Gema lässt die Muskeln spielen

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Bloozer, 10.Mai.2010.

  1. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Ich habe eine Zeitlang nachgedacht, was geschrieben, wieder gelöscht und wieder anders geschrieben, aber irgendwie kommt's nicht so rüber wie ich das möchte.

    Neuer Versuch.

    Ich denke, der Musiker wird sich in Zukunft wieder mehr als Handwerker präsentieren. Wer heutzutage Musik in leicht verarbeitbarer Form publiziert muss damit rechnen, dass es kopiert wird. Je besser (beliebter) desto häufiger. Die juristischen Geplänkel zum Urheberrecht sind ein Kampf gegen Windmühlen. "Das Volk will das so nicht". Da wir nicht in China sondern in einer Demokratie leben und die Gesetze wenigstens zum Teil den Willen des Volkes widerspiegeln, wird sich das Thema früher oder später zugunsten der "Musik = Public Domain" Fraktion einpendeln.

    Die jetzige Situation der Verwertungsgesellschaften funktioniert nach dem von Regierungen sattsam bekannten Verfahren: Nimm von vielen, gib es wenigen. Dass so ein Verfahren überhaupt funktioniert liegt an der perfiden Methode, ein paar Brotkrumen für die Masse abzugeben. Dann maulen sie zwar immer noch, aber wenn sie das System infrage stellen, dann verlieren sie doch das wenige auch noch.

    Die Komponisten wissen: Es wird geklaut. Die Musiker wissen: Es wird geklaut. Die Konsumenten wissen: Alle wissen, dass es geklaut wird. Eine Publikation ist momentan gleichbedeutend mit der Aufgabe aller eigenen Rechte. Nicht de jure, aber de facto. Also warum wird trotzdem weiter publiziert? Weil es ein Werbeträger ist. Man könnte auch überspitzt behaupten, dass die Musiker die einzigen sind, die sich für ihre Werbung bezahlen lassen.

    Dass das Urheberrecht bzw. das Recht auf Vergütung überhaupt noch existiert ist nicht das Verdienst der Musiker und Komponisten im Kampf gegen die ungerechte Behandlung, sonder dass die Verwertungsgesellschaften noch mit großem juristischen Aufwand ihre eigenen Einnahmen verteidigen. In dem Maß wie aber deren Einkommen schrumpft werden auch die Gefechte schwächer werden und am Ende bleibt davon nichts übrig. Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass die GEMA "die Musiker" vertitt. Die vertritt sich nur selbst bzw. den durch die Musiker zu erwirtschaftenden Ertrag.

    Der Musiker als Handwerker, der mit kostenfreien Publikationen im Internet, auf CD und im Rundfunk Kunden in seine Konzerte lockt, ist nach meiner Ansicht das Berufsbild der Zukunft. Dazu sollte man die Ware aber auch rar und damit wertvoller machen, beispielsweise indem alle publizierten Stücke nur Fragmente (Teaser) sind, oder in einer minderen Qualität. Wer das Original hören will muss ins Konzert.

    Daneben wird es weiterhin üblich sein, dass Orte, Gemeinden und Institutionen sich eine oder mehrere Orchester "leisten", ebenso wie man sich eine Feuerwehr und einen Sanitäter "leistet". Diese Gruppe besteht auch praktisch ausschließlich aus unbezahlten Freiwilligen.

    Die derzeit grassierenden Casting-Shows produzieren ja auch keine unabhängigen Musiker, sondern das sind de facto Angestellte der jeweiligen Veranstalter.

    Als Ersatz für das verschwinden der Urheberrechtsabgabe könnte ich mir vorstellen, dass der Staat jedem Künstler aus dem Kulturbudget ein (geringes) fixes Entgelt pro Auftritt zahlt, unabhängig davon, ob das Werk "Mainstream" oder "Avantgarde" ist. Für Komponisten müsste ggf. etwas passendes geschaffen werden, aber in diesem Szenario schreiben die Komponisten ohnehin hauptsächlich für das eigene Orchester. Damit wird das Orchester "individuell" und kommerziell aufgewertet.

    Musik IST Kultur und damit wesentlicher Bestandteil des Wohlbefindens der Bevölkerung. Es spricht also nichts dagegen, dass sich auch alle gleichmäßig daran beteiligen.

    Zu jeder Zeit war Kunst ein Mittel des persönlichen Ausdrucks. Man wollte sich mitteilen, ob das von anderen honoriert wird oder nicht. Wer nichts anderes "kann", der wird auch heute immer wieder leicht vermarktbare Kost produzieren müssen und/oder jemanden finden, der ihn unterstützt.
     
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