In den letzten Wochen haben einige geschrieben, dass sie sich Sorgen machen, wenn sie ein paar Tage oder Wochen pausieren müssen. Ich war gerade in der Lage und komme jetzt nach 10 Tage wieder aus meinem Probenkeller (ich meine, ich war seit 10 Tagen... ach ihr versteht schon). Ich war bis vor den Sommerferien ein Vielspieler (2-3 Stunden, 5-6mal die Woche). Aber das konnte ich jetzt nicht mehr durchhalten. Zu viel Arbeit im Beruf, zu müde. Und außerdem bietet das Leben für den nicht so Unglücklichen ja noch ein paar andere Reize, die man nicht ewig vernachlässigen kann. Dann habe ich angefangen, mich wieder aufzunehmen und war - im Gegensatz zu früher - sehr unzufrieden mit meinem Spiel. Dann die Pause. Und siehe da: Der Ansatz und der Ton (auf Sopran und Alt heute) waren okay, haben nicht gelitten. Ich hatte viel den One note samba geübt, mit der wahrscheinlich einigen bekannten Passage mit den ganz vielen Noten. Und diese Passage klappte sofort relativ gut. Ich hätte erwartet, dass ich mich dauernd verspiele. Die Finger waren auch ein bisschen langsam - aber keine Verspielerei. Auch wenn ich noch Monate brauche, um das Stück richtig hinzukriegen: die Pause hat mir nicht geschadet. Außerdem habe ich viel Triste geübt (auch von Tom Jobim). Weil mich mein Gedudel vor der Pause genervt hatte, habe ich mich auf die Akkordstruktur konzentriert und sogar zeitweise ohne Begleitung "improvisiert", um die Changes zu kapieren. Bisher war ich eigentlich immer ziemlich von der Begleitung abhängig. Jetzt bin ich auf dem Weg, die Songstruktur besser zu verinnerlichen. Und bei den Aebersoldsachen habe ich mich schnell wieder in die Akkordkurzschrift reingefunden (soweit ich sie kenne) und mich auf dem Sopran mehr als früher um den Ton und die Phrasierung kümmern können und nicht so derb gedudelt. Kurz und gut: Hauptsächlich hat die Pause meinem Kopf gutgetan. Ich gehe mit frischer Einstellung und frischen Ideen dran. Das alles klingt für viele vielleicht ein bisschen arg banal. Aber der Punkt ist, dass mich tatsächlich in der Pause die Angst beschlichen hatte, das könnte bedeuten, dass die Lust am Spielen auf längere Zeit verloren gegangen ist. Und so ähnliche Ängste sind hier ja auch schon von anderen berichtet worden. Ich sehe jetzt, dass Disziplin und regelmäßiges Spiel wichtig sind, aber nicht auf Kosten der Freiheit im Kopf gehen sollten. Und der Kopf (oder das Herz) brauchen offenbar die Pausen. Cheers Michael