offbeat phrasierung Reggae

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Saxinator, 14.März.2014.

  1. Rick

    Rick Experte

    Moin Otfried,

    für Musikwissenschaftler ist natürlich auch Salsa, Samba sowie Reggae ursprünglich "Volksmusik" in Abgrenzung zu kommerziell orientiertem Pop oder elitärer "Kunstmusik", das bedeutet, dass so ein Stil regional in der einfachen Bevölkerung entstanden ist, ohne primär für einen größeren Markt vorgesehen, gar speziell dafür geschaffen zu sein.

    Musikwissenschaftler sind an der Analyse interessiert, ausführende Musiker benötigen hingegen eine praxistaugliche Notation, das kann schon mal divergieren, besonders im Fall von alla breve, weil das doch viele Menschen verwirrt, wie man auch hier im Thread sehen kann. ;-)

    Deshalb bevorzuge ich im Zweifelsfall die "gefühlte" Notierung, aber wenn man sich etwa in einer Band oder einer Szene alla breve angewöhnt hat und jeder damit klar kommt, ist das natürlich absolut legitim.
    Alla breve ist ja sozusagen "Rhythmus unter der Lupe", gerade bei den komplexen Salsa-Pattern im Endeffekt übersichtlicher als eine "Sechzehntel-Orgie", wo man nur noch schwarze Balken und Fähnchen sieht... :roll:


    Schönen Gruß,
    Rick

     
  2. Gast

    Gast Guest

    @Rick

    Zitat:""für Musikwissenschaftler ist natürlich auch Salsa, Samba sowie Reggae ursprünglich "Volksmusik" in Abgrenzung zu kommerziell orientiertem Pop oder elitärer "Kunstmusik", das bedeutet, dass so ein Stil regional in der einfachen Bevölkerung entstanden ist, ohne primär für einen größeren Markt vorgesehen, gar speziell dafür geschaffen zu sein.

    Musikwissenschaftler sind an der Analyse interessiert, ausführende Musiker benötigen hingegen eine praxistaugliche Notation, das kann schon mal divergieren, besonders im Fall von alla breve, weil das doch viele Menschen verwirrt, wie man auch hier im Thread sehen kann.""

    Ich finde, Du hast diesen Aspekt ganz gut auf den Punkt gebracht.
    Mich würde ja nunmal aber interessieren, wie unsere "westliche Notenwelt"
    einen Reggae offiziell notieren würde. Gedruckt - also gekauft, habe ich sowas noch nie gesehen. WENN überhaupt - dann selbstnotiert.
    Ich glaube kaum, dass da eine " A la Breve" -Schreibweise benutzt wird - obwohl sie ja im Prinzip Sinn machen könnte. Das Denken über ZWEI Takte erwähnte ich ja bereits...aber es ist in diesem Falle nicht unbedingt nötig oder hilfreich.

    LG

    CBP
     
  3. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Letztendlich sind doch auch hier alle Notationsversuche "nur" Krücken.

    Sei's Salsa, Reggae, Blues, ein Jazz-Solo....

    Cheerio
    tmb
     
  4. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    alle Notationsversuche sind "nur" Krücken, mal schlechtere, mal etwas weniger schlechte.

    Nur, wenn wir uns nicht nur auf die direkte Weitergabe von Generation zu Generation oder wenigstens von Aufnahme zu Aufnahme verlassen wollen, und zudem nicht alles auswendig lernen wollen bleibt wohl keine andere Wahl.

    Zum Alla Breve:
    Salsa wird m.W. generell im Alla Breve notiert. Ich finde die These, dass das nur ein Hobby von Musikwissenschaftlern sei etwas gewagt.

    Genauso könnte man ja einen 3/8 immer als 3/4 notieren. Aber klassischerweise gibt es sowohl den 3/8, als auch den 3/4 wie auch den 3/2.

    Gruß,
    Otfried
     
  5. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Ich dachte bisher, dass die Taktart nicht nur nach "Balkenanzahl" gewählt wird, sondern den Puls eines Stückes anzeigt. Mit Salsa kenn ich mich nun nicht so aus, aber was ich jetzt so im Ohr habe, da sind die typischen Rhythmusmuster 2 Schläge lang.


    Vielleicht sind ja die Studio One-Coverversionen bekannter Soulstücke aus den 70ern ein Anhaltspunkt. Wenn man die Originalstücke nimmt, hat man meist ein 4/4-Takt im 16tel-Feeling. Genauso würde ich auch den Reggae notieren. 16tel Raster und die Offbeat-Gitarre auf die 8tel-Und.
    Witzig finde ich East Of The River Nile von Augustus Pablo, da gibt es nämlich zwei Zeitebenen. Ein Klavier oder Orgel, weiss grad nicht genau, macht die Offbeats und die Gitarre auch, aber im halben Tempo und um eine 8tel versetzt. In den Breaks, die immer wieder kommen spielt dann die Gitarre weiter und wird dann wieder vom Rest überumpelt...sehr witzig das Lied.
     
  6. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Hallo mato,

    Salsa ist zweitaktig, also 2 x 2/2 (Alla Breve). Getanzt werden die Viertel, der Congapuls geht auf die 1/8, ein wesentliches Element sind die 1/8 Offbeats.

    Gruß,
    Otfried

     
  7. Rick

    Rick Experte

    Danke, Benjahmin! :)

    Das kommt immer auf denjenigen an, der die Noten erstellt, denn das sind ja Menschen mit mehr oder weniger subjektiver Sicht der Dinge. Leider sind auch veröffentlichte Noten nicht immer frei von Fehlern... :roll:

    ------------------------------------------------

    Moin Otfried,

    so ist es. :cool:

    Da liegt wohl ein Missverständnis vor - von "Hobby" war keine Rede, nur von analytischer Sicht kontra Praxistauglichkeit.

    Oft wird erst mal etwas übernommen, beispielsweise aus der Musikwissenschaft (der Ausgangspunkt dieses Threads war eine wissenschaftliche Beschreibung, denke ich), bis sich herausstellt, dass andere Methoden möglicherweise praktikabler sind.

    Das Problem bei der lateinamerikanischen Musik sind die unterschiedlichen Rhythmusebenen, die mal die eine, dann wieder die andere Notationsweise sinnvoller erscheinen lassen, deshalb kann man sowohl für den "gefühlten" als auch für den Alla-breve-Takt Argumente finden.

    Ich PERSÖNLICH bevorzuge im Zweifelsfall die "gefühlte" Notation, doch das bleibt letztlich jedem überlassen, was er besser findet.

    ------------------------------------------------

    Hallo Mato,

    wie erwähnt laufen in der lateinamerikanischen Musik oft mehrere Rhythmusebenen parallel, so kann man durchaus mehrere Pulse gleichzeitig wahrnehmen, da ist ja u. a. das Spannende an der Musik.

    Aber alter Jazz wurde früher meist alla breve notiert, was eigentlich weniger sinnvoll ist - es gibt da also unterschiedliche Ansichten, auch je nach Vorprägung des Notenschreibers.

    In der Praxis geht man davon aus, dass der Musiker nicht gerne so viel "Schwarz" sieht, das Ideal lautet, das Notenbild möglichst klar und übersichtlich zu halten, was zunächst für alla breve spricht.

    Doch wenn sich dann herausstellt, dass viele Blattspieler damit Probleme bekommen, den Takt auf Anhieb korrekt zu fühlen und zu zählen, geht der Arrangeur vielleicht lieber zur "gefühlten" Variante über, auch wenn die zunächst optisch komplizierter erscheint. ;-)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  8. flar

    flar Guest

    Moin, moin Rick

    Als "Blattspieler" gebe ich Dir Recht, je übersichtlicher desto besser!
    Das ist aber eher ein Problem der Übung und Erfahrung. Wer in alla breve nicht swingt, rockt oder marscht der wird es im 4/4 auch nicht richtig machen weil er die Stilistik nicht beherrscht!

    Aber man kann durch die Notionsart Einfluß auf das Spielverhalten von Musikern nehmen kann.

    Mal ein Beispiel was wohl fast alle kennen werden:
    Das Weihnachtlied "süßer die Glocken nie klingen" wird oft als 3/4 notiert. Die Melodiebögen sprechen eher für einen 6/8 Takt. Dann hat man aber jede Menge Sechzehntelnoten die viele Musiker zum schnell spielen anregen, was natürlich dem eher getragenen Charakter des Stückes entgegen wirkt.
    Notiert man es im 6/4 geht es automatisch ruhiger zur Sache!

    Ich glaube aber nicht das man eine nicht beherrschte Stilistik durch eine andere Notation richtiger klingen läßt!

    Viele Grüße Flar
     
  9. Gast

    Gast Guest

    @Mato

    Tjaaa...man kann von Hölzchen auf Stöckchen kommen - vor allem in dem ja ach so simplen " Bacardi-Reklamigen-Sunshine-Reggae"

    Viele Leute halten den Reggae ja für wenig wahrnehmungsbedürftig...aber er hat doch so etliche interessante Pluspunkte :)


    @Mato nochmals ... und zwar persönlich ( die anderen dürfen das nicht mitlesen !! )

    >>>>Dass Du Augustus Pablo kennst, das ehrt Dich wahrlich !!
    DANN kennst Du erstens Reggae ... und Zweitens...einen der gaaaanz grooossen Improvisateure und ""Komponisten""....

    Augustus war ein gaaanz lieber Freak und ein Genie !!
    > Mein Bruder ( Melodica, percussions und Keys) hat seine ROOTS von Augustus bekommen.....

    Sorry..ich drifte ab...aber mir ward gerade etwas wehmütig um die Pumpe...

    CBP
     
  10. mato

    mato Strebt nach Höherem

    @CBP
    Ich hab mich Jahre lang von Reggae ernährt und Doreen Schaffer, den Rest der Skatalites, Dawn Penn, Desmond Dekker und einige andere Originale der alten Zeit live erleben dürfen. Außerdem hab ich 12 Jahre Dreadies gehabt. ;-)
    Augustus Pablo hat mich damals sehr gefesselt. Vor allem die Dubsachen sind sehr schön, hab seine El Rockers als Vinyl. Nachdem ich mir die gleiche Melodica wie er zugelegt hatte begriff ich bald wie genial er darauf spielte...Java!
     
  11. Gast

    Gast Guest

    @Mato

    LOLLLL !!
    Dreads sind kein Argument !!
    Die hat heutztage fast jeder mal....und ich bin fast 25 Jahre so herumgerannt bis ich mir meinen Dreadbart um den Hals legen musste, um ihn beim Pieseln nicht nass zu machen ;-) ;-)

    Davon abgesehen - wenn ich Dich so lese, frage ich mich, wieso wir uns nicht längst schonmal live über den Weg gelaufen sind ???

    Vielleicht warst Du just immer DANN aktiv, wenn ich in Afrika herumgedüst bin.....

    Apropos Augustus-Sound >>>>
    Mein Brüderchen benutzt eine Hohner-Bass-Melodica >>>> damit kommt er der Sache komischerweise ziemlich nahe !!

    LG

    CBP
     
  12. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin Rick,

    ein typisches Beispiel für Praxistauglichkeit:

    Salsa ist, wie oben schon gesagt zweitaktig. Die berühmte Clavefigur ist dabei das grundlegende Element. Sie gibt es typischerweise als 2-3 oder 3-2 Clave.

    Nun wird sie aber gemeinerweise manchmal rumgedreht, und das macht man oft, indem man in der meist 8 taktigen Versform einen Takt hinzufügt. Man bekommt dann 9 Takte.

    Wenn du das im 4/4 versuchst hinzubekommen, musst du einen 2/4 Takt einfügen, was sehr unschön ist ;-)

    Gruß,
    Otfried
     
  13. Gast

    Gast Guest

    @Xcielo

    Oh weh! Jaaa .... Salsa ist da nochmals ne ganz eigene Nummer für sich !

    Als Flötist geniesse ich meist den Luxus, frei drüberweg zu spielen....da mache ich, was ich will...
    Als Saxer hatte ich oft das Glück einem eher Basic-Bläsersatz den Solopart drüberstülpen zu können - oder letzlich im Senegal, sowieso der einzige Bläser zu sein, der machen kann, was er will....Hauptsache es KNALLT.

    Die Bläsersätze im Salsa....die höre ich mir an und spiele sie dann mit...
    manchmal braucht es auch 3 -4 -5 oder 6 Anläufe, bis ich sie drauf habe....

    Aber wenn ich das NOTIERT sehe, dann schwirrt mir der Kopf !!!
    Salsa spiele ich gerne...aber SalsaNOTEN empfinde ich als Kampfkunst der eigenen Art....beherrschen tue ich die wahrlich nicht !!


    LG

    CBP
     
  14. Rick

    Rick Experte

    Moin Otfried,

    da hast Du völlig Recht, deshalb bin ich für Flexibilität:
    Salsa würde ich aus den von Dir angeführten Gründen NIE im normalen 4/4-Takt notieren, doch bei Reggae kommt mir alla breve merkwürdig vor - auch wenn das, wie das Eingangsposting verdeutlicht, in manchen Kreisen als "amtlich" erscheint. :roll:

    Man muss eben immer schauen, was sich im konkreten Fall besser eignet. ;-)


    Schönen Gruß,
    Rick
     
  15. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    abgesehen davon, dass ich mir reggae nach noten etwas gruselig vorstelle, würde ich das immer im 4/4 notieren.
    für die drums ergeben sich dadurch zwei authentische takte als ein pattern, und so ist es auch gemeint.
    die oben erwähnten vorteile der aufteilung clave-orientierter musik in zwei takte haben mit reggae eigentlich nichts zu tun. reggae ist ja kein latin, nur weils auch da in der gegend liegt.

    gruß
    zwar
     
  16. Gast

    Gast Guest

    @Zwar

    Zitat: ""abgesehen davon, dass ich mir reggae nach noten etwas gruselig vorstelle, würde ich das immer im 4/4 notieren.
    für die drums ergeben sich dadurch zwei authentische takte als ein pattern, und so ist es auch gemeint.
    die oben erwähnten vorteile der aufteilung clave-orientierter musik in zwei takte haben mit reggae eigentlich nichts zu tun. reggae ist ja kein latin, nur weils auch da in der gegend liegt.""

    Damit triffst Du einen sehr wichtigen Punkt....Salsa ist nicht Reggae und Reggae ist auch nicht Calypso und auch kein Tango....nur weils aus einer ähnlichen Gegend kommt...

    Da ist was Wahres dran ! ...... Cuba ist ja von Jamaica garnicht so weit weg....nur mal als Beispiel...und dennoch darf man die musikalische Kultur und Denkweise nicht in einen Topf werfen...da gibt es wahrscheinlich so viele verschiedene Facetten, wie es Inseln dort gibt ;-)

    Egal also wie man Salsa, Highlife, Calypso oder Ska notieren könnte....Reggae bleibt im 4/4 Takt....sehe ich genauso !!

    LG

    CBP
     
  17. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Total spannend das Thema!

    Unglaublich welche Facetten Musik hat!

    Unsereiner Späteinsteigeramöbensaxanfängerhobbymusikernichtsversteher staunt immer wieder.... :)

    CzG

    Dreas
     
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