Gema lässt die Muskeln spielen

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Bloozer, 10.Mai.2010.

  1. rbur

    rbur Gehört zum Inventar

    Na und? Die rechtlichen Fragen, ein Forumspost betreffend, sind noch wesentlich undurchschaubarer. Trotzdem ist unten ein Knopf, wo man einfach nur draufdrücken muss.
    Ebenso musst du nicht wissen, wie ein Atomkraftwerk funktioniert, um deine Haare zu föhnen.

    Genauso ist es mit "Happy Birthday": wenn du das Lied öffentlich aufführst, meldest du es der GEMA und zahlst die Rechnung. Fertig.
     
  2. cara

    cara Strebt nach Höherem

    Rick hat geschrieben:
    Das versteh ich nicht. :-?

    Etwas, was ich "komponiere" (schreibe, baue, designe, male, .... ), ist mein geistiges Eigentum. Es spielt keine Rolle, ob ich es notiere, ob ich mich dabei auf etwas beziehe, was existiert, etwas als Zitat in meine Ausführungen mit einbeziehe und darauf antworte.

    Beispiel:

    Günter Grass hat irgendwann einmal dieses Buch geschrieben:
    "Die Rättin" :)
    Davon inspiriert schrieb jemand als Günter Ratte das Buch:
    "Der Grass" :-o

    @Rick: nach deiner herangehensweise hätte Günter Grass die Tantiemen bekommen, die Günter Ratte erwirtschaftet hat durch seine Kreation. War mit Sicherheit nicht so.

    Wenn man ein Stück kreiert, mit dem man sich auf ein vorhandenes Stück reagiert, ihm antwortet, es zitiert, ihm etwas entgegensetzt, hat es auch einen eigenen Namen, z.B. honeymelonman, wenn man auf Watermelonman reagiert oder ähnliches. Der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Dieses Stück kann man anmelden. Man kan es aufnehmen und sichern. Man hat für dieses Stück Urheberrecht. Wenn man das beweisbar machen will, hinterlegt man es bei einem Notar. Eine Improvisation ist ein völlig normales Musikstück. Es wurde nur (noch) nicht notiert, was auch nicht sein muß.

    Musikstücke kann man anmelden bei der GEMA oder es lassen, wenn man denkt, dass man es nur einmal spielen will und sich daraus keinen pekunären Nutzen erhofft.

    In meiner Playliste stände jedenfalls nicht Watermelonman von Herbie Hancock, wenn ich nur zitiere, um eine Antwort geben zu können, sondern z.B. Watermelonwoman von Cara. :-D weil mehr als die Wassermelone hätten die beiden Stücke ja auch nichts gemein.

    Nur mal zum drüber nachdenken. :roll:

    Cara
     
  3. viva-la-musica

    viva-la-musica Ist fast schon zuhause hier

    Regelungen des deutschen Urhebergesetzes zum Musikzitat

    Das deutsche Urhebergesetz (UrhG) erlaubt das Zitat im Paragraph 51, ...:
    Zulässig ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe, wenn in einem durch den Zweck gebotenen Umfang ...
    einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Musik in einem selbständigen Werk der Musik angeführt werden.
    Für die Übernahme von Musikstücken als Zitat gilt zudem das Änderungsverbot nach §62 sowie die Pflicht zur Quellenangabe nach §63 Urhebergesetz.
    [size=x-small][aus der Wiki zu Musikzitat, gekürzt ][/size]

    Fragt mich nicht, ob Caras Methode zulässig ist. Zudem scheint das künstlerische Mittel der Paraphrasierung nach §62 in Deutschland nicht statthaft :-o

    www.wirwollenlivemusik.de
     
  4. cara

    cara Strebt nach Höherem

    Hallo viva-la-musica:

    Danke für den Link. Sehr interessant. :)

    Ich habe eine Frage, die ich gerne beantwortet hätte:

    clari_sax schrieb in #8:

    Wie funktioniert das? :-?
    Welche rechtliche Grundlage gibt es dafür? :-?

    hiernoch ein Link dazu


    Vielleicht kann clari_sax das irgendwie ausführen? Offenbar hattet ihr euch darüber mit der GEMA auseinandergesetzt.

    Cara
     
  5. rinaldo

    rinaldo Ist fast schon zuhause hier

    Berlin: (hib/ROS/HIL) Für mehr Transparenz und eine verbesserte Informationskultur der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) gegenüber ihren Mitgliedern hat sich der Petitionsausschuss in einer öffentlichen Sitzung am Montagnachmittag ausgesprochen.

    Grundlage dreier Petition zum Thema, die von mehr als 106.000 Unterstützern mitgezeichnet wurden, ist die Forderung nach Überprüfung der rechtlichen Grundlagen der GEMA und einer grundlegenden Reformierung des Vereins. Den Petenten zufolge verwendet die GEMA ein ungerechtes Vergütungs- und Abrechnungsmodell, das insbesondere die ”kleinen Mitglieder“ benachteiligen würde. Es entstehe ein ”schwarzes Loch“ im Lizenzbereich von 300 bis 750 Euro bei Veranstaltungen, wodurch bis zu 90 Prozent der Einnahmen bei der GEMA verbleiben und lediglich 10 Prozent an die Mitglieder ausgeschüttet würden. Des Weiteren stelle die Vereinsstruktur ein Problem dar. So würden die rund 2.000 ordentlichen Mitglieder mehr Rechte als die über 60.000 außerordentlichen und angeschlossenen Mitglieder haben, kritisieren die Petentin.

    Von der Bundesregierung wollten die Ausschussmitglieder unter anderem wissen, warum ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2005 und die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission ”Kultur in Deutschland“ aus dem Jahr 2007, welche die GEMA zu mehr Transparenz auffordern, noch nicht umgesetzt seien. SPD und die Linke äußerten außerdem Kritik zur staatlichen Aufsicht. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) sei personell unterbesetzt und könne daher nicht ausreichend seinen Aufsichtspflichten gegenüber der GEMA nachkommen. Darüber hinaus kritisierten die Ausschussmitglieder mehrheitlich das Delegiertenverhältnis innerhalb der GEMA. Die derzeit 34 und demnächst 45 Delegierten seien nicht ausreichend für die über 60.000 Mitglieder der GEMA.

    Max Stadler (FDP), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, bestätigte das ”Grundproblem des pauschalisierten Abrechnungs- und Vergütungsmodells“ der GEMA, das besonders ”kleine und karitative Veranstalter“ treffe. Er wies jedoch darauf hin, dass der BGH dieses Modell prinzipiell als rechtmäßig beurteile und der GEMA ein gewisser ”Spielraum“ zustehe, der Verein aber der ”Sparsamkeit und Kosteneffizienz“ verpflichtet sei. Des Weiteren sei die ”Personaldecke“ des DPMA bereits aufgestockt und die Aufsicht daher verbessert worden. In Bezug auf die Transparenz und Informationspolitik attestierte Stadler der GEMA eine Verbesserung, sprach sich aber gleichsam für eine weitere Optimierung aus. Das Delegiertenverhältnis betreffend verwies er auf den einer Verwertungsgesellschaft zustehenden ”Ermessensspielraum“.
     
  6. simplysax

    simplysax Ist fast schon zuhause hier

    ... für mich sind es eher die letzten zuckungen einer institution, die im jahr 2010 nicht mehr existieren sollte.. bei uns gibt es nicht ein malmehr einen "außendienstmitarbeiter" weil sich keiner für so einen hirnverbrannten abzockjob ködern lässt.. der letzte hat verlauten lassen, dass man in diesen veralterten strukturen keinen blumentopf mehr gewinnen kann..
    er hat seinen job quitiert und seit dem ward nie wieder einer gesehen, der uns an der haustür behelligt... ;-)
     
  7. ppue

    ppue Mod Experte

    simplysax, das scheint mir etwas zu einfach gedacht.

    Damit wäre der Komponist erledigt. Wie soll er sein Werk denn schützen?
     
  8. schluesselpapst

    schluesselpapst Ist fast schon zuhause hier

    An alle Gema Gegner:

    Wie sollten Komponisten zu ihren Einkünften und zu ihren Rechten kommen, wenn die Gema sie nicht vertritt?
    Umsonst kann wohl niemand arbeiten

    Bitte um Vorschläge
     
  9. viva-la-musica

    viva-la-musica Ist fast schon zuhause hier

  10. simplysax

    simplysax Ist fast schon zuhause hier

    ... sicher bedarf es da Urheberrechtsschutz, aber ich halte die GEMA für überholt und denke, dass der Schutz der Urheberrechte stärker in die Hände derer über gehen wird, die diese Rechte vertreten sehen möchten. Alles in diesem Land entwickelt sich in diese Richtung. Mehr Eigenverantwortung bei Kranken- und Rentenversicherungen, bei Zahnersatz....
    und die Dampflocks sind auch faßt ausgestorben....

    Wir werden sicher eine komplette "restauration" der GEMA erleben...

    simply
     
  11. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich befürchte leider erst einmal nicht, da sehr sehr viel Geld hinter dem Apparat steckt. Die Strukturen gegen das Kapital zu ändern, dauert. Deshalb geht es klein für klein.

    Der effektivere Weg ist sicherlich die Anwendung von Alternativen wie creative-commons-Lizenzen, die der GEMA eine moderneren Umgang mit den Rechten vormachen.
    Die Lösung für die Lizenz-Probleme im Internet ist sicherlich im Internet selbst zu finden. Eine vom Patentamt gepflegte Datenbank zum Beispiel, die eindeutige IDs für Stücke vergibt und in die jeder seine Werke selbst eintragen kann, wäre so etwas. Dann könnte für jedes Werk der Grad der Vervielfältigungsrechte festgelegt werden und Veranstalter und Sender bekämen bei Angabe der IDs automatisch die Rechnung gestellt. Außer dass so ein Ding programmiert und überwacht werden muss, sehe ich da gar keinen Arbeitsaufwand.
     
  12. schluesselpapst

    schluesselpapst Ist fast schon zuhause hier

    Ich befasse mich seit Jahren mit dem Urheberrecht. Im Internet gibt es keinerlei Autorenrechte. Es gibt sie schon nur nicht durchsetzbar.
    Man kann einfach nichts machen, wenn der Seitenbetreiber im Ausland sitzt und dein Werk veröffentlicht. Absolut nichts! Klagen (selbst im Inland) ist gänzlich unmöglich, da die Kosten vom Kläger bezahlt werden müssen. Hunderttausende Menschen lesen oder hören deine Werk ohne, dass du einen Groschen davon erhältst.
    Die Gema (oder wie auch immer ihre Nachfolger heissen) wissen von diesem Problem und konzentrieren sich deshalb auf die "Rechtebrecher", die greifbar sind (Wirte, Klubs, kleine Veranstalter.
    Für uns Schaffende sieht es schlecht aus. So leit es mir tut, Komponisten, Schriftsteller und andere Contenterzeuger, werden sich einen anderen Job suchen müssen. Kesselflicker, Fassbinder, Scherenschleifer sind auch ausgestorben.
    Und das liebe Freunde ist die Realität, alles andere sind Hirngespinste.

    Ich habe sogar ein Buch über Raubkopierer geschrieben, sosehr belastet mich dieses Thema.

    Liebe Grüße
    Schlüsselpapst
     
  13. viva-la-musica

    viva-la-musica Ist fast schon zuhause hier

  14. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Das Problem liegt nicht ursächlich am Internet, es wird aber durch den leichten Zugang zu digitaler Verbreitung durch das Internet massiv sichtbar.

    Die Ursache liegt darin, dass gewisse Leistungen mit aktuellen Techniken leicht in eine Form gebracht werden können, die eine "exakte" Reproduktion praktisch ohne Stückkosten möglich macht. Das gibt es ja nicht nur bei der Musik, sondern auch in einer ganzen Reihe anderer Branchen.

    Das klingt ein wenig abstrakt, ist aber mit wenigen Beispielen erklärt.

    Ein Bildhauer arbeitet 3 Monate an einem Marmor Block um eine Statue zu erzeugen. Um die zu erwerben, muss man nicht nur den Stein bezahlen, sondern auch die Arbeit und die künstlerische Leistung honorieren. Möchte jemand anderes auch so eine Statue, geht das Spiel von vorne los: 3 Monate Arbeit + Stein.

    Ein Komponist arbeitet vielleicht auch 3 Monate an einem Werk. Allein und mit seinem Orchester. Um das Stück zu "erwerben", muss man eine Konzertkarte kaufen und es sich anhören. Will man das Stück noch einmal hören, muss man eine neue Konzertkarte kaufen und die Künstler müssen ein weiteres mal arbeiten. Ganz wie der Bildhauer.

    Das Verhältnis "Arbeit/Einkommen" verbessert sich nur für den Komponisten ein wenig, da das Stück nur einmal geschrieben werden muss. Die Arbeit der Aufführung bleibt aber. Die Preise sind normalerweise geringer als bei einer Marmorstatue - jedenfalls pro Karte. Wenn das Konzert gut besucht ist, kann das in der Summe auch mehr sein. Es ergibt sich ein Leistungs-Multiplikator und man bekommt im Idealfall als Musiker vielleicht den Lohn der "3-monatigen Arbeit eines Bildhauers" an einem Abend. Das ist natürlich nur ein Beispiel. Im richtigen Leben schaffen das nicht so viele Künstler. Es geht mir aber um das dahinter liegende kommerzielle Prinzip.

    Die Vervielfältigung des Werkes ist in diesem Fall allein dem Künstler überlassen. Das Stück nach Gehör abzuschreiben und selbst einzustudieren, also eine Kopie davon zu machen, ist für die meisten völlig unmöglich - und auch leicht kontrollierbar.

    Das war zumindest in der vor-elektronischen Zeit so. Mit Aufkommen der Tontechnik und später Digitaltechnik kamen nämlich zusätzliche Begehrlichkeiten. Man konnte auf einmal das Werk "mit einer einzigen Aufführung" in einen Zustand bringen, in dem es mit sehr geringem Aufwand einem großen Publikum zugänglich gemacht werden konnte: Schallplatte und Radio. Das ist noch einträglicher, als das Stück im eigenen Schweiß immer wieder aufführen zu müssen. Einmal arbeiten, zurücklehnen und zusehen wie der Wohlstand wächst.

    Wir haben hier den großartigen Fall, dass das Einkommen von der Arbeit praktisch vollständig entkoppelt ist. Beim Bildhauer als Beispiel klappt das nicht. Will der doppelt so viel einnehmen, muss er doppelt so viel (oder doppelt so lange) arbeiten.

    Dieses Verfahren funktionierte zu diesem Zeitpunkt noch recht gut, weil die Vervielfältigung des Kunstwerkes für den Konsumenten schwer oder unmöglich und die Möglichkeiten der Verteilung gering waren. Das war natürlich auch vorher schon durch die Publikation von Noten möglich, aber das Zielpublikum war kleiner und leichter überschaubar. Es hat sich eine neue "Vermarktungs" Industrie gebildet, die den Künstler von seinem Publikum "entfremdet" und praktisch die alleinige Kontrolle über die Vervielfältigung hat. Dabei wurde eine tödliche Spirale in Gang gesetzt. Die Vergütungen an den Produzenten der Leistung wurden "pro Exemplar" immer weniger, die Verteilungsstrukturen immer effizienter gestaltet. Damit entstand in der Mitte der Leistungskette ein enormer Überschuss an Wohlstand, an dem sich diese Industrie fett gefressen hat. Im Kielwasser dieser Entwicklung sind ganze Industriezweige entstanden - die Unterhaltungslektronik mit all ihren Nebenschauplätzen.

    Mittlerweile ist die Vervielfältigung eines solchen (Musik) Werkes in Originalqualität von jedem Volksschüler in 60 Sekunden erledigt. Das "Arbeitsmaterial" ist kostenlos, die Verteilungsmöglichkeiten durch das Internet sind rasch, unübersehbar und unkontrollierbar. Hier die gleichen Regeln anwenden zu wollen wie in der vor-elektronischen Zeit ist ein Anachronismus.

    Jetzt ist die Büchse der Pandora aber schon offen. Die (Musik-) Industrie hat die Voraussetzungen für eine leichte Vervielfältigung, Verteilung und Konsumation ja erst geschaffen. In erster Linie mit dem Ziel, den eigenen Arbeit/Einkommen Faktor noch weiter zu verbessern. Da sind sie wohl ein wenig über's Ziel hinaus geschossen und die Vervielfältigung und Verteilung funktioniert nun besser als es allen Beteiligten lieb ist. Im gleichen Maß ist die Wertschätzung der künstlerischen Leistung beim Konsumenten auch ins Bodenlose gefallen. Etwas das jederzeit, überall und in beliebiger Menge praktisch kostenlos verfügbar ist, hat keinen "Wert" und die Bereitschaft, dafür zu bezahlen geht demgemäß gegen Null.

    Verlage, Verwertungsgesellschaften, Musiker und Komponisten wünschen sich die Goldenen Zeiten zurück, in der der Multiplikator zur Erwirtschaftung von Einkommen ein vielfaches der ursprünglichen Leistung betrug. Bei den unteren Stufen der Leiter, den Komponisten und Musikern funktioniert das ja schon länger nicht mehr richtig, aber in der Verteilungsindustrie lief das bis vor kurzem noch wie geschmiert. Die gut verdienende Verteiler Schicht sieht nun die Basis ihres Wohlstandes wegbröckeln und versucht mit immer drastischeren Maßnahmen die Futterqulle zu verteidigen. Das tun sie, in dem sie die Verteilung noch effizienter, die Produktion noch billiger machen und mit noch mehr Druck auf den Markt gehen. Und natürlich vermehrt mit Anwälten. Die "populären Künstler" haben teilweise Halbwertszeiten von unter einem Jahr und werden rasch ausgetauscht. Die Anzahl der Musik Schaffenden ist explodiert, möglicherweise aufgrund der (falschen) Vorstellung, durch den oben beschriebene "Mega Multiplikator" schnell reich und berühmt zu werden. Die Spirale wird immer enger und dreht sich immer schneller.
    Das Monster der Unterhaltungs- und Vermarktungsindustrie ist in den Jahren wohlgenährt zu beachtlicher Größe herangewachsen und wird im langen aber unvermeidlichen Todeskampf um sich herum eine Menge Verwüstung anrichten. Aber diese Art der Vermarktung wird letztendlich an ihrer eigenen Effizienz zugrunde gehen.

    Die Konsequenzen sind für alle Beteiligten schmerzlich, und die Produzenten der Ware werden wie in allen anderen betroffenen Branchen die ersten sein, die das auszubaden haben. Die wird es auch am härtesten treffen. Man könnte nun beispielsweise zurück zu den Wurzeln: Einmal Aufführen = einmal Einnehmen, indem man auf eine (bequeme) Publikation in Form von Noten, CD's, Video und Rundfunk verzichtet und nur noch live Konzerte spielt. Das ist allerdings in der Praxis unmöglich, weil man in der Fülle derjenigen, die sich eben auf die bequeme Art vermarkten überhaupt nicht wahrgenommen wird und der Wert der Ware ja bereits bei annähernd Null angekommen ist.

    Oder man wird sich mit den modernen Gegebenheiten arrangieren müssen.
     
  15. cara

    cara Strebt nach Höherem

    Hallo bebob99,

    du hast das sehr ausführlich beschrieben und in den meisten Punkten stimme ich mit dir überein. Niemand kann und, ich denke, will das Rad der Geschichte zurückdrehen, zumal auch in der Vergangenheit nicht jeder gute Künstler von seiner Kunst hat leben können.

    Aber heute ist doch die entscheidende Frage:

    Wie sieht ein solches Arrangement mit heutigen und mit zukünftigen Gegebenheiten aus? :-? Wo müssen wir umdenken?

    Ich selbst habe keine Idee, obwohl ich diese Entwicklung schon lange Zeit beobachte. Betroffen sind mehr Bereiche als die Musik, nur klagt die Musikindustrie am lautesten.

    Was mir spontan einfällt:

    * Michel Angelo lebte gut von seinen "Gönnern", wie im übrigen auch viele von den alten Musikern.
    :evil: Wäre das ein Modell für heute?

    * Die Kunst wird zur reinen Gesellschaftsangelegenheit erklärt, d.h. der Staat übernimmt die "Gönnerschaft" und trifft damit die Auswahl.
    :-o Eine Art Künstler-Besoldung nach BAT für staatsgefällige Kunst?

    * Professionelle Kunst (kann es das überhaupt geben? :roll: Ist das nicht ein Widerspruch in sich selbst?) wird abgelöst durch die Kunst aus Leidenschaft (welche bekanntermaßen brotlos ist ;-) ).

    * Künstler und andere Urheber verzichten auf unkontrollierbare Vervielfältigungen, machen ihre Kunst einmalig und rar, geben ihr damit wieder einen Wert.
    ( :-( Die Unvermehrbarkeit läßt bekanntlich die Preise für Kunstwerke toter Künstler in unvorstellbare Dimensionen steigen)


    Mir fällt auf die Schnelle nicht mehr ein. Aber wir könnten einen Ideensammler-Thread aufmachen für die Vermarktung von Kunst, insbesondere von Musik in unserer Zeit. Allerdings gehen wir damit das Risiko ein, dass uns sofort die Besten geklaut werden - etwa von der GEMA ;-)

    Cara
     
  16. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Wer im Supermarkt einen Apfel in die Jackentasche steckt, ist ein Dieb (obwohl es dort ganz viele Äpfel gibt und der vielleicht nur 50 Cent wert ist).

    Wer erwischt wird, bekommt eine Anzeige, Hausverbot, Geldstrafe und den ganzen Ärger....deshalb tun das nur wenige.

    Weshalb?

    Ja, genau. DESHALB, wegen dem ganzen Ärger. Nicht weil wir alle so grundehrlich sind und es ganz logisch ist, dass wir für eine Ware oder Dienstleistung einen Gegenwert auf den Tisch legen müssen.

    Beim Urheberrecht wird ganz schnell klar, dass es um die Wahrscheinlichkeit geht, für den Diebstahl belangt zu werden. Und die geht bekanntlich gegen Null.

    Leider ist es so, dass Ehrlichkeit nicht (mehr?) zu den gepflegten Tugenden gehört.

    Im CD- und DVD-Bereich ist ja schon einiges versucht worden hinsichtlich Kopierschutz, ich denke das lässt sich noch verbessern(vielleicht auch ohne Virenprogramme oder ähnliche Maßnahmen, wie schon geschehen).

    Bei Druckerzeugnissen sieht es leider nicht so rosig aus.

    Vielleicht doch eine Medienabgabe?
     
  17. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Na, ich weiß nicht... Nach der Theorie würden wir alle den Apfel in dem Moment einstecken, in dem wir sicher sind, nicht erwischt zu werden. Und keine einzige gefundene Geldbörse würde an den Eigentümer zurückgegeben.

    Ich glaube nicht, dass die Besonderheit der Urheberrechtsverstöße in der geringen Wahrscheinlichkeit des Erwischt-Werdens liegt, sondern im fehlenden Unrechtsbewußtsein - es wird von vielen nicht so empfunden, dass irgendjemandem dadurch ein Schaden zugefügt wird. Der eine oder andere beruhigt sich dann vielleicht noch mit der Überlegung: "Wenn es etwas gekostet hätte, dann hätte ich es sowieso nicht gekauft"...
     
  18. Rick

    Rick Experte

    Hallo bebob99,

    wie Cara stimme ich Dir ebenfalls in den meisten Punkten zu, Du hast das meiner Ansicht nach alles ziemlich gut auf den Punkt gebracht!

    Besonders der Zusammenhang zwischen Arbeit, ihrer Wertschätzung und der Bezahlung dafür hat mir gut gefallen.

    Tatsächlich stellt sich für mich als vielseitig Betroffenen - Komponist, Interpret, Musikproduzent, Veranstalter und Website-Betreiber - die Frage nach der Verhältnismäßigkeit.

    Ich weiß, wie leicht es ist, eine nette kleine Melodie zu erfinden, die ins Ohr geht und vielen Leuten gefällt - das ist meiner Ansicht nach keine besonders originelle Leistung, denn gerade, wenn sie auf Anhieb viele Menschen anspricht, besitzt sie in der Regel große Ähnlichkeit mit bereits bekannten Melodien, sodass gleich eine Art Vertrautheit erzeugt wird.

    Viel Arbeit bedeutet es allerdings, etwas Neues, Eigenständiges zu erschaffen und dies auch durchzuhalten, quasi eine eigene, in sich logische Tonsprache zu begründen.
    Nur spricht dieses Neue natürlich erst einmal viel weniger Leute an, deshalb handelt es sich dabei also um die berühmte "brotlose Kunst", die eine Menge Energie und Idealismus benötigt.

    Nun wird heute generell der Banalität gehuldigt, indem man das Einfache, Mühelose auch noch mehrfach belohnt - durch Beteiligung an den Handelsumsätzen sowie durch die GEMA-Einnahmen bei jeder Gelegenheit, wo das kleine Liedchen erklingt.
    Umgekehrt hat der eigenständige Komponist, der beispielsweise drei Monate an einem Werk schwitzt, fast nichts von seiner Mühe - fast keiner kauft seine originellen Platten, kaum ein Radiosender spielt sie, die GEMA-Einnahmen sind dementsprechend ein Witz.

    Da fehlt völlig die Verhältnismäßigkeit zwischen Aufwand und Erlös.

    Und dass bis zu 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers noch die unbeteiligten Enkel des Autoren und die nichtsnutzigen Nachkommen des Verlegers an dem "geistigen Eigentum" verdienen, ist auch nicht gerade völlig berechtigt... :roll:


    ----------------------------------


    Hallo Cara!

    Nun, seine "Gönner" waren wohl in erster Linie seine Auftraggeber, und die gibt es ja bis heute auch für Künstler.
    Auftragswerke für Ensembles, Festivals und sonstige Anlässe sind immer noch die wesentliche Einnahmequelle der Komponisten, dazu kommen Filmvertonungen etc. bis hin zu den Jingles.
    Viele Auftraggeber drücken allerdings gern die Preise mit dem Hinweis: "Dafür bekommst Du ja GEMA!" :evil:

    Gibt es in ähnlicher Erscheinung längst, und zwar nicht nur in Form von besonderen Preisen etc., sondern vor allem durch die Anstellung als Dozent an Hochschulen. :-D

    Das ist ja nun mal absolute Realität - das Meiste komponiert man sowieso "für die Schublade". :-(

    Ein Großteil aller musikalischen Urheber führt doch ohnehin seine eigenen Werke selbst auf - es ist nun mal nicht leicht, jemanden zu finden, der einen interpretieren möchte (besonders, wenn das Werk sehr "sperrig" ist), davon gibt es dann maximal einen Live-Mitschnitt oder eine Proberaum-Aufnahme.

    Und wenn man davon eine CD herausgibt, kauft die in aller Regel sowieso niemand, der einen nicht persönlich kennt. :lol:

    Gute Idee, warum nicht! :)

    Wieso - die sind doch unser "geistiges Eigentum". :cool:

    Schönen Gruß,
    Rick
     
  19. cara

    cara Strebt nach Höherem

    Hallo Rick,

    "sperrige" Musik höre ich persönlich lieber live. Ich höre die meiste Musik lieber live, aber besonders die "Sperrige". Vielleicht geht es anderen auch so? :)


    Aber die Frage bleibt:

    Wie geht es weiter? Welche Veränderungen und Maßnahmen sind nötig, um der neuen Zeit, Technik, dem allgemeinen Konsumverhalten etc. zu entsprechen, ohne den Komponisten, Musiker, Veranstalter und Vervielfältiger verhungern zu lassen? :-?

    Cara
     
  20. blue_asphalt

    blue_asphalt Ist fast schon zuhause hier

    ... auch mal mein senf dazu: auch ich halte die GEMA in der jetztigen form für überflüssig wie ein kropf...
    sie hat die zeichen der zeit verpennt und versucht sich nun an die kleinen zu halten (da bekommt man ja kohle)
    beispiel: verein "xy" - rentnernachmittag, kaffee und kuchen, akkordeonspieler mit paar seemannsliedern, 15 anwesende, eintritt 4 euro (inkl. kaffee und kuchen! + musiker) - die GEMA möchte rund 30 euro (oder sogar noch etwas mehr) ... ich denk mein hamster bohnert oder was?
    beispiel 2: ich spiele im konzert und zitire "lonely woman" von ornette, ansonsten alles eigene sachen... die GEMA möchte vom veranstalter rund 60(?)euro haben - einnahmen des veranstalters waren rund 50 euro. theoretisch müsste das geld (bearbeitungsgebühr abgezogen) bei ornette landen... glaub ich nicht... gruss herb
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden