Musikalität - angeboren oder erlernt?

Dieses Thema im Forum "Workshops / Meetings / Konzerte" wurde erstellt von pth, 13.Februar.2020.

  1. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Ein Gen für Musikalität hat man meines Wissens noch nicht gefunden, deshalb ist angeboren eher ein Mythos.
    Aber ein Kind, das in einer Familie aufwächst, in der immer viel Musik gemacht und gehört wird, bekommt sicher einen tieferen Bezug zur Musik, wird also eher das sein, was man musikalisch nennt.
    Das hat zunächst nichts damit zu tun, ob es zu einem Musikinstrument greift oder nicht, der Bezug wirg immer ein engerer sein und die Fähigkeit, auch komplexere musikalische Zusammenhänge zu erspüren, eher gegeben.
     
  2. Saxfreundin

    Saxfreundin Strebt nach Höherem


    "Angeborenes Talent" oder "in den Genen" ist kein Mythos, sondern wissenschaftlicher Fakt.
    Durch Häufung bestimmter Talente und Fähigkeiten bei Vorfahren wird die Wahrscheinlichkeit des erneuten Auftretens höher.

    Selbstverständlich trifft "die Anlage/Veranlagung" des Weiteren auf Erziehung, Bildung und soziale Einflüsse...
    .
     
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  3. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Zwischen "Gen XYZ macht genau ABC" und angeborenen Stärken und Schwächen sehe ich aber ganz viele Zwischenschritte.

    Es gibt auch nicht genau ein Gen für große Nasen. Trotzdem gibt es Familien, in denen sehr viele große Nasen haben.

    Grüße
    Roland
     
  4. rbur

    rbur Mod

    Auch hier gehört ordentliches Handwerk dazu.
    Ich war auf einem Workshop bei Markus Stockhausen, und der hat mir doch ziemlich deutlich nahegelegt, mir mal die Kirchentonarten ordentlich draufzuschaffen.
     
  5. albsax

    albsax Ist fast schon zuhause hier

    beeindruckendes Beispiel für Begabung und was daraus wird wenn sie (u.a. von Quincy Jones) gefördert wird ;)

    LG
    Albrecht







     
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  6. Jazzica

    Jazzica Ist fast schon zuhause hier

    Hallo pth,

    diese Blockaden sehe ich auch bei ganz vielen meiner Kollegen in der Big Band und anderswo. Ich bin mir aber nicht sicher, ob und inwieweit das mit Musikalität zu tun hat.

    Offenbar gibt es verschiedene Herangehensweisen an die Musik (im folgenden vereinfachend dargestellt):

    Es gibt Leute, die als Kinder ein Instrument bekommen und gleichzeitig mit der Instrumentaltechnik das Musizieren und auch das Notenlesen lernen. Wenn diese Leute dann jahrelang hauptsächlich nach Noten musizieren, werden sie zu exzellenten Blatt-Spielern und können sich Melodien anhand der Noten, die sie sehen, schon vorstellen. Allerdings werden sie ohne Noten aufgeschmissen sein und nicht wissen, was sie spielen sollen.

    Andere Leute schnappen sich als Kinder ein Instrument und versuchen gleich mal, "Hänschen klein" oder welche Melodie auch immer sie gerade im Kopf haben, darauf zu spielen. Dadurch entwickelt sich ein Gefühl für das Musizieren, welches die musikalische Vorstellung direkt mit einem Fingersatz verbindet. Das Lesen von Noten stört da nur, weil es als überflüssiger Zwischenschritt wahrgenommen wird. Wenn das über Jahre hinweg so praktiziert wird, dann können diese Leute prima nach Gehör spielen, sind aber aufgeschmissen, sobald man ihnen ein Notenblatt vorlegt und haben Schwierigkeiten, aus den Noten herauszulesen, welche Musik gemeint ist.

    Ich glaube, dass es keine Frage der Musikalität ist, zu welcher Gruppe man gehört, sondern eher des musikalischen Weges, den man einschlägt oder auf den man gebracht wird.

    Wenn ich versuchen wollte, die Improvisations-Blockaden bei einem Notenspieler zu lösen, würde ich folgendes tun:

    - trainieren, Melodien, die man im Kopf hat, nach Gehör zu spielen (vielleicht erst mal mit kurzen Phrasen / einfachen Melodien anfangen, oder auch mit Intervallen). Als Übung ist hier z.B. das "Frage- und Antwort"-Spiel gut, wo ein Spieler eine kurze Phrase spielt und der andere auf diese Phrase "antwortet".
    - trainieren, eine musikalische Vorstellung zu entwickeln, indem man z.B. ein Solo auf eine bestimmte Akkordfolge singt. Das, was man gesungen hat, kann man ja dann versuchen, auf das Instrument zu übertragen.

    Meiner Erfahrung nach ist das trotzdem ein langer und schwieriger Weg für Viele. Alleine z.B. das Nachspielen einer Melodie, die man im Kopf hat, scheint für Viele schwierig zu sein. Ich halte das trotzdem für eine unabdingbare Voraussetzung für das Improvisieren, denn dafür muss man immer eine musikalische Vorstellung haben und diese auf das Instrument übertragen können.

    Viele Grüße von

    Jazzica
     
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  7. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest


    Talent ist Glückssache. Nämlich das Glück, ob man von den Eltern gebildet wird, das Geld und die Möglichleiten hat, eine gute Ausbildung zu beschreiten, ob man in einer Umgebung aufwächst, die einen fördert und neue Anreize setzt.

    Ansonsten ist aber alles erlernt und durch Übung angeeignet.

    Soweit meine Meinung.
     
  8. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Das ist aber nicht „Talent“, sondern die Rahmenbedingungen, damit Talent sich entfalten kann.

    CzG

    Dreas
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 14.Februar.2020
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  9. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Oder eben auch nicht. :)

    Wie der Knirps, der nach drei Monaten oder so Klavierunterricht das erste Stück aufbekommt, bei dem beide Hände gleichzeitig benutzen muss. Zwei Wochen später die nächste Klavierstunde und er konnte das Stück auswendig in allen 12 Tonarten. Ohne das exzessiv geübt zu haben. Einfach die Struktur gerallt und dann auf andere Tonart übertragen.

    Grüße
    Roland
     
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  10. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Hier herrscht ja Meinungsfreiheit. Aber - der Hinweis sei gestattet - dem aktuellen Stand der Forschung entspricht diese Meinung nicht.
     
  11. ppue

    ppue Mod Experte

    Da bin ich ganz bei @Jazzica, Es gibt Sonne un Solche.

    Für einen, der immer Noten gespielt hat, ist eine Improvisation vergleichbar mit einem schmalen Steg 20 Meter über dem Boden. Hat man am Boden keinerlei Probleme, über den Steg zu laufen und sogar noch Pirouetten zu drehen, traut man sich in der Höhe gar nicht erst los zu laufen.

    Eine Improvisation hat immer etwas von einem kleinen intimen Kunstwerk und das macht es schwierig, ohne Handlungsanweisung etwas zu kreieren, was man gar nicht kennt.
    Deshalb würde ich den Begriff Improvisation gar nicht gebrauchen und ganz wie @Jazzika, erst einmal Töne vorspielen, die gefunden werden müssen, kleine Phrasen spielen, die nach gespielt werden sollen, später Frage Antwort: CDEFG? GFEDC! Einigt man sich auf C-Dur, dann wird die Antwort immer passen und der Angstvolle wird vielleicht keine andere Antwort mehr spielen wollen. Immerhin aber spielt er ohne Noten.

    Oder ich würde eine Gruppe einen durchgängigen Akkord spielen lassen und die Probanten auffordern, einen Ton dazu zu spielen und zu sagen, ob er sich reibt oder verbindet. Später erklären, dass, wenn ein Ton sich reibt, man einen darunter oder darüber spielt. Was passiert dann?

    Also das Spielen ohne Noten zu erlernen, ohne dass es direkt eine Improvisation ist.
     
  12. Rick

    Rick Experte

    Tja, ich bin in meinem Unterrichtsalltag auch immer wieder mit der Frage konfrontiert, ob ein Schüler "musikalisch" ist, warum er gerade irgendwas nicht "kapiert", ob sich der Aufwand überhaupt lohnt oder sich derjenige nur unnötig "quält"...

    Da habe ich schon viele erstaunliche Phänomene erlebt:
    Jemand müht sich eine Zeit lang ab, es ist für uns beide unglaublich mühsam, doch plötzlich scheint eine Mauer eingerissen, ab dem Punkt läuft es wie von selbst, tolle Erfolge zeigen sich.
    Ein anderer lernt anfangs sehr schnell, doch irgendwann wird es mühsam, er verliert das Interesse und hört schließlich auf.

    Meiner Ansicht nach ist neben der Disposition ("Talent") die Motivation sehr entscheidend. Ich selbst bin als Grundschüler gewiss nicht durch besondere "Musikalität" aufgefallen, weil mich die Musik, mit der ich in der Umgebung konfrontiert war, nicht sonderlich reizte. Die Lieder in Kindergarten, Gottesdienst und Schule waren für mich langweilig, genau so das, was ich im Klavierunterricht zu spielen hatte. Meine Mutter war ja Amateur-Sängerin auf recht gutem Niveau, doch ich empfand als Kind ihre Stimme zu laut.
    Durch Kino und Fernsehen lernte ich dann andere Musik kennen, die mich mehr packte, und plötzlich war mein Interesse da, so etwas selbst machen zu können. Ich entwickelte einen gewissen Geschmack, begann meiner Klavierlehrerin Stücke vorzuschlagen, die ich gern spielen wollte, begann zu Improvisieren, eigene kleine Kompositionen zu machen usw.

    Umgekehrt mein Sohn: Er war schon früh recht "talentiert" und zeigte das auch, aber bei ihm gab es nie diesen "Kick", daraus mehr zu machen. Er hätte bestimmt das Zeug dazu gehabt, aber er war einfach nicht ausreichend von sich aus motiviert. Er machte im Unterricht (Klavier, Schlagzeug) das, was von ihm gefordert wurde, aber der entscheidende Schritt zum richtigen Interesse blieb einfach aus.

    Deshalb mag ich nicht "Talent" oder "Musikalität" gesondert sehen. Es schadet sicherlich keinem Kind, wenn es GEDULDIG an die Musikpraxis herangeführt wird, doch ob daraus später mal ein "richtiger" Musiker wird, ist meiner Ansicht nach von vielen Faktoren abhängig.
     
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  13. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Gibt es da einen Beleg / Link dafür?
     
  14. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Ja.
     
  15. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Wo?
     
  16. Claus

    Claus Mod Emeritus

  17. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Dass eine genetische Disposition in der Gleichung vorkommt, wird heute kaum noch ernsthaft bestritten.

    Wieviel dieser Faktor ausmacht, ist eine andere Geschichte.
     
    Rick gefällt das.
  18. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Das ist auch mein Kenntnisstand.

    Leider ist das Thema ideologisch belastet, weil Nazis die Auffassung vertraten alles sei genetisch bedingt, und Linke, vor allen in den 60gern/70gern der Auffassung war, alles wäre durch Erziehung und soziales Umfeld bestimmt.

    Beides ist wohl heute wissenschaftlich widerlegt, beides spielt eine Rolle.

    CzG

    Dreas
     
    Rick gefällt das.
  19. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Danke für die Infos. Finde das Thema gerade auch wegen meiner Familiengeschichte sehr interessant.
     
  20. abraxasbabu

    abraxasbabu Ist fast schon zuhause hier

    Ich glaube nicht an Talent. Es gibt Menschen die haben das absolute Gehör. Aus Musikerfamilien kommen oft Musiker. Angeboren, vererbt? Ich denke der Grund ist dass sie von Anfang an viel Musik gehört haben. Sehr früh ein Instrument in der Hand hatten usw.
     
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