Moderner Ansatz: Lippe noch über Zähnen?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Hans, 21.Juni.2005.

  1. Hans

    Hans Ist fast schon zuhause hier

    Hallo,

    wie weit habt ihr, die ihr den modernen Ansatz praktiziert, eigentlich noch die Unterlippe in Kontakt mit den Zähnen des Unterkiefers?

    Hatte mir nach Umstieg vom klassischen Ansatz angewöhnt, die Unterlippe so weit vorzuschieben, dass die Zähne völlig frei unter dem Blättchen standen. Keine Beißgefahr, keine Bläschen und andere Irritationen der Lippe mehr.

    Nun habe ich im Liebman eine etwas andere Darstellung gelesen und meinen Lehrer gefragt, ob dieser denn damit den klassischen Ansatz meine. Daraufhin musste ich erfahren, dass auch der moderne die Innenseite der Unterlippe etwas über die Schneidezähne wölbt und mein "moderner" Ansatz zu verändern sei. Mühsam - alles wieder umgewöhnen!

    Tschüss
    Hans
     
  2. HolgerFfm

    HolgerFfm Ist fast schon zuhause hier

    Der Nachteil, wenn du die Lippe allzuweit nach außen stülpst, ist, dass die weniger empfindliche "Rückseite" der Lippe auf das Blatt drückt und du unter Umständen nicht mehr bemerkst, wenn die Lippe zu stark presst. Das ist natürlich von der jeweiligen Anatomie und der Spielerfahrung abhängig.

    Ich spiele auch mit leicht vorgewölbter Unterlippe.

    Herzliche Grüße aus Frankfurt am Main
    Holger
     
  3. Hans

    Hans Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Holger,

    Meinst du die Innenseite? Gerade weil ich die für sensibler gehalten hatte, war es für mich logisch, den Kontakt zum Blättchen nur durch sie herzustellen. Sah zwar bescheuert aus, aber was bringen wir unsrer Musik nicht alles für Opfer!

    Wenn du auch vorwölbst, womit hat denn deine Lippe nun Kontakt? Ich soll das Mundstück jetzt einfach auf ihren oberen Rand legen, die Lippe stabilisiert sich selbst, aber drückt auch mit der Innenseite etwas über den Rand der Schneidezähne.

    Tschüss
    Hans
     
  4. HolgerFfm

    HolgerFfm Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Hans!

    Genau, die meine ich, und den Übergang der Innenseite der Lippe in die nachfolgenden Partien des Mundinnenraumes (ich weiß ja nicht, wie weit du die Lippe tatsächlich nach vorne stülpst ;-)).

    Etwas abhängig vom jeweiligen Blatt mache ich es genau so. :)

    Herzliche Grüße aus Frankfurt am Main
    Holger
     
  5. Bimon

    Bimon Nicht zu schüchtern zum Reden

    Hallo!
    also ich glaub dass der entscheidende unterschied vom modernen zum klassischen ansatz ist,dass man beim modernen den gesamten druck auf das blatt mit der lippenspannung reguliert,so dass man mit dem unterkiefer und den zähnen überhaupt keinen druck mehr ausübt.

    wenn man es so macht kann die lippe auch ruhig noch etwas über den zähnen sein.

    korrigiert mich wenn ich total falsch liege...

    gruß bimon-hiemon
     
  6. Gast

    Gast Guest

    Hallo Leute,

    ich wollte gerade eine ganz neue Topic eröffnen, aber es gibt wohl kein Thema, dass man nicht doch schon in diesem Forum findet.

    Ich habe auch überlegt was wohl den "modernen" Ansatz ausmacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass im Allgemeinen die Konzentration beim Ansatz zu sehr auf der Unterlippe liegt. Viel wichtiger sind meine ich die Mundwinkel. Wenn man diese beim Spielen stark nach unten zieht hat das zwei gute Effekte. Die Unterlippe drückt automatisch nach oben und der Rachenraum erweitert sich. Das ist sehr effektvoll weil der Klang dadurch voluminös und voll wird.
    Noch ein weiteres sollte mehr beachtet werden, als die Unterlippe. Die Atmung tief aus dem Bauch heraus. Wenn das gemacht wird und nur mit der Unterlippe soweit unterstützt wird wie nötig, ist es auch nicht mehr notwending die Lippe über die Zähne zu legen. Das nähmlich macht meiner Ansicht nach den Ton dünn und verleitet zum zubeissen und zu zuviel Druck auf das Blatt.
    Ein perfektes Beispiel für einen Ansatz habe ich bei
    www.goetzgruenberg.de
    gefunden. Klasse Sound und Megaansatz.

    Schöne Grüsse.

    Egon
     
  7. Saxer

    Saxer Ist fast schon zuhause hier

    Ich habe meinen Ansatz gefunden, in dem ich Top Tones gelernt habe zu spielen. Das geht bei mir nur mit einem bestimmten Ansatz, damit die Töne sauber kommen.
    So habe ich meinen Ansatz gefunden.
     
  8. Stephan

    Stephan Ist fast schon zuhause hier

    @ Bimon: So sehe ich das auch; der entscheidende Unterschied zw. klassischen und modernem Ansatz ist, dass beim modernen Ansatz die Unterlippe in keinem Fall mit den Zähnen in Brührung kommt. Die Lippenspannung drückt gegen das Blatt und nicht die Zähne. => Man klemmt keine Obertöne ab.
    Man muss die Unterlippe nicht extrem weit hinausstülpen, wenn man die Unterlippe nicht die Zähne berühren lässt. Umso weiter die Unterlippe draussen ist, umso fetter fetter wird der Sound. Umso weiter sie drinnen ist, umso mehr Kontrolle hat man.

    @ EgonOlson: Die optimale Position der Mundwinkel wird mit einem "Duckface" beschrieben. Und wenn man sich einen Entenschnabel anschaut ist es nicht so, dass die Seiten extrem nach unten gezogen werden.
    Über die anderen von dir angesprochenen Punkte habe ich mir noch garkeine Gedanken gemacht, aber dass die Zungenposition, Kehlkopfstellung ect. auch eine Rolle spielen ist klar. Was du meinst ist denke ich mal nicht direkt die Atmung, sondern die Stütze aus dem Zwerchfell; die spielt auf jeden Fall auch eine Rolle.
    Aber ich glaube es ging hier doch nur um den Ansatz, auch wenn es noch viele andere Faktoren gibt, die den Sound bestimmen.
     
  9. Doellcus

    Doellcus Ist fast schon zuhause hier

    Ich erlaube meiner Unterlippe den stützenden Kontakt zu den Zähnen. Keinesfalls ziehe ich dabei die Unterlippe über die Zähne. Mit anderen Worten: Die Zähne bieten der Unterlippe einen gewissen seitlichen Halt (das Wort *stützenden* wollte ich hier mal vermeiden).

    Die Stellung der Wundwinkel ist dann bei mir eher nach oben: Typisches Saxlächeln halt. :-D

    Jedoch ist diese Stellung trainingsbedürftig - wehe ich hab mal 'ne Weile nicht geübt...

    Der Rachenraum spielt bei mir neben der Stütze (die ich nie übte) die wichtigste Rolle. Das zeigte sich insbesondere bei der Mundstückübung. Nur mit Lippen geht da nicht viel mehr als 'ne Sekunde, mit Rachenansatz dagegen hole ich über eine Oktave raus. (Hab ich so erst durch Jazzulli auf seinem WS in Waggong gelernt - also einem WS, der sich gelohnt hat)
     
  10. Dexter

    Dexter Ist fast schon zuhause hier

    Wie werden in diesem Forum eigentlich eindeutige Verstöße gegen die eigene Signatur geahndet? ;-) ;-)

    Beste Grüße aus MH
    Dexter
     
  11. Toffi

    Toffi Strebt nach Höherem

    Das mit dem "Obertöne-Abklemmen" will ich nicht so recht verstehen...
    Ich kann ehrlich gesagt nicht wirklich hören, ob nun ein "klassischer" oder ein "moderner" Ton obertonreicher ist, ich möchte den "klassischen" Ton mal als wesentlich "reiner" bezeichnen, was aber mit Sicherheit nicht auf weniger Obertöne schließen lässt, sondern einfach auf eine andere Struktur.
    Und beim korrekten "klassischen" Ansatz drücken ja nun wahrlich nicht die Zähne gegen das Blatt, das so genannte "Beißen" ist ein häufig festgestellter Fehler besonders im klassischen Bereich, aber es ist ein Fehler, der bei einem korrekten Ansatz vermeidbar ist.
    Das Über-die-Zähne-Ziehen der Unterlippe dient lediglich der "Material-Minimierung", um eben durch möglichst wenig Kontakt des Blattes zum Lippen-Fleisch ein möglichst freies Schwingen zu ermöglichen.
    Vergleiche ich z.B. den "modernen" Ansatz eines Maceo Parker mit dem "klassischen" eines John Edward Kelly, so ist Maceos Ton in meiner Wahrnehmung um ein Vielfaches obertonärmer.
    Hm, und nun versuche ich, mir klar zu machen, wo meine Zähne in Kontakt mit meiner Unterlippe bzw. dem Bereich darunter treten - und das ist schon ziemlich weit unterhalb der Lippe, und der Kontakt ist in der Regel auch seit langem nicht mehr unangenehm, über "Bisswunden" kann ich seit vielen Monaten nicht mehr klagen, das hängt aber keineswegs damit zusammen, dass ich nun einen "modernen" Ansatz trainiert hätte, sondern damit, dass ich mit der Zeit eine vernünftige Lippenspannung aufgebaut habe, trotz oder ja vielleicht sogar wegen des "klassischen" Ansatzes?

    Schließlich: egal, wie ich meinen Ansatz nun bezeichne - ohne dass die unteren Schneidezähne irgendeine Stelle unterhalb der Lippen berühren, und sei es auch nur gerade so eben, kann ich doch wohl kein Blasinstrument spielen, oder? Ist beim "modernen" Ansatz wirklich Luft zwischen Fleisch und Zähnen? Krasse Vorstellung...

    Alles Liebe

    Toffi
     
  12. Stephan

    Stephan Ist fast schon zuhause hier

    @ Toffi: Du hast Recht, wenn du sagst, dass der Ausdruck obertonreich alleine den Unterschied nicht erklären kann. Paul Desmond hat auch einen obertonreichen Sound, aber gerade den wollen wir eigentlich nicht.
    Aber du kannst ja einmal selber ausprobieren was bei dir passiert wenn für ein paar Töne auf den modernen Ansatz umsteigst. Du wirst merken, dass du am Anfang erstmal erheblich weniger Kontrolle über das hast was du spielst, dafür der Sound aber irgendwie voller wird. Am besten vor dem Spiegel kontrollieren, dass sich der Unterkiefer beim Anstoßen der Töne nicht bewegt; das ist einer der häufigsten Fehler wenn man auf den modernen Ansatz umsteigt; ich hab ihn selber auch gemacht. Ich habe ungefähr 5 Jahre lang mit dem klassischen Ansatz gespielt und bin erst vor 1,5 Jahren umgestiegen...
    Du kannst ja mal die Seite von meinem Lehrer besuchen; seine Saxophonspiel basiert sehr stark auf dem modernen Ansatz: www.skringer.de bei seinem Yamaha Workshops hat er auch den Unterschied zw. modernem und klassischem Ansatz sehr schön dargestellt.

    Du brauchst natürlich für den modernen Ansatz sehr viel mehr Muskulatur weil die Muskeln da auch das mithalten müssen was vorher die Zähne an Druck aufgefangen haben.
     
  13. saxolina

    saxolina Strebt nach Höherem

    Ich habe die Erfahrung auch gemacht:
    Als Anfänger/in neigt man dazu, sich die Unterlippe innen zu zerbeißen - das gibt sich aber relativ schnell, wenn die Lippenmuskeln gestärkt sind. Allerdings geht es nach einer längeren Spielpause auch wieder von vorne los, bei mir zumindest :-D

    Es sind wohl einfach zwei Ansätze, die nebeneinander bestehen. Jeder muss für sich herausfinden, was ihm/ihr besser gefällt.

    Saxolina
     
  14. Toffi

    Toffi Strebt nach Höherem

    Ich spiele ja gelegentlich in einer Rock-Band mit, da habe ich tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass ich mit dem minimalen Vorschieben der Unterlippe das Gefühl habe, mehr Power im Ton zu haben - halt Power von einer Art, die ich im klassischen Bereich nicht haben will, die aber in der Kombination mit Bass, E-Gitarre, Keyboard, Drums und Percussion ganz gut tut :-D
    Ich denke schon, dass man auch mit dem "klassischen" Ansatz in der Lage ist (und auch am besten in der Lage sein sollte ;-) ), eine Lippenspannung aufzubauen, die das "Zerbeißen" verhindert, das Beißen engt den Ton tatsächlich ein, aber wie gesagt, es ist auch im klassischen Bereich ein Fehler.

    @saxolina:
    So ist es - beide Wege führen zum Glück, beide haben ihre Vorteile (Nachteile kann ich beim Saxophonspiel grundsätzlich nicht erkennen, selbst wenn sich jemand die Lippe zerbeißt, so hat er doch viel Spaß dabei :-D )

    Alles Liebe

    Toffi
     
  15. saxolina

    saxolina Strebt nach Höherem

    Nachteil insofern, als es beim Tomaten-mit-Mozzarella-und-Basilikum-Essen höllisch weh tut und man zur Zwangspause verdonnert wird ;-)

    Gruß
    Saxolina
     
  16. 8panther

    8panther Ist fast schon zuhause hier

    Und auch wenn beide Varianten sicher ihre Berechtigung haben - wer nach einem volleren Sound sucht, sollte eventuell nicht nur nach anderen Mundstücken, Blättern, S-Bögen oder gar Saxophonen schauen sondern es mit dem modernen Ansatz versuchen. Ebenso die Lippenbeißer. Wer über Jahre hinweg seinen (klassischen) Ansatz aufgebaut hat, sollte gute Voraussetzungen zumindest für einen Versuch mitbringen. Sicher ist der "Kontrollverlust" anfänglich erschreckend - aber das gibt sich. Wobei beim modernen Ansatz (wie schon gesagt wurde) der Ton umso schwerer kontrollierbar wird, je weiter ich die Lippe "ausfahre". Aber er kling auch sehr fett. Bei der Variante "Lippe knapp vor Zahn" ist eigentlich (zumindest für nichtklassische Anwendungen) immer ein "ausreichendes" Maß an Beherrschung gegeben.

     
  17. Toffi

    Toffi Strebt nach Höherem

    Letzterem mag ich zustimmen, aber voller? Lauter, ja, aber voller? Nein. Nicht voller.
    Naja, Geschmackssache...

    Alles Liebe

    Toffi
     
  18. Stephan

    Stephan Ist fast schon zuhause hier

    @ Toffi: mit dem klassischen Ansatz ist man sofort erheblich lauter als vorher was in einer Rockband von unschätzbarem Wert ist.
    Dafür hatte ich am Anfang extreme Probleme mit dem modernen Ansatz leise zu spielen; dieses Problem ist aber mittlerweile besser geworden.

    Ist immer die Frage was man spielen will. Ich persönlich würde Klassik mit dem klassichen Ansatz spielen weil ich mit dem modernen Ansatz auch nach 1,5 Jahren nicht die Kontrolle habe um Klassik zu spielen; für Jazz reichts aber und zwar auch für anderes als Bebop...
    Für Rock ist der moderne Ansatz klar vorzuziehen, denn mit dem klassischen geht man in so einer Rock Band fast unter.
     
  19. Dexter

    Dexter Ist fast schon zuhause hier

    Das ist eben der entscheidende Denkfehler so Vieler, dass es eben für Jazz, Rock reicht. Tut es eben nicht. Hier wie dort muß man sein Instrument beherrschen nur dann ist es möglich, musikalische Ideen auch umzusetzen. Ich habe häufig den Eindruck, dass der »moderne Ansatz« die Sache nur in Richtung »laut« verschiebt, die Qualität des Tones aber erheblich nachläßt.

    Beste Grüße aus MH
    Dexter
     
  20. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Glaube ich so nicht!
    Bei mir ist lautstärkemässig kaum Unterschied zwischen dem "klassischen" und "modernen" Ansatz.
    Ich habe mich allerdings für den klassischen Ansatz entschieden, gefällt mir persönlich besser. Gab aber nie Probleme in Rock oder Funkbands.

    Interessanterweise hat mir den modernen Ansatz Anfang der 80iger Jahre ein Klarinettist gezeigt, der klassische Klarinette studierte und den Ansatz von seinem Lehrer aufs Auge gedrückt bekommen hatte.

    Mein persönliches Fazit: Man spielt den Ansatz, den man beigebracht bekommen hat, egal ob man Klassik oder Jazz oder Rock spielt, alles andere ähnelt doch stark Kaffesatzleserei! - Übrigens habe ich früher mal mit dem doppelten Ansatz angefangen, was wirklich ne Quälerei war, damals!

    Gruß michat
     
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