Funktion der Stufen

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 13399, 7.Dezember.2019.

  1. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    ...und weil wir alles abweichende auf die "Mutter aller Tonleitern" (in unserem Kulturkreis) beziehen, "müssen" wir in Moll die Durdominante spielen, im Zigeunermoll die in unseren Ohren "normale" Subdominante spielen, usw.

    Das Prinzip der Terzenstapelung war also zuerst da und gilt auch weiter und wird durch Anpassung "fremder" Klänge an unsere Hörgewohnheiten nur "korrigiert".
     
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  2. Dsharlz

    Dsharlz Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Paul,

    hab in meinem Archiv v. Noten einiger Balkan-bands (serbisch, mazedonisch), in denen ich gespielt hab,
    geblättert, man findet die unterschiedl. Akkordabfolgen
    Caje Sukarije z.B. hat u. a. eine Flamenco-Kadenz, Dm - C - Bb - A
    in Opa Cupa und vielen anderen findet man ganz normale Mollkadenzen: Bm - Em - C#7 - F#7
    Djelem Djelem moduliert ähnlich wie der A-Teil v. Autumn Leaves von Moll nach Dur
    in Jovano Jovanke und anderen sind folgende chords typisch: D7 - Cm - D7 - Cm

    die Melodien in den songs verwenden sehr oft harm. Moll bzw HM5 :)

    dobre vecer
    dsharlz
     
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  3. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Nu ja.... Wenn ich eine Sprache gelernt habe, denke ich beim Solieren (freie Rede vor Publikum) auch nicht mehr über das Gelernte nach..........................
     
  4. saxhornet

    saxhornet Experte

    Ich hatte im klassischen Tonsatz in der Uni noch im Rahmen von Chorälen noch phrygische, lydische, dorische etc. Kadenzen gelernt. Die mussten wir sogar am Klavier spielen können. Ist aber sehr lange her und ich erinnere mich nicht mehr daran wie die wirklich genau aussahen. Irgendwo müsste ich die Unterlagen noch haben aber bis ich die finde......
     
  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Der Begriff Kadenz und galt früher nur für die Schlusswendungen der Kompositionen. Er ist später erweitert worden (Vollkadenz, erweiterte Kadenz etc.).

    Die hier angesprochene Stufentheorie ist erst Anfang des 19. Jahrhunderts erfunden worden und natürlich kann man die Stufen auch auf alle Kirchentonleitern anwenden. Kommen ja eh immer die gleichen Akkorde heraus. Es ist aber praxisfremd oder sagen wir so: Ich kenne keine stufentheoretische Analyse eines mehrstimmigen phrygischen Stückes, geschweige denn überhaupt ein solches Stück. Ich habe das allerdings auch nicht studiert.
     
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  6. saxhornet

    saxhornet Experte

    Wir hatten das auch nur als Schlusskadenz. Wir hatten aber, wenn ich mich richtig erinnere auch komplette Choräle, die eher auf einer bestimmten Kirchentonleiter basierten. Wenn ich nur wüsste wo ich den ganzen Kram habe..... Mist. Zu dem Thema gibt es aber wohl auch keine Literatur, zumindest hatte ich mal gesucht (auch weil ich meine Uniunterlagen nicht mehr finde) und nichts gefunden.
     
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  7. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Bist du dir da sicher? Barockstücke lassen sich prima verjazzen, da sie eine ähnliche Harmonik und Melodik haben wie Jazz. Im Sikora ist eine Passage aus einer Violinensonate von Bach abgedruckt, die randvoll mit 2-5-1 Verbindungen, Zwischendominanten und auch b9 Akkorden ist.
     
  8. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Es dei denn, ich sollte hier und da mal eine b9 treffen. ;)
     
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  9. ppue

    ppue Mod Experte

    Die Stufentheorie ist ein analytisches Hilfsmittel, das Jacob Gottfried Weber (1779–1839) entwickelt hat. Die Stufentheorie hat ja nicht die Akkorde erfunden, mit denen schon lange vorher musiziert wurde. Sie hat die Akkorde erklärt.

    Harmonielehre ist keine Lehre, nach der man musiziert. Die Musiker musizieren und die Theoretiker versuchen, das dann auseinander zu nehmen (-:
     
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  10. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Das sehe ich ähnlich, wobei es mir jedoch bei Bach schwer fällt, zu glauben, dass er nur aus dem Bauch heraus solche harmonisch komplexen Werke komponiert hat. Die wohltemperierte Stimmung war noch akustisches Neuland und ich kann mir nicht vorstellen, dass er die Diatonik mit Zwischendominanten und HM5 Skalen erweitern konnte, ohne die Stufenfunktionen zu verstehen.
     
  11. ppue

    ppue Mod Experte

    Er verstand sich prächtig auf all das. Trotzdem gab es die Stufentheorie noch nicht. Die braucht man selbst bei komplexen Werken nicht zum Komponieren.
     
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  12. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Ok, für 20€ würde ich meine Meinung nochmal überdenken. :)
     
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  13. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Wer war zuerst da, die Henne oder das Ei? Erst als Newton der Appel auf die Birne fiel, wurde aus Fallobst begrifflich physikalisch Gravitation, auch wenn diese schon etwas länger wirkte und gut ohne Newton auskam.

    Selbst wenn die Barockzeit vielleicht noch nicht explizit von Stufen sprach, weisen doch die bezifferten Bässe im Generalbass schon deutlich darauf hin. Eine simple '2' unter einer Bassnote zeigt halt an, dass die Bassnote eine Sekunde unter dem Grundton steht, der dann durch die nie angezeigten akkordischen "Selbstverständlichkeiten" (Terz und Quinte im Verhältnis zum Grundton) ergänzt wird. So wird aus F mit der 2 darunter ein F-G-H-D, also die dritte Umkehrung des Dominantseptakkordes.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Generalbass

    Richtig ist dabei, dass zu der Zeit eher die Horizontale (Stimmführung) als die Vertikale (Harmonik, Akkord, 'Stufen') beachtet wurde.

    Zu dem Zeitpunkt ahnt aber noch niemand dass Beethoven knapp ein Jahrhundert später die Vertikale nahezu provokant in den Vordergrund rückt, als er seine 1. Sinfonie mit einem Dominantseptakkord (deutlich gefühlt auf der 5. Stufe) einleitet, der entgegen der früheren Lehre der Stimmführung nicht vorbereitend und "schreitend" erreicht wurde.
     
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  14. Rick

    Rick Experte

    Genau, endlich hat es jemand gesagt! :applaus:

    Wie beim Modalen Jazz, der ja eigentlich eher einen Rückgriff auf diese uralte Musikpraxis darstellt, gibt es in den meisten nicht auf der europäischen Klassik beruhenden Musikstilen keine Stufenfunktionen in dem Sinn, sondern man kann Akkorde aus der Tonleiter bilden und in beliebige Reihenfolge setzen.
    Natürlich gibt es auch Mischformen, aber die haben meistens ihre eigenen Gesetze, die traditionell gewachsen sind.
    Ansonsten gilt, wie immer in der Kunst: Erlaubt ist, was gefällt. :cool:
     
    Zuletzt bearbeitet: 10.Dezember.2019
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  15. Gelöschte 11056

    Gelöschte 11056 Guest

    :-D
     
  16. ppue

    ppue Mod Experte

    Grinse nicht. Isso. Und soll auch so sein.
     
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  17. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Die Kirchentonleitern waren sicherlich melodisch und nicht harmonisch orientiert. Was ich mich frage: wann entstand 'ein Bewusstsein" für die Stufen, auch wenn sie vielleicht noch nicht theoretisch abgehandelt wurden.
    Ich bringe mal als Beispiel die 'Folia', eine Form, die eindeutig durch melodische, aber auch harmonische Strukturen definiert ist. Diese Form lässt sich bis ins 15. Jahrhundert, als die Kirchentonarten noch in voller Blüte standen, zurückverfolgen. Hier ein Beispiel von Jean-Baptiste Lully:



    Die harmonische Folge ist in Stufen organisiert und obligat, und die Stufen prägen die Form kolossal. Hat man sie wirklich nicht benannt, sondern einfach nur gespielt? Mmmhhhhh (Crash Test Dummies).
     
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