Nord-Süd-Gefälle oder ähnliches...

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Supersol, 5.August.2020.

  1. Rick

    Rick Experte

    Gut, man kann alles auf die Spitze treiben! :-D

    Mich hatte dieses Phänomen "Jazz" so fasziniert, dass ich mehr darüber erfahren wollte, auch die Geschichte und die Hintergründe. Damals war ich so 12 Jahre alt, mit 13 gründete ich mit Schulfreunden meine erste Jazz-Band, las Berendts "Jazzbuch" und wurde neugierig auf die Musik von den Namen, die mir (noch) nichts sagten.
    Als ich ja dann mit 14 begann, Saxofon zu spielen, bestand meine Mutter darauf, einen richtigen Lehrer zu nehmen. Doch der einzige Saxofonist weit und breit, der auch Jazz spielte, war ein "uralter" (damals wahrscheinlich jünger als ich heute) Dixie-Typ, der natürlich von der Klarinette kam und in der Probestunde die Meinung vertrat: "Jazz ist seit 1940 tot."
    Diese Denkweise war mir schon damals zu eng, ich wollte mehr lernen über die große, weite, unbekannte Welt des Jazz!

    Also konfrontierte ich mich mit allem, was die Marburger Plattengeschäfte Ende der 1970er in der Jazzabteilung vorrätig hatten, gab dafür mein ganzes Taschengeld aus, von New Orleans bis Free Jazz. Und ich muss sagen, dass ich nach und nach alle Richtungen verstand, auch ihre Prinzipien, heute gibt es keine Platte aus dieser Zeit, die ich nicht irgendwann liebgewonnen habe. :)
     
  2. Claus

    Claus Mod Emeritus

    @Rick

    wenn man wie in Deiner Schilderung in sich den Drang verspürt, mehr über Jazz zu erfahren, dann ist Deine Empfehlung völlig ok. Hier im Forum (wohlgemerkt: Saxophonforum, nicht: Jazzforum) stelle ich nur immer wieder die Tendenz fest, andere mit geradezu religiösem Eifer davon zu überzeugen, dass man Jazz eigentlich mögen muss (wenn man sich nur lange und ausgiebig genug damit beschäftigt).

    Darauf reagiere ich mittlerweile immer etwas gereizt...
     
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  3. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    @Claus

    Ich sehe das genauso wie Du.

    Für mich gibt es keinen Grund mich in was einzuarbeiten, was ich nicht mag.

    Das gilt auch für die Musik.

    Natürlich höre ich heute auch Jazz, den ich früher nicht mochte, hat sich aber generisch ergeben.

    Aber mich irgendwo „reinzwingen“ sehe ich nicht ein. Es ist Hobby und nicht Beruf.

    Parker und Brecker sind nicht mein Ding (bis auf Ausnahmen) und werden es auch nicht.

    CzG

    Dreas
     
  4. Rick

    Rick Experte

    Ja, das MUSS natürlich keiner!
    Übrigens habe ich das mit dem "Reinhören" auch bei anderen Musikrichtungen gemacht oder zumindest versucht, etwa bei moderner Konzertmusik oder Rock und Pop.
    Alle meine Freunde fanden Rock und Pop ganz toll, man schwärmte von den Beatles, diese Begeisterung konnte ich nicht im Geringsten nachvollziehen, mir war das alles einfach zu schlicht, ungelenk, schwerfällig mit dem ewigen harten Backbeat, zu wenig einfallsreich.

    Bei den 1960ern dachte ich daran, was da alles im Jazz passierte: Coltrane, Rollins, Hancock, Miles Davis, Eddie Harris, Duke Ellingtons Suiten, dagegen erschienen mir die Beatles... nun ja... doch recht "bescheiden". (Nix für ungut!) :smil3dbd4e29bbcc7:

    In der Oberstufe versuchte ein Schulkamerad, mich mit Hard Rock zu "missionieren", z. B. mit den Suiten von Jon Lord (abgesehen davon, dass diese von einem "richtigen" Orchesterkomponisten im Detail ausgearbeitet wurden, ganz beachtlich, gebe ich zu).
    Er gab mir Mix-Tapes von Deep Purple usw., ich ihm welche mit Basie und Ellington.
    Zum Schluss habe ich mehr Einsicht und Respekt zum Rock bekommen, und er wurde ein richtiger Jazz-Fan. :cool:

    Vorher schon hatte ich eine niederländische Brieffreundin (Urlaubsbekanntschaft), die mir immer schrieb, was sie gerade gerne hörte, meistens eher tagesaktuell, das war z. B. Rose Royce mit dem "R.R.Express" oder Olivia Newton-John mit "Physical", wovon ich mir immer die ganze LP kaufte und ständig abspielte, um herauszufinden, wie diese Musik strukturiert war und was mir daran gefallen könnte.
    So habe ich dann zumindest alles in Richtung Soul und Funk zu mögen gelernt, eben die "Black Music", aber die Faszination an den meisten anderen, eher "weiß" bestimmten Pop-Richtungen blieb mir bis heute verschlossen. :-?

    Zumindest habe ich es versucht!

    Aber da sehe ich es genau wie Du: Ich bin alt genug, um nicht alles mögen zu MÜSSEN, ich lasse aber gerne anderen Leuten ihren Geschmack. :)
     
  5. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Zwanghaft ist eh blöd. Und ein thematisches Grundinteresse für Musik ist quasi „Geschäftsgrundlage“.

    Generell schadet es aber auch nicht, wenn man Hilfestellung bekommt.
    Mir war zum Beispiel in der Malerei die Moderne suspekt - bis mir mal ein Kunsthistoriker ein paar Zusammenhänge erklärt und mit mir gemeinsam einen Miro „gesehen“ hat.
    Der hängt seitdem bei mir an der Wand. Also der Miro. Also das Bild. Also ein Druck davon... leider nur.
     
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  6. Rick

    Rick Experte

    Genau, für mich war es sehr hilfreich, mit Fans anderer Richtungen zu reden, besonders wenn ich sie mochte (Brieffreundin) oder respektierte (Mitschüler).
    Aber die meisten Rock- und Pop-Fans sagen meistens nur: "Gefällt mir halt, ist ja gerade "in"." Das hilft mir wenig bis garnichts...
     
  7. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Also, der guten Ordnung halber: in diesem Faden, der nun auch schon beliebig ausgefranst ist, hat @Supersol explizit nach Jazz gefragt. In den Parallelfäden ist Jazz gerade das zentrale Thema.

    Vielleicht vermischt sich das ein bisschen, aber ich finde nicht, dass jemand missioniert wird.
    Starke, emotionale Argumentation ist es von @Rick auf jeden Fall. Ich finde das gut (weil ich auch Jazz gut finde), sehe aber natürlich auch andere Blickwinkel - wie oben beschrieben war meine Babyrassel kein Jazzbesen sondern eine Double Kick Drum.

    LJS
     
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  8. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Der Beitrag von @Rick war nur der Auslöser für meine Reaktion - ich halte ihm im Übrigen zugute, dass ihm missionarischer Eifer fremd ist, wie auch seine nachfolgenden Beiträge belegen. Wir kommen eigentlich besonders gut miteinander aus ;)

    Das Bild, das ich oben beschrieben hatte, ergibt sich eher aus der Gesamtschau von einzelnen Äußerungen. Beispiel aus diesem thread:
     
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  9. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Das schätze ich auch sehr an ihm...

    CzG

    Dreas
     
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  10. Claus

    Claus Mod Emeritus

    und wenn ich den thread noch mal genau nachlese, war es auch nicht @Supersol, die das Thema Jazz als Erste angesprochen hat, sondern ein gewisser @Long John Silver. Nur der guten Ordnung halber...:D
     
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  11. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Es stimmt aber, das ist nunmal meine persönliche Erfahrung. Ich beschäftige mich gerne mit der Musik meiner Freunde und Bekannten, aber man kann mit diesen zu selten diskutieren, weil melodische und rhythmische Strukturen nicht bewusst wahrgenommen werden. Am ehesten kann ich dann die Empfindungen anderer mittels Beschreibungen bestimmter Timbre nachvollziehen. Es ist nur frustrierend, wenn jemand als Begründung dafür, dass ihm etwas gefällt, sagt: ,,Es klingt halt toll'', und ich dann als derjenige, welcher versucht, auch gefallen daran zu finden, keine Anhaltspunkte habe.
     
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  12. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    @Claus
    Wo Du Recht hast, hast Du Recht... „angefangen“ habe ich mit der Frage „Klassisch / Populär / Jazz“ in #4 in dieser Reihenfolge und einer Buchempfehlung zu regionalen Unterschieden im Jazz in #11

    Wo ich Recht hab, hab ich aber auch Recht... ich wurde ganz explizit gefragt „Wie war denn dein Weg zum Jazz“ in #28:klug::evil:

    Schlappe 40 Beiträge weiter haben wir @Supersol wahrscheinlich schon längst abgehängt.
    Insofern ist Dein Einwand mit dem „Jazz-Reflex“, den offensichtlich einige hier haben, durchaus berechtigt.
    Ich zähle mich dazu und gelobe Besserung.

    LJS
     
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  13. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Man kann alles mögen, wenn man sich nur lange damit beschäftigt. Die Frage ist nur, ob es einem das wert ist. Wenn jemand musikalisch mit anderer Musik als Jazz völlig befriedigt ist, muss er sich ja nicht die Arbeit machen, extra etwas neues für sich zu erschließen.

    Wobei du recht hast, dass manche hier (auch ich :oops:), toleranter sein und weniger missionarisch an die Disussion ragehen sollten.
     
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  14. ppue

    ppue Experte

    Hat es mal jemand mit dem Operngesang probiert?

    Und vor allem: geschafft?
     
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  15. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Dieser Aspekt war mir immer völlig fremd. Warum sollte ich irgendwo dazugehören wollen? Was nicht heißt, dass ich mal meine Komfortzone verlassen habe, um zu testen, ob mir auch andere Musik zusagt, auch wenn sie mich nicht sofort begeistert. Wer nie was Neues propbiert, ernährt sich noch von Milupa. :)

    Grüße
    Roland
     
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  16. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Ich kenne "religiösen Eifer" auch von der Empfängerwarte. Ein ehemaliger Arbeitskollege hat dreimal versucht, bei mir Interesse für Country & Western zu erwecken. Es geht mir am <beliebiges Körperteil einsetzen> vorbei, wie ehrlich oder handgemacht oder sonst was die Musik ist. Ist einfach nicht meins.

    Ich gehe immer davon aus, dass ab einem gewissen Alter die Leute es selbst in der Hand haben sollten, wofür sie sich interessieren. Mündige Menschen und so. Wenn die halt aktuelle Pop-Charts rauf- und runterhören wollen und nur Radiosender mit "schwerer Drehung" (heavy rotation) und aufgedrehten Moderatoren konsumieren, können die gerne tun. Ich möchte von dieser Musik i.A. verschont bleiben.

    Bach habe mich 10, Debussy mit 12, Ravel mit 13, Jazz mit 15 entdeckt. So ganz grob. und ich höre mir lieber Webern oder Schönberg an als H. Fischer.

    Grüße
    Roland
     
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  17. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    @ppue : meinst du als Hörer oder als Sänger? Letzteres blieb mir leider verschlossen, weil ich zu spät meine Liebe zu manchen Opern entdeckte. Als Hörer bevorzuge ich die klaren Stimmen der Barock-Oper gegenüber den "knödeligen" Belcanto-Stimmen der "klassischen" und romantischen Oper. Die Barock-Oper liebe ich, z.B. G.F. Händel, Beispiel hier aus "Alcina" mit meiner absoluten Lieblings-Sängerin für Alte Musik, Dame Emma Kirkby, ganz ohne Schnörkel oder Vibrato:



    Im Vergleich dazu finde ich die großartige Cecilia Bartoli in der berühmten Arie "Lascia Ch'io Pianga" aus Händels "Rinaldo" etwas zu dick auftragend.



    Trotzdem gefällt sie mir sehr gut und ich liebe ihre Stimme und ihr Temperament. Gedacht hat Händel aber eher an eine solche Stimme:



    Dann die Callas, wer könnte an der für die große Italienische Oper vorbei... "Casta Diva" aus "Norma" von Bellini:



    Im nächsten Leben werden ich Sänger.... Sollte ich zu weit "off topic" gegangen sein, bitte ich um Entschuldigung, aber die Einladung von ppue war zu verlockend.
     
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  18. Rick

    Rick Experte

    Das musste ich nicht, meine Mutter war leidenschaftliche Hobby-Kammersängerin und hat mich mit Arien in den Schlaf gewiegt, klassischer Gesang (auch von Konserve, meine Mutter war ein großer Fan von Tenören) war die erste Musik, die ich in meinem Leben mitbekam, und ein "Sampler" von George Bizet (u. a. mit Auszügen aus seiner Oper "Carmen") war meine erste selbst gekaufte Schallplatte. :)

    Das kenne ich ebenfalls so.
    Viele Menschen hören einfach irgendwas, ohne sich darüber Gedanken zu machen, und haben einen sehr "opportunistischen" Musikgeschmack, sprich: sie hören, was gerade "angesagt" ist.
    Irgendwann, meistens im Lauf der Pubertät, identifiziert man sich auch ein Stück weit mit einer bestimmten Musikrichtung, dabei geht es aber vielen vor allem um "Gruppenzugehörigkeit".

    Für mich sagte Rock vor allem: Alles ist ganz schlimm und dramatisch.
    Jazz raunte mir hingegen zu: Mag sein, aber wird schon, nimm's nicht so schwer.

    Deshalb wollte ich lieber zu den freiheitsliebenden, leicht anarchistischen und irgendwie eher optimistischen Jazzern gehören. ;)
     
  19. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Meine Mutter zum Exempel.
     
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  20. Paul2002

    Paul2002 Strebt nach Höherem

    Schau mal bei diesem Klassiker bei 2:18 rein. Sehr amüsant!

     
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