Improvisation...wie geht es weiter?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 5328, 27.Dezember.2011.

  1. volkerkaufmann

    volkerkaufmann Ist fast schon zuhause hier

    Bei einem richtigen alten Blues, also kein Jazzblues muß man mit Misolydisch aufpassen.
    Da kann sich die große Terz plötzlich ziemlich falsch anhören, obwohl ja piano und Gitarre die spielen.
    Wenn sich das Gehör erstmal an den Bluessound mit kleiner Terz über große gewöhnt hat, will es sich nicht so schnell wieder umgewöhnen.
    Und der typische Bluessound entsteht nur durch die Bluesskala.
    Wenn man sich die alten Blueser anhört, die spielen nix anderes und es wird nie langweilig.
     
  2. auge

    auge Ist fast schon zuhause hier

    Hi Dreas,

    wie ich bereits an anderer Stelle erwahnt habe hier meine Vorübungen:
    1) Walking Bass: 1/3/5/ evtl. 7 mit dem Playalong mitspielen. Da muss man ganz schön Fit sein bei den typischen Mustern.
    2) Tonleitern suchen. Passende Mixolydische oder Dorische Tonleitern suchen.
    3) Alterierte Töne suchen. b5, #b9, usw....
    4) Chromatik beherrschen.

    Das ist die Technik. Um bei Ricks Allegorie zu bleiben hast du jetzt Farben und Pinsel mal angerichtet.
    Dann kommt Musik ins Spiel:
    Was willst du sagen. Wie bist du drauf. Was willst du ausdrücken usw.

    Ich bin, auch wenn ich den Wiederspruch bereits erahne, der Meinung, dass man dann Gefühle ausdrücken kann wenn man die Sprache beherrscht und nicht umgekehrt. Das ist aber nur meine Meinung und mein Zugang!

    So long
    Auge
     
  3. flar

    flar Guest

    @ volkerkaufmann
    Deiner Aussage zur großen Terz in alten Bluessongs (und auch neueren) muß ich wieder sprechen.
    Ich glaube dieses Beispiel ist alt genug, geht aber auch noch älter, wenn es sein muß.

    Die Gesangsmelodie beinhaltet sowohl die kleine als auch die große Terz und in der Slidegitarrenbegleitung wird ständig in die große Terz hinein gerutscht( ist zweistimmig der Ton darüber ist die Quinte). Das ist in unendlich vielen alten Blues zuhören. An die Bluestonleiter halten
    sich auch einige Bluestitel, aber bei weiten nicht alle!
    Viele Grüße Flar
     
  4. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    @volkerkaufmann und flar

    da habt ihr wohl alle beide recht.

    während die subdominante läuft wird die durterz zur j7. das klingt dann schon mit der kleinen septim zusammen etwas gruselig und auch nicht mehr bluesig.
    ansonsten: nur zu!

    gruß
    zwar
     
  5. Rick

    Rick Experte

    Und hier kommt mal wieder der Stil ins Spiel:
    Im alten Blues und Traditional Jazz wurden Blues-Tonleitern verwendet, zu denen auch die große Terz gehörte.

    Nach meiner Beobachtung kam erst in den 1940er Jahren allmählich die Moll-Bluestonleiter zu größerer Verbreitung, die dann in den 60er Jahren allgemein die bisherigen Dur-Bluestonleitern ablöste.
    Seit den 1970ern findet man sie in der Improvisations-Literatur als die angeblich einzige "Blues Scale".

    Deshalb warne ich ja davor, sich gleich zu Beginn einer absoluten Beliebigkeit auszuliefern.
    Die heutigen Musikstile entstanden vor allem dadurch, dass immer wieder ältere Regeln gebrochen oder erweitert wurden; wenn man diesen Prozess nicht nachvollziehen kann, weil man gleich mit der größtmöglichen Freiheit beginnt, fehlen einem praktisch die Wurzeln, daraus entsteht meiner Ansicht nach nur musikalisches Geplapper.
    Die besten Free-Jazzer konnten alle auch Bebop und Swing spielen oder hatten sich zumindest gründlich damit beschäftigt, selbst Ornette Coleman hatte zuerst Charlie Parker verehrt, Sun Ra war früher ein konventioneller Big-Band-Pianist gewesen. :cool:

    Ich denke, so wie ein Kind klare Regeln braucht und die daraus resultierende Reibung mit den Autoritäten in der Pubertät, so braucht man auch für die Improvisation zunächst mal ein stilistisches Korsett, von dem man sich später gerne wieder befreien kann. ;-)

    Deshalb halte ich es auch für eine gute Idee, sich klassische Blues-Aufnahmen anzuhören und dazu zu jammen.
    Man kann versuchen, typische Licks nachzuspielen oder ihnen zu antworten; Blues lädt geradezu dazu ein, denn er ist ein sehr kommunikativer Musikstil, der stark auf Zwiesprache ("call and response") beruht.

    Der Vorteil liegt außerdem im gemäßigten Tempo, recht übersichtlichen Tonmaterial, in der einfachen Struktur sowie der Ausdruckskraft dieser Musik.

    Da lernt man eine Menge, denn Blues ist ja gewissermaßen die gemeinsame "Mutter" von Jazz, Rock und Soul.


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  6. flar

    flar Guest

    Hallo zwar, hör nochmal genau hin, die Subdominante und auch die Dominante kommen eigentlich in diesem Stück nur angedeutet vor, auf einzelnen Schlagen werden die entsprechenden Terzen eingefügt. Ansonsten läuft die Tonika durch, teilweise mit der Quinte im Bass.
    Bis bald Flar
     
  7. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    @ flar

    ich hab mir das gar nicht angehört. meine anmerkung war eher allgemein gedacht.

    ursprünglich ist blues gesungen worden, die blue note terz war weder dur noch moll sondern lag dazwischen, ein bißchen richtung moll. das problem, wie man das umsetzt kommt mit dem einsatz bundierter oder sonstwie tonal festgelegter instrumente. auf dem kontrabass stellt sich das einfacher dar. da spiel ich einfach, wenn ich will, die "echte" blue note.

    ansonsten kann ich rick nur zustimmen. wenn man zu modern anfängt, vergisst man schnell den charme und die einfache ursprünglichkeit der älteren interpretationen.

    gruß

    zwar
     
  8. volkerkaufmann

    volkerkaufmann Ist fast schon zuhause hier

    Der Sänger singt ja nicht wirklich eindeutig eine kleine oder eine große Terz.
    Das macht ja auch Blues aus.
    Was ich meinte ist folgendes: Wenn du in einem Solo nur die Bluesskala mit der kleinen Terz spielst und versucht dann die große Terz zu spielen klingt es oft nicht gut.
    Gerade für den Zuhörer. Damit meine ich nicht als Übergangston. Sondern richtig drauf stehen bleiben.

    Ich bin auch der Meinung, dass es sinnvoller ist, erstmal mit Pentatonik oder Bluesskala zu improvisieren, weil man ja die Skala nicht wechseln muß.

    Wenn einem damit nix einfällt, fällt einem auch nichts mit mehr Skalen ein.
     
  9. Gast

    Gast Guest

    Man kann, wenn man kann, auch wunderbar mit wenigen Tönen improvisieren; hab ich neulich einen Intensivkurs mitgemacht.

    Herzlichen Gruß,

    Joe
     
  10. Gast

    Gast Guest

    Eben. Die Bluesskala ist unzulänglich und nivellierend, verführt zum "Dudeln" und Orientierungverlieren, die anderen möglichen Skalen (Mixo, Bebop7, div.Pentatonik) wirken für Anfänger in der benötigten Anzahl zu verwirrend.

    Wie wäre es mit Akkordbezogenheit - oder Stufen - zu beginnen? Boogie-Woogie-Figuren nachspielen. Terz und Quinte mit b3 bzw. b5 anspielen u.ä.

    Als ich noch klein war, gabs noch keine Bluestonleiter, aber Blue Notes, die wir begeistert ZUSÄTZLICH verwendeten, und zwar auf jeder Stufe anders, sie kamen zum Dreiklang hinzu.

    Auch wenn das keine genialen Melodien hervorbrachte, immerhin lernte man ruckzuck, die Orientierung im Blues nie mehr zu verlieren.

    Gruß, Herman
     
  11. volkerkaufmann

    volkerkaufmann Ist fast schon zuhause hier

    Wieso ist die Bluesskala unzulänglich und nivellierend????

    Akkordbezogen zu spielen ist viel zu schwierig, weil ein Anfänger garnicht weiß, was für Töne das sind und dann ist es doch sehr schnell langweilig nur Akkordtöne zu spielen.

    Bluestonleiter verleitet auch nicht zum dudeln, dafür sind es doch zu wenig Töne*g*
    Es macht Sinn, mit noch weniger Tönen anzufangen. Nur drei aus der Pentatonik oder Bluesskala.
    Das was du beschreibst verführt doch viel mehr zum dudeln. Also einfach die Akkordtöne zu umspielen. Das sind ja keine Melodien. Das sind technische Spielereien ala Bostoncollege. Durch diese Approachnotes auswenig lernen kommt man ins Dudeln.
    Wie man das auf jeder Jazzsession erleben kann.
     
  12. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Mmmmhhhh....

    Spannend hier!

    Also wenn ich nicht zu Blues improvisiere nutze ich die Pentatonik,
    nehme vielleicht noch die None hinzu, versuche mich an den Akkordtönen zu orientieren.

    Was fehlt sind noch Struktur, melodische Ideen.

    Wenn ich ein Stück spiele (z. B. "Sunny", auch im Jazz TotM
    nachzuhören) gelingt es mir zunehmend die Melodie zu umspielen oder zumindest rhythmische Muster aufzugreifen.

    Mir ist schon klar, dass das alles Zeit benötigt, umso mehr freue ich mich
    hier über konkrete Ideen.

    Das kann ich auch wundervoll weiter mit meinem Lehrer vertiefen.

    LG

    Dreas
     
  13. volkerkaufmann

    volkerkaufmann Ist fast schon zuhause hier

    Ähmm??
    Die None ist doch sowieso in der Pentatonik.
    Oder meintest du da die Mollpentatonik?
     
  14. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    mir erschließt sich nicht ganz, warum man jemandem raten sollte, sich grundsätzlich für die eine oder die andere herangehensweise zu entscheiden. ich bin immer ganz gut damit gefahren, alles zu lernen und auszuprobieren, was geht. wenn man einen blues verjazzen kann, andere skalen einsetzen kann, meinetwegen auch bis zum gedudel, heißt das doch nicht, dass man das auch einsetzen muss.
    ich bewege mich bei blues impros schon auf der grundlage der moll bluesskala, aber ich baue da dann irgendwann anderes material ein. allerdings ohne dabei darüber nachzudenken, ob das jetzt mixo-, bebop- oder sonstige fragmente sind. und wenns dann genug ist wechsel ich sachte wieder auf "normal" blues. mir macht blues so am meisten spass, auch egal auf welchem instrument.
    so 100% traditionell und rein blues spielen wir aber eigentlich nie, einfach weil keiner aus der truppe mehr so richtig drauf steht.

    gruß

    zwar
     
  15. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ volkerkaufmann

    Ja ich meinte die Mollpentatonik. Sollte man auch erwähnen :)

    @ zwar

    Ich sehe die Ratschläge hier auch nicht als ein "muss man so machen" sondern als "ich hab es so gemacht, mir hat es geholfen, probier es doch aus. "

    Insofern sind das alles gute Hinweise, manche werden zu mir passen andere vielleicht weniger.

    Vieles zu probieren halte ich eh für wichtig. M. E. gibt es nicht DEN
    Königsweg.

    "Viele Wege führen nach Rom"

    LG

    Dreas
     
  16. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Hallo @all
    Ich habe hier jetzt mitgelesen und mir die ganze Sache mit der Bluesspielerei auch nochmals überdacht. Ich selber brauche ja oft einfach die satsam bekannte Bluesmoll Skale, je nach Bluesthema aber auch die Durblues. Austomatisch baue ich aber auch weitere Töne oder chromatische Übergänge ein. Das ist aber ziemlich intuitiv und rein "gefühlsmässig".

    Angeregt durch die Diskussion hier beschäftigt mich die Frage der Anwendung der mixolydischen Skalen auf den jeweiligen Akkorden. Da ich oft auf Tenor G Blues spiele (klingend F) gehe ich hier mal von G Blues aus.

    Betrachte ich mir die Mixoskalen von G7, C7, D7 ändert sich vom Tonmaterial her ja nur wenig. Bei G7 gibt es bei keinem Ton eine Erhöhung, bzw. Erniedrigung. Bei C7 wird B zu Bb und bei D7 wird F zu F#. Alles andere bleibt gleich.

    Ich glaube Herman regte an, dass die Stufen betont werden, dass man also hört, wenn ein Wechssel von z.B. I auf die IV erfolgt.

    Was ist amit nun gemeint? Soll- muss man den Grundton bringen, oder einfach nur z.B. bei der IV dass Bb spielen? Dann wäre ich skalenmässig ja auch auf die IV Stufe gewechselt.

    Mir ist auch aufgefallen, dass es sowohl Begleitungen wie Themen gibt, wo man diesen Stufenwechsel sehr unterschiedlich gut hören kann.

    Habe ich mich wohl einigermassen verständlich ausgedrückt?

    Ach so...schönen Silvester und guten Jahreswechsel allerseits :-D :-D

    antonio
     
  17. Gast

    Gast Guest

    Ich würde gemäß unserer Hörgewohnheiten über das h in den neuen Grundton c oder über das f in die neue Terz e rutschen. Das ist nicht speziell Blues, zeigt dir und anderen Hörern aber sehr deutlich, wo du gelandet bist.

    Oder du spielst auf G eine Phrase mit h (z.B. g/hghhg) und wiederholst sie auf der IV mit b statt h.

    Gruß, Herman
     
  18. bernd_rossini

    bernd_rossini Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Antonio,
    Ich bin da auch grad dran auf die Dominantseptakkorde einzugehen.
    Mein Lehrer gab mir hierzu eine schöne Eselsbrücke: Wie finde ich schnell die Sept von z.B. G7. Also einfach einen ganzton chromatisch abwärts (F), dann hab ich schon meine (ziel-)Sept.
    Wenns ein bisschen outplay sein soll, kann man einen Ganzton über überm G, also vom A aus einen Durdreiklang bilden und dann beim F wieder Landen.
    Hat zwar wohl wenig mit einem alten Blues zu tun, hört sich aber geil an.

    Gruß
    Bernd
     
  19. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    @Herman
    Vorab: Entsschuldigung für die flapsige Rechtschreibung - ich war gerade auf dem Sprung und habe nicht mehr hingeschaut...

    Wenn ich dich also richtig verstehe, vertrittst du schon die Haltung, dass man den Stufenwechsel "richtig" zeigen sollte. Also entweder durch einen überleitenden Ton (h zu c, oder neue Terz) oder dann die Phrase transponiert auf der neuen Stufe bringen. Mit beiden Methoden macht man den Stufenwechsel ziemlich deutlich.

    Einfach nur das Bb bzw. das F# (bezogen auf G Blues) am richtigen Ort, auf der jeweiligen Stufe zu bringen, wäre zwar korrekt, betont aber den Stufenwechsel eigentlich zuwenig? Verstehe ich das richtig?

    @bernd
    Danke, das ist ein guter Hinweis - ist ja logisch, warum merkt man solche Sachen nicht einfach von selbst? :oops:

    Hoffe, ihr hattet einen schönen Silvester und seid nun ausgeschlafen - wünsche noch einen schönen restlichen Neujahrssonntag...

    antonio
     
  20. Raggae

    Raggae Ist fast schon zuhause hier

    Das mag zwar als Notbehelf am Anfang so gehen, aber meine Meinung ist inzwischen, dass die Intervalle sozusagen das kleine Einmaleins der Musik sind. Und ebenso wie das kleine Einmaleins in Mathe sollte man die Intervalle einfach auswendig lernen, bis man sie im Schlaf kann, wenn man irgendwann fortgeschritten und selbständig mit tieferem Verständnis spielen will. Wem das Verständnis allerdings weniger wichtig ist, der kommt sicherlich auch super ohne aus.

    Und Euch allen ein wunderschönes neues Jahr! :)
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden