"learn your licks" - Meinungs- und Gedankenaustausch

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von JazzPlayer, 30.August.2016.

  1. saxhornet

    saxhornet Experte

    Und das kannst Du beurteilen?
    Seit wie vielen Jahren unterrichtes Du Jazz und musst Dir Gedanken machen wie Leute (darunter auch dauernd Anfänger) Improvisation und Solospielen lernen?
    Harte Worte von Dir und nicht angemessen!
     
  2. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Ich sprach von Improvisieren, und nicht von Improvisieren üben.
    Und von der Vorstellung, sich direkt mit Licks auf ein Solo vorzubereiten.
     
  3. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Florian, jetzt fühl Dich doch nicht gleich in Deiner Lehrer-Ehre angegriffen.

    Ich unterrichte überhaupt keinen Jazz (werde es auch nie), sondern sehe das Ganze eher von der anderen Perspektive. Wenn Dir das zu unqualifiziert ist, muss ich wohl damit leben.
     
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  4. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Licks können helfen, Wege zu finden, wie durch eine verwinkelte Altstadt. Man lernt ein paar Routen, kennt man die gut, kann man Teile daraus kombinieren. Je besser man die festen Routen kennt, umso kreativer kann man die kombinieren, und es entsteht im besten Fall ein flüssiges Nutzen verschiedenster Möglichkeiten, idealerweise immer wieder mit überraschenden Wendungen.
    Das schliesst ja nicht aus, an bestimmten Stellen feste Wege zu bevorzugen. Kommt man aber mehrfach an die gleiche Stelle, ist es meist doch lustiger, mal wieder einen anderen Weg zu gehen, sonst langweilt man sich ev.
    Patterns und Licks helfen, musikalische Strukturen zu verstehen, Akkorden, Intervalle etc etc, vor allen dann, wenn man sie transponiert. Kennt man dann die "Altstadt" einigermassen, kann man sich nach Belieben in ihr bewegen, und braucht die festgelegten Routen weniger. Was ja nicht ausschliesst, das man bestimmte Routen sehr liebt und sie öfters geht.
    -
    Ich selber spiele lieber mehrere Patterns pro Tag in jeweils einer Tonart, als weniger Patterns in vielen Tonarten. In der nächsten Übungssitzung dann in veränderter Tonart. Ein Pattern in vielen bis allen Tonarten finde ich etwas konditionierend - begrenzend auf eben das wenige Material des einen Patterns.
    Ausserdem mag ich lieber lange Patterns, das minimiert die Gefahr des wörtlichen Zitierens, das mag ich für mein Spiel nur in Ausnahmefällen.


    http://www.swing-jazz-berlin.de/
     
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  5. Claus

    Claus Mod Emeritus

    @Werner

    Mit der Beschreibung kann ich prima leben.
     
  6. saxhornet

    saxhornet Experte

    Wir geben hier Tipps und Hinweise und wir denken uns was dabei. Du kannst sicher sein, daß Leute wie wir uns dauernd Gedanken machen, wie Anfänger etwas besser und leichter lernen und was Ihnen hilft und was nicht. Insofern finde ich deinen Kommentar daneben.
     
  7. antonio

    antonio Gehört zum Inventar

    Widerspruch euer Ehren - ich brauche eigentlich bei Gesprächen wenig bis keine "vorgefertigte Wendungen", sondern kreiere meine Sätze (hoffentlich) mehr oder weniger laufend neu. Somit brauche ich eigentlich keine Licks. Es sei denn, es handle sich um normiertes Rede-Antwort-Verhalten, SmallTalk etc. Aber wer sucht das schon :)

    antonio
     
  8. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Weil es gerade zum Thema passt, poste ich das noch mal hier, wie ich mich mit dem Banana-Lick/ Cry-Me-a-River -Lick im Rahmen des aktuellen TOTM befasst habe: Bereits im Theorie-Thread habe ich angemerkt, dass meine konkrete Übung darin bestand, das Lick an möglichst vielen Stellen anzubringen und natürlich in der passenden Tonart. Habe im darauffolgenden Chorus dann zum "Improvisationsmodus" gewechselt, und da wollte sich das Lick dann nicht blicken lassen. Dafür aber andere Licks, an die ich eigentlich gar nicht gedacht hatte. Aber ohne Input kann man generell keinen Output erwarten, und je mehr man in seinem Improvisationswortschatz hat, desto variationsreicher kann man seine Geschichte erzählen.
    Meine persönliche Erfahrung ist, dass es mir wenig bringt, ein Lick nur isoliert zu üben, ohne es dann auch konkret auf Stücke zu beziehen.
    Ich finde auch, dass es gar nicht so deutliche Grenzen gibt, ab wann man von einem "Lick" sprechen sollte oder einfach von skalen- /akkordbasiertem Material: Ich erarbeite mir z.B. einen Melodiebogen über eine Akkordverbindung, der aus einem Arpeggio aufwärts und Teilen der Bebop-Skala abwärts besteht: Ooops, ein Lick!!
    Mir ist der Kontext enorm wichtig. Von daher habe ich wesentlich mehr davon, mir Licks/Melodiebögen/Patterns/you-name-it aus Transkriptionen herauszuziehen, die dann systematisch, also durch die Keys zu üben, und dann wiederum gezielt bei Stücken einzusetzen. Dann hoffe ich darauf, dass sie allmählich in mein Repertoire hinüberdiffundieren und später in Improvisationen erscheinen, ohne dass ich darüber nachdenken muss.
    Ich habe auch eine Art Lick Diary, wo ich aufschreibe, womit ich mich beschäftigt habe und wo es herstammt. Das ist eine Mischung aus transkribiertem Material und eigenen Kreationen.
    Problematisch wird es glaube ich auch, wenn man als "Quick fix" meint, man könne sich die Lick-Sammlung von irgendeinem Jazz-Pädagogen ohne weitere Eigenleistung und ohne Kontext draufziehen, und denkt, man kann dann improvisieren. Ohne sich die Mühe gemacht zu haben, sich selbst was rauszuhören und besonders auch sich den "musikalischen Stammbaum" zu erarbeiten (also jemand findet z.B. Joshua Redman oder Eric Alexander gut. Von welchen Spielern wurden die beeinflusst? Und von wem wurden deren Vorbilder wiederum beeinflusst? und so weiter). Das scheint auch ein Problem zu sein bei einem Teil der heranwachsenden Generation von Spielern, dass sie die "Lineage" verloren haben. Da gibt es tatsächlich inzwischen Leute, die fangen an der Royal Academy (oder sonstwo) mit Jazz-Piano an und haben noch nie von Bud Powell oder Bill Evans gehört.
    Die Licks/Arpeggios/Skalen sind die Grundlage, die es uns ermöglichen, eine hoffentlich interessante Geschichte zu erzählen. Bei Leuten, die sich das Zeug einfach nur draufschaffen, ohne tiefer in die Materie einzusteigen und sie im Kontext zu verstehen, empfinde ich das dann oft nur als sinnentleerten Kauderwelsch. Wie jemand, der super toll eine Vokabel nach der anderen oder sogar ganze Sätze in einer fremden Sprache rezitieren kann - aber ohne jegliches Sprachgefühl und ohne mir wirklich eine Geschichte zu erzählen und ohne selbst zu verstehen, was er gerade sagt.

    LG Juju
     
  9. saxology

    saxology Ist fast schon zuhause hier

    Faszinierend, aber da fehlt noch ein Stück (vom Glück):

    Gruß
    Joachim
     
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  10. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Bei Joshua Redman fand ich es bei einem Konzert (mit Brad Mehldau) wunderbar, zu hören und auch zu sehen wie er spielt, mal anscheinend mit der eigenen Linie eher unzufrieden ist oder aber nach einer gelungen Phrase im Solo sich total zu freuen, ein freudiger Blick und eine kurze Bewegung, die wohl sagen soll, ja genau, prima, jetzt hat eben super geklungen.
    Jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass er hier die Improvisation laufen lässt und auch Risiken eingeht (das letztere finde ich ganz wichtig, schön dass es ein Meister wie Joshua Redman wagt).
     
  11. KUS

    KUS Ist fast schon zuhause hier

    Dieses Bild gefällt mir sehr gut.

    Wenn ich meine Improvisationsversuche betrachte, hört sich das auch nach Gebrabbel - i.d.R. der unpassenden Art - an. Die Verwendung von Licks mit dem Hinweis

    zu geißeln, teile ich nicht. Licks sind zwar nicht zielführend; also im unmittelbaren Sinne, zumindest bei mir, aber haben mir doch ermöglicht, mich mit Klangabfolgen auseinander zu setzen. Neue Ideen sind entstanden. Man fühlt sich etwas sicherer; hört sich aber nach wie vor unterirdisch an, jetzt aber strukturierter. Man ist halt auf dem Weg vom musikalischen Kleinkind in Richtung Kindergarten ;-)

    Wenn ich so einen Vergleich

    lese, empfinde ich Unverständnis. Denn um Tom Scotts Vergleich weiter zu bemühen: einem vielleicht sechs- oder siebenjähriges Kind, dass eine Maggi-Suppe gekocht hat, zu sagen, das war Käse, was Du gemacht hast ... kann jeder selbst seine Schlüsse raus ziehen.

    Nichts für Ungut ;-)

    LG Kai
     
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  12. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Oh.....ich finde genau das sollte man machen! Damit das Kind nicht mit 25 immer noch Tütensuppen kocht!

    ("Toll, daß Du eine Suppe gekocht hast. Die ist auch lecker, aber morgen kochen wir gmeinsam eine Suppe, die ist noch viel leckerer und das Kochen macht dazu noch richtig Spaß!")

    CzG

    Dreas
     
  13. KUS

    KUS Ist fast schon zuhause hier

    Klar, Vattern weiß wieder alles besser, würde mein Sohn sagen ;-) Kai
     
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  14. Taiga

    Taiga Ist fast schon zuhause hier

    Ich will mich hier in die Diskussion nicht einmischen und stelle nur mal - ganz allgemein - "in den Raum":
    Man muss sich auch verstehen wollen.
    :)
     
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  15. ppue

    ppue Experte

    @Juju hat es schon ganz gut beschrieben. Am Besten gefiel mir das "diffundieren". Dabei geht es gar nicht um ganze Licks, sondern einfach um melodiöse Möglichkeiten, die man schon im inneren Ohr hat, auf die man zurückgreifen kann oder auch kreativ damit umgehen kann.

    Die ganze Tonleiter ist nichts anderes als ein Lick. Deshalb muss ich sie aber nicht die ganze Zeit rauf und runter spielen. Die Möglichkeit muss ich aber haben. Auch, sie in Stufen, Terzen oder wie auch immer benutzen zu können.

    Das Argument, dass man eine Tonleiter nicht lernen sollte, weil das unkreativ sei, findet wohl jeder Quatsch. Warum dann ein eigener oder auch fremder Lick, der einem gefällt, unkreativ sein soll, leuchtet mir nicht ein. Da ist doch schon viel mehr Kreation drin als in der Leiter. Und wenn man dann noch mit ihnen spielt, findet man peu a peu seine eigene Sprache.
     
  16. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Also ich bin kein Freund von Licks, weil ich mich mit dem auswendig Lernen schwer tue....und weil ich Lick Nachspielen für MICH keine Impro ist....ABER....Licks wären für mich wie Zitate, Bonmots, die man in eine freie Rede einstreut (das ist auch Improvisation)...

    CzG

    Dreas
     
  17. annette2412

    annette2412 Moderatorin

    und wenn du selber welche "erfindest"?

    liebe grüße
    annette
     
  18. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Das tue ich ja....bei den Stücken, über die ich regelmäßig improvisiere, habe ich Licks gefunden, die ich immer wieder nutze. Insofern sind diese Impros auch häufig ähnlich, es sei denn ich versuche ganz gezielt einen neuen Ansatz.

    CzG

    Dreas
     
  19. Bernd

    Bernd Gehört zum Inventar

    Ich weiß nicht, ob man bei einem Anfänger schon von "eigenem Stil" sprechen kann.
    Aber ich bin auch relativ gefangen in den wenigen Möglichkeiten, die ich als Improvisationslegastheniker habe.

    Wenn ich ein Stück zum 10. Mal spiele, ähneln sich große Teile der Impro sehr. Leider.

    Eine Aussage von Thorsten Skringer, die er während eines Abendworkshops getroffen hat, ist mir im Gedächtnis geblieben:

    Jeder Profi kennt hunderte Licks, die er in allen Tonarten spontan abrufen kann.
    Kein Profi improvisiert ohne diese Licks. Sie bilden die Basis, auf der sich ggf. eine freie Improvisation aufbauen kann.

    LG Bernd
     
  20. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Nochmal, weil es mir wichtig ist, dass meine Meinung dazu klar rauskommt. Ich habe die Erfahrung, die @saxhornet mit seinen Schülern gemacht hat, mit mir selbst gemacht, insoferne spreche ich für mich. Meine Schüler sind mit anderen Dingen beschäftigt.

    Licks üben, um den Horizont zu erweitern - sinnvoll (allerdings, wie @ppue richtig gesagt hat, da braucht es kein Fishman-Heft, schon die erste Klosé-Etüde von den täglichen Übungen mit den Durchgangstönen bietet reichlich Material, ich habe die erste Etüde auch in allen Modes und Tonarten, mein EWI-Lehrer hat das mal ausgeschrieben)
    Licks üben und erwarten, sie 1:1 in einer "Improvisation" zu verwenden - sinnlos. Besser die ganze Sprache mit Vokabeln und Grammatik lernen.

    So, habe fertig.
     
    antonio, Bereckis, KUS und 2 anderen gefällt das.
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