogen bzw. anderem Mod-Equipment halte ich für nicht möglich. Und das nur
    bezogen auf Equipment. Mit Spieler ist das völlig absurd zu glauben, da kann was vergleichendes gemessen werden.

    Ist doch auch egal, habe es schon öfters erwähnt, der subjektive Eindruck ist entscheident. Und wenn sich jemand
    mit nem speziellen Daumenhaken, weniger Lack etc. auf seinem Horn wohler fühlt - völlig OK. Ich testete vor vielen Jahren
    auch rum...... hab am Tenor aber wieder den original Daumenhaken, S-Bogenschraube, spiele auf meinem Soloist
    die original Blattschraube. Ausdrücklich behaupte ich für mich, nur für mich, andere sind nicht gemeint, ist es Eso-Voodoo-Zeugs.
    Die Modifikationen haben einen subjektiven Einfluss.
    Wenn nach dem Lackentfernen (wieviel Gramm sind das?) das Horn angeblich besser klingt, dann müsste ja bei weiterem Material-
    abtrag das Horn noch besser werden! Weil ja dämpfend.
    Die Geigenbauer hauen mehrere Schichten drauf, dort ist das Verhältnis Gewicht Geige zum Lack ja noch krasser. Und dann
    ballern die C37-Lack drauf wegen Kohlenstoff im Lack etc. Wenn C37-Lack angeblich besser klingt, dann müssten wir unsere
    Kannen ja damit lackieren......
    Deswegen einfach spielen, und gut is.
     
  11. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Du willst nicht streiten, haust aber gleich so was raus.... Toller Einstieg.

    Da wäre dann schon mal zu klären, ist die schwingung des saxophons selbst ein Bug oder ein Feature. Soll der korpus schwingen oder ist eher ein ungewollter Effekt.
    Vielleicht kann die Liste von @ppue mit den unterschiedlichen Massen hier einen Indikator geben. Gegen deine massetheorie spricht das plastiksax von C.Parker.

    Wenn die Luftsäule für den Klang zuständig sein soll, dann wäre eine korpusschwingung ungewollt und kontraproduktiv da energiezehrend. Bei der Berechnung eines saxophons werden korpusschwingungen m.w. nicht berücksichtigt bzw mit deutlich geringerem Einfluß als tonlochkamine oder umlenkungen.

    Dazu hat @ppue schon ein Gegenargument geliefert.
    Ausserdem setzt du einen effekt voraus. Das gäbe es erst einmal zu beweisen.
    Hier war mal vor langer Zeit eine Diskussion dazu, wo man behauptete, wenn man Gewichte an die Steckung befestige mittels gummiringen, dann würde dies einen positiven Effekt haben. Habe ich versucht.... Nix. Auch Gewicht im Notenhalter (angebaut natürlich)... Bei mir kein Effekt.

    @antonio
    Wenn wir versuchen wollen eine entlackung statistisch zu erfassen, dann brauchen wir unbedingt den ausgangszustand. Nehme ich bspw eines meiner Kannen, dann ist da einiges vom originallack bereits runter. Da dürfte der Effekt anders sein, als wenn ich ein nagelneues Instrument mit perfekter Lackierung abledere.
    Wir sollten auch grob die bauepoche erfassen. Lacke von heute dürften chemisch anders sein als vor 50,70 oder 100 Jahren. Damit könnte der Effekt auch anders sein.
    So sehr ich daten mag, das sehe ich als schwierig zu realisieren an.
     
  12. Shorty

    Shorty Ist fast schon zuhause hier

    die einzige Möglichkeit bei Modifikationen (z.B. Daumenhaken) was rauszumessen, ist den Korpus
    mit Knochenlautsprechern in Schwingung zu versetzen. Das wäre reproduzierbar solange beim
    Wechseln einer Modifikation das Horn in der Position nicht verändert wird. Und dann muss man sich
    damit beschäftigen, was messe ich da raus und wie kann es interpretiert werden. Beim Entlacken
    vorher nachher ist wegen der Position im Raum und MIC-Position das einfach nicht möglich.
     
  13. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Das ist nicht der Punkt. Bei der Glocke ist das Metall der Klangerzeuger, beim Sax nicht. Der Lack ändert vielleicht die Schwingung, die Frage ist aber, ob das überhaupt relevant was macht.

    Inwieweit das Sax, wenn es mitschwingt, Teil des „Sounds“ bestimmt, ist der Knackpunkt dieser endlosen Debatten. Da man nicht eines abschalten kann, dreht es sich fröhlich im Kreis.
    Experimentell könnte man schon einiges machen. Neben Beton und Gummibändern könnte man z.B. die Schwingungen in der Luftsäule im Sax mit kleinem Mic und die Schwingung des Sax selber mit Piezo abnehmen. Ich glaube, unser Forumsakustiker würde da schon zu einer Bewertung kommen.
    Wer machts? :)


    War das nicht der Ausgangspunkt des Threads? Nicht dass du die Glöckchen auflöst! :p
     
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  14. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Das sehe ich etwas subjektiver. Wenn der korpus schwingt wird er Teil des sounds, weil
    1. er der akustischen Welle Energie entzieht, die dann woanders fehlt.
    2. der korpus durch seine eigenschwingung dann die umliegende Luft manipuliert, und damit wieder Schallwellen erzeugt. Damit hat der korpus dann m.Verständnis nach Einfluß auf das abstrahlverhalten.
    In wie weit das der Idee des saxophons oder der Serienproduktion (vereinfachen der geometrie des korpus zur einfacheren Fertigung) geschuldet ist...

    Mal ein paar fragen an die Runde
    1. Diejenigen, die mal versilberte, lackierte und/oder unlackierte Exemplare des gleichen Modells miteinander verglichen haben, welches Feedback wurden die geben?
    2. Der Aufbau einer Mechanik auf Streifen, die anschließend aufgelötet werden, gelten als Qualitätsmerkmal (besser). Haben diese Instrumente eine auffällig leichtere Ansprache bzw geringen Blaswiderstand?
    Bei trompeten ist die verstrebung zwischen den ganzen Röhrchen ein merkmal, dass neben höherem mechanischem Widerstand gegen Beschädigung eben auch das Abstrahlverhalten verändert. HWP hat seinerzeit sein CONN mit diversen versteifungen versehen, um korpusschwingungen und Resonanzen zu unterbinden. Beides sind Indikatoren dafür, dass die korpusschwingungen eigentlich unerwünscht sind.

    An einer Sache kaue ich aber noch, für die ich nicht so ganz eine Theorie habe. Ich besitze von BC ein Dynaction Alto, welches, wenn ich mir die Gravur ansehe, nachlackiert wurde. Dieses Teil ist mit Abstand das lauteste alto (ich habe noch 6 andere, keilwerth, conn, buescher, kohlert,..) in meiner Sammlung (falls er sich erinnert, @Toko kam zu ähnlichen Eindrücken). Das passt nicht so ganz zu der Dämpfung durch Lack, sondern würde eher für unlackiert/entlackt sprechen.
     
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  15. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich hatte mal ein versilbertes MK VI Tenor (ca. 200k) und ein nicht mehr lackiertes bzw. bei der GÜ endgültig entlacktes (ca. 175k).
    Ich hatte auch mal ein nachträglich versilbertes 10M (1941) und ein lackiertes (1940).

    Das versilberte MK VI war hübsch aber nicht gut in Form, die anderen waren von Atti Hoppmann, Max Frei und Toko überholt.

    Meine Favoriten waren die von Max Frei und Toko gemachten Hörner was am Gesamtsetup lag.
    Neben einer ganz leichten Tendenz zu einem etwas dunkleren (nicht dumpferen) Klang bei den versilberten, hat sowas wie Klappenaufgänge, Polster, Resos wesentlich mehr ausgemacht, als die Oberfläche.
    Und: meine Favoriten waren in ihrem Leben erkennbar wesentlich mehr in Gebrauch.
    Es spricht also etwas für das „freigespielte“ Horn; es kann aber auch genau umgekehrt sein: bessere Hörner werden mehr gespielt. Dafür sprechen meine aktuellen Yanis und das Eastman - alles Neukäufe, alle ab Start richtig gut.

    Nein. Wenn man die weitgehend identischen Korpusse der Yanagisawa WO1 und WO10 als Ausgangspunkt nimmt, haben die direkt aufgesetzten Mechaniken der WO1 eine leichtere Ansprache und einen geringeren Blaswiderstand.

    Nebenbemerkung: Ein konstruktiv identisches WO10 und WO20 (und erst recht WO3x) klingt deutlich unterschiedlich. Material matters.
    Ich hatte leider keine Gelegenheit, ein unlackiertes WO10 oder 20 zum Vergleich mit den lackierten zu spielen.

    Das sehe ich anders. Wenn das Horn nicht unter den Fingern mitschwingt, ist etwas faul.
    Meistens ist dann etwas undicht und die Kanne klingt matt, bläst sich schwer, sabbert auf die Finger und zickt bei der Intonation.

    Davon kann ich ein trauriges Lied singen (und weiß erst seit heute Nachmittag, warum es so viele Strophen hatte - anderes Thema…)


    Ich besitze eine Ibiza Karaokebox, die mal jemand mit einer Sprühdose „verschönert“ hat.
    Dieses Teil ist mit Abstand der lauteste Lautsprecher, den ich je besessen habe (allerdings auch der schlechteste…)

    Will sagen: es liegt am Modell, nicht an der Farbe. ;)
     
    Tobias Haecker gefällt das.
  16. Spacecat

    Spacecat Ist fast schon zuhause hier

    So habe ich das ebenso immer wieder in Fachkreisen erfahren, dass die Instrumente mit den Aufgelöteten Streifen etwas erhöhten Blaswiderstand haben.

    Bei mir passiert es leider fast immer, wenn ich länger spiele, dass eine Tendenz zum Sabbern im oberen Bereich entsteht. Sind dann alle Saxophone schlecht eingestellt?

    Habe (noch) ein identisches in versilbert und lackiert, und unlackiert. Ob die Unterschiede am Material der Oberfläche liegen, kann ich nicht beantworten.
     
  17. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich will es mal so sagen:
    Wenn bei mir die Finger oder auch nur der Korpus außen nass werden, ist irgendetwas nicht 100% in Ordnung.
    Das ist völlig unabhängig vom Instrument (ich hatte über die Jahre (zu) viele) und auch weitgehend unabhängig von Temperatur und Luftfeuchte.

    Es gibt da durchaus andere Meinungen, aber für mich ist es eindeutig:
    Ein Instrument, das frisch aus der Durchsicht* kommt, sabbert nicht. Auch nicht nach Stunden intensiver Benutzung.

    * Die Qualität einer Durchsicht oder GÜ - wir hatten es kürzlich davon - unterliegt teilweise erheblichen Schwankungen, je nachdem, wer die Arbeit ausführt… deshalb: Your (Saxdoc‘s) Mileage May Vary
     
  18. Alex_Usarov

    Alex_Usarov Ist fast schon zuhause hier

    Hi, bei mir sind oft Finger nass, nicht nur unten, sondern auch oben. Ist es ein Hinweis auf die undichten Klappen? Sorry für den kurzen OT.
     
  19. JTM

    JTM Ist fast schon zuhause hier

    Manchmal sabbert der Spieler und nicht das Instrument. Besonders, wenn beide dicht sind :duck:
     
    giuseppe, her.be, Joachim 1967 und 3 anderen gefällt das.
  20. Spacecat

    Spacecat Ist fast schon zuhause hier

    Mein aktuelles Instrument sabbert leider nach längeren Spiel, obwohl es nicht nur zur Durchsicht war, sondern komplett überholt. Und für mich jedenfalls eine perfekte Arbeit von Toko. Dann wohl wie @JTM ähnlich erwähnt Dichtigkeit von mir wohl defekt:pint:
     
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