Musik fühlen?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von saxOpus, 8.Februar.2009.

  1. saxOpus

    saxOpus Nicht zu schüchtern zum Reden

    Hallo zusammen!

    Ich bin aus Zeitgründen ziemlich selten im Forum, brauche aber jetzt mal einen guten Rat. Ich habe seit fünf Jahren Saxunterricht und tue mich meistens schwer damit, vor meinem Lehrer einigermaßen zu spielen. Am Üben liegt es nicht, mein Lehrer findet meine Technik und Rhythmik okay. Es ist das Gefühl bei mir, dass ich mich ständig beobachtet fühle. Ich bin dann total blockiert, die Tonqualität ist absolut im Keller. Jetzt sagte mir mein Lehrer in der letzten Unterrichtstunde auch noch, dass ich die Musik überhaupt nicht fühlen würde, was ich selbst aber nicht so empfinde. Hat jemand Ähnliches erlebt oder irgendeinen Tipp für mich? Ich bin verzweifelt, mein Sax und alles was damit zusammen hängt, bedeutet mir sehr viel. Ich bin momentan fast soweit, aufhören zu wollen. Was kann ich tun???? Wie kann ich es schaffen, meine Gefühle über mein Sax und meine Musik für andere hörbar auszudrücken?

    Danke im voraus für eure Hilfe

    Saxophobia
     
  2. jax

    jax Kann einfach nicht wegbleiben

    Hi Saxophobia!
    Mein erster Gedanke als ich Deinen Beitrag las, war wie wäre es mit einem Lehrerwechsel? Stimmt die Chemie?
    Ich habe etwas ähnliches erlebt, und war manchmal blockiert, weil ich dachte, ich mache was falsch, dass ich nicht anfing zu spielen während der Lektion. Ich wartete immer zu bis das Metronom wieder da war usw.
    Der zweite Gedanke war, spielst du noch in einer Gruppe? Das hat mir extrem weitergeholfen, obwohl ich mir am Anfang die Stücke des Repertoires zuerst aneignen musste und immer noch dran bin.
    Aber es ist für mich eine gute Motivation mit anderen zu spielen. Und ich habe immer jemanden neben mir, auf den ich
    hören kann. Das hat mir geholfen.
    LG jax
     
  3. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Hallo,

    es gibt so viele unnötige Missverständnisse im Leben. Ich kann ja Deinen Lehrer nicht beurteilen, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es den Lehrern oft nicht bewusst ist unter welchem Druck ihre Schüler stehen. Immer die Angst sich zu blamieren, zu wenig geübt zu haben oder zu denken der Lehrer hält einen für faul oder eine Flasche usw.

    Vielleicht solltest Du das einfach mal unzensiert ansprechen, das könnte viel bewirken.

    Liebe Grüße

    Chris
     
  4. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Wie Chrisdos sagt: Sprich es offen an. Wenn er darauf eingeht, ist es prima. Wenn nicht, solltest Du tatsächlich mal über einen Lehrerwechsel nachdenken.

    Ein neues Gesicht, andere Methoden, ein "frischer Anfang" können manchmal ganz hilfreich sein.
     
  5. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Eine sehr gewagte, wenn nicht völlig sinn- und haltlose für einen Pädagogen! Ich persönlich weiss nicht, was meine Schüler genau fühlen. Ich kann höchstens an diversen Indikatoren feststellen, ob die Musik gefühlsvoll rüberkommt. Aber was im Menschen selber abgeht, da hüte ich mich vor wertenden Aussagen!

    Ist dies dein erster / einziger Lehrer? Falls du eine andere Lehrperson findest, dann vereinbare eine oder zwei Probelektionen mit ihr und dann merkst du sofort, ob der Druck da auch noch vorhanden ist. Falls nicht: Problem gelöst. Fall immer noch: Dann liegt die Ursache woanders und dann können wir weiter schauen.

    Ein tolles Buch, welches über dieses Thema geht, ist "The Inner Game of Music - Der Mozart in uns".
    http://www.amazon.de/Mozart-uns-Barry-Green/dp/3729400843

    Eine Möglichkeit wäre, ein oder mehrere Stück(e) die dir sehr gut gefallen, auswendig zu lernen. Und zwar so, dass du keine Sekunde mehr daran denken musst, was jetzt kommt. So kannst du dein gesamtes Potenzial in den Ausdruck fliessen lassen.
     
  6. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Das ist im Grunde eine Form von Lampenfieber.

    Lehrerwechsel ist natürlich immer eine Möglichkeit, aber wenn Du Dich mit dem Lehrer gut verstehst, dann wäre ein Lehrerwechsel vielleicht sogar schadhaft. Mal andere Lehrer/Workshops ausprobieren, Bücher lesen, freies Improvisieren üben, mit geschlossenen Augen spielen, sich genau zuzuhören, in den Klang eintauchen, kann auch viel helfen.

    Mein Bruder ist Klarinettist und macht häufig Bläserworkshops. Dort lernt man abgesehen vom Zusammenspiel und "Einander Zuhören" etwas kennen, was im Volksmund "Flow" genannt wird. Er selber hatte bei Probespielen lange mit Lampenfieber zu kämpfen. Er hat alles Erdenkliche ausprobiert. Mittlerweile hat er mehr "zu sich" gefunden und allgemein Techniken entwickelt, wie man damit umgeht.

    Ein möglicher Zugang ist wie gesagt "Flow", was ich manchmal ein bisschen esoterisch finde, aber gut zu funktionieren scheint und was man bestimmt auch ein bisschen auf wissenschaftliche Weise erklären kann. In jedem Fall gibt der Erfolg im Recht. Seine Workshops kommen immer sehr gut an und seine Schüler lernen viel. Hier ist seine Webseite. Dort gibt es auch eine Seite mit Referenzen von Büchern und Artikeln für alle Interessierte.

    Viele Grüße,
    Benjamin
     
  7. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    dein lehrer hat natürlich recht: wenn du durch ihn oder die unterrichtssituation blockiert bist, ist da kein platz mehr fürs musikfühlen.das heisst aber nicht, dass du prinzipiell nicht in der lage bist, musik zu fühlen.
    nimm doch mal zu hause dich mit ein zwei lieblingsstücken auf, aber so oft, bis du dich an die aufnahmesituation und den damit verbundenen stress gewöhnt hast, könnte einen zu beginn auch blockieren, aber zu hause hast du ja die zeit, dich zu gewöhnen, und spiel ihm eine gelungene aufnahme vor. ob das immer noch zu wenig gefühl hat. dann schaun wir weiter.aber wie gesagt, lass dir zeit, bis dich das aufnehmen vollkommen cool lässt. und noch ein kleiner tip:
    versuch nicht "künstlich" gefühl "hineinzulegen".
    das wirkt albern. wenn du so relaxed bist, dass du eine gelungene komposition geniessen kannst beim spielen, enthält deine interpretation alles gefühl, die es braucht.
    wie gesagt: angst, verspannung, die beschäftigung mit dem gedanken"was macht das für einen eindruck" und gleichzeitig musikalisches gefühl ist ein bischen viel für nur eine psyche.
     
  8. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Ein gutes Buch darüber ist von Felix von Cube. Er war anlässlich einer Lehrerfortbildung Referent. Dieses Buch hat jedoch keinen Bezug zur Musik, es behandelt den Bereich der Unternehmungen und der Mitarbeiterführung. Das Buch heisst "Lust an Leistung" und wird auf der Rückseite folgendermassen umschrieben:

    "Auf Dauer können nur diejenigen gute Leistungen erbingen, die Spass an ihrer Arbeit haben, diese nicht als "Maloche" empfinden. Felix von Cube, Pädagoge mit naturwissenschaftlichem Hintergrund, leitet aus den Erkenntnissen der Verhaltensbiologie Naturgesetze für konstruktive Führung von Mitarbeitern ab. Er zeig hier, wie deren Anwendung unsere Arbeitswelt zugleich humaner und leistungsfähiger macht."

    Das Flow-Prinzip beruht sehr grob umschrieben auf der Regel, dass die Anforderungen in Bezug zum persönlichen Level immer ein wenig höher geschraubt werden sollen. Aber nicht zu hoch, denn das ergibt Angst. Und nicht zu tief oder gar unter dem persönlichen Level, denn das ergibt Langeweile. Der Bereich und das Erlebeen zwischen dem persönlichen Stand und den etwas höher gesteckten Anforderungen wird "Flow"genannt. Meines Erachtens hat dies wenig bis gar nichts mit Esoterik zu tun, aber man kann es mit esoterischen Techniken verknüpfen.
     
  9. paranoia

    paranoia Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Saxophobia,

    wenn ich durch Satzproben oder zu viel Technik mal verkrampft bin, nehme ich ein paar playalongs von meinen Lieblingsstücken, mache die Tür zu, drehe die Anlage auf und hupe los, was das Zeus hält, - dann kommt das Gefühl schon wieder.

    Sicher spiele ich auch nicht so frei, wenn andere zuhören. Als ich ziemlich früh in eine Band eigestiegen bin, habe ich mal gesagt, - wer Musik macht muss auch bereit sein, sich zu blamieren, also durch!

    Unser schönes Hobby aufzugeben wäre wohl der falsche Weg, oder?

    Gruß - Rolf
     
  10. straightontheoffbeat

    straightontheoffbeat Ist fast schon zuhause hier

    Hallo,

    ja, das Sax spielen aufzugeben wäre sicher der falsche Weg, gerade, wo du sagst, dass es dir viel bedeutet. Mit deinem Lehrer solltest du wirklich das offene Wort suchen, auch wenn es schwer fällt, aber es stimmt schon, es gibt einfach immer wieder Missverständnisse und man kommuniziert aneinander vorbei. Sowas ist eben menschlich.... ;-) Wenn dein Lehrer sich allerdings nicht auf deine - berechtigte - Kritik einlassen kann, könnte ein Wechsel sinnvoll sein.

    Um der Nervosität ein Schnippchen zu schlagen, spiele doch deinen Freunden / Freundinnen mal was vor, das hilft schonmal mit dem Druck umzugehen. Und ab und an trötentechnisch die "Sau rauslassen" ist einfach nur gut - hilft mir jedenfalls beim Stressabbau.

    Nur Mut!, meint

    Straight :)
     
  11. altruist

    altruist Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Saxophobia,

    für Dein Problem habe ich keine Lösung, vielleicht hilft es Dir aber zu wissen, dass Du mit dem Problem nicht alleine bist. Ich kenne Hobbymusiker die mir versichern, ihre Bestleistung nur für sich allein bringen zu können. Sobald Zuhörer da sind, fühlen sie sich verunsichert und prompt läuft es nicht mehr so gut. Bei anderen ist es umgekehrt: sie wachsen über sich hinaus, wenn sie anderen vorspielen, weil sie sich herausgefordert fühlen und sich Ihrer selbst sicher sind.

    Selbstsicherheit ist nicht jedem gegeben. Auch ändert sie sich im Laufe des Lebens. Es gibt immer mal Phasen, da fühlt man sich unsicherer. Viele Unsicherheiten überwindet man aber von selbst. Es ist ein Auf und Ab.

    Ein Musiklehrer ist nun jemand, der beides tut: bestätigen und kritisieren. Die Bestätigung motiviert, die Kritik verunsichert. Besonders dann, wenn man bestimmte Lernziele einfach nicht erreicht. Zum eigenen Frust kommt dann die Vorstellung, dass man den Lehrer enttäuscht.

    Am wenigsten Probleme hatte ich mit Lehrern, die mir immer das Gefühl gaben, ein guter Schüler zu sein, die sich nicht an einzelnen Punkten übertrieben fest bissen, die mir die Hoffnung vermittelten, später einmal das zu können, was mir im Moment nicht gelang.

    Gut fand ich es, wenn ein Lehrer statt negativer Kritik nach dem Motto: "das machst Du schlecht" konstruktive Vorschläge machte, z.B. "versuch das doch mal so, ich zeige es Dir".

    Die Kritik, Du "fühlst die Musik nicht" finde ich schon extrem hart. Jedenfalls würde sie mich verletzen und meine Stimmung wäre im Keller.

    Bei einem guten Lehrer fühlst Du Dich wohl, er ist wie ein Freund, er teilt mit Dir die Freude an der Musik und die Freude am gemeinsamen Musizieren.

    Nachdem hier schon eine Aussprache vorgeschlagen wurde: vielleicht möchtest Du eine gute Freundin oder einen Elternteil zur Saxophonstunde mitnehmen. So eine beobachtende Teilnahme ist für Deinen Lehrer sicher kein Problem, es ist doch normal, dass andere sich für Deinen Unterricht interessieren. Auch ist das Ganze unverfänglich. Du erfährst dann, wie eine dritte Person Deinen Unterricht erlebt.

    Und schließlich: Du bist nicht im Unterricht, um Deinem Lehrer zu gefallen, sondern weil er Dir nützen soll. Wenn Du Dich beobachtet fühlst denke einfach: "ist völlig egal, ich mache mein Ding!"

    LG Johannes
     
  12. saxOpus

    saxOpus Nicht zu schüchtern zum Reden

    Hallo zusammen!

    Erst mal Danke für eure hilfreichen Antworten. Hier mal noch eine kleine Zusammenfassung der Dinge, die ich für mich als wichtig empfinde.

    Mein Lehrer ist der erste und einzige Lehrer bisher. Wir verstehen uns gut, die Chemie stimmte vom ersten Augenblick an. Wir haben über meine "Gefühls"-Problematik miteinander gesprochen. Es war ja nicht so, dass er diese Äußerung mir gegenüber ausgesprochen hat und mich dann damit hat hängen lassen. Er weiß auch ganz genau, wie sehr mir mein Instrument am Herzen liegt.

    Ich spiele seit einigen Jahren in einem Saxophonensemble, habe dort für mein Empfinden deutlich weniger Probleme mit dem Spielen, habe rundere und vollere Töne als in der Unterrichtssituation. Habe auch immer wieder mal Einzelbesetzungen/kleinere Soli zu spielen. Dann kommt mein Lampenfieber auch wieder zum Vorschein, aber wiederum nicht so stark wie im Unterricht.

    Ich denke beim Spielen zuviel, besonders im Unterricht, möchte natürlich alles richtig machen und wünsche mir nichts mehr als schöne Töne. Ganz klar, dass dabei musikalisches Gefühl auf der Strecke bleibt, das habe ich erkannt.

    Ich hab auch schon des öfteren auf Weihnachtsfeiern meines Chores, in dem ich singe, gespielt: Ganz ohne Nervosität, ohne Stress, ohne Druck. Einfach schön. War allerdings auch niemand dabei, der Sax spielen kann, schon mal gar kein Profi.

    Zu einer Erkenntnis bin ich aber schon gekommen:

    Mein tolles, heißgeliebtes Hobby aufgeben? NEIN! Auf gar keinen Fall!

    Danke euch allen nochmals und viele Grüße!

    Saxophobia
     
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