Musikalität - angeboren oder erlernt?

Dieses Thema im Forum "Workshops / Meetings / Konzerte" wurde erstellt von pth, 13.Februar.2020.

  1. ppue

    ppue Mod Experte

    Intuitiv bedeutet nicht, eins zu eins seine aktuellen Emotionen zu spielen. Ganz im Gegenteil würde ein starker emotionaler Zustand, den man aus dem Alltag mit bringt, ein spontanes miteinander Spielen und Aufeinandereingehen das "Spiel" behindern. Es bleibt nämlich ein Spielen und ist abgekoppelt von der realen Lebenssituation, ist nicht die Lebenssituation selbst.
     
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  2. pth

    pth Ist fast schon zuhause hier

    “Play to tell your story. Show yourself. Share your life with people, not just your talent, but your life.”
    Emmy Dayhuff
     
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  3. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Agieren - Reagieren. Hören - Mitspielen - Hören. Zu einer Stimme die erklingt eine 2.Stimme dazu spielen. Umspielen, Umkehrung, Krebs usw. Alles aus dem Bauch heraus. Aber hören ist immer wichtig!
     
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  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Spiele, um deine Geschichte zu erzählen heißt nicht, sei du selbst.
     
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  5. reiko

    reiko Strebt nach Höherem

    Wir sind jetzt wohl ein bisschen in Richtung intuitive Musik gedriftet, weil ich finde, dass sie auch mit Musikalität zu tun hat. Ich möchte aber aus meinen bescheidenen Erfahrungen heraus ein paar Dinge ansprechen:
    Chaos im Ensemble: Wir sind damals ganz naiv ran gegangen, haben uns im Kreis aufgestellt (bis auf den Pianisten) und unserer Intuition freien Lauf gelassen. Das klang wie ein kleines Orchester beim Einspielen. Nachdem unser Anleiter den Abend mit dem Satz beschloss "da war schon Schönes dabei", wussten wir, dass wir viel Arbeit vor uns haben, und probierten viele Konzepte.
    Es geht bei intuitiver Musik nicht darum dass jeder sein Emotionales Inneres nach aussen stellt, sondern eher um das gemeinsame Erfühlen von etwas Musikalischem, das aus dem Geschehen heraus durch Intuition entsteht und nicht durch Notenblätter skizziert ist. Dazu gehört das aufeinander Hören, das Aufgreifen von Stimmungen und der Versuch diese mit eigenen Ideen anzureichern, oder aber der Einwurf neuer Ideen, das Drängen zu Veränderungen.
    Das ist wie in einer Gruppe, die versucht eine Geschichte zu spinnen. Da gibt es Sätze auf denen andere ergänzend folgen, aber auch Einwände und Diskussionen bis hin zum heillosem Durcheinanderreden.
    Bei uns hat sich dann das Konzept eines Moderators (Anleiters, Dirigenten, Instant Composer) als besonders hilfreich erwiesen. Er erteilt einem oder zwei Protagonisten das Wort, dann animiert er andere, mit hinzu zu treten und bittet wiederum aktiv Beteiligte sich zu mässigen oder zu pausieren. So pulsiert das entstehende Werk zwischen lyrisch zarten Klängen bis hin zu destruktivem Chaos. Es hat eher nichts mit der aktuellen Befindlichkeit der Teilnehmer zu tun, wenngleich diese sicher auch einen Einfluß auf den Verlauf hat.

    Was habe ich daraus gelernt?
    Ein bisschen mehr, sich in eine musikalische Situation einzufühlen, mehr Vertrauen darauf aus dem Bauch raus Beiträge dazu liefern zu können und dass es auch noch viele andere Dinge gibt, die man auf diesem Wege nicht lernen kann.

    Intuitive Musik ist in jedem Falle aber ein besonderes Erlebnis.
     
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  6. altoSaxo

    altoSaxo Strebt nach Höherem

    @reiko Vielen Dank für die ausführliche und anschauliche Beschreibung!
    Viele Grüße
    aS
     
  7. TootSweet

    TootSweet Ist fast schon zuhause hier

    Sehe ich auch so. Emotionell berührt sollten vor allem die Zuhörenden sein und weniger der Spieler!
     
  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Genau, es ist wie in allen künstlerischen Tätigkeiten. Natürlich hat man ein Tagesgefühl und eine Tagesform, darüber hinaus aber erzählt man spielend, malend, schreibend vom Leben. Auch vom Leben anderer. Und ich muss als Musiker im Stande sein, abzuliefern, auch wenn am Nachmittag die geliebte Oma gestorben ist.. Ja, geht noch schlimmer und in einem langen Musikerleben passieren solche Sch...erlebnisse nicht nur einmal.

    Wie ein Schauspieler lernt der Musiker, ein vorgegebenes Thema zu interpretieren. Ich kann nicht Strange Fruit plötzlich heiter anstimmen, nur weil ich heute so gut gelaunt bin. Wie sollte man ein Programm für den Abend erstellen, wenn man nur nach der eigenen Stimmung ginge?
     
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  9. Rick

    Rick Experte

    Ja gewiss, ich freue mich, dass Du diese sehr wichtige Erfahrung machen kannst!
    Doch für mich hat jedes Musizieren auch eine intuitive Komponente, sobald ich nicht allein im Raum bin, auf jeden Fall stehe ich in einem Spannungsfeld zum Mitmusiker und auch zum Publikum, das bezieht sich allein schon auf Tempo und Dynamik.

    Du hast einfach so Recht! :thumbsup:
    Ja, ich habe das Musizieren auch schon öfter mit der Schauspielerei verglichen, da gibt es viele Parallelen. Und was natürlich manche gerne ignorieren: Es ist Show Business (auch die Klassik, oh ja, und wie!), da will ein Publikum unterhalten, angesprochen, mitgenommen werden. Wenn ich auf der Bühne stehe und dafür auch noch Geld nehme, bin ich nicht meinetwegen da, sondern wegen der Zuhörer, die jetzt etwas erleben möchten.
     
  10. scenarnick

    scenarnick Admin

    Im Idealfall ist das ja eine Wechselwirkung zwischen dem Stück und Dir selbst, die Du dann auf das Publikum projizierst. Der Gedanke an das Stück bringt Dich (Proben vorausgesetzt) in eine bestimmte Stimmung, die das Stück bei Dir induziert, Du machst sie hörbar und bringst das dem Publikum rüber. Also eigentlicher Impulsgeber ist das Stück in der Version, die Du mit der Band geprobt hast.
     
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  11. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Wenn dann noch ein Minimum an freundlicher Moderation dazu kommt, ist es perfekt. Ich hasse die arrogante Hund-Knochen-Friss-Haltung vieler Musiker aller Genres, die meinen, die Musik, die sie machen, müsste ausschließlich aus sich selbst sprechen, und wer es nicht unmittelbar versteht, ist eben zu doof oder zu ungebildet und gehört nicht ins Publikum und kommt besser nicht wieder.
     
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  12. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Volle Zustimmung!

    CzG

    Dreas
     
  13. scenarnick

    scenarnick Admin

    Oh - das ist fast schon einen eigenen Thread wert. Bin ja als hauptamtlicher Sänger in unserer Band unterwegs und damit auch für die Moderation zuständig. Es ist mir letztlich durch "geschickte" Moderation gelungen, meine Bandmates zu einem anderen Stück (als auf der Setlist und als das, was ich anmoderieren wollte) zu schicken. Sh*# happenz :) Aber das führt hier zuweit weg
     
  14. Rick

    Rick Experte

    So jemand gehört meiner Ansicht nicht auf die Bühne, jedenfalls nicht als Frontfigur. Diese Attitüde kann sich auf Dauer nur jemand leisten, der anderweitig genug Geld verdient und nicht auf Gigs angewiesen ist. Und mag er noch so toll spielen - irgendwo gibt es jemanden, der es genau so gut kann.
     
  15. Kannix

    Kannix Ist fast schon zuhause hier

    Meine Meinung: jein. Der Spieler sollte nicht (bzw. nicht zu sehr) von seinen Emotionen und/oder seiner Tagesform beeinflusst sein (ganz ohne ist wohl schwierig bis unmöglich). Aber un die Stimmung des Stücks zum Zuhörer transportieren zu können, muss er sich auf diese Stimmung einlassen, sich ein Stück weit damit identifizieren.

    Wenn ein Musiker/Schauspieler zwar technisch perfekt, aber ohne die zur Geschichte gehörenden Emotionen zu transportieren, abliefert, wirkt das auf mich oft steril bzw. spricht mich nicht an. Das kann aber auch passieren, wenn die vom Spieler transportierten Emotionen nicht zu meinen passen oder zu meiner Erwartung. Und das habe ich leider schon sehr oft erlebt/gehört/nicht gehört ...
     
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  16. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, kommt vor, hehe. Das zu Transportieren ist eben die Kunst.
     
  17. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Screenshot_20200217-201845~2.png
    Hehe, die Profiseite kann ich zwar nicht beurteilen, aber die Amateurseite kann ich zu 100% bestätigen.
    Das sind ungefähr meine "Emotionen"
     
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  18. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Wenn irgend jemand Zweifel daran haben könnte, dass es sowas wie Naturbegabung gibt, der höre sich einfach mal Joey Alexander an, bspw. hier:



    Gruß,
    Otfried
     
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  19. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Wenn ich euch alle richtig verstehe ist nur musikalisch, wer entweder ein Instrument spielen oder singen kann.
    Sorry, falsch.
    Mein Sohn kann beides nicht, und ist trotzdem musikalisch. Er hört gerne musik, er hat gefühl für Rhythmus und versteht in der klassik durchaus auch die kleinen gags, die Komponisten aber auch solisten so einbauen.
     
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  20. Atkins

    Atkins Strebt nach Höherem

    Jo alles gut....kann man durchaus so stehen lassen. Mir persönlich ist die etwaige Musikalität....warum auch immer....eh ziemlich egal und nicht so wichtig.
     
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