Musik und Sprache

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Gast, 27.Dezember.2011.

  1. Gast

    Gast Guest

    Hi Zusammen....

    Ich will hier mal ein Thema aufwerfen, dass mich schon lange beschäftigt.......Nämlich : IST ZUM SPIELEN EINER MUSIK AUS BESTIMMTEN REGIONEN AUCH DIE SPRACHE WICHTIG ???
    Anders ausgedrückt: Kulturell bedingte Melodien und Spielweisen, Artikulation usw ergeben sich ja oft auch aus den Gesangsstimmen einer gewissen Musikrichtung....
    ...oder ?
    zB: Will ich den Klezmer und seine Phrasierung verstehen...und natürlich auch spielen....sollte ich ein wenig Jiddisch oder Hebräisch können......................Will ich Brasilianischen Salsa spielen...so reicht es nicht, Europäisches Spanisch oder Portugieseisch zu sprechen...man muss sich auch auf die örtlichen Dialekte und Phrasierungen einlassen.....der eine sagt : Un Pooco...der andere : Un Poccooo......( ein wenig ) > und das schlägt sich auch in Rhythmik und Phrasierung der Sounds nieder.

    In Äthiopien habe ich das bisweilen ganz frappant erlebt....die gingen daher und übersetzten Amerikanische Songs in s Amharische...was eher Arabisch hackig klingt, als Englisch.....und schon waren die Vibes des Songs GAAANZ anders....auch die Spielweise der Backgroundmusicians...zwangsläufig.

    Bob Marley hat seine Songs auf einem vergleichsweise ""sittsamen"" englisch komponiert.....würde man sie in originalem Jamaican Patois singen, kämen sie völlig anders rüber.....( ich spreche es fliessend...daher weiss ich das ).....

    Und nun stelle man sich vor, der berühmte Song "Fernando" von ABBA würde plötzlich auf Arabisch ....oder chinesisch intoniert.....das wäre eine völlig andere Welt.

    Daher mein Rückschluss >>>> will man verschiedene Musiken aus aller Welt spielen.....will man sie möglichst original und authentisch halten, sollte man sich zumindest ansatzweise auch mit der jeweiligen Sprache etwas befassen.....zumindest mit ihrem ""Singsang"" und ihrer Artikulation.................man muss ja nicht deswegen Vokabeln lernen ;-) ;-) ;-)


    Was meint Ihr dazu ??


    LG

    CBP
     
  2. prinzipal

    prinzipal Ist fast schon zuhause hier

    ho, das ist aber mal ein mutiger gedanke !

    ja, da ist was dran. allerdings könnte die fragestellung noch etwas klarer sein: geht es um die gesamte semantische konstruktion einer anderen sprache und deren bedeutung für melodien oder gesungene lieder, oder nur um laute, und gewisse rhythmische effekte, die uns hierzulande fremd erscheinen ?

    ( dann ziehe mensch sich mal die alten lutter ( e.a.) lieder mit ihrem bemühen rein, in grobem metrumwechsel die feinheit des gregorianischen chorals zu imitieren ... )

    oder post weihnachtlich anders: adeste fideles: es würde unterschiedlich zu atmen sein, je nach deutschem, lateinischem oder sonstwie übertragenem text ...

    demnach wäre zunächst mal die bereitschaft wichtig, den rhythmus der originalen melodie habwegs ins andere idiom zu formen, ohne die übersetzung allzu krass werden zu lassen ...

    ja, da geht was...

    nochn beispiel: bring on the night, von sting, gibts auch als: traeme la noche ...

    erkennt aber niemand.

    :-D


     
  3. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    das ist sehr interessant, vielleicht gibt es da ja Forschungen ? Gerade bei der Entstehung der menschlichen Sprache und Entstehung der Musik ( erste Instrumente vor 35000 Jahren oder so) wäre doch sicher ein geeigneter Ansatzpunkt?
    Aber wenn ich mich in der deutschen Sprache so umhöre, vielleicht sollten wir uns da auf Militärmärsche konzentrieren... ;-)
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich finde den Gedanken naheliegend. Mehr noch, er forscht nach einem Zusammenhang, der in der 'Frühzeit' der Menschheit wohl untrennbar war.

    Ich muss immer schmunzeln, wenn ich von den 'ersten' Instrumenten lese. Das erste Instrument gab es schon, als dieses noch gar nicht als solches erkannt wurde. Das wirft eher ein Licht unsere heutige Sicht- und Lebensweise, die Sprache und Musik als zwei unterschiedliche Ausdrucksformen begreift.

    Sprache, Gesang, Rhythmus, Gang, Nachahmung von Tiergeräuschen, Tanz, all das war früher eine Einheit, die es heutzutage kaum mehr gibt. Ich habe eine Aufnahme von den Aka-Pygmäen während der Jagd. Verständigung und Musik sind da nicht auseinander zu halten.
    Sprache und Musik haben sich entfremdet und den One Note Samba kann man beliebig in Englisch, Portugiesisch oder Japanisch singen, ohne dass sich die Musik ändern müsste.
    In der globalen Welt wird jede noch so ursprüngliche Musik in die große Ethnopampe gerührt.

    Das Hören einer Fremdsprache hilft ganz sicher, wenn man die Musik einer Kultur verstehen lernen will, aber gerade dadurch, dass ein jeder in allen Kulturen herum wildert, werden diese zerstört.

    Es ist kein Zufall, dass das Abhandenkommen autochthoner Musikkultur mit der Entwicklung der mechanischen Musikaufzeichnung zusammen fällt.
     
  5. flar

    flar Guest

    Hallo ich finde den Grundgedanken schon sehr interessant, werde mich da aber etwas zurück halten müssen, da ich alles andere als ein Sprach Genie bin. Falls Ihr das Thema ausbaut und der Stoff vielleicht doch etwas dröge wird müßt Ihr mal in die CD Reihe „1000 Nadelstiche“ (Bear Family Records) reinhören. Es handelt sich dabei um Lieder von englischen oder amerikanischen Interpreten die sie selber auf deutsch singen .Die Lachkrämpfe sind da bei einigen Sachen garantiert.Leider besitze ich aus der Reihe keine CD, hab ich mal im Radio gehört. Ich könnte aber mit Dean Martin aufwarten der auf etwas was japanisch sein soll, etwas singt, was ungefähr wie „Everybody love somebody“ klingt. Ich wünschen allen die mit Fremdsprachen nicht so auf Kriegsfuß stehen wie ich viel Spaß bei dem Thema.
    Bis dann Flar
     
  6. ppue

    ppue Mod Experte

    Z.B.:

    http://6.hidemyass.com/ip-1/encoded/Oi8vd3d3LnlvdXR1YmUuY29tL3dhdGNoP3Y9eGFnZkRtV0V2U28%3D&f=norefer

     
  7. cara

    cara Strebt nach Höherem

    interessantes Thema :-D

    @ ppue
    Ich bin der Meinung: Auch heute noch ist es eins.
    Nicht jeder kann ein "Musik"instrument spielen, aber jeder beherrscht die Musik der Sprache. :-D

    Selbst wenn die Worte nicht verstanden werden können, hört jeder sehr gut an Kombination von Rhythmus, Melodie, Auswahl der Laute, Geschwindigkeit, Tonhöhe, relative Lautstärke, Spannungsaufbau etc. ob man den Sinn

    - zärtlichem Liebeswerben,
    - aufmunternden Begleitworten beim Füttern von Opa,
    - dem Staccato eines Feuerwerkeinsatzes,
    - der gelangweilten Erklärung des Trainers im Fitnessstudio,
    - der ängstlichen Frage des HartzIV-Empfängers vor dem Bankschalter,
    - der fordernden Mahnung der Lehrerin
    - der langatmigen Erklärung des Zollbeamten
    - der freundlichen Frage der Fleischverkäuferin
    - ..............

    zuordnet.

    Das ist Musik und nichts anderes tun wir auch, wenn wir Saxophon spielen. Wir kommunizieren, erzählen Geschichten, stellen Fragen etc.

    Wer nicht wirklich etwas weiß, etwas interessantes zu erzählen hat, nichts zu fragen, egal in welcher Sprache, wird auch mit seinem Instrument gerademal Trallala-Musik machen können. (Deshalb lieben vielleicht soviele Trallalamusik?)

    Gruß Cara
     
  8. Gast

    Gast Guest

    Hallo,
    ich glaube nicht, dass es allein die Sprache ist, sondern vielmehr der andere kulturelle Hintergrund, mit allem was dazu gehört.
    Ich spreche ein wenig rumänisch und kann auch nicht besser die Volksmusik spielen auch wenn ich sie nicht könnte (halbwegs).
    Musik ist ja Sprache und wenn du hörst wie die Menschen sprechen, dann brauchst du auch nicht jiddisch zu lernen, natürlich hat niemand etwas dagegen, wenn du es tust aber davon allein wird deine Klezmerinterpretation nicht besser.
    Musik ist hören, und wenn du die Musik der anderen hörst und du so spielen willst, dann höre einfach wie sie spielen.
    Da niemand von uns in den Favelas geboren oder gelebt hat, kann man sich sicher nur der Interpretation annähern.
    Ich habe 2 LP`s, richtige schwarze runde Dinger, Violinkonzert von Beethoven, einmal mit Bernstein und einmal mit Furtwängler.
    Bei Bernstein klingt das fast wie ein Musical - hat das etwas mit der Sprache zu tun?
    Aber allemal interessant.
    Gruss Milo
     
  9. Gast

    Gast Guest


    Hmmm jadoch,

    Das sind ein paar interessante Gedanken dazu.

    @Ppue

    Du meinst, früher wären Musik/Sprache/Kommunikation sowieso nicht so getrennt voneinander gewesen, wie heute. > Sehe ich ähnlich. Man sieht/hört das heute noch bei den Äthiopischen Hochlandhirten....sie kommunizieren über weite Strecken und Täler hinweg eher durch gesungene Töne als mit Worten.
    Das Alpengejodele mag mal eine ähnliche Funktion gehabt haben.

    Ansonsten : Klar, die Sprache alleine macht es nicht nur...sondern auch die Kultur einer Region oder eines Volkes,-
    doch kann man gerade diese über die Sprache wohl am einfachsten ergründen.

    @Milo
    Schon klar...ich werde jetzt auch nicht jiddisch lernen mit reicht, dass ich es etwas verstehe....es hilft, manche Lieder besser zu intepretieren, zu sehen, wie sie WO und WANN welche Betonungen einsetzen und wie sich das dann in instrumetellen Stücken um- bzw fortsetzt.

    Ein kleines Beispiel, welches mich auch auf diesen Gedanken brachte, war ein Brasilianer, mit dem ich längere Zeit zusammengespielt habe, von dessen Kauderwelsch ich mit meinen wenigen Brocken Spanisch wenig verstand ( Portugiesisch ist ja NOCH mal ein wenig anders....und Brasil Potuguese sowieso) .... da er jedoch Percussionist war,untermalte er seine Erklärungen auch immer gleich percussiv, sang mir dazu seinen Film vor und so kamen wir prima klar. Nach einer Weile konnte ich ihn dann doch recht gut verstehen und kam dahinter, WIE er WAS meinte und WIE er das tonal und verbal rüberbrachte.

    Als ich später mit einem ANDEREN Brasilianer in s Studio ging, dessen Gesang ich kontradoppeln sollte, fiel mir dieses dann doch recht leicht...weil ich bereits vorherahnen konnte, wie er seine Betonungen und Artikulationen setzen würde, obwohl ich von seinen Texten wenig verstand. Wäre ich nicht vorher schon so intensiv mit ""Brasilianisch" konfrontiert gewesen, hätte ich mich vielleicht etwas schwerer damit getan. So ist es jedoch eine sehr schöne, harmonische Aufnahme geworden.

    Wie ich schon schrieb...man muss nun nicht unbedingt ein Vokabelheft kaufen und auswendig lernen ... aber der Singsang und die Eigenheiten einer jeweiligen Sprache können doch aufschlussreich sein, auch die gegebene Musik besser zu verstehen...denke ich zumindest.

    LG

    CBP
     
  10. Gast

    Gast Guest

    Hi, das ist schon klar aber hören ist das A und O, ob ich nun die Sprache kann oder nicht ist für mich da zweitranging...auch wenn du nur la, la gesungen hättest, wäre dir der Rhythmus der Sprache nur über das Hören erschlossen (wer nicht sehr musikalisch ist lernt auch kein Chinesisch, und Kantonch. ist noch mal ne Schippe drauf).
    Vielleicht reden wir ja aneinander vorbei aber HÖREN WAS PASSIERT IST DAS A UND OOOOOOOOOOOOOOOOO.
    Gruss Milo

     
  11. abraxasbabu

    abraxasbabu Ist fast schon zuhause hier

    Ich weis nicht so recht ob man eine Sprache wirklich können muß um die Musik zu spielen. Ich habe als Kind englich gesungen oder was ich dafür gehalten habe. Musik ist doch eben genau keine Sprache mit worten. Der Rytmus macht es doch aus.
     
  12. Gast

    Gast Guest

    Vor einigen Tagen gab es auf Arte eine Sendung, die hieß "Musik und Neuronen" oder ganz ähnlich.

    Neben vielem anderen Interessanten wurde dort auch dargestellt, dass die Musik, die sich im Laufe der Zeit in den verschiedenen Sprachkreisen entwickelt hat, auch mit der Lautmalerei der jeweiligen Sprache zusammen hängt.

    Ob man deshalb, wenn man die Musik des Sprachraumes spielen will, die Sprache können muss, weiß ich nicht. Schaden wird es jedenfalls nicht.

    Herzliche Grüße,

    Joe

     
  13. Gast

    Gast Guest

    @Joe 60

    ""Neben vielem anderen Interessanten wurde dort auch dargestellt, dass die Musik, die sich im Laufe der Zeit in den verschiedenen Sprachkreisen entwickelt hat, auch mit der Lautmalerei der jeweiligen Sprache zusammen hängt""

    Genau von solchen Phänomenen rede ich hier !! Interessant!

    @Milo
    Nein nein...ich denke ich verstehe schon ganz gut, was Du meinst - und das trifft ja auch den Kern der Sache.
    Musik HÖREN ist weitaus wichtiger als irgendwelche Sprache dazu, um sie auch spielen und interpretieren zu können.

    Andersherum: Man muss nicht Brasilianisch lernen um Salsa zu spielen...sondern ehr SALSA Hören.....das ist schon klar.

    Mir ging es auch eher um solche Geschichten, wie die von Joe60 gepostete.....dass eben zw. Sprache und Musik durchaus ein Zusammenhang besteht....ergo, wenn man ZUFÄLLIG eine Sprache kann, man evtl auch einen tieferen Zugang zu der jeweiligen Musik bekommen kann.

    Man kann bestimmt portugiesische Fado-Gesänge auf dem Sax imitieren, einfach, indem man sie hört.
    Versteht man jedoch auch deren Vibes und ein wenig von deren Inhalt...geht es bestimmt noch besser. ;-)

    LG

    CBP
     
  14. Gast

    Gast Guest

    Sicher ist es immer von Vorteil etwas tiefer reinzuschauen. Einem unmusikalischen Brasilianer nützt auch die Kenntnis der Sprache nichts :))
    Gruss Milo
     
  15. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Sprache sagt viel über die Art zu denken des jeweiligen Volkes aus. Wenn man z. b. Französisch mal etwas analysiert, dann kommen ganz andere Denkstrukturen zu Tage, als wir im Deutschen gewohnt sind.
    Allerdings hat sich unsere Sprache ja auch verändert über die Jahrzehnte / Jahrhunderte. Von daher wäre ein Goethe oder Schiller, oder gar ein Mörike oder Rilke, aber auch ein Thomas Mann heutzutage mit unserer von Amerikanismen und materialistischer / naturwissenschaftlicher Denkweise geprägten Sprache nicht mehr möglich. Spannend ist auch, in wie weit sich die Musik z. B. in Westafrika unter dem Einfluß des französischen und dann amerikanischen in den letzten 100 Jahren verändert hat. Da spielt keiner mehr Kora, sondern E-Gitare mit entsprechend anderer Ausdrucksweise.
    In wie fern sich die Sprache und Musik Brasiliens sich unter dem Eindruck des Wirtschaftsaufschwunges und der sich ändernden kultur seit den 50iger Jahren verändert, könnte man ja momentan 1 : 1 studieren.

    Jedenfalls ein sehr komplexes Thema und mit Sicherheit ein lebenslanges Studienfeld für Musikwissenschaftler und Ethnologen.
     
  16. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Hallo!

    Da ich neben meinem Beruf und meinem Hobby Musik nicht auch noch 20 Sprachen lernen kann, muss ich mich darauf beschränken, einfach mal hinzuhören:

    - Welchen Rhythmus hat sie?
    - Wie klingt sie? Sound, Sprachmelodie?
    - Wie schnell ist sie?

    Erinnert mich an "Die Sendung mit der Maus" (Das war afghanisch!).

    Man kann sich ja mal mit dem Klang der frnzösischen Sprache beschäftigen und dann mal eine deutsche und eine frnzösische Pfeienorgel nebst typischer Registriereungen anhören - welch ein Unterschied!

    Oder bei "Klingon Honour Guard" klingonische Opern hören. :)

    Oder "Bilder einer Ausstellung" ... klingt halt anders als Brahms. Warum?

    Grüße
    Roland
     
  17. Gast

    Gast Guest

    ...eine Anmerkung noch. Aus Frankreich kamen schon immer gute Flötisten. Dies hat mit der Sprache und der feineren Nutzung der Zunge im Französischen zu tun. Dadurch kann man viel besser artikulieren; sozusagen angelernt mit den ersten Worten.

    Gruss Milo
     
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