Luxusproblem (3 Saxofone)

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von shorterfan, 7.Juni.2006.

  1. shorterfan

    shorterfan Kann einfach nicht wegbleiben

    Kürzlich las ich hier im Forum, dass irgendjemandes Lehrer darauf schwört, man solle zum Training des Ansatzes auf verschiedenen Saxofonen spielen. Ich nehme an, verschiedene Arten waren da gemeint.

    Ich bin zufällig in der glücklichen Lage, dass ich das kann und noch dazu Lust dazu habe, aber ich würde gerne von Euch erfahren, ob ihr das für einen relativen Anfänger wie mich überhaupt empfehlen könnt oder ob Ihr da Risiken und Nebenwirkungen seht.

    Ein Bisschen habe ich auch ein schlechtes Gewissen bei der Frage.
    Es gibt eine Menge Leute, die gerne ein eigenes Sax hätten und ich sitze auf drei.
    Deswegen möchte ich auch kurz erklären wie das kam.
    Ich habe mit ca. 26 (1987) angefangen mit dem Sopran. Damals hatte mir ein Freund gesagt, Saxofon könnte man ganz gut autodidaktisch lernen und ich hatte sowieso eine Lehrerphobie. (Das Thema hatten wir schon.)
    Ich habe erst mit viel Spaß auf dem Sopran herumgemacht (all die lustigen Klappen). Nach einem Jahr brauchte ich aber auch tiefere Töne und habe mir zu meinem Yana-Sopran ein gebrauchtes Yana-Tenor beschafft und wieder mit Wonne darauf rumdilettiert.
    Heute denke ich an diese Zeit mit gemischten Gefühlen, weil ich zwar viel Spaß hatte, aber doch sehr planlos an die Sache ging.
    Mitte 1991 kündigte ich meine Rechtsanwaltsstelle und bekam ein Bisschen Geld in die Hand. Da ich damals unverheiratet und kinderlos war, folgte ich der leicht wahnsinnigen Eingebung, ein neues Yana-Alt zu kaufen, weil mir die Klangfarbe fehlte und bestimmte (Sax-)Klänge nunmal Suchtpotential für mich haben. Wahnsinn war das, weil ich überhaupt nicht brauchbar spielen konnte.

    Dann kam der Beruf, Ehe, zwei Kinder sodass ich bis Anfang 2004 überhaupt nicht mehr spielte. Was mich wieder zum Spielen brachte, war ein 11-Jähriger Junge aus meiner Bekanntschaft, der unbedingt Saxofon lernen wollte. Dem habe ich dann mein ungespieltes Alt für knapp 2 Jahre geliehen. In der Zwischenzeit dachte ich aber: Warum spielen eigentlich andere Leute meine Saxofone? Und ich begann selbst sehr intensiv zu üben und nahm endlich auch Unterricht. Neulich kam mein Alt zurück.
    Dieses Jahr habe ich den Lehrer gewechselt und sehr intensiv nur an Stütze und Ansatz gearbeitet und einen ziemlichen Durchbruch erreicht. Erst beim Tenor. Jetzt beim Sopran. Und dann... dann war ich müde und überspielt.
    Da habe ich mir nach ein paar saxlosen Tagen das Alt geschnappt und drauflosgespielt - und es war geil!
    Was ich jetzt noch brauche, ist eine besseres Mundstück.

    So. Das war meine Beichte.
    Irgendwie fühle ich mich verpflichtet, wenn ich schon auf drei Saxofonen sitze, auch an meinem Spiel zu arbeiten. Hab ich gemacht und bin ich zum ersten Mal seit 1992 tatsächlich in der Lage auf allen dreien halbwegs vernünftig zu spielen. (Mein Lehrer meint, ich sei kein Anfänger mehr.)

    Deshalb also nochmal die Frage:
    Ist es gut, abwechselnd nach Lustprinzip zu spielen?
    Habt Ihr die Erfahrung gemacht, dass man dann nix richtig lernt? (So war das bei mir bisher.) Oder meint Ihr, das ist gut, z.B. für den Ansatz?

    Cheers

    Michael
     
  2. Wilson

    Wilson Gehört zum Inventar

    Hallo Shorterfan, mein Lehrer sagte mal es wäre positiv für die Entwicklung eines Instrumentenunabhängigen Ansatzes, wenngleich es den Fortschritt auf dem Einzelintrument natürlich etwas einbremst. Er sagte dass es eigentlich etwas positives ist, wenn man seinen Ansatz und die Stütze durch die unterschiedliche Beanspruchung über die Benutzung der verschiedenen Saxe trainiert. Beim Bari oder Tenor wird die Stütze etwas mehr gefordert, beim Alt und Sopran ist es eher die Lippenmuskulatur, die besonders trainiert wird. Und ich muss für meinen Teil sagen, dass sich die gelegentliche Benutzung des Altos tatsächlich sehr positiv auf die Intonationskontrolle beim Bari ausgewirkt hat. Ausserdem habe ich fast keine Wechselschwierigkeiten mehr, da sich mein Körper anscheinend an die unterschiedlichen Anforderungen gewöhnt hat.

    Und ich denke, dass es keine Schande ist ein paar Saxe mehr zu haben, andere haben eine ganze Sammlung zu Hause, viele von der gleichen Gattung. Ich bleib auch bei meinen Dreien, beim Bari weil ich es besonders mag und somit auch mein Hauptinstrument ist, das Alt weil es beim Funk so schön fetzig klingt, und das C-Melody weil es auch schön klingt und irgendwie etwas besonderes ist.
     
  3. Adolphe

    Adolphe Ist fast schon zuhause hier

    Also, ne Saxophonknappheit gibts ja nicht, weswegen man ein schlechtes Gewissen haben müsste. Im Gegenteil, die Preise in Ebay scheinen eher gesunken zu sein (was vielleicht am Überangebot an Chinatröten liegt).

    Ich habe sogar nochmehr als drei, und ich habe überhaupt kein schlechtes Gewissen dabei, da alles reell erarbeitet.

    Nach Neigung gerade das zu spielen, wonach einem ist, halte ich für völlig in Ordnung. Und so merkt man denn auch, dass jedes seinen eigenen Ansatz braucht. Mal (meistens) spiele ich gerne tief, aber dann finde ich auch das Sopran wieder geil. Man kann es durchaus schaffen für mehrere einen guten Ansatz zu entwickeln!

    Aber nur Roland Kirk konnte drei Saxophone gleichzeitig spielen...

    Gruß Fumi
     
  4. kryz

    kryz Ist fast schon zuhause hier

    Hi,
    ich halte es ähnlich wie Baribrummer, ich spiele Alt und Bari regelmäßig jeden Tag. Ich mag beide sehr gerne. Manchmal mehr manchmal weniger. Es bringt Vorteile, beides zu spielen. Wenn mir jetzt hemand ein aktuelles Tenor gibt. nehm ich es und kann spielen. Natürlich nicht wirklich gut, aber das ganze Register fuktioniert sauber.

    Andererseits pfuschen beide Instrumente inneinander.Tagelang nur Alt geübt: Probleme beim Bari.
    Ebenso andersrum.
    Ich habe atm imense Probleme beim Alt durchs Bari:
    Ich atme zu viel Luft ein, die ich nicht mehr loswerde und ich drücke die Klappen zu fest zu, so dass sie wieder zurückspringen, wie ein Flummi :(
    ( Mein Bari ist ein Weltklang mit der allseitsbekannten Ost Technik :) )

    Evtl. kommt jetzt noch der Bass dazu.. mal schaun, wie das wird :)

    Grüße

    Chris
     
  5. shorterfan

    shorterfan Kann einfach nicht wegbleiben

    Etwas davon spukt mir die ganze Zeit im Kopf rum, nachdem ich in der letzten Stunde mit meinem Lehrer versucht habe, herauszufinden, warum ich beim Sopran manche Töne überblase.
    Der Witz war, dass meinem Lehrer das nicht passiert ist und er höllisch aufpassen musste, um zu merken, wie er das eigentlich hinkriegt, damit er es mir sagen kann. Denn die Koordination von Lippendruck und Lippenspannung und Stütze läuft bei ihm (wie wahrscheinlich bei jedem guten Spieler) auf Autopilot. Mein Sax läuft ganz anders als seins aber sein Körper merkt automatisch, was es braucht, um den Ton richtig zu produzieren.
    Ich glaube, ich spekuliere etwas darauf, dass sich dieser Effekt durch das Wechseln der Hörner verstärkt.

    Viele Grüße

    Michael
     
  6. daskli

    daskli Ist fast schon zuhause hier

    Hi shorterfan,

    spielst du nun aus Lust oder aus Prinzip? Bist du Anfänger (relativer) oder keiner mehr (wie dein Lehrer sagt). Hast du Spaß an deinen Instrumenten oder flühlst du dich verpflichtet zu irgendwelchen Leistungen (z.B. gut zu spielen)?

    Wenn ich deinen total ehrlichen Beitrag lese (und das finde ich toll!), dann erkenne ich etwas von mir selber, oftmals ist es mir nicht mehr klar, warum ich etwas mache.

    Ich brauche dann einfach mal eine künstlerische Pause, einfach Mal durchatmen ohne Stress, ohne Kinder, ohne Job vielleicht einfach Mal mit dem Lehrer ausmachen, dass man eine gewisse Zeit mal weniger hohe Ansprüche stellt.

    Ich habe von solchen Pausen immer sehr profitiert, danach ging es lebendiger weiter.

    Wir sind doch alle in der glücklichen Lage, dass wir die Kunst nicht zu unserem Broterwerb gemacht haben! Nütz das doch einfach aus und dann kommen die Antorten doch von alleine.

    So, war das bei mir immer wieder.

    Ganz lieben
     
  7. snoop

    snoop Kann einfach nicht wegbleiben

    Hi shorterfan!
    Die Wechselprobelme hatte ich auch gehabt.
    Als ich mein Bari bekommen habe, hab ich ´n ganzes Jahr nur auf dem gespielt. Als ich dann ma wieder Lust hatte Alt zu spielen ging das nich mehr. Der Ton war total dünn, viele Töne überbliesen ungewollt. Das hat mich so angek*****, dass ich Alt und Bari parallel geübt habe. Erst hatte ich das Gefühl ich komm gar nich weiter, aber nach und nach hat sich der Sound echt verbessert.
    Ich denke man sollte schon öfter wechseln. Das wirft erst zwar einige gravierende Probleme auf, aber dann kann man ´nen echten Vorteil davon haben.
    So dat war meine Story.

    snoop
     
  8. shorterfan

    shorterfan Kann einfach nicht wegbleiben

    Da ist schon was dran, dass ich mir ein bisschen viel Druck mache und Pausen guttun. Für die Pausen sorgt derzeit auch die WM.
    Es ist wohl eine Temperamentsfrage. Meine Lieblingszahl ist "zu viel".
    Es geht mir gar nicht darum, vor anderen Leuten irgendwie darzustehen. Zur Zeit spiele ich fast ausschließlich allein und habe jede Menge Spaß dabei. (Bis es dann mal einfach zu viel ist, und eine Pause oder Abwechslung fällig ist.)

    Was mich antreibt, ist glaube ich, dieses Gefühl, fliegen zu können.
    Zum ersten Mal geflogen bin ich, als ich endlich raffte, dass ich Stücke in Skalen einteilen kann und dann auf die Skalen improvisieren kann. Ich hatte zum soundsovielten Mal Prelude to a kiss gespielt und zwar nur die Melodie zur Aufnahme von Billie Holliday und als dann Ben Webster anfing, versuchte ich es halt auch - nach Skalen oder einer ungefähren Vorstellung, was da passt - ... und dann bin ich abgehoben.
    Musik im engeren Sinne war das noch gar nicht. Aber ein geiles Gefühl.

    So, das (harmonische Orientierung beim Improvisieren) und der Klang auf dem Sax. Wenn ich beides hinkriege, ist das wie fliegen.
    Und das macht süchtig.

    und @ snoop:
    Meine mail ist ja ein paar Tage her. Inzwischen bin ich mir ganz sicher, dass das Wechseln viel für die Technik und den Ansatz bringt.
    Am schwersten fällt im Moment das Alt mit dem neuen Mundstück. Aber nach einer Stunde spätestens ist der Sound ganz gut. Und wenn ich dann zum Sopran oder Alt wechsle, spielt es sich fast wie von selbst.
    Das Interessante dabei ist auch, dass man offenbar auf den verschiedenen Instrumenten automatisch unterschiedliche Sachen macht, unterschiedliche Stücke oder Übungen aussucht.

    Cheers

    Michael
     
  9. Saxophreak

    Saxophreak Schaut nur mal vorbei

    hi!

    also meine meinung:
    du bist ein absolut saxophonsüchtiger glückpilz mit bereits drei der allergängisten saxophone. na gut, mehr bleibt ja auch fast nicht mehr ;)

    naja also:
    ich glaube schon, dass du deinen ansatz gut schulst, wenn du viel verschiedene saxophone spielst. das eine wirkt sich immer positiv auf das andere aus!

    mein saxophonlehrer sagt z.b.:
    wer mit saxophon anfängt tut sich sehr schwer, nen klarinetten ansatz hinzukriegen. ein klarinettist denkt beim sax dafür erstmal daran, dass das teil nicht wirklich einen ansatz braucht.

    ich denke wenn du vom sopran auf das tenor wechselst musst du dich vielleicht kurz umgewöhnen, aber ich glaube fest, dass du aus jedem versch. ansatz etwas für den anderen lernst oder herausbringen kannst. auf jeden fall bringt es dich meiner meinung nach weiter und bringt dir eher etwas, als dass du probleme mit den versch. ansätzen kriegst oder so.
     
  10. doc

    doc Ist fast schon zuhause hier

    Schadet Parallelbetrieb oder nützt er?

    Bin ja selber so ein "Kopfschußkandidat", bei dem ab und an der instrumentale Kaufrausch ausbricht. Es langt nur nicht für 3 Yannies :)

    Vielleicht kannst Du ja aus meinen bisherigen Erfahrungen etwas extrahieren. Da geht es um eine Flöte, eine Klari, ein Tenor und ein Sopran.

    Nachdem ich in der virtuellen Nachbarschaft für meinen Tenorton und die Neigung, dauernd am Setup rumzuverändern, zusammengefaltet wurde, und ich hier der gruseligen Intonationüberführt wurde (danke, ernsthaft!) übe ich mich nun bis auf Weiteres in "weniger ist mehr" und mehr ... Beständigkeit. [Die Flöte ist also erst mal ganz auf die Reservebank gesetzt und das Tenor muß die nächsten Monate wohl auch warten, obwohl ich da ein geiles neues MPC hab, was ich gerne ausloten würde, soweit mir das als Anfänger und Selbstlerner möglich ist.]

    Da die hohen Instrumente wohl irgendwie "mein Ding" sind, konzentriere ich mich nun also auf die Klarinette (mit Lehrer) und das Sopran (ohne Lehrer), um (auf dem Sopran) Intonation, Stütze und Anstoß unter Kontrolle zu kriegen. Mit Langtönen, Etüden und Tuner-Feedback. Erst mal keine Experimente mehr mit Blättern und MPC. Meine Motorik soll das Equipment lernen. Dabei hat der Umstiegt auf Synthetik-Blätter schon einiges geholfen.

    Die Konzentration tut anscheinend tatsächlich gut. Ich bin entspannter dabei und es geht auf dem Sopran voran. Langsam natürlich.

    Ob das dann auf dem Tenor später einen Schub mit-gebracht haben wird, wird sich zeigen.

    WildesHolz hat beim Flöten-Thread den IMHO guten Tip gebracht, die verschiedenen Instrumente nicht direkt hintereinander zu üben, sondern ggf. mit ein paar Stunden Abstand. Damit ist vermutlich die Gefahr geringer, daß widersprüchliche Anforderungen der Instrumente sich gegenseitig stören und der Körper vor Verwirrung nicht lernt.

    Lehrer von Multiinstrumentalisten können dazu sicher viel mehr und bessere Erfahrungen beitragen?!

    Spaß gehabt, hab ich vorher mit dem chaotischeren "Lernen" auch, insofern war das ok. Nur die Ergebnisse waren ... nicht so gut, oder gar saumäßig mager. Insofern fand ich die Frage im Thread vernünftig nach der Motivation. Was wollen wir jeweils erreichen und warum?

    Ab und an stell ich mir die Frage ja auch. Die Antworten wechseln schon mal. Da es (mir) am Ende nicht nur um Lust und Spaß ad hoc geht, sondern ich bei den paar Auftritten, die ich schon mal mache, den Hörer lieber Freude als Pein bereiten möchte, will ich mittelfristig dann doch schon Verbesserungen erreichen und den Weg dahin zumindest nicht endlos lang werden lassen. Vielleicht wird dann ja sogar noch Musik draus ;-)

    Vielleicht ist auch jeder Jeck anders, und der eine proftiert von Wechseln besser und der andere hat damit eher Probleme.
     
  11. shorterfan

    shorterfan Kann einfach nicht wegbleiben

    Danke an alle für das Feedback.
    In der Zwischenzeit ging es bei mir so weiter:
    Das neue Mundstück fürs Alto hat mich heftig gefordert, aber es wird schon. Wenn ich nach der Bemühung um das Alt direkt auf das Sopran gewechselt hab, dann hat sich das quasi von allein gespielt. Sehr angenehm.

    Dann hat das normale Leben zugeschlagen und ich hatte mal einige Zeit gar keine Zeit fürs Spielen. Und müde war ich auch. Das volle Programm mit zwei oder drei Instrumenten durchzuziehen ist illusorisch. Jetzt fange ich langsam wieder an. Morgen fahre ich drei Wochen in Urlaub und werde die elsässischen Wälder beschallen, wenn es meine Familie und die Vermieterin nicht mehr aushalten.

    Und nochwas für die Frage, WARUM?
    Hörte die beiden wunderbaren neuen Marisa Monte CDs. Auf der SambaCD (Universo a meu redor) gibt es ein wunderbares Stück mit Marisa, Gitarre und ... einem Fagott.
    Ich dachte sofort: Diesen Klang will ich haben. Spielte das Stück meinem Sax-Lehrer vor. Und was sagt er? Er hat eines und bringt es demnächst mal mit. Dem geht es nämlich wie mir. ...

    Viele Urlaubsgrüße

    Michael
     
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