Frage an die Lehrer-Kollegen

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von yts62, 11.Januar.2010.

  1. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    Ich habe eine Frage an die Kollgen hier im Forum, die unterrichten.

    Ich betreue seit Sommer letzten Jahres ein 11 jähriges Mädchen, bei dem ich mit meiem Latain langsam am Ende bin.

    Die Kleine ist nicht sonderlich begabt und tut sich mit dem Sax recht schwer, was jedoch kein Problem darstellt, da es ihr (so wie sie sagt) Spaß macht. Sie übt auch wie eine Verrückte (die Mutter muss ihr gelegentlich das Sax aus der Hand nehmen, damit sie es nicht übertreibt).

    Das Problem ist, dass sich das Kind selbst dermaßen unter Druck setzt, dass sie jedes mal, wenn´s mal wieder nicht so klappt, wie sie gerne möchte, kurz vor einem Wutanfall steht und es rollen dann auch fast jedes mal Tränen.

    Ich versuche bei ihr, auf vollkommen spielerische und fröhliche Art, den Stoff zu vermitteln und das Tempo ist auch ihren Möglichkeiten angepasst.

    Aber sie steht sich selbst im Weg mit ihrem hohen Leistungsanspruch, den sie aufgrund ihres mangelnden Talents unmöglich erfüllen kann.

    Die Mutter habe ich natürlich auch schon darauf angesprochen und sie meint, das sei bei ihrem Kind normal, das kenne sie schon. Ich soll darauf nicht weiter eingehen.
    Aber mir zerreißt es jedesmal das Herz, wenn ich dann schon wieder die Tränchen rollen sehe. Heute schon wieder geschehen.

    Ich weiß echt nicht, wie ich mich verhalten soll. Es kann doch unmöglich normal sein, dass ein Kind beim Unterricht weint - ich meine, musizieren und das erlernen eines Instrumentes soll Spaß machen, das steht bei mir ganz vorne an.

    Sie hat ungefähr 4 Monate gebraucht, um die kleine Tonleiter vom G bis zum eingestrichenen C einigermaßen tonal zu spielen. Da ich mich auch den Eltern gegenüber verspflichtet fühle, habe ich der Mutter bereits mitgeteilt, dass ich da keine große Zukunft drin sehe, aber sie meint, es macht ihr Riesenspaß und sie möchte gerne weitermachen.

    Ok, von mir aus - ich verdiene meine Geld damit - aber ich fühle mich bei dieser Nummer sehr unwohl.

    Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass das Kind Spaß an der Sache hat, auch wenn sie das Gegenteil behauptet.

    So, und nun zu meiner eigentlich Frage: Hat jemand von euch schon mal ähnliche Erfahrungen gemacht und dabei vielleicht einen Weg gefunden, damit umzugehen??

    Ich bin für jeden brauchbaren Tipp dankbar.
     
  2. simplysax

    simplysax Ist fast schon zuhause hier

    hallochen,

    ich unterrichte zwar nicht am sax ( da fehlen mir die nerven.. weil ich hauptberuflich schon als sonderpädagoge arbeite)
    aber ich denke, du solltest dem mädchen vorschlagen, erst mal 1 jahr flöte zu spielen. mir scheint hier das problem, dass die beherschung von musiktheorie, bedienung und beherschung des musikinstrumentes zu komplex sind. zu hause fehlt dann jemand, der zuhört und es kommt beim üben zu hause nur dünschiss raus - wir wissen alle, dass bei so einem kind das gehör noch nicht ausgeprät genug ist, das gespielte zu frequentieren.
    der ausbleinbende erfolg sorgt dann dazu, dass die kleine sich unter druck setzt und vorspielpanik bekommt.

    ich würde sie auf die flöte setzen und ihr beweisen, dass sie ein instument beherrscht.. danach weicht bestimmt auch der druck von der kleinen seele..,

    außerdem würde ich in der gegenwart der kleinen die eltern mal das instrument spielen lassen, wenn sie sich der eltern wegen unter druck gesetzt fühlt ( das kann auch unterbewußt der fall sein - ohne dass die eltern es zum ausdruck gebracht haben, dass sie was verlangen)
    wenn sie hört, dass die eltern auch nicht mehr können als sie wird sie das entspannter musizieren lassen.

    good luck!
    simply
     
  3. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    Hallo simply,

    danke für die schnelle Antwort.

    Flötenunterricht hatte sie bereits in einem Gruppenunterricht in der Schule und das ist schon voll danben gegangen, weil sie die Töne nicht so hinbekommen hat, wie die anderen. Da kam dann auch noch der Gruppenzwang dazu. Als die Mutter mir das bei der Schnupperstunde erzählte, habe ich natürlich die Frage gestellt, wieso es jetzt das Sax sein soll, da sei schließlich wesentlich schwerer zu spielen. Die Antwort, die Kleine möchte es eben ;-(

    Und die Eltern das Sax spielen zu lassen, habe ich auch schon probiert, mit dem Erfolg, dass der Vater das Sax nach dem (natürlich) gescheiterten Versuch das Sax etwas entnervt in den Ständer stellen wollte, nicht richtig hingeguckt hat und das gute Stück auf die Kacheln geknallt ist. Das Ergebnis war, dass die tiefen Töne nicht mehr kamen und das Sax zum justieren zum Doc musste. Somit blieb natürlich der pädagogische Erfolg aus.
     
  4. EdithM

    EdithM Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Yts,

    ich unterrichte zwar kein Sax, ich unterichte überhaupt nicht, aber ich habe auch eine solche Tochter.
    Sie hat geradezu verbissen gelernt, egal was, wenn sie gelernt hat, dann total, und wenn es nicht geklappt hat, gabs auch Tränen. Ich kam mir schon ganz blöd vor, ihre Klassenkameraden musste man ans Lernen "prügeln", und meine Tochter musste man vom Lernen "wegprügeln".
    Du kannst nichts machen, meine Tochter hätte auch nicht aufgehört, bevor sie den Stand erreicht hat, den sie sich voergenommen hat.
    Wenn die Eltern ehrlich sind, und das Kind wirklich von sich aus spielen will, musst Du die Kleine vielelicht nehmen wie sie ist, und die Tränen aushalten. Villeicht wäre es schlimmer für sie, aufzugeben.

    Herzlichen Gruß
    Edith
     
  5. jaaz47

    jaaz47 Ist fast schon zuhause hier

    hi yts,

    hinterfrag doch mal ganz vorsichtig bei den eltern, woher dieser druck kommt :lol:

    wenn von denen - unbewusst - der druck kommt, den das mädchen dann bei dir zeigt, dann läuft was falsch.

    andere alternative: sie will alles perfekt machen, geh drauf ein und lass sie einfach mal spielen, alles das was sie möchte.

    vielleicht gehts dann einfacher :-?

    jaaz47 :pint:
     
  6. Gast

    Gast Guest

    Hallo!

    Meiner Meinung nach hilft da nur ein klärendes Gespräch!

    Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sie's schmeißt, die Kleine,oder eben Du.

    Manchmal hilft auch, sie streng das machen zu lassen, was du vorgibst.
    Nix anderes! Nix Schwierigeres!
    Klare Linie ist oft eine Hilfe für Kinder.

    Du kannst einschätzen, weißt was sie können müßte und kannst so die Aufgaben in minimalen Schritten in der Schwierigkeit steigern.
    Mach ihr klar, dass sie sich nicht an den Leistungen der anderen, wer auch immer das ist, messen soll, sondern an dem, was sie "gestern" gekonnt hat.

    So wird sie ihr Erfolgserlebnis haben.

    Ich unterrichte zwar kein "Saxophon", bin aber seit vielen Jahren als Sportlehrerin tätig und habe natürlich viele unsportliche und ängstliche Kinder und Jugendliche in den Klassen.
    Sie kriegen dann extra Aufgaben und meine Hilfe und schon sind sie zufrieden und freuen sich über ihren Erfolg.

    Ich hoffe, etwas geholfen zu haben.

    Gruß Ww.
     
  7. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    Hallo,

    erst mal danke für die Antworten - so verschieden sie auch ausgefallen sind.

    Ich denke, ich werde in nächster Zeit noch mal das Gespräch mir der Mutter suchen. Vielleicht kann man ja wirklich nicht viel gegen die Phänomen tun und ich interpretiere einfach zu viel in die Sache hinein.

    Ich finde es halt nur schade, wenn einem Kind der Spaß an der Sache verloren geht - und das scheint mir hier der Fall zu sein.

    Mal sehen, was draus wird.

    Schönen Abend noch

    lg
    rolf
     
  8. Bostonsax

    Bostonsax Strebt nach Höherem

    Du musst das Kind überraschen. Wenn es merkt dass es schon etwas kann was ihr nie gemacht habt dann hat es was, was es die ganze Woche spielen kann.

    Ich hatte auch so ne Schülerin. Die war zwar gut aber hat auch zuu viel von sich erwartet.
    Wir haben dann mal die Noten weggelegt und haben Happy Birthday zusammen Ton für Ton erarbeitet und auswendig gelernt, das war einfach und sie hatte was, was sie vorallem gekannt hat.

    Es muss nichts schwieriges sein, aber die Kinder müssen es kennen, wenn sie es kennen können sie es leichter lernen und egal wie leicht es ist, es macht ihnen Spaß.

    Wenn ihr aber an einem Stück arbeitet oder so dann versuch mal nen Rhythmus vorzuspielen oder Teile des Stücks/der Übung und sag ihr die Töne, aber sag ihr nicht dass das ein Teil aus der Übung ist.
    Versucht es ohne Noten zu spielen und zu erarbeiten, und dann wenn sie es ohne Noten spielen kann zeig ihr die Noten und sag "Siehste das spielst du die ganze Zeit, und kannst es sogar ohne Noten" und schon hat sie wieder ein kleines Erfolgserlebnis :)


    Aber ich kann dich gut verstehen, du bist echt in ner sehr schwierigen Situation :-(

    Viele Grüße

    Bostonsax
     
  9. xado1

    xado1 Kann einfach nicht wegbleiben

    da ich versuche ,mit pokern meinen lebensunterhalt zu gestalten,und psychologie ein wichtiger bestandteil davon ist,gehe ich davon aus,daß die eltern der ursprung des übels sind,und wahrscheinlich in allen lebensbereichen druck auf das mädchen ausüben.
    ich kann auch total falsch liegen,aber es deutet sehr darauf hin.

    eine direkte lösung wird schwer möglich sein,da sich solche die eltern ihrer unfähigkeit selbst nie bewusst sind,und fehler ihrerseits von vornherein ausschließen.
    eher noch wird deine lehrfähigkeit in frage gestellt.

    wie gesagt,ich hoffe für das mädchen, daß ich total daneben liege.
     
  10. ChristophBM

    ChristophBM Kann einfach nicht wegbleiben

    Hallo,

    ein Patentrezept habe ich natürlich auch nicht.

    Ein paar Ansätze:

    Beobachten welche Art musikalischer/instrumentaler Fähigkeiten/Fortschritte das Mädchen für sich als Erfolg erlebt, verstärke dann eben diesen Teil.

    Auftretende Fehler überhaupt nicht kommentieren, auch die Kommentare der Schülerin zu den eigenen Fehlern nicht fokussieren, wenn das nicht klappt, den "Fehler" zur Aufgabe machen. Also z.B. ein Spiel initiieren "welche Geräusche kann man auf dem Sax spielen". Insgesamt Abstand von "richtig" und "falsch" nehmen. Die Eigenwahrnehmung fördern "wie hat sich das jetzt angehört?".

    Welchem Lerntypus gehört die Schülerin in welchem Verhältnis an?

    Wenn die Schülerin stark bewegungsorientiert gut lernen kann helfen z.B. Übungen, die sehr stark über Bewegung gehen, weniger etwa über das Sehen der Noten auf dem Papier, wenn die Schülerin stark auditiv lernt hilft vielleicht mehr Zusammenspiel.

    Die Schülerin erstmal mit einem empathischen Gespräch über ihren Alltag - wie war es in der Schule - "andocken", den Übergang zum Saxophon so fast nebenbei - wollen wir ein bißchen spielen - herstellen.

    Wenn die Schülerin in eine Blockade gerät etwa eine Bewegungs-Rhythmusübung machen, sich während des Spielens im Raum bewegen, gemeinsam "marschieren".

    Gemeinsame Atemübungen, etwa "aus welcher Entferung kannst Du das aufgestellte Papierhaus umpusten?!"

    etc. pp.

    Viel Geduld wünsche ich euch!

    Gruß, Christoph
     
  11. clari_sax

    clari_sax Ist fast schon zuhause hier

    Moin zusammen,

    als Studienrat für Englisch und Elektrotechnik an einem beruflichen Gymnasium bin ich vielleicht nur in eher allgemeiner Hinsicht Fachmann für das eingangs geschilderte Problem, aber in dreißig Jahren als freiberuflicher Musiker habe ich auch gelegentlich Klarinetten- und Saxophon-Unterricht erteilt.

    Für mich stellen sich hier nun folgende Fragen: a.) Was ist das Problem? und b.) Wer hat es?

    Zu a:
    Eine 11-jährige übt regelmäßig sehr intensiv (positiv), lt. Lehrer aber erfolglos (negativ) bis ihr die Tränen kommen. Diese Situation erträgt sie seit Monaten, was auf hohe Frustrationstoleranz (positiv) schließen lässt. Nach Bekunden der Mutter macht ihr das Ganze auch noch Spaß, was durch ihr intensives häusliches Üben auch belegt scheint! Vom – und hier weise ich erneut darauf hin, dass sich dies nur nach Aussage des Lehrers so darstellt – ausbleibenden Erfolg abgesehen, vermag ich hier kein echtes Problem zu erkennen.

    Zu b:
    yts62 bezeichnet seine Schülerin als „nicht sonderlich begabt“. Damit dürfte sie sich in allerbester Gesellschaft befinden und wohl eine ganz normale Instrumenten-Schülerin sein. Entscheidend aber ist, dass sie „will“. Aufgabe des Lehrers ist nun in ihrem Alter nicht, ihr in erster Linie die Fähigkeit zu vermitteln „… die kleine Tonleiter vom G bis zum eingestrichenen C einigermaßen tonal zu spielen“, sondern ihr Erfolgserlebnisse zu vermitteln.

    Nach meiner Erfahrung mangelt es aber Schülern leider häufig gerade deswegen an Erfolgserlebnissen, weil sie das eingesetzte Unterrichtsmaterial schlicht nicht interessiert. Hier das geeignete didaktische Material und die geeigneten Methoden zu finden, ist DIE Aufgabe jedes Lehrers. Leider habe ich wenig Erfahrung mit Instrumentalunterricht bei Kindern, aber vielleicht können die Kollegen Musiklehrer/-innen hier ja etwas empfehlen.

    Ich denke, es spricht für dich, yts62, wenn du ehrlich sagst, dass du es dir nicht vorstellen kannst, dass der Schülerin das Ganze Spaß macht. Die Tatsachen sprechen aber eben doch dafür und ich denke, das ist das eigentliche Problem. Du solltest dich hier alternativ um eine professionell-distanzierte Einstellung als Lehrer bemühen oder einen Ersatzlehrer suchen. In keinem Falle aber solltest du deine Einschätzung auf das Kind projizieren und ihm den Spaß am Saxophon nehmen!

    LG - Chris
     
  12. xado1

    xado1 Kann einfach nicht wegbleiben

    aber wenns schon bei der flöte nicht geklappt hat.....
    in meinem bekanntenkreis ist ein umgekehrter fall.der sohn einer bekannten (jetzt 13)nahm 4 jahre unterricht,spielte sehr gut,hat lt.lehrer ein absolutes gehör,aber weil sax bei den jungs uncool ist,spielt er jetzt wenig erfolgreich fußball,und geht mit seinem onkel jetzt regelmäßig ins fußballstation zu austria wien und ist jetzt im fansektor bei den geistlosen säufern.das scheint jetzt cool zu sein,obwohl der bub eher ein ruhiger typ ist.ich hoffe er besinnt sich wieder seiner qualitäten.
    positiv finde ich aber,daß seine mutter keinerlei druck ausübt.es ist auch noch anzumerken,daß der wunsch zum sax spielen von der mutter kam,und der bub ihr eine freude machen wollte.
     
  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Das Problem liegt nicht beim Kind, clari_sax hat es punktgenau analysiert und Christoph Berndt hat ein reiches Spektrum an kreativen Ideen für den Unterricht.
    Hat mich sehr beeindruckt, Chapeau beiden.

    Ich möchte eine dritte Komponente beitragen: jeder Musiklehrer mit Schülern allen Alters ist immer gleichzeitig Sozialarbeiter bis Psychotherapeut.
    Musik ist eine unmittelbare Sprache, die direkt am emotionalen Zentrum des Menschen rührt. Weinen ist eine Reaktion und nicht die schlechteste; sagen wir, eben so wichtig wie das Lachen.
    Vielleicht hilft es, ein wenig mit ihr zu trauern. Scheint, dass sie einen Hang dazu hat. Mag sie traurige Musik?

    Dann ist ein privater Lehrer immer etwas ganz besonderes, ein Mensch, der außerhalb von Schule und Familienalltag einmal in der Woche näher und schneller an die Emotionen des Schülers heran kommt, als jeder andere. Ich kann ein Lied davon singen, was da alles herausbrechen kann.
    Was hinter dem Geheimnis, Glück oder Unglück des Mädchens steckt, wird hier keiner sagen können, aber gewiss ist ein gewissenhafter und liebevoller Umgang mit der Schülerin für sie fördernd und wahrscheinlich geht sie genau den richtigen, ihren richtigen Weg. Zumindest spricht für mich gar nichts dagegen.

    Ich hasse zielgerichtete Pädagogik. Für mich sind alle Menschen von vorn herein fertig. Nur, indem ich sie begreife, können sie mich begreifen. Nur, indem sie mich begreifen, kann ich sie begreifen. Eine gleichberechtigte Annäherung. Wie weit man kommt, bestimmt nicht der Lehrer, sondern der Schüler. Der Lehrer kann bereit stellen, Material aussuchen, beobachten, zuhören, korrigieren, ist der erfahrene Dienstleister. Wenn der Klient weint, wird er Grund dazu haben. Keine Ahnung, vielleicht hilft Trösten, vielleicht eine Abwendung, ein Gespräch oder nicht wertende Geduld.

    Vor allem aber sollte der Lehrer in diesem Fall nicht die Ziele stecken (und niemals sich diese von den Eltern stecken lassen). Dieses Mädchen muss nicht irgend wo hin gebracht werden, wo sie heute noch nicht ist, sondern will (wie jeder, hehe) da verstanden werden, wo sie ist.

    Sei ihr ein Begleiter.

    PS.: manchmal kann es wichtiger sein, statt einer Stunde Unterricht zu geben, zusammen ins Eiscafé zu gehen.( Jaja, die Eltern..., pffff)
     
  14. markus176

    markus176 Schaut öfter mal vorbei

    Hallo,

    schwieriger Fall, um den ich dich nicht beneide.

    Bisher fiel schon mehrfach das Wort "Spaß" im Zusammenhang mit dem Unterricht. Wer wollte da schon widersprechen, dass Musikunterricht, der freiwillig genommen wird, Spaß machen soll, Freude bereiten soll, dadurch als bereichernd und wertvoll erlebt werden soll? Ich will da auch nicht widersprechen.

    Für mich hat "Spaß" viel mit Spiel zu tun, und so wie du das beschreibst, tritt der Spiel-Gedanke bei deiner Schülerin eher hinter einem Leistungs- oder Ergebnis-Gedanken zurück. Wo da die Ursache liegt, darüber halte ich mich zurück, weil ich euch alle nicht kenne.

    Wenn eine Schülerin sich nun ständig selbst Druck macht und der Unterricht regelmäßig spannungsgeladen ist und in Tränen endet, stimmt etwas nicht. Ich deute deine Beschreibung jetzt als ein Weinen auf Grund von "Ich bin enttäuscht von mir, weil ich es nicht schaffe." Da finde ich auch, dass sie spüren muss: "Ich bin gut, so wie ich bin."

    "Überzie-Modus ein": Clari-Sax, es mag Frustrationstoleranz und Wille vorhanden sein, sinnvoll finde ich es nicht, der Kuh andauernd den Traum vom Fliegen zu erhalten. Für die Gesundheit der Kuh wäre es auf Dauer schlicht ungünstig. "Überzieh-Modus aus"

    Ob das Kind selbst wirklich will oder vielleicht nur glaubt, selbst etwas zu wollen, was andere von ihr erwarten? Das hier lösen zu wollen, wäre Küchenpsychologie. Nur: Warum soll sich das Kind (oder auch der Lehrer) sich das Leben an der Stelle nicht auch leicht machen dürfen und etwas anderes lernen, wo so viel vorhandene Energie mehr und größere Fortschritte verspricht?

    In dieser Situation glaube ich nicht, dass das Kind "über den Kampf zum Spiel kommt", es hört sich aber so an, als würde sie genau das wollen. Vielleicht hat ihr diese Strategie woanders geholfen oder sie hat keine andere. Dafür bist du als Lehrer da, ihr eben eine andere zu zeigen, wenn euer bisheriges Vorgehen zu nichts führt außer Tränen. Das Horn ist ja schließlich kein Gegner, der bezwungen werden will. Oder doch? Was ist es für das Kind? Könnte es ein Spiel-Kamerad sein? Könnte es einen Namen haben?

    Jetzt will sie Unterricht haben, und da ist es dein gutes Recht, den Unterricht gegen Geld durchzuführen. Vielleicht muss sie ja nicht genau das lernen, von dem du glaubst, dass sie es lernen müsste. Sie könnte ja auch etwas anderes bei dir lernen als die Tonleiter, wie es andere schon gesagt haben, z.B. Tierstimmen nachahmen, Verkehrsgeräusche nachahmen, andere Instrumente nachahmen, den von dir gespielten Ton finden,....Ich weiß nicht, was es da noch gibt.

    Also könntet ihr auch eure Erwartungen an den Unterricht verändern. Wenn das Mädchen so drauf ist wie du schreibst, kann sie vielleicht schon etwas darüber sagen, warum sie partout Saxophon lernen will und was sie sich vom Unterricht verspricht.

    Und ganz zum Schluss: Was wäre denn, wenn du den Unterricht tatsächlich an jemand anderen abgibst? Wäre das so schlimm? So, wie ich dich verstanden habe, willst du ja auch dabei "Spaß" oder Erfolg empfinden. Dieses Recht finde ich dem Recht und dem Anspruch der Schülerin gleichwertig.

    Gruß
    Markus
     
  15. alteriert

    alteriert Schaut öfter mal vorbei

    Moin Kolege,
    ein Patentrezept habe ich natürlich auch nicht.
    Eine gute Literaturauswahl ist (für mein Empfinden) schon die halbe Miete.
    Der de Haske Verlag hat da viel zu bieten, besonders im Segment "blutige Anfänger".
    schöne Grüsse
    alteriert
     
  16. bluesax1

    bluesax1 Schaut nur mal vorbei

    Lieber Yts,

    so verbissen wie Du das Mädchen beschreibst, drängt sich mir eine Frage auf, nämlich ob sie in bestimmten Bereichen hochbegabt ist. Dieser von Fehlschlägen ungebeugte Wille den schwierigsten Weg zu gehen, findet man oft bei Menschen deren Gehirn anders arbeitet. Sie lernen nicht, so wie Du es bestimmt bei Deinen anderen Schülern kennst, in einer mehr oder minder stetig steigenden Spielfähigkeit, sondern es ist oft so, als wenn irgendwann der Schalter umgelegt wird und dann ist es da.

    Da die Mutter ja schon andeutete, daß das Verhalten ihrer Tochter für sie nicht ungewöhnlich ist, hat das Mädchen sich doch schon Bereiche auf diese Art erarbeitet. Welche sind es und kann man das Wissen für die Musik nutzen?
    Einen Schüler habe ich so über die Mathematik an selber gespielte Musik gebracht.

    Das Mädchen kommt doch immer noch gerne zu Dir und Du möchtest Sie doch auch weiter beim Lernen begleiten, sonst hättest Du ja nicht hier im Forum um Hilfe gefragt. Da hilft es vielleicht die Unterrichtsstunde als wöchentliche Spielstunde zu sehen und die wundervollen Tipps die Dir die anderen schon geschrieben haben, im Unterricht ein zu bringen.

    LG

    Elke
     
  17. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    moin, moin,

    da ist ja ordentlich was zusammen gekommen.

    Zunächst einmal vielen Dank für die rege Teilnahme an diesem Thema - da habe ich, ehrlich gesagt, gar nicht mit gerechnet - aber umso besser.

    Die Meinungen gehen ja teilweise recht weit auseinandern - vom "falschen Lehrer" bis hin zu "hochbegabtem Schüler".

    Nun, die Kritik an mir will ich gar nicht so weit wegschieben, denn man selbst findet ja das, was man macht, eher richtig, daher ist die Betrachtung der eigenen Arbeit und Leistung doch recht subjektiv. Kritik aus den eigenen Reihen nehme ich diesbzgl. gerne an, weil ja auch ihr wisst, wovon ihr redet.
    Ich habe die Schülerin bereits gefragt, ob sie lieber von einem anderen Lehrer (evtl. von einer Frau) unterrichtet werden möchte. Ich könnte ihr sogar Kollegen vermitteln - ich bin da recht selbstlos, weil ich den frei werdenden Platz mit meiner Warteliste gleich wieder auffüllen könnte. Aber nein, das möchte Sie nicht - sie will mich als Lehrer.

    In meinem Unterricht gehe ich immer sehr individuell auf die Bedürfnisse der Schüler ein. Ich suche auch die Unterrichtsliteratur immer nach Gesichtspunkten der Interessenlage aus. Des weiteren betrachte ich die Unterrichtsliteratur ohnehin nur als Leitfaden. Viele Unterrichtsstücke arbeite ich zuhause am PC aus, um den jeweiligen Schüler seinem Geschmack entsprechend optimal unterrichten zu können.

    In dem vorliegenden Fall jedoch ist diese recht schwierig, weil das Mädchen auf meine Fragen in Punkto musikalische Vorlieben nur ein Schulterzucken für mich erübrigt.

    Überhaupt ist dieses Kind nur sehr schwer zugänglich. Ich möchte sie natürlich auch nicht fallen lassen, aber so langsam glaube ich, dass hier eher ein Therapeut gefragt ist. Und mit so einer Aufgabe wäre ich aufgrund fehlender fachlicher Qualifikation überfordert.

    Ich finde auf jeden Fall die hier entstandene Diskussion sehr informativ und auch lehrreich, denn so manchen Blickwinkel habe ich vorher so nicht gesehen.

    Es löst zwar nicht direkt mein Problem, aber vielleicht komme ich ja ein Stück weiter - mal sehen, was wird. So manchen Tipp werde ich garantiert beherzigen.
     
  18. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    hallo yts62
    aus der not eine tugend machen! die not ist hier der etwas zu starke wille, der ehrgeiz.das, was normalerweise zu wenig da ist. was ist das ziel beim saxen? das, was man hört, auf dem instrument wiedergeben können, sich auf dem instrument frei bewegen können.
    ich würde, nicht als tip unter vielen sondern als konzept
    das mädchen ein stück ohne noten, nach gehör zusammenfummeln lassen; und ihm nebenbei erklären, dass fehler nicht nur nichts schlimmes sind, sondern der einzige weg, an hand des falschen nach und nach das richtige zu entdecken.
    wenn sie es kann, lass sie von einem anderen ton beginnen.
    sprich bloss nicht von tonarten, sondern nur vom neuen startton. das scheitert normalerweise übrigens an der faulheit und nicht vorhandender ausdauer. dürfte also hier kein problem sein. habt ihr ganz unsystematisch alle, oder viele anfangstöne , nicht tonarten, durch,oder einer von euch zwei zeigt anzeichen von langeweile, kommt das nächste stück.
    deine aufgabe ist es ,die stücke auszuwählen. sie sollten dem geschmack der altersgruppe entsprechen und ganz langsam nur schwieriger werden. also zuerst unbedingt skalenorientiert sein, wie zum beispiel alle meine enten, skala hoch, hänschen klein, skala runter.sind nicht unbedingt jahrgangsorientierte nummern, aber das wäre eben deine aufgabe, da was zu finden. dann erst sprungstücke, wie happy birthday. nutz ihren ehrgeiz.
     
  19. ChristophBM

    ChristophBM Kann einfach nicht wegbleiben

    Falls Du es moralisch-ethisch vor Dir selbst verantworten kannst, überlege mal, ob es nicht ein kurzfristig/mittelfristiges ausschließliches "Ziel" für dich sein kann, wenn deine Schülerin sich einfach während des Unterrichts bei Dir wohlfühlt - du möglichst auch - und am Ende des Unterrichts ihr beide euch in guter - womöglich noch angenehmerer Gemütslage befindet.

    Ich habe manche Schüler, die von dieser Form des Unterrichts, in der überhaupt keine bestimmten, von wem auch immer "gesetzten" Leistungsziele existieren - ich nenne es absichtslosen Unterricht - langfristig profitieren.

    Ich finde es allerdings zwar wichtig der Schülerin möglichst viele verschiedene Inhalte anzubieten, aber es ist - finde ich - nicht deine Pflicht dich an der womöglichen Orientierungarmut deiner Schülerin endlos "abzuarbeiten"; Es gibt natürlich auch sehr junge Schüler, die - ohne Absicht - ihren Lehrer stetig "auschecken" möchten, das kann zunächst schwierig werden, weil man erstmal klarkriegen muß "wer" da eigentlich außer dem Schüler selbst noch alles "virtuell" anwesend ist ;)

    Manchmal macht es da Sinn und großen Spaß ein Rollenspiel zu machen, also z.B. mal die Rollen zu tauschen, das bringt oft positive Dynamik ins "Spiel".


    Musik, Saxophon, Unterricht einfach als Anknüpfungspunkt, als "Anker" für eine angenehme Zeit, Beschäftigung.

    Für manche Kinder bietet der Einzelunterricht auch die Möglichkeit mal auszuspannen von den vielen Verpflichtungen, denen sie im übrigen Alltag ausgesetzt sind; mir ist schon bewußt, daß diese Art zu unterrichten eventuell den übergestülpten Leistungserwartungen der Eltern, der Institution Musikschule, auch den eigenen, internalisierten Erwartungen des Lehrers zunächst zu widerstreben scheint. Muß aber nicht.

    Herzlicher Gruß, Christoph
     
  20. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Christoph,

    deine Ansätze hören sich für mich recht gut an.

    ... das wäre vielleicht gar nicht schlecht - auf die Art könnte ich sie ein wenig aus ihrer leicht litargischen Position hervor locken.


    ... genau da sehe ich das Problem. Die Mutter ließ mich zwar wissen, dass ihr klar sei, dass ihr Kind nur sehr zarte Fortschritte machen wird, trotdem fragt sie ihre Tochter nach jedem Unterricht, was wir denn heute so gemacht haben. Ich weiß nicht, ob es nur der Verusch ihrerseits ist, Interesse am Unterricht ihrer Tochter zu bekunden, oder ob sie sich da selbst wiederspricht.


    @ grmz
    ... das hört sich gut an - werde ich mit einbinden
     
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