Kann man Improvisation ganz einfach erklären?

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von nachbarschreck, 13.August.2013.

  1. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    :top:

    John Coltrane hatte man mal ein transkripiertes Solo von ihm selber zum Spielen vorgelegt. Seine Antwort: Sorry, dass kann ich nicht spielen; denn es ist zu schwer.
     
  2. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Hi
    Bezugnehmend auf die Ausgangsfrage ist Steamers Definition die klarste und gültigste. Nur eben, was hilft das praktisch gesehen? Eine Impro ist immer ein Unikat.

    So nach dem Motto: Wie entstanden Michelangelos Plastiken? Man muss den richtigen Stein nehmen und alles Überflüssige weghauen. Die Skulptur ist schon drin :)

    Schönen Tag allerseits...
    antonio
     
  3. HanZZ

    HanZZ Ist fast schon zuhause hier

    Eben. Musik entsteht nämlich nicht aus Noten, auch wenn sie noch so richtig und passend sind, sondern aus Tönen.

    Cheers
    HanZZ
     
  4. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Das ist vielleicht auch eine Folge der "Akademisierung" der Jazzmusik. Ich habe in den letzten Jahren wiederholt zwei "Große Alte" gehört: Sonny Rollins und Archie Shepp. Beide hatten sehr die Tendenz zum Einfachen, back to the roots und zum Blues.

    Liebe Grüße
    bluefrog
     
  5. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar


    wir hatten zu Beginn der Probe der DoCo mal "einfach was losgespielt" (Drums, Bass, Guit, Bari).Hat gut gegrooved und hat Spaß gemacht.

    Dann kam der Band-Coach dazu und meinte: "Ey, das war cool!" Könnt ihr das noch mal machen!"
    Nee, das funktioniert nicht. und selbst wenn man es (gegebenenfalls an Hand einer Aufnahme) noch mal nachspielt, ist es anders. Es dann halt "reproduziert" und entsteht nicht aus dem Augenblick heraus, aus dem zuhören, aufeinander eingehen, sich gegenseitig beeinflussen und sofort :)

    Aber auch das ist eine erhebliche Erweiterung des ßräd-Titels :)

    Cheerio
    tmb
     
  6. flar

    flar Guest

    Moin, moin
    Da Noten Töne darstellen sind die "richtigen und passenden" Töne mit den "richtigen und passenden Noten" für mich irgendwie identisch. Aber das muß natürlich nicht jeder so sehen, wichtig ist das einem gefällt was man spielt, egal wie man es nennt oder wie man dazu kommt.
    Improvisation ist eben nicht einfach zu erklären, dafür gibt es viel zu viel verschiedene Möglichkeiten zum gleichen Endergebnis zu kommen!

    Viele Grüße Flar
     
  7. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Auf dem Summerjazz, Hilden waren als SAX-Dozenten: Jörg Kaufmann, Denis Gäbel und Molly Duncan.

    Unabhängig voneinander meinten die:"Wenn man sich die tollen Soli der Großen anhört und sie analysiert, wird man fesstellen, das da viele "Tonleiterübungen und andere Etüdenkram" drin sind. Es kommt auf das WIE an!! "

    SOlong
    tmb
     
  8. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    hallo zusammen,

    um auf die anfangsfrage zu antworten: nein, man kann improvisation nicht einfach erklären.

    aber: man kann einfach damit anfangen!

    einfach mal einen blues nehmen, playalong rein und die bluespentatonik dazugedudelt, gucken, dass man im timing bleibt und mit ein wenig zeit, übung und einen schnatz an talent kommt schon was nettes raus. das ist sicherlich nicht eine impro ala michael brecker-aber wer schafft das schon?

    danach mit eher modal gelagerten songs fortfahren, dann entwickelt sich langsam was.

    wer mit giant steps beginnt wird schnell frustriert aufhören, muss man ja auch nicht-man braucht ja ziele.

    ansonsten: arpeggien, licks und skalen bis zum kotzen üben, das ganze wieder vergessen und spielen, spielen, spielen.

    auch meine meinung: alle 12 töne gehen in der impro, ist nur die frage wie und wie geil oder ungeil das klingt......

    liebe grüsse

    mixo
     
  9. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Versteht mich nicht falsch. Der "Kram" ist wichtig. Warum übe ich denn das ständig... :)

    LG bluefrog
     
  10. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,
    die passenden sind IMHO die, die aus der Melodieführung entstehen, die richtigen die, die passieren, weil an eine bestimmte Skala gedacht wird.
    Sprich: Ohren aus, Kopf an.

    Liebe Grüße,
    Guenne
     
  11. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Super auf den Punkt gebracht!

    Giant Steps ist für mich kein musikalisches und auch kein realistisches Ziel.

    Es ist für mich unstrittig, dass für Improvisation bestimmter Jazzstile sehr viel Handwerk erforderlich ist.

    Als Musikant konzentriere ich mich auf das Machbare.

    Gruß
     
  12. nachbarschreck

    nachbarschreck Schaut öfter mal vorbei

    Diese und die von Saxhornet angebrachte funktionstheorie sind für mich einleuchtende gründe, warum der satz "Finde die Tonart und spiele die passenden Töne dazu" so einfach nicht stimmt.
    Allerdings frage ich mich, wieviele otto normal hörer etwas mit komplizierter "professionller" improvisation anfangen können. Vieleicht ist es ein problem des jazz, warum ihn soviele nicht hören/verstehen, weil er zu akademisch, zu theoretisch und kompliziert geworden ist. Ich meine man sollte die ohren wieder zu einfachem zurück trainieren und den jazz/die improvisation wieder hörbar machen. So ist er nur wenigen vorbehalten, also zb. denen, die hören "hey jetzt hat er aber die 3te statt der 5ten stufe gespielt" oder "wow, da war er outside".

     
  13. flar

    flar Guest

    Moin, moin Guenne
    Ich wollte mit meinem Geschreibe zwar eigentlich klar machen das ich nicht umbedingt einen Unterschied zwischen einen Ton und der entsprechenden Note sehe, aber ich gebe Dir vollkommen recht. Zwei verschiedene Solisten könnten durch Zufall genau die gleiche Tonfolge über einen Akkord spielen. Der eine mit den "passenden" Tönen, die aus der Melodieführung entstehen, der andere mit den richtigen Tönen weil er an eine bestimmte Skala, Bluenotes oder Arpeggien gedacht hat. Das Ergebnis könnte durchaus das gleiche sein, auch wenn die Wahrscheinlichkeit zugeben sehr gering ist. Aber das zwei Solisten mit dem gleichen "System" die gleiche Tonfolge spielen ist vermutlich genauso unwahrscheinlich!

    Viele Grüße Ralf
     
  14. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Das ist wiederum eine ganz andere Fragestellung. Da gibt's ja welche, die können Moll von Dur nicht unterscheiden. Aber die können ja Kenny G. ... ach lassen wir das, das Thema war ja auch schon mehrmals da!

    Der Durchschnittshörer ist ja schon mit 100 Jahre alter Musik überfordert, z.B. Schönbergs Orchseter-Suite Opus 16. Und, wie heißt es so schön: Was ist der Unterschied zwischen einem Blues-Gitarrist und einem Jazz-Gitarrist? Der Blues-Gitarrist spielt drei Akkorde vor 1000 Zuhörern.


    Also, der Otto-Normal-Hörer (ONH) ist nicht zwangsläufig mein Maßstab. Diese Arroganz kann ich mir als 100%-Amateur erlauben. :)


    Grüße
    Roland
     
  15. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Also in diesem Zusammenhang bin ich mein Maßstab.

    Und wenn ich mal vergleiche, was ich vor 20 oder 30 Jahren an Jazz gehört habe und was ich zu der Zeit als "gräußlich" empfand und was ich heute höre (und denn dann auch gern spielen würde..............)...

    (Und ich bin bestimmt nicht "professionell" (far away!) und hoffentlich nicht "verkopft" :) )


    Cheerio
    tmb
     
  16. saxhornet

    saxhornet Experte

    Es ist ein Irrglaube, daß komplexere Improvisation so klingen muss, daß es vielen Zuhörern nicht mehr gefällt. Manchmal ist es einfach eine Frage des Geschmacks. Es gibt z.B. Leute, die halten das was Parker gespielt hat für unzusammenhängendes Gedüdel ohne Sinn, Melodie und Emotion, finden aber Kenny G ganz toll, weil der so schöne Melodien spielt und es gibt andere Leute, die bei Parker hochspannende schön klingende Melodiebögen hören mit intensivem emotionalen Ausdruck aber Kenny G banal, flach und inhaltlos finden. Die Frage ist halt, was man selbst mag und auch schon versteht oder was einem aus mangelndem Verstehen auch mal Verschlossen bleibt. Parker war aber zu seiner Zeit ein Massenphänomen, den damals viele Menschen gehört haben, wie Popmusik heute.
    Jazz ist generell nicht theoretischer oder komplizierter oder akademischer als andere Musik, die sich mit mehr als 2-3 Harmonien beschäftigt. Meist hat es auch damit zu tun ob man bereit ist sich auf etwas einzulassen, was man vom Ohr noch nicht versteht und begreifen kann oder noch nicht gut genug kennt. Viele, die am Anfang bestimmte Stile nicht mochten fanden diese später toll als sie sich damit auseinandergesetzt haben (war auch bei mir so). Aber es kommt auch immer wieder auf den Geschmack an, den man halt so hat und der sich meist mit der Zeit auch gerne mal ändert. Es ist auch ein Irrglaube, daß Jazzmusiker verkopft sind und die ganze Zeit nur an Akkorde und Skalen denken und damit beim Improvisieren gar nicht mehr melodisch spielen können. Solche Ansichten sind allerdings hanebüchen und zeugen dann von mangelndem Wissen und Erfahrung. Du lernst die Sachen um Dich dann frei, ohne Nachdenken zu müssen, spielen zu können aber halt auch ohne über jeden Akkord zu stolpern. Du verinnerlichst das Material bis zu dem Punkt wo es Dich nicht behindert, sondern Du nur noch die Möglichkeiten siehst was Du alles damit machen kannst. Wie eine grosse Tüte Lego und Du entscheidest was Du damit baust, am Anfang hälst Du Dich an die Anleitung, nachher kennst Du die Steine und weisst was Du alles bauen kannst und wie und welche Steine Du dafür nutzen musst, um das zu bauen, was Du willst und Dir vorstellst. Du kannst viel eher loslassen wenn Du die Sachen verinnerlicht hast.
    Was ist einfach? Das ist wieder eine Geschmacksfrage. Ich persönlich kann so oder auch so hören und dazwischen auch umschalten. Ob Dir eine Melodie gefällt oder nicht hängt von Dir ab, nicht von der Melodie. Es ist halt wieder die alte Frage: magst Du eher was wie Parker oder wie Kenny G (oder was anderes)? Auch ist einfach nicht immer automatisch auch gut, genausowenig wie kompliziert. Was Dir aber als einfach vorkommt ist für Jemand anderen vielleicht kompliziert und was für Jemand anderen eine klare Melodie ist, kann sich für Dich eventuell als solche nicht erschliessen.
    Ich kann Parker hören und das geniessen, ohne zu analysieren was er gerade da macht, andere hassen die Musik.

    Lg Saxhornet
     
  17. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Weil's 1/2-wex zum Thema passt:
    http://www.youtube.com/watch?v=qZUirzdlGMQ
    ab ca. 4:30h (wobei sich der Anfang lohnt)

    Für mich als Vomklavierkommer hat mich das inspiriert:
    http://www.youtube.com/watch?v=Si4q78wUbOM&list=TLRnBsxz98e8s

    Üben, üben, üben ... *ohne* Fernseher ... :)

    Grüße
    Roland
     
  18. Rick

    Rick Experte

    Die Jazz-Rezeption muss man differenzierter betrachten, finde ich.

    In meiner Umgebung sehe ich, dass es sehr viel Live-Jazz gibt, allerdings weniger in Clubs (die sind ziemlich besucherschwach), sondern auf Empfängen, Feiern, bis hin zu Familienpartys.

    In den Kneipen sowie auf Stadtfesten spielen vorwiegend Amateur-Rockbands, die zumeist unoriginell alte Mitgröhl-Songs covern, doch wenn es ans richtige Geldverdienen geht, hat man mit geschmackvollem Mainstream-Jazz die besten Chancen.

    Gerade morgen spiele ich auf einem runden Geburtstag 2 Stunden lang zum Gäste-Empfang für eine Gage, die weit das übertrifft, was ich beim letzten Weinfest für 4 Stunden bekommen habe.

    Damit will ich sagen, dass in den Kreisen, wo gute Musik geschätzt (und auch angemessen bezahlt) wird, nach meiner Beobachtung Jazz den höchsten Stellenwert hat, weit vor Klassik und Pop, Rock ist da weit abgeschlagen.
    Mit der Musik, die am allermeisten gehört wird, verdient man als Musiker erstaunlicherweise am wenigsten (Ausnahme sind die Weltstars, aber wie viele gibt es davon?).

    Deshalb lohnt es sich also (zumindest für Profis), sich eingehend mit den Improvisations-Prinzipien des Mainstream Jazz zu beschäftigen. ;-)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  19. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,

    "Don't play late Coltrane licks at a wedding gig."

    Bob Mintzer (Things they didn't teach me in music school)


    Habedieehre,
    Guenne
     
  20. Rick

    Rick Experte

    Hallo Guenne!

    Ja, da ist etwas dran - deshalb schrieb ich ja auch bewusst nicht MODERN Mainstream! ;-)

    Jazz ist nicht gleich Jazz, zugegeben.
    Mit Swing, Cool und Bossa kann man Geld verdienen, mit Hard Bop, Free und Fusion eher weniger, das spielt man dann für sich selbst auf der After Hours Session. :cool:

    Ja, das ist dann schon wieder ein Problem für sich... :roll:

    Kannte mal einen Altisten, der AUSSCHLIESSLICH Bebop-Lines improvisieren konnte, er war nicht in der Lage, ein schlichtes Rock'n Roll-Solo zu "honken", er hatte gerade in Party- und Pop-Musik ganz schlechte Karten. DAS haben sie ihm eben nirgends beigebracht... :-(


    DieEhreistganzmeinerseits,
    Rick
     
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