Gage :-)

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von GelöschtesMitglied11524, 21.August.2021.

  1. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Volle Zustimmung. DAS ist m. E das Problem
     
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  2. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ich kenne einige Künstler, die keinen Unterschied machen, wer sie beauftragt und eine feste Gage verlangen.

    Meine eigenen Erfahrungen waren häufig so, dass die sogenannten Benefizauftritte sich am Ende als fragwürdig herausstellten.
     
  3. charly-5

    charly-5 Ist fast schon zuhause hier

    Klar, kann man machen. Ich finde das aber schon etwas sehr darwinistisch - oder von mit aus auch kapitalistisch - gedacht. Nur sollte man so ein Konzept dann auch bis zum Ende durchziehen: Förderung von Musikkultur? Das soll die Nachfrage regeln. Ebenso ist dann das Jammern über die Konkurrenz, die zwar schlechter aber dafür dramatisch billiger spielt, unzulässig, wenn sich die Nachfragenden damit zufrieden geben. Es gibt dann auch keinen hehren Grund mehr, sich mit dem edlen Banner "Kultur" zu schmücken. Oder den Begriff der Kunst in einem romantischeren Verständnis als dem höchsten Könnens zu begreifen. Denn mit so einer machiavellistischen Auffassung missachtet der Musiker den Dreiklang des Wahren, Guten, Schönen. Er grenzt die Kunst nicht nur vom Wahren ab (Das Wahre ist hässlich. Wir haben die Kunst, um nicht an der Wahrheit zugrunde zu gehen). Es ist ihm auch das Gute wurst. Seine Kunst dient ihm als Mittel zur Macht und damit unterwirft er sich als Büttel den Mächtigen. Und seine Musik ist nicht mehr wert als seine Technik am Instrument.
    Da kann man sich auch nicht mit der Fragwürdigkeit einiger Benefizkonzerte herausreden.

    Gruß
    Charly
     
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  4. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Es ist Angebot und Nachfrage. Es gibt wenige Stars, die verlangen können, was sie wollen, und viele "Normale", die miteinander in Konkurrenz stehen. Und das nicht nur in der Musik oder Kultur.
    Ich hab da auch einen Blick auf die Schauspielerei: das ist ein Bereich, der mich persönlich auch reizen würde, ohne zugleich groß Gelegenheit dazu zu haben, aber auch da ist die "Nachfrage", insbesondere in Österreich, sehr überschaubar. Ich hab den "Einstieg" von zwei jungen Schauspielern eine Zeit lang beobachtet, die ich persönlich kenne: er macht den Sprecher bei diversen Werbespots und hatte in einem Tatort eine Nebenrolle, sie macht Poetry Slam und Kinderbetreuung und hatte in einem Thriller eine kleine Rolle mit einem Satz Text. Die können schon beide was, aber wieviele Schauspieler werden gebraucht?
    Und wer von uns Hobby-Musikern würde sich nicht freuen, Gelegenheiten zu (relativ gut) bezahlten Auftritten zu bekommen, wo zugleich bei den Profis nicht "zuviel" Nachfrage ist?
    Ja, es wird schon mehr Angebot als Nachfrage geben.

    So bitter finde ich das nicht: ob arm oder reich ist eine Sache, aber ich finde es gut, wenn die Reichen ihr Geld ausgeben. Nur sollten die Gagen halt auch stimmen.
    Wie "reich" das Publikum oder der Veranstalter im Anlassfall sind, sei dahingestellt, immer noch sollten die Gagen stimmen.

    Solange das kein Benefiz ist, ist das völlig egal. Der "Gewinn" muss ja nicht (unmittelbar) materiell sein. Die, die engagiert sind, sollten angemessen bezahlt werden. Die Konsequenz daraus wäre allerdings auch, dass weniger Musiker engagiert werden, weil in dem Fall das Budget vorgegeben oder zumindest nicht unbegrenzt gewesen sein wird.

    Dann sollten sie halt auch nur Dumping-Musiker kriegen. Es wurde im Video eh angesprochen: hier macht man halt wegen der Identifikation "trotzdem" mit, sonst nicht. Und sonst kriegt man auch andere Gagen... auch jetzt.

    Ansonsten ist das eh wieder dasselbe Thema wie wir schon öfter hatten, auch gerade parallel in "Sax für Geld". Nur eben ein Beispiel mehr.
     
  5. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Deine Argumentation habe ich verstanden, aber nicht deine eigene Position.

    Ist der letzte Satz auf mich bezogen?
     
  6. charly-5

    charly-5 Ist fast schon zuhause hier

    Der Satz ist nicht auf dich bezogen, sondern auf die Argumentationstechnik. Mit anekdotischer Evidenz lässt sich jeder Standpunkt verteidigen. Man kennt eine Tante, die das Impfen nicht vertragen hat, oder einen Neffen, der ohne Vorerkrankung in jungen Jahren wegen Covid-19 ans Beatmungsgerät musste. Man betont, dass Helmut Schmidt Kette geraucht hat, oder weiß von fragwürdigen Benefizkonzerten. So korrekt wie jede einzelne Beobachtung auch sein mag, als Argument dient sie eben in den allermeisten Fällen nicht. Vor allem lassen sich diese Episoden nicht verallgemeinern. Genauso wie es Musiker gibt, die für ihre Musik brennen, gibt es Gastronomen, die für ihre Idee brennen, trotz aller Widrigkeiten mit Live-Musik das Publikum zu begeistern. Selbst wenn sie dafür selbst kaum über die Runden kommen. So wie es Musiker-Familien gibt, die den Inhalt der Sammeldosen, die sie während eines Konzertes herumgehen ließen, für sich beanspruchen, gibt es ehrenamtlich Engagierte, die für Kinder, Alte, Gebrechliche oder auch mal für das Gemeinschaftsgefühl in der ansonsten eher anonymen Nachbarschaft ein Event auf die Beine stellen, in das sie nicht nur viel Arbeit, Herzblut und auch eigenes Inventar und Geld stecken. Oder Benefiz-Veranstaltungen organisieren, um mit dem Erlös in Kenia eine Schule zu bauen, Ziegen anzuschaffen und persönlich - auf eigene Kosten - hinfahren mit Hektographierer und Bleistiften und vielen anderen Dingen im Gepäck.

    Geschenkt

    Gruß
    Charly
     
  7. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Aber mal umgekehrt gefragt:
    Es ist bekannt, dass die Aussichten auf eine feste Anstellung mit einem festen Gehalt für einen Musiker gering sind.
    Es ist außerdem bekannt, dass es nur die aller wenigsten Musiker schaffen derart Erfolg zu haben, so dass sie von ihrer Musik gut bis sehr leben können.
    Es ist auch bekannt, dass die aller meissten Musiker, selbst wenn sie studiert haben bzw auf entsprechendem Niveau spielen, irgendwie mit mäßigen Einnahmen rechnen müssen.
    Warum macht ihr das? Ist das alles Idealismus, mit dem ihr das kompensiert?

    Ich verstehe, dass einer gerne Musik macht (wie ich), vor Publikum auftritt (wie ich), Leute unterhält und Spaß vermittelt (so wie ich), oder auch anderen zeigt, wie man ein Instrument spielt, aber muss man gleich seine Existenz da dranhängen? Fehlt mir da ein Gen, dass ich das nicht verstehe?
     
  8. GelöschtesMitglied11073

    GelöschtesMitglied11073 Guest

    Das macht eben den Unterschied von Hobbierumdudler zum Profi aus
     
    Gerrie, charly-5, mzolg und 2 anderen gefällt das.
  9. ppue

    ppue Mod Experte

    Viele der angehenden Musiker sind schon vor dem Studium äußerst engagiert auf dem Gebiet, haben schon Jahre auf ihren Instrumenten geübt, in Orchestern, kleineren Ensembles und zig Bands gespielt, sprich, eine Menge Kraft und Gefühl in die Musik investiert.

    Musiker zu werden funktioniert meines Erachtens etwas anders als z.B. bei der Entscheidung, werde ich Schlosser (oder wie das heute heißt). Man hat so viel mit Musik zu tun, dass es naheliegt, die investierte Mühe und das große Können auf dem Gebiet mit in den Beruf zu nehmen.

    Natürlich steht irgendwann die Frage an: Schaffe ich es, von der Musik zu leben? Vielleicht aber ist die Frage auch gar nicht so wichtig und der eigene Körper hat sich schon längst vor dir zu dem Beruf entschieden.

    Das gestaltet sich bei bildenden Künstlern und auch bei Schauspielern im übrigen ganz ähnlich.
     
  10. Rick

    Rick Experte

    Nun, das Berufsbild Musiker entstand vorwiegend durch die höfische Unterhaltung in früheren Jahrhunderten - da spielten gut ausgebildete, talentierte Musiker an den Adelshöfen, erhielten Festanstellungen und konnten damit sogar ihre Familien unterstützen, genau wie andere Bedienstete und Beamte.
    Diese Anstellungen waren sehr begehrt; die Alternative für diese Personengruppe bestand darin, als virtuose Solisten oder kleine Ensembles durch die Welt zu reisen und ihre Kunst an verschiedenen Orten (meistens auch wieder Adelshöfen, ab dem 18. Jahrhundert dann zunehmend auch bei reichen Bürgern oder in städtischen Theatern) zu präsentieren.

    An dieser Situation hat sich bis heute nichts Wesentliches geändert, dass man "für die Reichen" spielt, hat lange Tradition. Die Fürstenhöfe wurden in unserer Demokratie durch staatliche und städtische Einrichtungen ersetzt, eine Festanstellung dort ist nach wie vor Glückssache (und eine Frage von Beziehungen und Seilschaften).

    Manchmal macht es mehr Spaß, "für die Armen" oder für einen guten Zweck (Benefiz) zu musizieren, aber allein davon konnte und kann niemand leben, so lange wir ein kapitalistisches System haben. ;)

    Was mich angeht: Ich bin da seit den 1980ern "reingewachsen". Damals hatte man als Saxer ganz gut zu tun, wenn man nicht völlig talentfrei war, und da der Musikerberuf schon seit meiner Pubertät ein großer Traum war, habe ich nicht lange gezögert, mein (brotloses) Uni-Studium an den Nagel gehängt und mich voll auf die Musik geworfen.

    Aber heute sehe ich die Sache für junge Berufsanfänger ähnlich wie meine Mutter früher: Man sollte schon schauen, dass man ein zweites Standbein hat, auf das man sich stützen kann.
    Wie schon öfter erwähnt muss man "mehrere Eisen im Feuer haben", also in meinem Fall Unterrichtseinnahmen und sonstige Einkünfte (Komposition, Arrangement, Musikproduktion...) neben den reinen Auftrittsgagen.

    Was man davon hat?
    Ich kann mehr oder weniger machen, was ich will, alle Verpflichtungen sind freiwillig, diese Unabhängigkeit ist mir viel wert. Ich könnte nicht Tag für Tag derselben Tätigkeit nachgehen, mir von außen vorschreiben lassen, wann ich aufzustehen oder ins Bett zu gehen habe, und wenn mir irgendeine Vorgabe nicht behagt, sage ich einfach: Nö. :-D

    Im Geist der Bremer Stadtmusikanten: Etwas Besseres als den Tod finden wir überall.
    Geld ist nicht alles und ABSOLUTE Sicherheit gibt es nirgends.
     
    Zuletzt bearbeitet: 23.August.2021
  11. ppue

    ppue Mod Experte

    Die Kids von heute müssen sich eh auf verschiedene Berufe in ihrem Leben vorbereiten, warum also nicht erst einmal halsüberkopf ins Musikerleben? Deine anderen Standbeine sind ja auch nur im musikalischen Bereich, @Rick.

    Das bestätigt, was ich schrieb: Man wächst da eher hinein als dass man sich am 9. November entscheidet, Musiker zu werden. Meine eigentliche Karriere fing witziger Weise genau zu dem Zeitpunkt an, wo ich mir sagte: Aus dir wird kein richtiger Musiker mehr.
     
  12. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    Das wäre mir auch viel Wert gewesen im Berufsleben, das ist unabhängig von der Musik.
    auch die meisten Musiker mit Festanstellung müssen sich am Nasenring durchs Dorf zerren lassen oder nicht? Nach einigen Eurer Kriterien war ich auch mal 15 Monate lang Profi ( ich hatte es nicht studiert, konnte kaum davon leben obwohl ich es den ganzen Tag gemacht habe :sorry2:)…. Da haben auch Andere über meine Einsätze und Auftritte bestimmt…. :)
     
  13. Matthias Wendt

    Matthias Wendt Ist fast schon zuhause hier

    Musikcorps im Wehrdienst? Dann wären wir Kameraden.
     
  14. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ich bin voll bei dir!

    Im Prinzip geht es um Wertschätzung deiner künstlerischen Dienstleistung.

    Und darum, dass du als Künstler nicht ausgenutzt wirst.
     
    altoSaxo, Rick und charly-5 gefällt das.
  15. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Ich wollte mit der Frage niemanden angreifen oder so.
    Mir fehlt halt der Draht dazu. Meine Jugend war auch ausgefüllt mit Musik, Auftritten im Musikverein, Proben und Unterricht. Mit hat es auch nicht an Begabung gefehlt oder Leidenschaft, eher am Fleiß (meine mit Technik überladene Klarinettenschule war mir als Jugendlicher zu langweilig und so playalongs zum mitspielen gab es nicht). Trotzdem wäre ich trotz aller Liebe nie auf die Idee gekommen Berufsmusiker zu werden. Das war vor 35 Jahren schon keine existenzsichere Sache.
    Teilzeit einen "normalen" Job und zusätzlich dann Musik spielen, ja, aber...
    Rückblickend bedaure ich eher 2 Dinge
    1. Der fehlende Fleiß als Jugendlicher zu üben. Ich hatte einen tollen Lehrer von der Noris Band, von dem hätte ich viel mehr lernen können
    2. Ca. 20 Jahre Pause ohne aktiv zu musizieren. Das hole ich nicht mehr auf, zumal es hier kaum Lehrer gibt.
     
  16. Atkins

    Atkins Strebt nach Höherem

    Geht mir zumindest diesbzgl. ähnlich. 30 Jahre fast totale Pause waren es bei mir, aber ich habe in der Zeit Musik auch nicht vermisst. Musik machen fing erst wieder an, als ich mehr Zeit hatte....und nun zum Glück habe.Musik ist für mich auch nicht alles...da gibt es noch paar andere Dinge , die mir wichtig sind.

    Gage :) Ja, mit der punkband verdiene ich bisschen was.....immerhin. Finde ich gut, wenn ich da ne Aufwandsentschädigung erhalte....nicht regelmässig, aber soll schon so sein. Sind dann eh nur 50 € oder so, aber immerhin.
     
    Rick gefällt das.
  17. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Stimmt, Aebersold gibt es erst seit 1967, Music minus One seit 1953. :)

    Grüße
    Roland
     
    GelöschtesMitglied11524 gefällt das.
  18. ppue

    ppue Mod Experte

    Das mag sein, war aber bei uns in den 60ern und 70ern eher selten, dass man solches Material benutzte. Ich lernte schneller, wenn ich zur LP mit den damaligen Göttern zusammen spielte. Hören und gleich umsetzen. Wenn du eine Woche (was ist schon eine Woche?) lang jeden Tag vier Stunden mit Coltrane zusammen spielst, hast du intuitiv und übers Ohr viel von dem kapiert, was der da macht.

    Beim Play Along spielst du nach einem Jahr noch deine eigenen verkackten Phrasen.
     
  19. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Das GAB es einfach nicht. Man hörte von den ersten PA-Schallplatten in USA - das Geld dafür hätte ich aber gar nicht gehabt. Lennie Niehaus übte man mit Metronom oder mit Fuß - ansonsten siehe @ppue
     
    Gelöschtes Mitglied 13399 und Rick gefällt das.
  20. Atkins

    Atkins Strebt nach Höherem

    :) Genau...ihr seid die wahren Helden.
    Spass beiseite, alles richtig und kenne ich auch so, aber die Zeiten ändern sich einfach....fällt mir auch manchmal schwer, aber sehe dann auch meine ""Sturheit"", die ich aber sehr gut beiseite legen kann.
     
    Rick gefällt das.
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