Obertöne <-> Top Tones

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Otfried, 18.Oktober.2009.

  1. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    ich hab da mal eine Frage an die Experten.

    Beim Üben der Obertöne ist mir aufgefallen, dass ich diese mit einem geringfügig, aber deutlich anderen Ansatz spiele als die Top Tones. Versuche ich die Top Tones mit dem gleichen Ansatz zu spielen, mit dem ich die Obertöne spiele, kommen diese entweder gar nicht, klingen nicht gut, oder intonieren nicht richtig.

    Infolgedessen habe ich mir die Griffe mal etwas näher angeschaut, und festgestellt, dass die meisten der mir bekannten Griffe tatsächlich eher korrigierte Griffe falscher Obertöne sind. Was ich damit meine sei mal anhand des G''' beschrieben:

    Hinsichtlich der Obertöne lässt sich das G''' u.a. spielen als:

    Quint des gegriffenen tiefen C
    Terz des gegriffenen Eb
    Oktav des gegriffenen G

    Für einen Griff des G''' würde man nun erwarten, dass dieser grundlegend auf einem der genannten Grundtöne aufbaut, wie es bei der Querflöte übrigens auch weitgehend der Fall ist.

    Tatsächlich kann ich das G''' spielen, indem ich einen der genannten Griffe greife, und, zur Unterstützung des Überblasens ein oder zwei Klappen zusätzlich öffne, beim gegriffenen G bspw. den linken Mittelfinger hebe, resultierend in
    li: 1,3
    li: 1,3 re: 1,2,3(Eb)
    li: 1,3 re: 1,2,3,4(C und Eb)

    Die beiden auf meinem Buffet gut gehenden Griffe
    li:1,3,4(C#) re: 1,4(C), +Seiten Bb oder
    li: 1 (hoch F) re: 1,4(C), +Seiten Bb

    sprechen leicher an, und klingen besser, ich muss aber den Ansatz gegenüber dem Oberton spielen leicht verändern.

    Typische genannte Griffe für das G''' sind (neben vielen anderen):
    li: 1,3 re: 1,3

    Rascher schlägt vor:
    li: 2 re: 1,2 oder
    li: 1, +D re: 1,2

    Auch bei diesen, wie bei den von mir benutzten kann ich eine direkte Ableitung aus den o.g. Grundtönen nicht wirklich erkennen.

    Würde mich doch mal sehr interessieren, wie da die Erfahrungen von Anderen so sind.

    Gruß,
    xcielo
     
  2. TenSax

    TenSax Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Xcielo,

    mir geht es da genau wie Dir! Anhand des Ansatzes bei den Obertönen bekomme ich keinen einzigen Top Tone hin. Ich muss meinen Unterkiefer leicht nach vorne schieben um dann den optimalen Druckpunkt am Blatt zu erwischen damit es dann richtig hoch geht. Und fester pressen sowieso, aber ich bin immer noch am üben um hier routinierter zu werden....

    Viele Grüße
    Sven
     
  3. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Hallo Xcielo,

    ich muss gestehen ich bin bisher nicht auf die Idee gekommen, dass Obertöne und Top Tones "etwas miteinander zu tun haben". Klar haben sie, aber grifftechnisch scheinen die Top Tones doch eher eine Sammlung von "try and error" zu sein, oder?

    Weiß Jemand, wer die erste Top Tone Tabelle erstellt hat bzw. seit wann welche gespielt werden?

    Liebe Grüße

    Chris
     
  4. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin Chris,

    den finde ich echt gut :-D

    Ich konnte auch lange bevor ich überhaupt in der Lage war auch nur halbwegs Obertöne zu blasen schon 3 1/2 Oktaven Top Tones spielen. Erst mit ordentlichem Biss, dann mit mehr Ansatz.

    Klar sind sie das, und so gar nicht normiert, daher ja die unzähligen Varianten, die sich in gewissen Tabellen so sammeln.

    Der erste, der eine solche Tabelle aufgeschrieben hat war m.W. tatsächlich der alte Rascher. Ob er auch der erste war, der sie überhaupt gespielt hat weiß ich nicht.

    Gruß,
    xcielo
     
  5. claptrane

    claptrane Strebt nach Höherem

    Würde ich auch sagen, aber die Unterschiede gibts ja nicht nur im Equipment sondern noch mehr in der eigenen Anatomie und dem daraus resultierendem Ansatz. Ich schätze mal 1/3 der Griffe habe ich in keinem Buch gefunden,noch nicht mal bei Peter Wespi, obwohl mann da wirklich sehr fündig wird und viel ableiten kann. Ich spiele zB das G : Hoch-F und Bb-Seitenklappe (steht in Büchern), kann G# aber nur anspielen wenn ich H greife und zusätzlich Seiten-Bb und -C greife (hab ich noch nie Abgebildet gesehen).Mir gehts da aber genauso wie Tensax, ich muss das immer wieder üben ,sonst gerät vieles durcheinander. Vor allem beim H (spiele ich wie tief D+Oktavklappe) muss ich höllisch aufpassen ,sonst kippt es nach oben zum C , und Eb kann ich gar nicht sauber intonieren. Komischerweise gehen alle Toptones (nicht G#) mit Plastikblättern viel leichter obwohl ich sie sonst eigentlich nicht mag.

    Hat nicht Sigurd Rascher 1937 die ersten Griffe veröffentlicht ?
     
  6. Hans

    Hans Ist fast schon zuhause hier

    Jetzt muss ich mal ganz blöd fragen: Wozu eigentlich übt man die Obertöne, wenn sie nichts mit den Top Tones zu tun haben? Beim Spielen werden doch wohl nur Top Tones eingesetzt, oder?
     
  7. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Hans, da hast Du Dich verlesen. Natuerlich haben Toptones und Ueberblasen (Obertoene) was miteinander zu tun. Toptones sind Obertoene mit verbesserten Eigenschaften bezueglich Griff, Ansprache, Klang, Intonation. Der Ansatz sollte idealerweise der gleiche sein.

    Viele Gruesse,
    Benjamin
     
  8. Hans

    Hans Ist fast schon zuhause hier

    Aha, danke Benjamin. Verlesen habe ich mich wahrscheinlich nicht, aber in meiner Treudoofheit den Witz nicht kapiert ... Genauso treudoof treibe ich nun schon geduldig seit Jahren die ersten Übungen aus Liebmans "Der persönliche Saxophonsound", komme jedoch irgendwie nicht weiter als 3-4 Töne über tiefem Bb - C#. Wie seid ihr so vorgegangen?
     
  9. TenSax

    TenSax Ist fast schon zuhause hier

    Nein nein, ich habe das wirklich ernst gemeint!
    Mit gleichem Ansatz aus den Obertönen bekomme ich keinen Top Tone hin, vielleicht G'''. Der fällt mir relativ leicht.
    Vielleicht mache ich es ansonsten grundsätzlich falsch :-?

    Viele Grüße
    Sven
     
  10. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    dass sie NICHTS miteinander zu tun haben ist sicher nicht richtig, vielleicht sind sie aber auch nicht so eng miteinander verbandelt, wie manchmal erzählt wird, nach dem Motto "ohne Obertöne keine Top Tones".

    Ein Beispiel: Der schon genannte vielfach angegebene Griff für das G''' "li: 1,3 re:1,3" basiert auf dem Griff für das D (li: 1,2,3 re: 1,2,3) und würde als Oberton ein F# liefern. Bei meinem Instrument muss ich übrigens noch das tiefe C# öffnen, damit der Ton anspricht.

    Das Heben der jeweiligen Mittelfinger bewirkt, auf den Instrumenten, bei denen das G''' so kommt eine leichtere Ansprache, und einen volleren Ton. Bei meinem Instrument ist das G aber etwas zu tief, und ich muss nacharbeiten, und so meinen Ansatz ändern. Mit dem so veränderten Ansatz würde ich den Oberton vom D nie spielen können.

    Natürlich kann es auch sein, dass ich irgendwas falsch mache, oder auch nur noch nicht den Griff für den Top Tone gefunden habe, der kompatibel zum Oberton spielen ist.

    Auf keinen Fall will ich in Zweifel ziehen, dass es ungeheuer sinnvoll ist, Obertöne zu üben.

    Gruß,
    xcielo
     
  11. volkerkaufmann

    volkerkaufmann Ist fast schon zuhause hier

    Also die Aussage ohne Obertöne keine Top TOnes stimmt mit Sicherheit nicht.
    Allerdings kann man mit den Obertonübungen schon ganz gut den Ansatz und vor allem die Tonvorstellung trainieren.

    Denn diese Tonvorstellung braucht man um die TopTones gut zu treffen.
     
  12. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Ganz genau, die Obertoene helfen einem dabei, die Toptones besser zu spielen.

    Klar, Toptones kann man auch spielen, ohne Obertoene in der gleichen Lage spielen zu koennen, aber dann klingen die Toptones wahrscheinlich auch nicht gut. Viele Anfaenger nehmen die Griffe aus einer Grifftabelle und druecken was das Zeug haelt, damit die Toene kommen. So falsch klingen die vielleicht nicht, und je nach Saxophon stimmen sie vielleicht sogar. Aber sie klingen wahrscheinlich sehr duenn und ueberhaupt nicht angenehm. So waren auch meine Anfaenge und wahrscheinlich die von jedem Anfaenger.

    Bei den Obertonuebungen geht es vor allem darum, den richtigen Ansatz zu finden, damit die Toptones (aber auch die Toene ab dem hohen Bb) die richtige Fuelle haben und angenehm klingen. Wenn man dann einen guten Ansatz hat, muss man eventuell noch ein bisschen was am Griff veraendern. Das ist von Saxophon zu Saxophon unterschiedlich. Grifftabellen haben aber meist viele Griffe zur Auswahl, manche funktionieren besser als andere.

    Und systematisch an die Griffe fuer Toptones heranzugehen bringt nicht allzuviel. Die Obertoene koennen bis zu einem Halbton falsch klingen. Wie zum Beispiel wenn man Hoch G bei gegriffen Tief C spielen moechte, das ist immer um einen Viertelton oder Halbton daneben. Es geht bei den Obertonuebungen nicht um die genaue Tonhoehe sondern nur um den Klang und den Ansatz.

    Der Ansatz wird nicht 100%ig gleich sein bei den Toptones und den entsprechenden ueberblasenen Toenen, aber sie sind eine sehr gute Annaeherung. Je mehr man sich an den ueberblasenen Toenen orientiert desto besser werden die Toptones klingen.

    Viele Gruesse,
    Benjamin
     
  13. TenSax

    TenSax Ist fast schon zuhause hier

    Also Xcielo, ich glaube wir sollten uns mit Volker und Benjamin mal zusammen setzen :)
    damit wir das dann richtig können!

    Wo müssen wir hin kommen?

    Viele Grüße
    Sven
     
  14. HeinTS

    HeinTS Schaut öfter mal vorbei

    Hallo,

    sorry, wenn ich ich als relativer Sax-Neuling, aber "alter Musiker" jetzt evtl. etwas off topic gehe:

    Obertonübungen verbessern den Ansatz in allen Bereichen - keine Frage, selbst erlebt. Aber wozu braucht man beim Musizieren auf dem Sax die "Toptones", wenn diese nur technisch sehr aufwendig und nur schwer klanglich und intonationsmäßig zufriedenstellend zu erzeugen sind?
    Hat man beim Improvisieren in der gut beherrschten "Normallage" nichts mehr zu erzählen? Will man mit Gewalt gegebene physikalische Grenzen durchbrechen, um etwas "herauszuschreien", weil man - wie auch immer - am Ende ist?
    Beim Klavier ist bei der oberen Taste Schluss. Bei der Geige konnte man mit dem Bogen noch am Steg rumsägen - wem das nicht reichte, krazte bei den Entdeckungsreisen der "Neuen Musik" vor einigen Jahrzehnten mit dem Bogen auf der Rückseite des Körpers herum - "knirsch knirsch" - toll! "Des Kaisers neue Kleider"??

    Spätestens, wenn beim CD-Hören im Auto John Coltrane (oder war es Wayne Shorter oder ein anderer - ich weiß es im Moment nicht) mit den Toptones wie ein alter "Flötenkessel" auf der Reise zwischen 90 und 110 Grad und zurück klingen, verlangt meine Frau eine andere CD oder die Scheidung :cry:

    Nochmal sorry - vielleicht off topic - aber für mich und vielleicht andere interessant.
    Lasse mich gerne belehren - mag sein, dass ich voll daneben liege.

    Gruß
    HeinTS
     
  15. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin Hein,

    es war schon immer eine Tendenz im Jazz, möglichst hoch hinaus zu wollen (hinsichtlich der Frequenz), das hab ich noch vom ollen Behrendt gelernt.

    Man kann die Top Tones auch zivilisiert spielen, hör mal hier rein
    (Raaf Hekkema spielt Paganini Caprice 24).

    Oder schau und höre mal hier (Paquito d'Rivera spielt for Brenda with love), wie ich finde spielt Paquito meisterhaft mit den Top Tones.

    Aber natürlich ist das nicht einfach zu lernen, aber was ist schon einfach.

    Gruß,
    xcielo
     
  16. Rick

    Rick Experte

    Hallo HeinTS,

    die Frage ist berechtigt, finde ich.
    Als Profi braucht man sie schon - habe mich erst damit beschäftigt, als dies wirklich Job-relevant war (vorwiegend auf dem Tenor in Rock und Funk) - doch viele Musiker spielen wunderschön, ohne darauf zurückzugreifen.

    Charlie Parker hat meines Wissens praktisch nie davon Gebrauch gemacht, andere "Bopper" sowie "Mainstreamer" ebenfalls nicht.

    Nicht am Ende. Aber es geht sicherlich auch ums Schreien, um den größtmöglichen Ausdruck.
    Im Free Jazz war das nervige Gequietsche einfach Darstellung extremster Gefühle, im sportlichen Jazz-Rock befand sich der Saxer in ständiger Konkurrenz zum Gitarristen, der ja auch seine "Axt" gerne jaulen ließ - da hat man sich dann gegenseitig hochgestachelt.

    Aber diese Taste ist SEHR hoch, und das Klavier hat auch deutlich mehr Umfang als die lächerlichen 2 1/2 Oktaven des Saxofons - nur mal so nebenbei... ;-)

    Wie xcielo mit seinen Beispielen gezeigt hat, kann man die Top Tones ja auch schön spielen. :)
    Und manchmal möchte man eben noch einen draufsetzen, z. B. als Abschluss eines Solos oder allgemein als Steigerungselement.

    Ich setze sie beileibe nicht ständig ein, aber es ist gut, sie spielen zu können.
    Und ihre Beherrschung gab mir in den 80ern einen klaren Wettbewerbs-Vorteil, da wurde eben der Saxofonist engagiert, der spektakulärer war. :-D

    Mittlerweile fühle ich mich für solche Mätzchen zu alt, aber als Jungspund ist man schon stolz, wenn man was drauf hat, was nicht alle können.
    Dafür dienen sie also auch - zum Angeben. :cool: :lol:


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  17. melnick

    melnick Kann einfach nicht wegbleiben

    Hier der Meister persönlich,

    http://www.youtube.com/watch?v=nXTIYaCwQAM

    so gegen 4.30 passts dann zum tread.

    mfG Benno


    weils so schön ist noch ein Beispiel

    http://www.youtube.com/watch?v=npH-DULg5lI&feature=related
     
  18. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Ne, Toptones braucht man nicht unbedingt. Aber in der klassischen Literatur werden sie nun einmal eingesetzt. Und im Jazz koennen sie wirkungsvoll (und nicht unbedingt nur kreischend) eingesetzt werden. Also, warum nicht? Ich koennte Dir jetzt keinen Profi nennen, der sie nicht spielen kann und nie spielen moechte.

    Ausserdem, wenn man Toptones und Obertoene richtig spielen kann, dann klingen auch die normalen hohen Toene besser. Eine Standarduebung ist, hoch Bb bis F# mit ueberblasenen Toenen klanglich (nicht unbedingt die Intonation) anzugleichen, denn die langen Toene (die ueberblasenen) klingen von Natur aus voller und besser.

    Viele Gruesse,
    Benjamin
     
  19. dereiflerinbayern

    dereiflerinbayern Ist fast schon zuhause hier

    Ich gehe da eigentlich mit der Meinung von Rick konform. Gut das man Sie kann, auch gelegentlich (eher selten) mal einsetzt, aber die TopTones sollten nicht das Maß aller Dinge sein.

    Hier ein schlechtes Beispiel (für meine Begriffe):

    http://www.youtube.com/watch?v=MuKOy77IZpY (ist das noch Musik?)
     
  20. rbur

    rbur Mod

    Da ist beim Rendern die Tonspur kaputtgegangen.
    Und wage es nicht, am Lack von James Carter zu kratzen, Pursche! ;-)
     
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