Geduld und Gelassenheit - wie macht ihr das?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Weltenbummler, 18.September.2025 um 14:25 Uhr.

  1. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    Ich bin Henry, 71J. jung und fange nach 5 Jahren (Zwangs)Pause wieder an. Ich spielte davor gut 20J. lang.
    Beim Neuanfang war gleich vieles wieder da, aber ich bin ungeduldig mit meinem Lernfortschritt. Ich vergreife mich immer wieder, selbst bei einfachen Stücken wie "Watermelon Man", dann ärgere ich mich, wie man bloß so einfache Schusselfehler machen kann!

    Bei anderen habe ich Geduld wie Ballou, der Bär, aber nicht für mich selbst. Mit Folgen: Ansatz wird hart und eng, klingt schei....., das nervt mich noch mehr. Ich erwarte momentan zu viel von mir, das weiß ich, kann aber (scheinbar) nix dagegen unternehmen. Beim Einschlafen verfolgen mich Gedanken zu "Vierd Blues" von Herrn Davis oder "Moanin' " DAS MUSS DOCH GEHEN wie früher. An Geläufigkeit mangelt es inzwischen auch. Ist aber nicht "früher, es ist "jetzt"!

    Kennt ihr das und was macht ihr für eure Geduld?

    Grüße von Henry ;)
     
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  2. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Festina lente.
     
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  3. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Ich habe auch einmal ca 5 Jahre pausiert und stand vor dem gleichen Problem.

    Gelernt habe ich daraus:

    Bis das es wieder so halbwegs flüssig geht wie vorher braucht mindestens 1 Jahr, wenn man es richtig angeht

    Richtig angehen heißt vor allem Basics üben. Ansatz, Tonbildung, Artikulation, Phrasierung, Fingertechnik, gezielt und systematisch erarbeiten, von dem Niveau aus, auf dem man sich jetzt befindet, nicht dem von vor 5 Jahren.

    Da braucht es aber natürlich auch etwas Geduld. Und zunächst würde ich auch erst mal etwas leichtere Blätter als damals spielen.

    Gruß,
    Otfried
     
  4. Silver

    Silver Gehört zum Inventar

    Ich hatte eine noch längere Pause und beim Wiedereinstieg das Gefühl, jemand hätte meine Festplatte gelöscht.
    Da war ich auch ganz schön verzweifelt und grantig mit mir (und meinem Material, das gar nichts dafür konnte).

    Der Weg ist lang und hat bei mir ein reichliches Jahr gedauert, bis es so halbwegs wieder ging. Allerdings neben einem anstrengenden Berufsleben, bei dem ich mir eisern auch nach 12-14 Stunden im Job noch eine Stunde Übezeit abgenötigt habe.

    99% Transpiration, 1% Inspiration.

    Dranbleiben - wird schon wieder!
     
  5. cwegy

    cwegy Ist fast schon zuhause hier

    Nach langen Pausen spiele ich auch mehr und ausgiebig Basics und freue mich daran, wie es sich verbessert. Verkrampfe ich mich dann bei einem Stück und es geht mir so wie Henry, dann gehe ich wieder einige Minuten in die Basics-->gerne Longtones in angenehmen, unteren Lagen und auch Obertonübungen gemäßigt(!)

    Das führt bei mir zu schnellerem Erfolg, als etwas erzwingen zu wollen.
     
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  6. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Eine laaaange Pause hatte ich auch. Genauer gesagt mehrere. Wenn man älter wird, dauert der Wiedereinstieg länger, jedenfalls länger als erwartet.
    Das wichtigste ist mE das Dranbleiben, täglich (!), komme was da wolle. Wenn ich wenig Zeit habe, sind das immer Longtones und diverse Skalen und Arpeggien rauf und runter ohne auf Noten zu schielen.
    Das bewusste Hören von Stücken finde ich auch sehr wichtig.

    Das andere wurde oben schon geschrieben.
     
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  7. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Geduld und Gelassenheit - wie macht ihr das?

    Ich bekomme es mit 65 Jahren auch als "Ruheständler" nicht gut hin.

    Das Lernen und Konzentrieren fällt mir einfach schwerer als früher und ich versuche dies zu akzeptieren.

    Mir hilft sehr das gemeinsame Musizieren und die bedingte Erfordernis der Vorbereitung.

    Ich denke, da muss jeder seinen eigenen Weg finden.

    In meiner neuen BigBand sitzt neben mir der Baritonsoxofonist mit 93 Jahren und er spielt gut. Also geht es!


     
  8. Bb7

    Bb7 Kann einfach nicht wegbleiben

    Ich habe in jungen Jahren so im Alter um 25 in Berlin recht viel live Musik gemacht....ohne grosse Ansprüche, war auch wirklich auf sehr einfachem Niveau.
    Habe in der Zeit bisschen Querflöte, Sax und etwas Gitarre gespielt, eher nur so rumgedudelt :)
    Immerhin hat es dazu geführt, dass ich, nein natürlich wir!! mit einer Band nach Ghana eingeladen worden sind ( auf eigene Kosten :) ) und das war für mich einfach klasse.
    Habe dann sage und schreibe fast 30 Jahre wegen Selbstständigkeit im Handwerk Pause gemacht und ein in der Erinnerung tolles Sax verkauft ( Selmer SA ) was ich heute noch gerne hätte.
    Ich habe 2017 wieder ohne Ansprüche angefangen und mein bescheidenes Ziel war es, einfache Blues und Jazz Klassiker einigermassen hinzubekommen. Das hat viel besser geklappt als erwartet und ich habe so Einiges in den Jahren versucht. Bands, Gigs, Gutes und Schlechtes erlebt.....Mittlerweile geht es wieder ruhiger zu und ich freue mich wirklich darüber, mich einfach mit Musik beschäftigen zu können.
    Meine Ansprüche sind eher bescheiden, aber ich kann genug, um mich gut damit zu beschäftigen. Ziele habe ich nicht, also ärgere ich mich auch nicht über etwaige "Schwächen", die ich gerade durchaus habe....macht aber gar nichts.
    I
    @Bereckis ich hatte mal ein kleines Flöten Hauskonzert und da habe ich einen Mann im Alter von 80 Jahren kennen gelernt, der mit 70 angefangen hat, Klavier zu lernen....mit bescheidenen Vorkenntnissen. Heute ( hoffentlich noch) spielt er in einer Oldi Bluesband und es gefällt ihm. Das hat mich schon etwas beeindruckt.

    VG
     
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  9. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Wahnsinn!! Ein sehr schönes positives Beispiel.
     
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  10. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    Herzlichen Dank mal für eure Beiträge und Ideen - und so schnell!

    Ich selbst gebe mir ein Jahr, aber innerlich merke ich: Das muss doch schneller gehen. Das ist eben kein 400m Sprint, eher ein Marathon. Der große Manitou lehrt mich jedoch: "Nix da, du machst, was geht!"

    Ich übe täglich 2 x 45', die Basics sind mit drin, ich spüre ja auch, dass es besser wird - und spiele ja auch erst wieder seit 3 Wochen. Also, wenn ich mein Coach wäre, würde ich mir selbst raten, Freude am Spielen zu spüren und jeden Tag meinem Zeil (das ich noch formuliert habe) nach und nach näher zu kommen.

    Danke für eure Tipps, ich werde berichten, wie die Gedulds-Lehre funktioniert!

    LG Henry :thumbsup:

    PS: In den basics sind long tones (mit drones) enthalten, Ansatz in allen (mir möglichen) Lagen (ganz oben erinnert es an Katzenmusik), mitspielen ohne Noten auf playbacks (momentan gerade Watermelon Man und Wabash III (von John Scofield) und YT-backing tracks. Ich gehe jede Woche eine Tonart durch, in 12 Wo. bin ich ein mal rum. Ziel u.a. "The latest trick"-Vorspiel von MB zu Dire Straits und "St. Thomas". Zu schwer?
     
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  11. Weltenbummler

    Weltenbummler Ist fast schon zuhause hier

    Meinst du das Altersheim in Wuppertal? :woot:
     
  12. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Weltenbummler
    Frage:
    Gibt's denn äußere Einflüsse, die dich daran hindern, geduldig und gelassen zu sein ?
    Etwa eine Band o.ä. bei der du bis zur nächsten Probe oder bis zum nächsten Auftritt
    Leistung abliefern musst ?

    Mir scheint, dein Problem hängt mit deiner Motivation für den Wiedereinstieg zusammen.

    Was hat dich dazu bewogen, das Messing wieder in den Mund zunehmen ?

    - mit Anderen musizieren
    - Applaus nach Auftritten
    - eigener Spass am Töne-Erzeugen

    Wie auch immer, .... die Biologie, den "Abbau" im Alter kann man nicht ignorieren.
    Ob mental oder körperlich.

    Bin 66, ich weiss, von ich spreche. ;)

    Da hilft nur:
    Akzeptieren und weitermachen.

    VG
     
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  13. Bb7

    Bb7 Kann einfach nicht wegbleiben

     
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  14. Tobias Haecker

    Tobias Haecker Ist fast schon zuhause hier

    Das sehe ich in meiner Unterrichtspraxis immer wieder.

    Ja Geduld und ein angepasster Anspruch sind das eine. Aber das andere ist, (zumindest sehe ich das oft so) ist es auch die Übpraxis und Methodik.

    Mit dem Alter lernt man anders, das gilt besonders für motorische Abläufe. Wenn man einfach "immer wieder probiert bis es klappt" ist das sowohl ineffizient bis kontraproduktiv.
    Nimmst du Unterricht? Was sagt dein Lehrer dazu?
    Optimal ist es, wenn du da jemanden hast, der Erfahrung hat Übschritte runter zu brechen und den Prozess da begleitet.
     
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  15. Bb7

    Bb7 Kann einfach nicht wegbleiben

    Ja und vielleicht auch nein. Ich nehme ganz bestimmt keinen Unterricht mehr, aber das gilt natürlich nur für mich.
    Alle Versuche meinerseits sind iwie gescheitert und das lag nicht nur an mir.
     
  16. Nemo

    Nemo Ist fast schon zuhause hier

    Und das ist doch schön. Mir geht es genauso. :thumbsup:
     
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  17. Tobias Haecker

    Tobias Haecker Ist fast schon zuhause hier

    Hmm,
    wenn es nicht an dir lag, lag es ja am nicht passenden Lehrer. Aber warum keinen Lehrer mehr im Alter? Weil man sich nichts mehr sagen lässt?
    Ich habe mehrere Senioren unterrichtet. Gerade weil das Sax ein leichter zu erlernendes Instrument ist, ist das noch ein machbares Projekt.
    In Süd-Korea ist Saxophon ein sehr beliebtes Hobby für Männer nach der Rente (statt Golf)

    Warum wollen Musiker studieren? Das Niveau, dass angehende Studenten zur Aufnahmeprüfung mitbringen ist enorm. Obwohl sie so weit sind, wollen die noch den Unterricht.

    Naja, muss ja keiner gezwungen werden und Instrumentalunterricht ist ja auch nicht günstig...
     
  18. _Eb

    _Eb Ist fast schon zuhause hier

    Das Problem ist das leider manche Lehrer zwar Schüler unterrichten können, aber nicht in der Lage sind Erwachsene zu unterrichten.
    Was mir oft fehlt ist eine Line der man folgt. Ich habe es gern wenn ich mich auf den Unterricht vorbreiten kann. Und wenn ich ein Idee habe von dem was
    vermittelt wird ..... auch die alte "Hausaufgabe" fehlt mir zuweilen . Nicht in der bitte Seite 23 oben aus wendig , sondern mehr in "schau mal dir die Übung an "
    oder da ist ein Defizit und dafür kann man das diese Übung machen und es so oder so beheben ...
    Für mich ist das Wiederholen bestimmter motorischer Abläufe durchaus hilfreich. Nur ich wieder hole nicht bis es klappt, sondern ich mache den bewegungsablauf ganz langsam.
    Solange bis er funktioniert. danach wird es noch zwei dreimal wiederholt und zurseite gelegt. Morgen mehr
    Dann kommt die Wiederholung und wieder ganz langsam bis ich die Abläufe inne hab.... das dauert mit 62 etwas längert als mit 26 aber es geht genau so gut,,,,
    Und was total ätzend ist ... wenn man sich vertut und der Lehrer sofort dazwischen grätscht und einen aus der Konzentration reist.
    bei mir ein Nogo
     
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  19. Bb7

    Bb7 Kann einfach nicht wegbleiben

    @ Eb

    kannst du dir denn solche Aufgaben /Ziele nicht selbst stellen?? Da gibt es doch unendlich viel Hilfe im Netz und Büchern.
    Ich beschäftige mich damit total gerne und komme gut alleine damit klar.
     
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  20. Tobias Haecker

    Tobias Haecker Ist fast schon zuhause hier

    Sorry, ich wollte hier eigentlich nicht wieder die Debatte "Unterricht sinnvoll oder nicht" aufmachen, da dass doch sehr früh Off Topic führt.

    Allerdings halte ich das hier für ein Gerücht:
    Gibt sicher genug Musiker, die keine guten Pädagogen sind. (Viele sind halt primär Musiker, heißt aber nicht, dass man das auch gut vermitteln kann (aber das ist noch mehr off topic).
    Dass Erwachsene schwieriger als Kinder zu unterrichten sind, das sehe ich anders. Erstens haben viele Kids gar nicht "sooo Bock zum Unterricht zu gehen". Bei den Erwachsenen ist das immer intrinsisch. Zweitens sind Kids fragiler und hibbeliger, Erwachsene bringen mehr Disziplin mit. (Ich hatte zumindest noch keinen Erwachsenen, der zu weinen Anfing, weil es nicht geklappt hat). Kinder muss man Kindgerecht unterrichten, bei Erwachsenen arbeitet man "einfach" auf Augenhöhe.

    Was ich aber verstehen kann, wenn es unter Erwachsenen nicht "klickt". Das ist aber der Luxus als Erwachsener, man kann sich seinen Lehrer (zumindest in halbwegs größeren Städten (oder online) aussuchen.


    Ich wäre wahrscheinlich kein guter Lehrer für dich, weil ich nicht ein festes Programm abfahre sondern immer im Unterricht sehe, wo denn das Individuelle Problem ist, wir daran arbeiten und ich den Schüler dann mit einer konkreten Übung/Aufgabe entlasse.

    Das klingt aber - ehrlich gesagt - auch etwas danach, als hättest du Schwierigkeiten, dich auch einen dir fremden Prozess einzustellen.
    Ich grätsche sehr oft in das Spiel meiner Schüler ein, wenn ich was höre, was ich verbessern möchte. Macht für mich meist mehr Sinn, als den Schüler erstmal zuende dudeln zu lassen. Dann ist meist schon vergessen, wie die Stelle gespielt worden und ggf waren dann noch mehr Fehler aufgetaucht. Immer das Stück durchdudeln zu lassen ist ein teurer und unproduktiver Zeitfresser. Ich versuche da auch respektvoll mit der Unterrichtszeit meiner Schüler zu sein.

    Aber naja, Thema war ja eigentlich Gelassenheit :cool:
     
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