Klassik üben - Pop/Rock profitieren?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von auge, 1.August.2011.

  1. auge

    auge Ist fast schon zuhause hier

    Liebe SaxkollegInnen,

    folgendes bewegt mich.
    Ich übe sehr gerne Klassik. Vor allem technisch anspruchsvolle Sachen wie Bach aber auch die alte Marcel Mule Schule die ich noch aus vergangenen Zeiten besitze. Keine Ahnung warum, aber es gefällt mir einfach.

    Spielen, also Livespielen, tu ich aber nur Pop/Rock/BigBand.

    Jetzt die Frage. Denkt ihr, dass klassische Technikübungen auch im RPJ (Rock/Pop/Jazz) hilfreich sind? Oder sollte ich mir da spezielle Lessons besorgen die mich dort weiterbringen (was sich ja gerne möchte).
    Klarerweise beschäftige ich mich viel mit Musiktheorie und möchte auch meine Improvisationsskills verbessern. Da wird mir die Klassik nicht viel helfen. Aber die Technik an sich? Anstoss, Geläufigkeit?

    Was denkt ihr?

    Lg
    Auge
     
  2. Bostonsax

    Bostonsax Strebt nach Höherem

    Also ob Klassikzeugs üben jetzt speziell gut für Pop/Rock/BigBand weiß ich nicht.

    Aber es ist doch so, WAS du übst ist doch egal die Hauptsache ist DASS du übst und dass es dir Spaß macht. Dann profitierst du egal bei welcher Musik davon.

    Das ist nicht einfach so dahingeschrieben, das ist wirklich so.

    Gruß Bostonsax
     
  3. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Auge!

    Ich stimme Bostonsax schon mal voll und ganz zu. Hauptsache du ÜBST überhaupt! :-D

    Natürlich kann man klassische Sachen üben, schaden tut's bestimmt nicht. Ob's schneller vorwärts bringt, wage ich aber zu bezweifeln, da klassische Literatur ja nicht zwangsläufig anspruchsvoller ist. Wenn du viel Klassik übst, kann es bspw. passieren, dass Swing-Feeling und -Phrasierung auf der Strecke bleiben, oder ähnliches.

    Das Problem, was ich sehe...
    Es ist mE wahnsinnig schwierig gleichermaßen gut Klassik als auch Jazz/Pop/Rock zu spielen. Ich hab mich kürzlich mit einem Profi unterhalten, der sowohl Klassik als auch Jazz studiert hat und auch beides ausgiebig und bei größeren Auftritten spielt. Er sagte jedoch, dass er sich etwa 1-2 Wochen intensiv auf eine der beiden Extreme einstellen muss um bei einem Auftritt ordentlich abzuliefern!

    Es geht also um Prioritätensetzung. Wenn du GERN klassische Literatur spielst, glaube ich kaum, dass es hinderlich ist. Wenn du aber sowohl Klassik als auch Jazz vernünftig angehen willst, könnten sich Probleme ergeben, mit denen es nicht ganz einfach ist, umzugehen...dann heißt's eben eine persönliche Lösung zu finden.

    Ich habe für mich entschlossen, mich ausschließlich dem Jazz- und Latin-Bereich zu widmen (jeweils weitgefasst!)...dementsprechend grauselig klingts aber, wenn ich mich an klassischen Etüden versuche! :-D
    Manchmal muss man sich halt einfach entscheiden! :-D

    LG Phi
     
  4. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    als einigermassen fachfremder mache ich das auf dem Sax genau wie auf der Klarinette. Üben ist das Eine bezüglich Klassik oder Jazz oder sonstwas.
    Aber ich mache regelmässig was für den Ton und ( je älter ich werde leider immer öfter) wird vor dem Üben 20-30 Minuten einfach nur reine Technik gebolzt ( Bärmann, Michaels, Kröpsch und co auf de Klari, bei den Saxen mache ich ein wenig Basiszeug aus Bräu und dann hab ich mir so gelbe Hefte von Mule besorgt). Ich habe so das Gefühl, egal, welche Musik man machen will, wenn man die grundlegende Technik besser beherrscht kann man sich besser auf die Musik konzentrieren und auch souveräner darbieten...
     
  5. Roman_Albert

    Roman_Albert Ist fast schon zuhause hier

    Als er hier war, hab ich Bootman gefragt, ob ich besser Klarinette oder Sax übe, wenn meine Übezeit begrenzt ist, und er meinte "üb Klari, wenns Dir schwerer fällt"

    Also gibts derzeit hauptsächlich Baermann vom Blatt und gelegentlich Jazz-Duette mit einer Spitzen-Klarinettistin im Duett.
    Ich achte besonders auf Artikulation, Dynamik, vom-Blatt-spielen und Handhaltung. All das kommt mir sicherlich beim Jazz und schlussendlich beim Rock-Pop Solo, wofür ich eigentlich auch den Jazz erlerne, zu gute.

    Das Ohr, das harmonische Verständnis, Hand-Auge Koordination, auch inneres Timing denke ich, lernt man auch beim klassischen Repertoire.

    Rock-Pop spezifische Effekte (Growl/Altissimo) und Phrasen oder Zitate, die man gerne einstreut, muss man dann separat üben.

    Aber profitieren tut man, wie schon Boston gleich zu Beginn gesagt hat, sicherlich von jedem üben, vor allem wenn es auf die eigenen Schwachstellen ausgerichtet ist.
     
  6. Upfmusic

    Upfmusic Kann einfach nicht wegbleiben

    Hier gibt es ein ganz klares JA, das ist hilfreich.
    Schnelle Finger sind schnelle Finger.
    Gescheite Zungentechnik ist gescheite Zungentechnik.
    Sicheres Lesen ist sicheres Lesen
    ...

    Ich als Klassiker habe jedenfalls noch nie die Krätze durch gelegentliches Fremdgehen in den RPJ-Bereich bekommen.

     
  7. Rene

    Rene Ist fast schon zuhause hier

    schnelle Finger interessieren beim Rock keinen Menschen.
    Laut muss es sein und rotzen.
    Wie hiess es hier letztens so treffend ?
    Lieber 4 Töne vor 1000 Leuten als 1000 Töne vor 4 Leuten...
    sonnigen Tag !!
     
  8. SweetSugarBaby

    SweetSugarBaby Kann einfach nicht wegbleiben

    Hallo!

    Klassik bringt einen auch im Bereich RPJ weiter, Notenlesetechnisch und grundsätzlich für die Technik. Gerade Bach ist in puncto Skalen nicht uninteressant. Jedem das Seine; und ja, stilistisches Springen ist schwer; wobei ein Funk-Musiker klingt im Jazz auch anders als einer, der hauptsächtlich Blues spielt. Puristisch gesehen ist das natürlich problematisch (gelegentlich übetechnisch auch kontraproduktiv), aber es wäre doch schade all die anderen Stilistiken zumindest nicht auch kennenzulernen.

    Jürgen

    P.S.: Tendenziell lieber 1000 Töne vor 4 Leuten als 4 vor 1000, kommt aber auf den Auftritt an.
     
  9. Rene

    Rene Ist fast schon zuhause hier

    P.S.: Tendenziell lieber 1000 Töne vor 4 Leuten als 4 vor 1000, kommt aber auf den Auftritt an.

    ja, aber bei 1000 Leuten macht die Abrechnung mehr Spaß :)

    Nicht, dass ein falscher Eindruck entsteht. Ich bewundere so manchen Jazzer und Klassiker, und ich suche ab und zu auch Jazz sessions auf. Ich finds geil, wie die jungen Leute so spielen. Ich find nur nicht geil, dass alle die gleichen licks spielen und alle gleich klingen. Ist bestimmt, weil sie alle bei den gleichen Leuten studieren.
    Ich kann aber nicht wirklich mitreden, da ich mich in dem Bereich nicht wirklich auskenne. Habe mal son youtube Video von einem Holländer gesehen, der hat irgendwelche Paganini Sachen gespielt. Unfassbar locker, mit Zirkularatmung und Toptones wie Butter. Hammertyp !
     
  10. volkerkaufmann

    volkerkaufmann Ist fast schon zuhause hier

    Es gibt auch für Jazzer nichts bessere als klassische Etüden zu üben. Die meisten modernen Jazzschulen taugen leider nichts. Alles so Weicheierkram.

    Nur mit den klassischen Etüden lernt man auch bei großen Sprüngen eine vernünftige Intonation zu haben und einen gerade Ton zu kriegen.

    Michael Brecker hat auch ganz viel klassisches Zeug geübt, mit seinem Metallmundstück. Das ist anstrengend wie´d Sau und gibt richtig Ansatz.

     
  11. Bostonsax

    Bostonsax Strebt nach Höherem

    Er heißt Raaf Hekkema und ist ein äußerst freundlicher Mensch. Ich hatte in den letzten Tagen das Glück mit ihm zu korresponieren. Diese Paganini Capricen die er da einspielt sind sau schwer, aber klingen bei ihm einfach toll!
    Die 24te Caprice gilt nicht umsonst als eines der schwersten, für Violine, geschriebenen Stücke überhaupt.

    Ich finds schön welchen Verlauf der ganze Tread nimmt. Für mich sind einige Aha-Effekte dabei :)

    Den muss ich mir merken ;-)

    Gruß Bostonsax
     
  12. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    sicherlich ist das Üben klassischer Musik auch für andere Musikbereiche nützlich. Ich habe früher technisch enorm davon profitiert, dass ich viel Bach gespielt habe.

    Allerdings sollte man es auch nicht übertreiben. Einige für andere Musikarten grundlegende wichtige Dinge lernt man eben gar nicht bei klassischer Musik, als da wären:


    - Rhythmik und Groove
    - freier Umgang mit Phrasen und Melodien
    - jazzige oder poppige Phrasierung und Artikulation
    - nicht klassische Tonbildung

    Es ist für mich ein völliger Unterschied ob ich Bach mit Doppelzunge, oder die gleiche Phrase in Swing Phrasierung oder in Rock/Pop manier spiele. Jedes Mal muss ich es ziemlich neu einüben, obwohl die Finger längst wissen, was sie tun sollen.

    Man sollte sich m.E. beim Üben immer schwerpunktmäßig mit der Musik beschäftigen, die man mag und tatsächlich auch spielt, ich sag mal 2/3 der Zeit.

    Den Rest kann man dann ja nach Gusto verbringen.

    Gruß,
    xcielo
     
  13. auge

    auge Ist fast schon zuhause hier

    NUN,

    danke füre eure vielen Kommentare und Gedanken zu diesem Thema.
    "Brauchen" tu ich im Moment nur Rock/Pop. Nichtmal Jazz so richtig. In der Bigband brauche ich natürlich die moderne Phrasierung. Solieren tu ich seltenst daher ist in der BigBand Jazzimprovisation nicht notwendig.
    In der Rock/Pop Band improvisiere ich. Da hier allerdings alles sehr diatonisch ist ist es nicht allzu anspruchsvoll. Wobei ich mir da auch noch einiges erlernen werde müssen.

    Klassik (Vor allem Barockmusik) gefällt mir grundsätzlich und daher spiele ich es einfach gerne beim Üben.
    Aber, und das gebe ich zu, das auschecken klassischer Titel geht (für mich) einfacher als schwierige rhythmische Passagen im modernen Bereich. Sicherlich auch ein Grund warum ich gerne Klassik dudle.

    Das Setup verändere ich ja nicht. Das heisst ich spiele auch die Klassik mit eher offenen Bahnen, wohl wissend, dass das nicht echt "klassisch" klingt. Ausserdem übe ich Klassik sehr gerne am Soprano Und neuedings am Straight Altello). Moderne Sachen spiele ich allerdings meist am Tenor und Alt.

    Ich glaube, auch aufgrund eurer Antworten, dass die Wahrheit (wie so oft) in der Mitte liegt. Klassik üben ist nicht umsonst aber auch das andere will geübt sein.
    Als Konsequenz hab ich jetzt Thorsten Skringers Funksaxschule hier liegen und arbeite mich auch hier vorwärts. Aber zwischendurch freue ich mich auf ein nettes klassisches Sonätchen.

    BTW, mit PhotosScoreUltimate gelingt es mir zu 99% die Klavierstimmen zu scannen und in Midi umzuwandeln und so im ProTools eine schöne Klavierbegleitung zusammenzubringen. Das ist auch nett vor allem da es dann ein leichtes ist, Tempo zu verändern bzw. die Stimmung (Eb, Bb).

    Lg
    Auge
     
  14. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    In meinem täglichen Übeprogramm kommen 15 Minuten "Technik" vor. Da spiele ich je 1 - 2 Seiten aus meinen alten Etüden (Jettl fürs Saxophon, Kröpsch und Konsorten für die Klarinette). Das würde man wohl als "klassische" Sachen bezeichnen. Erstens gefallen mir die Stücke, zweitens sind sie nützlich (Tonleitern / Arpeggien in allen Tonarten, auch grosse Intervalle, kompletter Tonbereich, Fingerfertigkeit, Tonqualität, ...). Ich merke immer wieder, wie Kollegen in Big Band oder SBO aussteigen, wenn mal ein paar schnellere Läufe oder ungewohnte Vorzeichen auftauchen. Dagegen sind die 15 Minuten schon wirkungsvoll.

    Danach kommt im Übeprogramm eine halbe Stunde das jeweilige Repertoire. Wenn keine Auftritte kurzfristig anstehen, spiele ich da mit der Klarinette sehr gern auch "klassische" Stücke, mit dem Sopransax auch gern Barock.

    Wenn ich wenig Zeit zum Üben habe, lasse ich eher das Repertoire weg als die Technik (oder die Longtones und die Tonleitern davor).

    Ich bin allerdings nur ein Hobbyspieler und es macht mir Spass, querbeet verschiedene Stilrichtungen zu spielen. Bei höheren Ansprüchen müsste man sich wohl mehr spezialisieren. Weil man dann aber sowieso viel mehr Übezeit reinstecken müsste, wäre wahrscheinlich selbst dann noch Zeit für die "Basics".
     
  15. scorpio

    scorpio Kann einfach nicht wegbleiben

    Ich spiele auch Klassik zum Einüben. Täglich ca. 15 Minuten - Naja, jetzt nicht mehr, durch meine Arbeit kann ich nicht mehr täglich üben.

    Und dann leg ich los, Jazz bis zum Abwinken. Einige Stücke sind mir noch immer viel viel zu schnell, aber durch vieles Üben, auch das klassischer Stücke werde ich es noch erlernen.

    Mfg. Irina
     
  16. Brille

    Brille Strebt nach Höherem

    Es ist m.E. barer Unsinn, dass man klassisch üben muss, aber Fakt ist, dass es weit weniger "jazzig-poppige" Übestrukturen gibt, die einem Basics auch ein wenig "härter" vermitteln. Und daaaas ist seeehr schade.

    Übrigens: Ich übe auch klassisch mit Bumcke.

    Grüße

    Brille
     
  17. annobert

    annobert Kann einfach nicht wegbleiben

    Branford Marsalis hat gesagt, er spielt besser Saxophon, seitdem er viel Klassik übt.
     
  18. bernd_rossini

    bernd_rossini Ist fast schon zuhause hier

    Ich les grad die John Coltrane Bio von Karl Lippegaus. Da steht drin das er irrwitzig viel (klassische)Etüden in sämtlichen Tonlagen geübt hat. Wen wunderts, bei der Technik.

    Er soll sogar Nachts, um seine Mitmenschen nicht zu stören, ohne reinzublasen geübt haben...
    Wahrscheinlich gar nicht so schlecht, wenn man die Töne im Kopf mitsingt.

    Gruß
    bernd
     
  19. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    Wie's theoretisch richtig wäre, kann ich nicht sagen, nur wie ich es halte:
    Da ich reiner Amateur bin, übe ich auch nur zum Spass :-D
    Ich bin nicht gezwungen, meine Übezeit "effizient" zu nutzen oder so.
    Ich spiele vor allem Zeug, das mir gefällt. Darunter sind eher klassische Etüden, als Jazz Etüden, die krieg ich einfach nicht so gut zum klingen.

    Grüße,

    Wanze
     
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