Kontrapunkt und Monochord, einige Ansätze zur Improvisationslehre

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von catflosse, 5.April.2022.

  1. catflosse

    catflosse Kann einfach nicht wegbleiben

    Vielen Dank für Eure interessanten Beiträge. Ich bin momentan viel unterwegs. Hier mal das, was Eurer Input mit mir macht. Das Spielen mit der Drohne wirkt inzwischen wie ein Tor in eine andere Welt. Auf die Nadel eines Stimmgerätes zu schauen, ist nur wichtig und richtig, wenn man temperierte Stimmung lernen will. Nachdem ich Hayden Chisholm gehört habe, lasse ich das sein. Ich habe ein noch stärkeres Blatt gewählt und spiele zur Bildung des Tones mit Drohnen. Selbst wenn ich ein Stück in einfacher Tonart (aus leitereigenen Tönen, oder Sarabanden von Bach) spiele, lasse ich die Drohne im Grundton dazu laufen. Wenn ich Gänsehaut kriege, ist es richtig. Warum soll man auf den Zeiger schauen, das Ohr ist viel genauer und empfindlicher als das Auge. Am besten das Stück auswendig lernen und im stockdunklen spielen! Natürlich habe ich keine Lust, nur noch Kitsch zu blasen. Darum finde ich es gut, dass Hayden mit der Obertonreihe so hoch geht. Auch kleine Sekunden und Tritonüsse (nussis, ...ni) kann man harmonisch erspüren. Mit dem Zeiger kriege ich das nicht in. Durch das Drohnenspiel entwickelt sich ein tonales Vorstellungsvermögen. Das geht relativ rasch los. Übrigens ist das auch eine Forderung Sigurd Raschers in den Top Tones.
     
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  2. ppue

    ppue Experte

    Die Drohnen brauchen die Ukrainer gerade. Wir verwenden friedlichere Dronen. Sorry für die Besserwisserei, hehe.
    Wo ich gerade dabei bin: Vom Tritonus gibt es keinen Plural. Man kann ja Teufelsintervalle sagen (-;
     
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  3. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Tritoni
    ;)
     
    Zuletzt bearbeitet: 26.April.2022
  4. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Akzeptiere ich nicht. Ich sag Tritonusse (ich sag ja auch Chorusse, obwohl -russe zu sagen im Moment auch nicht so ganz koscher ist) ;)


    Und wenn dann so ein richtiger Altsprachler daherkommt und erzählt, Tritonus wäre u-Deklination? Na? :D
     
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  5. ehopper1

    ehopper1 Strebt nach Höherem

    Die gibt es doch von Barilla, oder von Buitoni?

    :D
    Mike
     
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  6. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Leider, bei mir gibts da nur gefährliches Halbwissen und Asterixlatein. :(

    Dass mit den "Tritoni" stimmt allerdings, in der Fachliteratur trifft man diese wirklich an (ich hab da wie auf wikipedia empfohlen die google booksearch angeworfen), umgangssprachlich verwende ich aber auch die wunderschönen Tritonüsse,
     
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  7. ppue

    ppue Experte

    Frechheit.
     
  8. catflosse

    catflosse Kann einfach nicht wegbleiben

    In einem anderen Thread zu Techniken beim Sax hat mich @Silver auf den Kanal von Jazz Duets hingewiesen. https://www.youtube.com/c/JazzDuets/playlists
    Absolut schön und passt hierher, weil der Protagonist des Portals Improvisations-Schemata über Triad Pairs entwickelt. Genau dieser Ansatz zu Arpeggios als Grundlage für Improv hat mir noch gefehlt. Hier mal eine Einführung dazu.



    Ich werde das empfohlene Thesaurus of Triad Pairs herunterladen und ausprobieren.
    https://jazzduets.com/pages/thesaurus-compendium
    Dann poste ich meine Erfahrungen damit an dieser Stelle.
     
  9. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Ich hatte das Konzept weiter oben in #49 schon angesprochen. Außerdem hatten wir vor etwas mehr als vierJahren hier einen Thread über Triad Pairs, der dich vielleicht weiterbringt.
     
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  10. catflosse

    catflosse Kann einfach nicht wegbleiben

    @gaga vielen Dank

    Ich habe nun den Triad Pair Thesaurus Kurs. Es ist eine Menge Zeugs für das Geld und mir gefällt es richtig gut. Es wird wohl ein halbes Leben dauern, alle Varianten zu lernen. Man erhält Noten zu den Arpeggio-Varianten aller möglichen (buchstäblich) Dreiklänge über alle 12 Tonarten. Dazu gibt es eine Vielzahl von Dronen, aber keine einzelnen Töne, sondern die volle Harmonie der jeweiligen Tonart als glatten Dauerton und mit einer Vielzahl von wirklich inspirierenden Rhythmen unterlegt. Dazu spielt man dann die jeweiligen Triad Pairs. Weil es unmöglich ist, alle zu üben, wähle ich die Tonart und die Dreiklänge, welche gerade zu dem Repertoire passen, dass ich derzeit spiele. Es hilft der Tonbildung und dem Harmonieverständnis, weil man mit Dronen spielen kann (siehe oben) und es übt die Finger. Ausserdem macht es richtig Spaß und geht sofort ins Repertoire ein. Wenn man die Dinger durchspielt, dann merkt man, wie viel und oft dieses Verfahren eigentlich genutzt wird. (Golden Brown von den Stranglers, Eric Satie, Coltrane und viele andere Riffs klingen plötzlich an.) Unterm Strich irrsinnig viel Material, wunderbar sortiert und eine geniale Übungsvorlage. Man muss die Dronen natürlich der Stimmung des Instrumentes entsprechend zuordnen und die Noten bis zur Schmerzgrenze oktavieren, um den ganzen Umfang des Sax zu spielen. Unterm Strich eine klare Kaufempfehlung. Ich verwende es zusammen mit MobileSheets. Das zeigt die Noten und loopt die Dronen.
     
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  11. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Als ich vor einiger Zeit diesen Thread gelesen hatte, dachte ich mir, dass das an was ich gerade arbeitete, irgendwie ganz gut zu dem Thema passte. Auch der Tritonus wird behandelt, wenn auch nicht so emotionsgeladen wie in den Videos. Ich habe mich damit auseinandergesetzt, wie wir Menschen Musik wahrnehmen, und das wuchs über Jahre hinweg. Dabei unterhielt ich mich mit zahlreichen Mathematikern, Neurowissenschaftlern und Musikern und versuchte, das ganze mathematisch zu modellieren. Danke in diesem Zusammenhang auch an @Juju und Dave, mit denen ich die Sachen diskutieren durfte und die mir ihre Perspektive erläuterten. Den Preprint könnt Ihr unter https://arxiv.org/abs/2207.11035 als PDF-Datei herunterladen. Wenn jemand mir Feedback geben oder etwas mit mir diskutieren möchte, immer gerne...
     
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  12. bthebob

    bthebob Ist fast schon zuhause hier

    @bhimpel
    Ach schade .... ich wollt' mir deine Arbeit mal durchlesen.
    Aber dafür reicht mein "verstaubtes Schulenglisch" nicht aus.:(
    Gibt's auch eine deutsche Version ?

    Das Thema interessiert mich !

    Und wie's der Zufall so will.
    Vor zwei Tagen hatte ich meiner Enkelin (vier Monate alt)
    auf einem Monochord was "vorgespielt".

    Ein "improvisiertes" Monochord .... ist nur eine umgestimmte Kinder-Zither.
    Aber Isabella hat auf die Töne freudig reagiert.:)

    VG
     
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  13. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Leider gibt es keine deutsche Version. Man kann sich PDF-Dateien mit Google-translate übersetzen lassen. Obwohl die Übersetzung des Textes gar nicht schlecht ist, werden Formeln etc. verunstaltet.
     
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  14. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Ich gebe heute einen Vortrag zu meinem Preprint bei der Jahrestagung der Deutschen Mathematikervereinigung. Wenn jemand Lust hat, virtuell dran teilzunehmen, einfach eine kurze Nachricht an mich. Dann schicke ich Euch den Zoom-Link. Der Vortrag ist auf Englisch.
     
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  15. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Mein Englisch würde ja vielleicht ausreichen, aber die Terminologie der Mathematik ... Da wäre ich schon auf Deutsch wahrscheinlich schnell raus. ;) Aber hochinteressant. Wie bist Du dazu gekommen, Dich damit zu beschäftigen?
     
  16. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Nun ja, ich habe Mathematik studiert und fand es immer etwas schade, dass ich die zwei Gebiete nicht auf natürliche Art und Weise verbinden kann. Mit gewissen Fragen in der Musik kamen dann Antworten und offene Probleme, mit denen ich mich seit einiger Zeit auseinandersetze. Der ersten Hälfte des Vortrags lässt sich als Musiker leicht folgen.
     
  17. Saxoryx

    Saxoryx Strebt nach Höherem

    Ich habe das PDF gelesen, und das ist wirklich hochinteressant (soweit ich es verstehe). Leider sind meine mathematischen Grundlagen nicht so gut entwickelt worden auf dem Gymnasium. Da waren Mathematik und Naturwissenschaften Stiefkinder, dafür kann ich Griechisch und Latein und kenne mich sehr gut in Literatur und Philosophie aus. ;) Aber Mathematik und Musik haben so viel gemeinsam, dass ich manchmal wirklich wünschte, ich wäre auf einem naturwissenschaftlichen Gymnasium gewesen (oder alternativ auf einem Musikgymnasium).
     
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  18. bthebob

    bthebob Ist fast schon zuhause hier

    @Saxoryx
    An dieser Stelle im Text bring' ich immer wieder gern
    das Zitat von Leibniz:

    "Die Musik ist eine verborgene arithmetische Übung der Seele, die nicht weiß,
    dass sie mit Zahlen umgeht"

    Tipp für's Üben, Improvisieren und an "Zahlen denken" ....

    Quintenzirkel ... auswendig lernen.
    Die einzelnen Töne, rechtsrum.

    Die gute alte Zeiger-Uhr vor's geistige Auge holen.

    Da steht auf "12 Uhr" -C- .... auf "13 Uhr" steht -G-

    Das Prinzip ist:

    Der Ton -G- ist der Quint-Ton, (der -fünfte-Ton)
    der auf -12 Uhr- stehenden -C- Dur Tonleiter.

    Stimmt übrigens auch für die -C- Moll TL's.

    Und nach diesem Muster geht's einmal rund um den Zirkel:)

    Das für alle -Zirkeltöne- und übers gesamte Register lernen.
    Auswendig praktizierend mit Hilfe "Kopf / Finger / Klang

    Dann ist im Sinne vom alten Leibniz viel gewonnen.

    Ein Hoch auf ....
    den Quint-Ton, ..... die Quintessenz .... das "Fünfte Seiende"

    VG
     
  19. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Hier ein sehr interessantes Video zum Thema Improvisation und Kontrapunkt:

    Leider nur auf Englisch. Den Kanal kann ich überhaupt empfehlen.

    Grüße
    Z
     
  20. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Sehr schön! Das gilt meines Erachtens für viele motorische Tätigkeiten und Fähigkeiten. Ich vermute, dass es den Menschen auch 2000 Jahre vor Newton möglich war mit etwas Übung einen Stein von einem Baum in eine entfernte Pfütze zu werfen, obwohl selbst die Gelehrten bis ins 17. Jahrhundert wilde Vorstellungen davon hatten, wie Körper fallen und wie sie sich vorwärts bewegen.

    Wir können völlig unbewusst und ohne Kenntnis der physikalischen Regel die Bahn von fliegenden Objekten vorhersagen. Guter Rechner irgendwo da drin. Wahrscheinlich war das nützlich für die Jagd und ein Selektionsvorteil. Das mit der Musik ist ähnlich. Hier war es entweder ein Nebeneffekt, oder vielleicht auch nützlich für die Fortpflanzung und deshalb Selektionsvorteil…
     
    Zuletzt bearbeitet: 5.Oktober.2022
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