Ist Saxophonspielen wirklich leichter zu lernen als Klavierspielen?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Saxoryx, 20.September.2023.

  1. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Hi,

    Du meinst das hier?
     
  2. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Das ist aber mehr dem jeweiligen Stil geschuldet als der Möglichkeit, die (einzelnen) Töne wirklich unterschiedlich klingen zu lassen. Am Klavier hast du die Stärke des Anschlags, wie lange du den Ton klingen lässt, und ob du das Pedal benutzt. Wie das jemand in einem kompletten Stück kombiniert, plus Tempo/variationen, ergibt den "Klang" des jeweiligen Pianisten.
    Aber wenn Lang eine bestimmte Taste in einer bestimmten Lautstärke anschlägt, klingt das am selben Klavier genau gleich, wie wenn das Grimaud tut.
    Am Sax kann der (gleich laute) Ton aber erheblich unterschiedlich gestaltet werden, auch am gegebenen Mundstück und Blatt.

    Aber die klangliche Gestaltung ist ja nicht zwingend "Schwierigkeit", sondern ja auch "Freiheit".
     
  3. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Nein, tut es nicht. Eine Taste ist kein Knopf oder Schalter.

    Es spielt eine große Rolle, wie zum Beispiel das Geschwindigkeitsprofil des Anschlags ist.
    Man kann langsam anfangen und schneller werden oder schnell anfangen und vor dem Aufschlag des Hammers auf der Seite abbremsen. Klingt anders.

    Man kann auch die Saite nur anschlagen, antupfen oder nachdrücken. Klingt anders.

    Lautstärke und Dauer der Note bleiben dabei exakt gleich.

    Oder was meinst Du macht den Unterschied zwischen einem automatischen Piano und einem Meisterpianisten?
     
  4. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Das halte ich für ein Gerücht. Wie schon andere erläutert haben: der Hammer trifft letztlich von der Taste entkoppelt auf die Saite, mit der ihm mitgegebenen Geschwindigkeit - wie immer die zustandgekommen ist. Und es ist immer derselbe Hammer mit demselben Filz. Und es sind immer dieselben Saiten, an derselben Stelle. Wenns (initial) anders klingt, dann war primär die Geschwindigkeit eine andere.
    Ob der Ton dann früher abgedämpft wird, ob das Legato-Pedal gedrückt war (und die anderen Saiten mitschwingen), ist dann eine andere Frage.

    Du vermischt immer noch den einzelnen Ton mit einem ganzen Musikstück in seiner Gestaltbarkeit. Also um das ganz unmissverständlich auszudrücken: wenn sich jemand ans Klavier setzt und genau einen Ton spielt, ist es egal, wer das ist, und egal, wie die Person auf die Taste drückt. Im groben Unterschied dazu, wenn ein ganzes Stück gespielt bzw. interpretiert wird, dessen "Klang" in seiner Gesamtheit natürlich stark vom Pianisten abhängt, wie zuvor schon erläutert.
    Abgesehen davon, dass ein Meisterpianist nicht auf einem "automatischen Klavier" spielt.
     
  5. Sohn der Alpen

    Sohn der Alpen Ist fast schon zuhause hier

    Ich würde vermuten es gibt keinen Unterschied, wäre es möglich genau zu messen, wann besagter Meisterpianist mit welcher Kraft, welche Taste (inkl. Pedal) gedrückt und wieder losgelassen hat und dann einem automatischen Klavier exakt einzuprogrammieren, genau diese Kraft auf genau dieser Taste zu genau diesem Zeitpunkt auszuüben.
     
  6. Sohn der Alpen

    Sohn der Alpen Ist fast schon zuhause hier

    Wie geht das, bei einer Mechanik, in welcher der Hammer ab einem gewissen Zeitpunkt auf dem Weg zur Saite nicht mehr vom Spieler beeinflusst werden kann?
     
  7. GelöschtesMitglied14902

    GelöschtesMitglied14902 Guest

    Ist es nicht letztendlich vollkommen wuppe was schwerer zu lernen ist
     
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  8. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Das wäre nur dann zutreffend, wenn außer der Geschwindigkeit, mit der der Hammerkopf die Saite trifft, ein weiterer beeinflussbarer Parameter abweicht. Welcher kann das sein und hat das mal jemand wissenschaftlich untersucht? Hast du Belege für deine These, dass der Klang eines einzelnen Tons bei exakt gleicher Lautstärke unterschiedlich sein kann?

    Ich stelle es mir bei einen Nachweis allerdings auch schwierig vor, das irgendwie zu messen, weil es bei einem analogen Instrument alleine schon schwierig ist, einen Ton exakt gleicher Lautstärke mehrmals zu reproduzieren. Aufschlussreich könnten dabei Sensoren am Hammerkopf und Hammerstiel sein, die Winkelstellungen und Vibrationen abbilden, wenn das mit der gleichen Lautstärke bei unterschiedlichen Anschlagsvarianten doch gelingt. Ich bezweifle es aber, wie unschwer zu erkennen ist, und denke das Unterschiede im Klang bei der Aufführung von Stücken auf unterschiedliche Lautstärken der Töne, Unterschiede im Pedaleinsatz und der Bindung der Töne zurückzuführen sind. Ein guter Konzertflügel bietet eine ganze Palette verschiedener Klangfarben, die sich auf unterschiedliche Lautstärkelevels verteilen. Es braucht aber die meisterliche Kunst, dies so fein dosiert anrufen zu können.

    Bei Glenn Gould (R.I.P.) kommen wohl als Ursache für Klangunterschiede noch sein Gesang, das Knarzen seines Stuhls und die freiere Klangausbreitung wegen seiner erniedrigten Sitzposition hinzu.
     
  9. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich fürchte, wir alle sind die Blinden, die über die Farbe diskutieren.

    Für meinen Teil kann ich nur wiedergeben, was ich von (einer kleinen Hand voll) Konzert- bzw. Jazzpianisten erzählt und gelegentlich gezeigt bekomme.
    Das deckt sich auffällig mit dem, was ich auf Aufnahmen und live in verschiedenen Spielstätten höre.

    Ob das nur Seemanns- äääh Pianistengarn ist? Ich weiß es nicht…
     
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  10. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Nein, nicht alle. :p

    Du sprichst offenbar wieder von kompletten Stücken - da sind wir uns ja einig, dass ein Stück bei jedem Pianisten anders klingt.
     
  11. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Ist kein Seemanngarn...

    Prima!
     
  12. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Aha, interessant, daß mir Profikollegen am Klavier, meine Klavierdozenten an der Uni und auch die Klavierlehrer, die ich hatte da was anderes gesagt und bewiesen haben. Und ich habe an den gleichen Flügeln genug PIanisten mit den gleichen Titeln gehört und die klangen alle nicht gleich. Klar ist der Unterschied nicht so gross wie Ben Webster zu Michael Brecker aber er ist trotzdem hörbar. Wir können da jetzt lange diskutieren, ob es die Geschwindigkeit oder die Kraft ist oder oder oder aber ich kenne keine Kollegen, der ein analoges Klavier oder Flügel für ein Instrument hält, bei dem nur 0 oder 1 geht und es entsprechend immer gleich ist.
     
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  13. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Ja aber nur wenn du nicht ausreichend übst. Vieles davon ist unproblematisch zu lernen. Die Mehrstimmigkeit und Unabhängigkeit der Hände beim Klavier bereitet ganz andere Probleme als das was du schreibst. Das was du als schwierig beim Sax beschreibst, lernen die meisten meiner Schüler, die noch zur Schule gehen, ohne Probleme in überschaubarer Zeit, ohne da extrem viel Zeit reinstecken zu müssen, weil es halt nicht so schwierig ist, wenn man übt und weiss was man wie machen muss.
     
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  14. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Es gab oder vielleicht gibt es die Teil noch von Yamaha Flügel, die haben einen eingebauten Sequencer, der angeblich den Pianisten genau mitschneiden kann und eins zu eins wiedergeben kann. Ich habe das Teil in einem Hotel live erlebt wo das versucht wurde und es klang nie wie der Originalspieler, sondern halt nach Sequencer und nicht Bandmaschine.
     
  15. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Da ich an meinem Klavier schon paar mal notdürftig rumgedoktert hab, kann ich berichten, dass der Hammer zumindest bei dem auch nicht bis zum Saitenkontakt mit der Taste verbunden ist. Andernfalls wär der Ton ja recht kurz, da der Hammer auf der Saite kleben würde. Der Hammer, der immer der gleiche ist, fliegt auf den letzten Millimetern nur in seinem Gelenk geführt wie ein Pfeil, der abgeschossen wurde. Rein physikalisch sind die Gestaltungsmöglichkeiten des Anschlages dadurch natürlich begrenzt.
    Andererseits höre ich genauso die deutlichen Unterschiede zwischen Pianisten, für die hier so argumentiert wird.
    Ich sehe da nicht unbedingt einen Widerspruch, mir sagt das eher, dass uns offensichtlich nicht bewusst ist, was an einem Ton alles den “Sound” ausmacht. Das zu verstehen ist ein Schritt, der sich vom Klavier vielleicht auch auf das Sax übertragen lässt.
     
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  16. visir

    visir Gehört zum Inventar

    So schwer ist es doch nicht:
    - Der einzelne Ton kann lauter oder leiser sein (deshalb "Pianoforte") und hat bei gegebener Lautstärke einen bestimmten Klang, weil entkoppelt etc, wie erläutert.
    - Ein ganzes Stück besteht (in der Regel) aus vielen Tönen (außer bei z.B. Cage), bei denen nicht exakt vorgegeben oder zu reproduzieren ist, wie laut sie jeweils angeschlagen werden, und was genau der Gestaltungsspielraum ist (+ Tonlänge, Zeitpunkt des Anschlags, Pedal, Bindung,...). Und da unterscheiden sich die Klavierspieler natürlich.
     
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  17. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Mehrstimmigkeit und Unabhängigkeit der Hände lernen ebenfalls die meisten Schüler, die noch zur Schule gehen, parallel zum Fortschritt bei den spieltechnischen Herausforderungen am Klavier. Das ist auch meist kein Problem, wenn man ausreichend übt.
     
  18. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    Ich habe eine Vermutung, dass die Erwartungshaltung, auf einem anderen Instrument erworbene Fähigkeiten beim Erlernen eines neuen Instruments auf dieses Übertragen zu können, den Eindruck erwecken kann, dass das neue Instrument schwieriger zu lernen sei. Im Speziellen dann, wenn die Instrumente stark unterschiedlich sind wie Saxophon und Klavier. Ich bin auch schon öfter gefragt worden, ob bestimmte Instrumente leicht zu erlernen sind, wenn man ein bestimmtes anderes bereits spielt. Eine Violinistin fragte mich mal, ob sie Griffe auf der Geige auf die Gitarre übertragen kann, was ich verneinte, da die Saiten auf der Gitarre nicht im Quintabstand zueinander stehen. Der Wunsch, dass es da Abkürzungen gibt, scheint also vorhanden zu sein. Umgekehrt profitiert man natürlich gewiss von erworbenem Rhythmusgefühl, Gehörbildung und Theorie.

    Klavier war mein erstes Instrument, das ich in meiner Jugend lernte und würde sagen, mit täglichem Üben von 30-60 Min. kann man meistens nach 1-2 Jahren Stücke wie Bachs erste Invention spielen.

    Altsaxophon lernte ich erst viel später als Erwachsener mit ganz anderen Herausforderungen. Da ging Impro erst mal nur in Halben und Vierteln. Die ersten Stücke mit 16teln, Ausdauer für längere Stücke und Sessionabende und die Ausbildung von Sound, Vibrato und Stütze brauchten da auch Jahre, bis ich halbwegs souverän etwas vorspielen oder mit anderen zusammen spielen zu konnte. Das "halbwegs" ist im Sinne des Wortes gemeint. Daher ist mein Eindruck, dass ich Saxophon nicht als besonders leicht betrachten würde, wenn das Ziel ist, Saxophonparts inkl. Soli möglichst so abzuliefern, wie man es aus vielen Aufnahmen kennt.

    Wenn jemand schon mehrere Jahre Saxophon spielt, kann ich mir umgekehrt vorstellen, dass ihm das Klavier als sehr schwierig erscheint, weil man praktisch wieder bei Null startet, musikalische Vorstellungen an mangelnder Technik scheitern und man zwei Hände ungewohnt unabhängig einsetzt. Vielleicht überschätzt man da seinen erwarteten Fortschritt am Klavier, obwohl der absolut betrachtet nicht langsamer sein muss als bei vielen anderen Instrumenten, soweit es sich überhaupt vergleichen lässt.

    Wirklich anspruchsvoll und schwerer zu erlernen als die meisten anderen Instrumente, soweit man einen Vergleich akzeptiert, ist für mich jedoch die Violine. Bis die Intonation da innerhalb tolerierbarer Abweichungen bleibt und der Bogen sauber gerade geführt werden kann, beansprucht doch eine gewisse Zeit, so dass der Start damit einiges an Geduld abverlangt. Selbst eine einfache kurze Melodie ist am Anfang nicht sauber möglich und der Tonraum erweitert sich nur sehr allmählich. Beim Cello mag das anders sein. Der Kontrabass scheint etwas mehr zu verzeihen: ein Milimeter auf dem Griffbrett daneben klingt dort weniger schräg als auf der Geige. Außerdem kann man dort über Zupfen schnell zu authentischen Basslinien gelangen.
     
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  19. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Klavierdozenten haben eher wenig Ahnung von Physik.

    Es hat auch keiner behauptet, dass es keinen Unterschied gibt.
    Aber es liegt nicht(!) an dem einzelnen Ton, wie man nun den Impuls auf den Hammer übeträgt.
    Einfache Mittelstufenphysik: F = m * a.
    Sobald der Hammer ausgelöst wird, wirkt keine Kraft. Und es ist für den Hammer(!) egal, wie die Geschwindikeit bis zum Freiflug erreicht wurde.

    Grüße
    Roland
     
    Zuletzt bearbeitet: 22.September.2023
  20. Hewe

    Hewe Strebt nach Höherem

    Also sollten jetzt alle Klavier spielenden Foristen ein kleines, einfaches Liedchen (nach gleichen Noten) spielen, und wir hören mal, wie es unterschiedlich klingt... Und dann nur einen einzelnen Ton. Und dann auf dem Saxophon einen einzelnen Ton. ;). Freundliche Grüße von Hewe
     
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