"fehlerfrei" spielen - geht das überhaupt

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 5328, 24.Februar.2010.

  1. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Ich will dich ja nicht desillusionieren, aber das machen die alle.
    Man nimmt das Stück mehrfach auf, die besten Stellen werden zusammengeschnitten. Zur Not nimmt man dann 10 Takte nochmal extra auf.
     
  2. coolie

    coolie Strebt nach Höherem

    Ab einem bestimmten Level kann man versuchen, professionell mit Fehlern umzugehen. Es gibt den schönen Spruch "when wrong plas strong", d.h. man sollte den Zuhörern den Eindruck vermitteln, dass man absichtlich "falsch" gespielt hat - der Fehler wäre u.U. dann sogar zu wiederholen. So können die Zuhörer von der Richtigkeit des Gespielten überzeugt werden.

    LG

    Uli
     
  3. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Das wird in der Klassik glaube ich nicht funktionieren. Da kann man die Noten mitlesen.
     
  4. Rick

    Rick Experte

    Hallo Rainer,

    ja, man KÖNNTE die Noten mitlesen - aber wer macht das denn schon?

    Ich habe vor kurzem im Radio (SWR2) eine meiner Lieblings-Mazurken von Chopin gehört, interpretiert von Arturo Benedetti Michelangeli.
    Ich kenne die Komposition in- und auswendig, deshalb wunderte ich mich nicht schlecht, als er da Töne einbrachte, die mir nun überhaupt nicht bekannt vorkamen. Insgesamt fand ich seine Interpretation äußerst gewöhnungsbedürftig (nicht schlecht oder gar falsch, aber einfach nicht nach meiner Auffassung).

    Wenn ich das Stück nicht so gut gekannt hätte, wäre mir wahrscheinlich nichts aufgefallen, ich hätte schlimmstenfalls gedacht, der Chopin hat aber auch mal merkwürdiges Zeug geschrieben. :-D

    Damit will ich sagen, dass es auch in der Klassik große Spielräume gibt:
    Kein Hörer kennt alle Stücke auswendig, die wenigsten lesen die Noten mit, interpretatorische Eigenheiten werden meistens irrtümlich dem Komponisten zugeschrieben. :roll:

    Zum letzten Punkt eine kleine Anekdote:
    Eine meiner sinfonischen Kompositionen wurde von einem Laienorchester uraufgeführt, dessen Dirigent gerne auf Nummer sicher ging und deshalb die Tempi im Zweifelsfall zu langsam wählte (das hatte ich nicht gewusst, als ich die Suite speziell für das Orchester schrieb).
    Der erste Satz, für ein ziemlich flottes Tempo vorgesehen, zog sich bei ihm in die Länge wie Kaugummi, jeglicher Schwung fehlte. Darauf flüsterte mir meine Mutter zu: "Warum hast du denn diesmal so etwas Langweiliges komponiert?" :-o :lol:


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  5. altruist

    altruist Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Zusammen,

    Axel Mario schrieb (und das kannte ich schon):
    Rick schrieb (und das war mir neu):
    Zu den besagten Pianisten hörte ich kürzlich die Anekdote, Arturo Benedetti Michelangeli habe in seinem ganzen Leben nicht so viele falsche Noten gespielt, wie Arthur Rubinstein in einem einzigen Rachmaninoff Konzert :lol: Sollte Michelangeli also doch fehlbar sein? Na, egal. Wenn schon Pianisten dann noch dies: vor einiger Zeit besuchte ich einen Klavierabend mit Martin Stadtfeld im Konzerthaus Dortmund. Zufällig saß ich inmitten einer Meute von Klavierlehrern und deren Schülern, die während des Konzerts aufstöhnten und mit den Köpfen schüttelten. In der Pause wurde untereinander lautstark Kritik an angeblich Spielfehlern von Herrn Stadtfeld geübt. Ich fand das Konzert göttlich und war kurz davor, den "Experten" zu sagen: "Denken Sie bitte mal darüber nach, warum Herr Stadtfeld da oben sitzt, und nicht Sie!"

    LG Johannes
     
  6. ppue

    ppue Mod Experte

    De Frage nach richtig und falsch ist richtig falsch.
     
  7. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier


    ... ich denke, dass man hier differenzieren muss, zwischen der freien Interpretation eines Könners und dem Fehler, der einfach nur weh tut.

    Dass die Jazzer unter uns diesbzgl. wesentlich toleranter sind, liegt wohl daran, dass der Jazz wohl zum größten Teil aus Impro besteht und deshalb ein einzelnes hunderte (wenn nicht tausende) verschiedene Facetten haben in der Melodie haben kann. Hier von falsch oder richtig zu reden wäre der falsche Ansatz.

    Jedoch bei einem Instrumentalisten, der z.B. nach Notation spielt und in der Melodie beispielsweise ein D steht und er statt dessen ein ein E oder ein Cis spielt - ich denke, dass kann man schon als falsch bezeichnen, denn ein ein solcher Patzer erzeugt Disharmonie und fällt sofort auf.
     
  8. Rick

    Rick Experte

    Hallo Johannes,

    keiner ist unfehlbar - aber er hat zumindest sehr souverän und selbstbewusst gespielt, ganz nach Ulis Motto. ;-)

    -------------------------------------

    Hallo yts62,

    es kommt immer auf das Tempo an; im Zweifelsfall macht man daraus einfach einen Triller oder eine ähnliche Umspielung, schon fällt's nicht mehr auf. :-D

    Fehler werden von Klassikern in aller Regel auf diese Weise überspielt - schlicht ein Triller oder Lauf mehr, um das Ganze auszubessern.
    Alle guten klassischen Interpreten, die ich kennen gelernt habe, sind auch in der Lage zu improvisieren - wenn's sein muss, wird über ganze Passagen fantasiert, wenn zum Beispiel beim Solokonzert eine plötzliche Amnesie eingetreten ist... :roll:


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  9. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Selbst die Jazzer sagen zum Improvisieren: "Der richtige Ton ist höchstens einen Halbtonschritt weit entfernt ..."
     
  10. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier



    ... ihr habt natürlich Recht, und ich finde es toll, dass ihr das leger seht und handhabt.

    Ich allerdings arbeite in der Unterhaltungsbranche als Alleinunterhalter und Formationen bis zu 5 Musikern. Hier wird ausschließlich Tanz- und Unterhaltungsmusik gespielt und unsere Zuhörer sind nur in den seltensten Fällen gute "Hörer". Trotzdem bekommen diese Leute es sosfort mit, wenn mal ein falscher Ton dazwischen ist, der da nicht hingehört.

    Von daher muss man zumindest im Unterhaltungssektor dafür sorgen, dass sich möglichst keine Fehler einschleichen, sonst könnte es evtl. kein Folge-Engagement geben.

    Das kuriose daran ist, dass die U-Musik vom kulturellen und künstlerischen Anspruch her wohl am weitesten unten anzusiedeln sein dürfte - und gerade hier muss man sich am meißten um ein fehlerfreies Spiel bemühen
     
  11. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Bitte nicht falsch verstehen: ich selbst sehe das gar nicht so locker, wenn ich auf der Bühne stehe.

    Ein bisschen habe ich aber schon gelernt, zu differenzieren:

    Wenn ich in einem grösseren Blasorchester spiele (erste Klarinette) und nicht gerade Solo habe, hören die Zuhörer (auch aufmerksame, bei Konzerten) kleinere Verspieler nicht. Da muss man sich bloss nichts anmerken lassen. (Gut, als erster Trompeter würde man schon etwas mehr auffallen ...).

    Gerade Klarinette ist da etwas undankbar. Z.T. schwierige Passagen, anstrengend. Hinterher frage ich meine Frau, wie's war. Sie "Ach, dich hat man wieder gar nicht gehört !" ...

    Auch unsere Dirigenten sagen immer: kleine Verspieler sind weniger schlimm als wenn die Intonation / Phrasierung / Dynamik mies sind.

    Überhaupt scheinen die Zuhörer bei Amateur-Ensembles, wo auch kein Eintritt verlangt wird, sehr grosszügig und wohlwollend zu sein. Freuen sich echt, dass mal live gespielt wird.

    Bei bezahlter Unterhaltungsmusik in kleinen Ensembles (z.B. zwei Bläser mit Playback) ist man schon sehr exponiert und sollte in jeder Hinsicht professionell sein. Aber auch hier glaube ich, dass einzelne Verspieler der Sympathie nicht zu sehr schaden (damit zeigt man halt, dass man nicht nur eine Diskette eingelegt hat). Viel schlimmer: allgemein schlechter Sound, rhythmische Probleme - und die Wahl von unpassender Musik für den Anlass.
     
  12. Rick

    Rick Experte

    Hallo yts62,

    da hast Du natürlich völlig Recht: Je bekannter (und einfacher) die Melodie, desto auffälliger die Verspieler.

    Bei komplexeren Sachen kann man wesentlich mehr tricksen, bei Schlagern etc. muss man sich einfach zusammenreißen, konzentrieren - und beten. :roll:

    Ich beschäftige mich ja praktisch mit allen Formen des Musikmachens, dazu gehört auch Tanz- und Unterhaltungsmusik (war mal in der Background-Band des Schlagerstars Manuela, habe mit Gala-Bands bei zahllosen Privatparties, Bällen und Tanzveranstaltungen, wie beispielsweise der Weltmeisterschaft Latein, gespielt).
    Der Unterschied zur "E-Musik" besteht in dem Dienstleistungscharakter, man ist da praktisch in erster Linie Handwerker und hat zu funktionieren. Wenn noch ein künstlerischer Anspruch hinzukommt, umso besser, doch zunächst einmal muss man "sauber abliefern". ;-)

    --------------------------------

    Hallo Florentin,

    dem möchte ich auch zustimmen. Gerade im DJ-Zeitalter ist Live-Musik etwas Besonderes, wird aber leider nicht von jedem gleichermaßen hoch geschätzt (je nach Bildungsstand des Publikums)... :-(

    Was mich in letzter Zeit dennoch völlig verblüfft und letztlich begeistert, sind die Darbietungen der "Heavytones" (und natürlich auch der Sängerinnen und Sänger) bei Stefan Raabs "Unser Star für Oslo".
    So etwas von perfekt, auf den Punkt, sauber und dabei dennoch immer mit dem richtigen Ausdruck, WAAAAAAHNSINN! :-o

    Trotz genauestem Hinhören ist mir da bisher kein Verspieler in der Band aufgefallen, dabei haben die Jungs die Arrangements teilweise erst wenige Stunden vor dem Auftritt bekommen. Chapeau!


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  13. Dexter

    Dexter Ist fast schon zuhause hier

    Das ABM hier soviel falsch gespielt haben soll, daß Du es fast nicht mehr als die Dir bekannte Mazurka erkannt hättest, glaube ich, mit Verlaub, nicht.

    In dieser Liga, wo ABM mitgespielt hat, gibt es selbst bei Konzerten vor Publikum nur höchst selten falsche Noten.

    Ich könnte mir eher vorstellen, daß, wenn man sich den extremen Perfektionismus von ABM in Erinnerung ruft, Du es zum ersten Mal richtig gehört hast. ;-)

    Liebe Grüße
    Klaus
     
  14. Rick

    Rick Experte

    Hallo Klaus!

    Du kannst glauben, was Du willst - er hatte Triller weggelassen, andere hinzugefügt, die Tempi ständig "rumgeeiert" (extremes Rubato ist für mich eine ganz, ganz schlimme Unart vieler Chopin-Interpreten), wie erwähnt Töne verändert - kurz, wenn Titel und einige markante Stellen nicht gewesen wären, hätte man das Stück nicht mehr wiedererkannt.

    Das war eine Studio-Aufnahme, und ich wollte damit keinesfalls behaupten, dass er das Stück FALSCH gespielt hat.
    Er hat es nur durch seine Interpretation (sowie einige, für mich willkürliche Variationen) stark entstellt.
    Es ging mir dabei um die interpretatorische Freiheit, die sich viele Virtuosen von Rang gestatten, nicht um Verspieler.
    Sorry, falls dies nicht ausreichend rübergekommen ist. :oops:

    Nö - ich würde es einfach völlig anders auffassen und empfand die erwähnte Version keineswegs als die einzig gültige, dem Werk im Sinne des Komponisten angemessene Interpretation.

    Dass "ABM" ein großartiger Pianist und Künstler war, wollte ich damit allerdings nie in Abrede stellen.


    Liebe Grüße,
    Rick
     
  15. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    volle zustimmung!
    ich war auch extrem positiv überrascht! nicht nur von den heavytones - von denen ist man es ja sozusagen gewohnt - sondern auch von den sängern und sängerinen...da kann sich der bohlen mal ne scheibe abschneiden!! :-D

    die heavytones find ich sowieso total cool. bei der letzten folge von "unser star für oslo" hat thorsten skringer ein super heißes solo gespielt...unglaublich energisch und kraftvoll und ich glaub bis in die 6. oder 7. oktav! :-D

    lg phi
     
  16. Rick

    Rick Experte

    Meinst Du die Folge am letzten Dienstag auf Pro7?
    Am Freitag kam ja das Viertelfinale in der ARD, da ist mir kein Instrumental-Solo aufgefallen. (Sharyhan Osman ist rausgewählt worden.) :-(

    Am Dienstag gab es wirklich ein spektakuläres Solo von Thorsten Skringer, Respekt! :-o
    Sehr interessant war dann das kurze Gespräch zwischen Herrn Raab und Herrn Skringer auf dem Weg zum TV-Total-Studio. (Der Gang hinter den Kulissen wurde vom Sender live übertragen, als besonderer Gag.)
    Da plauderte Herr Skringer ein wenig "aus dem Nähkästchen", gerade über das Risiko von High Notes, die Wichtigkeit des richtigen Blattes (das er auch nicht immer findet) sowie die Strategien beim Solo: Riskante Aktionen nur, wenn man merkt, dass es wirklich klappen kann, ansonsten "Nummer sicher" (>Plan B<). ;-)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  17. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    stimmt, es war die folge auf prosieben. am freitag war ich nicht zuhause.

    ich war auch sehr überrascht, als ich hörte, dass sämtliche nummern, die von den kandidaten und kandidatinen vorgeschlagen bzw. gesungen werden wollen, vom bandleader und pianisten (wolfgang dallheimer, glaub ich?!) der heavytones selbst arrangiert werden...und das in nicht mal ner woche...und dann soll auch noch zeit zum üben bleiben! :-D

    thorsten skringer find ich sowieso super...vor allem seine gedruckte saxophonschule "sax clinics" find ich super gut gelungen...aber auch seine anderen publikationen sollen sehr gut gelungen sein! (hab ich leider (noch!) nicht!)

    naja...genug offtopic!
    sorry!

    lg phi
     
  18. HarryK

    HarryK Kann einfach nicht wegbleiben

  19. Viktor

    Viktor Nicht zu schüchtern zum Reden

    http://www.youtube.com/watch?v=zh9ebSCZr1I&feature=player_embedded#!
     
  20. Gast

    Gast Guest

    Oh jeh....... :-o So daneben,...
    ist schon fast 'ne Kunst.
    Vielleicht hätten sie nach Noten spielen sollen..... :-?
     
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