Klassische Etüde - Sextolen Phrasierung

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 172, 4.August.2010.

  1. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Hallo,
    ich habe eine Frage an die Klassikspezialisten.
    Und zwar versuche ich mich gerade an einer klassische Geigenetüde von Rode. Das ganze Stück ist fast in Sextolen gehalten. In der Regel liegt die Betonung der Sextolen auf der ersten und der vierten Sextole (diese nicht so stark betont). Nun gibt es aber ein paar Passagen (diese habe ich im Bild unten blau gefärbt), bei denen es sich anböte, die Betonung auf Zweiergruppen zu verlegen, also auf eins, drei und fünf.

    Wie würdet ihr die Betonung bei diesen Passagen vornehmen?
     
  2. TenSax

    TenSax Ist fast schon zuhause hier

    Mmmhh, die Betonung der Sextolen ist doch dargestellt.
    1-2 gebunden und der Rest 3-6 kurz.oder?

    Verstehe ich Deine Frage falsch?

    Viele Grüße
    Sven
     
  3. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    ich bin zwar kein Klassik Spezialist, aber habe auch lange genug klassisches gespielt, und auch mal Geige, und trau mich daher mal zu einer Antwort.

    Ich würde es durchgehend triolisch spielen, aber sehr pingelig auf Binden und Stoßen achten. Das ist eine typische Etüde, bei der der Geigenbogen über die Saite tanzt (Springbogen) und das muss man mit der Zunge irgendwie simulieren.

    Eine Möglichkeit wäre da z.B. die nicht angebundene dritte Note durch das k der Doppelzunge zu akzentuieren, also ta-ha-ke-te-ke-te.

    Der Geiger würde vermutlich die ersten drei Noten auf einen Strich spielen, die restlichen 3 dann jeweils die Richtung wechseln, was dem genannten entspräche.

    Dass es durchgehend triolisch gemeint ist, ergibt sich m.E. auch aus dem zweiten Takt in der dritten Zeile, bei dem die angebundene 4. Note durch fz betont wird.

    Gruß,
    xcielo
     
  4. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    @Tensax
    Wo gebunden und gestoßen wird ist schon klar.
    Mir geht es um die Betonung.
    Man kann ja die Sechsergruppen unterschiedlich aufteilen:

    123 - 456 od.
    12-34-56

    wenn du jetzt verstehst was ich meine? ;-)

    @xcielo
    Warum erklärt dieser Takt, dass es durchgehend triolisch gespielt werden soll? Bei den blau markierten Stellen würde von der Gruppierung und den Intervallen das andere auch Sinn machen.
     
  5. clari_sax

    clari_sax Ist fast schon zuhause hier

    Moin, Matthias,

    ich glaube, hier liegt ein grundsätzliches Missverständnis vor, da du vermutlich ansonsten eher in Swing-Phrasierung denkst!

    Sextolen werden nämlich der reinen Lehre nach eben NICHT in 123-456 bzw. 12-34-56 oder was auch immer aufgeteilt, das ist sogar falsch. Ersteres würde man als zwei 16-Triolen auf 2 Achtelschlägen, letzteres als 3x zwei 16-Noten mit einem Triolenbogen darüber notieren.

    Grundsätzlich sind Sextolen zunächst einmal völlig gleichmäßig auf die zugrundeliegende ganze, halbe, viertel usw. Zählzeit zu verteilen. Das ist allerdings unter technischen Aspekten auf einem Piano vielleicht noch meistens, einem Saxophon aber garantiert nicht immer zu realisieren, was aber am Prinzip nichts ändert.

    Ich würde die gezeigten Phrasen zunächst mit einer ganz leichten Betonung auf dem ersten Ton üben, den Rest aber - und das geht hier ganz gut - wirklich ohne Betonung, also in etwa DA-la-da-da-da-da. Wichtig dabei ist, dass das zunächst ganz langsam gespielt wird!!!! Nur weil das Ganze in 16 notiert ist, heisst das eben nicht, dass es schnell gespielt werden soll.

    Sobald das dannn sitzt versuch', die Betonung auf dem ersten Ton soweit zu reduzieren, bis sie nur noch eine Andeutung ist.

    Bei allem natürlich immer das Metronom mitlaufen lassen. Gerade solche Stellen kann man nicht mit Gewalt in sich hinein prügeln. Hie rbringt die regelmäßige tägliche Wiederholung viel mehr.

    LG - Chris
     
  6. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Ich hab noch mal den Anfang eingescannt. Vielleicht sind es ja keine Sextolen, sondern Triolen auf die Achtel?
     
  7. rbur

    rbur Mod

    jo, das sieht dann so aus, als müsste man die Dreiergruppen betonen
     
  8. clari_sax

    clari_sax Ist fast schon zuhause hier

    Ja, das ist definitiv so.

    Notentexte mit sich über mehrere Takte wiederholender Phrasierung enthalten die entsprechende Information oft nur am Anfang, bei den Wiederholungen wird das dann oft auch weggelassen, da selbstverständlich. Da hier im Eingangspost von Sextolen die Rede war, habe ich das natürlich als gegeben vorausgesetzt.

    LG - Chris
     
  9. onomatopoet

    onomatopoet Ist fast schon zuhause hier

    Sorry, das kann man leider so nicht verallgemeinern; die Betonung läuft hier nicht nach einem starren Muster, sondern ist der Artikulation und der Melodieführung anzupassen; also z.B.in der ersten blau unterlegten Passage vom ersten Scan tatsächlich 12 34 56, im Takt 5 vom 2. Scan (die Akkordbrechung am Ende der Zeile) eher 12 3456.

    Gerade diese Etüden sollen ja neben dem Training der Artikulation und Technik das Stilverständnis schulen und auch musikalisch ansprechend rüberkommen.

    Viel Spaß weiterhin damit!
     
  10. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Ich war mir über die genaue Bezeichnung nicht schlüssig. Schließlich sind es ja sechs Noten auf eine Viertel im Viervierteltakt ;-)

    Die Ursprungsfrage ist aber immer noch, ob in den blau gekennzeichneten Passagen die Betonung zu ändern ist?
     
  11. saxology

    saxology Ist fast schon zuhause hier

    Trotzdem hat Matthias recht: Die blau eingefärbten Stellen bringen eine gewollte rhythmische Verunsicherung, da ihre 2+2+2 Sechzehntel-Struktur die ständigen Doppeltriolen gegen den Strich bürstet (=>Hemiole).
    Die Frage ist, ob man das auch noch durch Betonung verstärken soll. Ich meine, eher nein, wahrscheinlich wirken diese Passagen am besten leggiero ohne großartige Betonungen.

    Gruß
    Joachim
     
  12. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Wenn das am Anfang jeweils Triolen waren und sonst keine Änderung notiert wurde, dann sind es jetzt immer noch Triolen, nur eben schwerer zu betonen:

    Da-ha-tat Tat-tat-tat

    mit zwei gebundenen und 4 gestoßenen.

    Damit das in Zweierguppen betont werden kann. müsste ein Taktwechsel von 4/4 auf 6/8 notiert sein, dann sind das nämlich gerade sechzehntel. Wenn es immer noch 4/4 sind, dann zwangsläufig triolisch. Sextolen müssen wieder extra angeschrieben werden.
     
  13. TenSax

    TenSax Ist fast schon zuhause hier

    Hab's gerafft Matthias.

    Mal entgegen jeglicher dargestellter Theorie würde ich den Anfang triolisch Spiel, steht ja auch da!

    Bei den markierten Stellen tendiere ich eher dazu die 3. zu betonen.

    Schwierig wenn man das Stück nicht kennt...

    VieleGrüße
    Sven
     
  14. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    spätestens nach Sicht des Anfangs ist es m.E. klar, dass wie ich schon schrieb alles triolisch, also betont auf 1 und 4 gespielt werden soll, jedenfalls hat der Komponist es sich so gedacht.

    Nun ist es ja aber eine Etüde, und da kann man wiederum technischen Honig raus saugen, wo immer man will, also auch eine rhythmische Verschiebung, die das Ganze ja noch schwerer macht dazu nehmen.

    Grundsätzlich muss man ja bedenken, dass es vor allem als Übung für den Geiger gedacht ist, denn für den sind Triolen und das mit wechselnder Phrasierung bogentechnisch immer eine besondere Herausforderung.

    Gruß,
    xcielo
     
  15. Toffi

    Toffi Strebt nach Höherem

    Guten Abend,

    das einzige, was ich definitiv sagen würde, ist: das wenigste ist definitiv.
    Zur Ausgangsfrage meine Anmerkungen als etüdenerprobter Klassiker:
    Wir haben hier einen 4/4-Takt, in diesem in Sechsergruppen gebündelte Sechzehntel, was zunächst tatsächlich schlicht auf Sextolen schließen lässt.
    Der gemeine musikausübende Mensch hat nun die Angewohnheit, musikalische Phrasen in 2er oder 3er Gruppen einzuteilen, im Kirchenmusikstudium haben wir dereinst unseren alten Gregorianikprofessor dafür belächelt, dass er daraus ein regelrechtes Kochrezept sogar für die reinste und ausschließlich textgebundene Musik der gregorianischen Choräle bastelte, aber nach längeren Jahren der Praxis wurde mir mehr und mehr klar, dass er durchaus Wahres sprach - ob Quintole oder Sextole (ab Septole aufwärts erst recht), nehmen wir denn nicht alle eine Unterteilung vor? Bei Klavierwerken Chopins geht es auch anders, zumal wenn die rechte Hand eine Quintole über eine Zweierbewegung der linken Hand spielen muss, da sollte die Fünfergruppe eine Fünfergruppe sein, sonst lebt das Stück nicht.

    Aber im vorliegenden Beispiel hat onomatopoet schon wesentliches gesagt: Verallgemeinern gilt nicht.
    Beim Ansehen der Noten sagt mir mein Blattspiel-Einteilungs-Zentrum im Gehirn: Sextolen, aber ständig unterschiedlich phrasiert, achte auf Bögen und Punkte, nimm jede weitere Unterteilung nach den Artikulationsvorschriften des Herausgebers vor. Dementsprechend würde ich hier je nach Artikulationsangaben 2er oder 3er Gruppen in der großen 6er Gruppe spielen. Besonders spannend finde ich die angebundenen ersten Noten der Sextolen, da wird es ja nochmal anders :).

    Fazit für die "blauen" Noten: ich würde sie in 2er Gruppen unterteilen, aber bei diesen wie bei allen anderen Gruppen Wert auf den großen Gesamtbogen legen, der durch den 4/4-Takt zugrundegelegt ist.

    So oder so: Viel Freude beim Spielen

    Christoph
     
  16. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Vielen Dank für die vielen Antworten.
    Ist ja auch toll, wie viel Spielraum für die Interpretation gegeben ist. Da könnte ja fast ein Gelehrtenstreit draus erwachsen ;-)

    Ich werde mal mit verschiedenen Variationen experimentieren und meinen Geschmack entscheiden lassen.

    Das gilt vielleicht für den gemeinen musikausübenden Europäer :)
    Bei Piazzolla (s.u.) machen mir die Quintolen richtig Spaß.
     
  17. Toffi

    Toffi Strebt nach Höherem

    Bei Chopin (Europäer) ja doch auch ;-)
     
  18. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Dann war Chopin eben so ein ungemeiner Europäer wie Bartok und Debussy :-D
     
  19. GelöschtesMitglied3606

    GelöschtesMitglied3606 Guest

    Rein gefühlsmäßig würde mein klassisches Herz dies weiterhin sextolisch, oder auch triolisch spielen da auf einmal in eine andere Phrasierung zu springen kommt mir ein bisschen Spanisch vor. Ich fänds einfach in dem Zusammenhang unpassend, da zu grade.
     
  20. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    @Matthias:
    Wenn ich versuche, den musikalischen Sinn aus der Passage oben heraus zu suchen, dann komme ich auf folgende persönliche Erkenntnis: Durch die Betonung der jeweils 1. und 4. Note einer Sextolen-Gruppe entsteht ein ternärer Groove. Dieser wird in den markierten Takte durch die Zweiergruppen gebrochen und erzeugt einen *Huch*-Effekt. Einen weiteren *Huch*-Effekt entsteht auch im Takt mit den sfz: Da beginnen zwei Dreierfiguren auf den zweiten Sechzehntel, ebenso die letzte aufsteigende Fünferfigur. Cool - ich liebe so Zeugs. Bin übrigens dran, eine Bach-Fuge umzukrempeln: Die Sechzehntel werden zu Triolen, denen ein 12/8 Groove unterliegt (z.B. Reggae ;-)). Auf diese Art wird die ganze Fuge zu einem *Huch*-Effekt, jedoch nicht ganz einfach zu spielen. Ich werde das Teil dann mal hier reinstellen.
    Ob man diese Passage als Triolen über Achtel oder Sextolen über Viertel betrachtet, ist eigentlich egal. Das musikalische hörbare Produkt ist entscheidend. Wahrscheinlich schrieb der Notist die Etüde in Sextolen, weil viele musikalische Formen / Linien in Sechsergruppen vorkommen.
     
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