Hallo zusammen! Ich bin (mal wieder) auf einem dieser Tiefpunkte, an denen man leicht verzweifelt, weil man den eigenen Ton hasst und der Ansatz im Eimer ist .... und überhaupt Beim Üben heute ist mir der Gedanke gekommen, dass ich vielleicht ein zu leichtes Blatt spiele (F. Louis 2,5 auf Otto Link Tone Edge 6*, Alto), denn einen wirklichen Blaswiderstand verspüre ich nicht. Ich denke, dass eine gewisse Anstrengung schon wichtig ist - auch im Interesse der Kontrolle, die man beim Spielen behalten will, oder? Ich habe den Eindruck, dass ohne einen Mindestblaswiderstand (schönes Wort ) das Spiel irgendwie charakterlos/farblos ist. Meine Frage: Gibt es eine Definition von optimalem Blaswiderstand? Ich freue mich auf sachdienliche Hinweise aus gut unterrichteten Kreisen Uli
Ich zähle bestimmt nicht zu dem Kreis den du beschreibst, aber vielleicht hilft es dir irgendwie. Ich hab bei mir festgestellt dass ich zu leichte Blätter habe, wenn die hohen Töne überblasen. Wenn ich dann auf härtere Blätter wechsle gefällt mir mein Ton in der Regel auch wieder besser. Lass den Kopf nicht hängen und mach vielleicht mal ein paar Tage Pause, das kann einen guten Effekt haben. Krisen gehören zum Lernen dazu und können sehr produktiv sein wenn man sich einen kleinen Abstand vom Üben schafft und seinem Kopf ein bisschen Zeit gibt, das was man in der letzten Zeit gelernt hat zu verarbeiten. Gruß, Mischa
Hallo Uli, ich kenne das auch. Bei mir verschwindet das, wenn ich ein neues Blatt nehme. Ich bin mit Blättern eher anspruchslos und dementsprechend schlampig, so dass ich ein Blatt schon mal 3-4 Monate verwende, bis ich eben merke, es klingt nicht mehr. Ich pflege sie auch schlecht und lasse sie oft auch dem Mundstück. Wenn Du das Gefühl auch mit neuen Blättern hast, könnten stärkere schon was bringen. Ich spiele 2,5er auf einem 8er Meyer. Ich denke Ansatz und Blatt sollten in einer Art Kräftegleichgewicht sein, wenn das nicht stimmt, verpufft die Energie, so oder so... Liebe Grüße Chris
Die Härte des für Dich optimalen Blattes hängt erst mal von dem Trainingszustand Deiner Ansatzmuskulatur ab - je trainierter, desto härter. Es ist ganz normal, dass man nach einiger Zeit Spielerfahrung mal etwas härtere Blätter benötigt. Ich selbst wechsle je nach Belastung zwischen Rico Royal 3 1/2 (gut in Form) und Rico Jazz Select 3 medium (Einstieg nach Spielpause oder in abgespieltem Zustand). Ein gutes Blatt ist für mich "al dente" - nicht zu hart, aber durchaus mit Biss. Mit zu weichen Blättern komme ich zwar schon IRGENDWIE klar, aber es macht einfach keinen Spaß, die Intonation ist wie auf Glatteis laufen, der Ton irgendwie "labberig". Zu harte Blätter sind anstrengend, der Ton klingt bemüht und unflexibel. Auf jeden Fall! Meines Wissens nicht, weil es sich da doch um eine sehr subjektive Angelegenheit des individuellen Fühlens handelt - wie etwa bei Schmerzintensität oder "Grad des Verliebtseins"! In der Hoffnung, Dir ein wenig geholfen zu haben, Rick
Klare Frage, klare Antwort: JEIN *Optimal* bedeutet für mich, dass unter der Ausnutzung sämtlicher zur Verfügung stehender Möglichkeiten (in diesem Fall Blattschneider, Schleifpapier usw.) ein maximales Ergebnis erzielt wird. Dabei muss man sich jedoch im Klaren sein, welchen Widerstand einem behagt. Und dies ist sehr individuell. Ich kenne Lehrpersonen, die ihre Schüler mal prinzipiell auf eine, 1 1/2 Blatt spielen lassen. Ihre Motivation dabei ist, dass die Schüler lernen, sorgfältig anzusetzen und dadurch die Kontrolle des Ansatzes zu fördern. Andere setzen auf etwas zu stark als *gerade gut*, damit sich Lippen-Mus(i)kulatur bilden kann. Im Laufe der Zeit definiert sich eine Saxophon spielende Person den für sie angenehme Widerstand. Ich persönlich bevorzuge eine anständige Portion Widerstand, damit ich für den Sound arbeiten muss. Ist dieser jedoch überwunden, dann muss es abgehen. Damit man den persönlichen Widerstand kennen lernt, ist es wichtig, dass man das Setup möglichst wenig Variablen enthält und ziemlich konstant ist. Die grösste Unbekannte hier ist ganz klar das Holz. Wenn du ein einziges Blatt spielst, bis es zu weich ist und nicht mehr geht, dann hast du das Problem, dass du deinen Ansatz ständig unmerklich dem sich verändernden Blatt anpasst: Dein z.B. 2 1/2er Ansatz wird so klammheimlich zu einem 1 1/2er. Dann nimmst du ein neues Blatt und musst dich wieder darauf einschiessen. So macht der Ansatz analog mit den Blattwechseln ein ständiges Auf und Ab. Abhilfe schaffst du hier, in dem du 4 taugliche Blätter im Turnus spielst, jeden Tag ein anderes. So hast du bei einem Blatt, wo du das Gefühl hast, dass es langsam aber sicher zu weich gespielt ist, immer noch 3 andere als Referenz. Damit kann der Spielraum des Ansatzes so eng wie nur möglich gehalten werden. Und anhand dieses engen Spielraumes kannst du besser entscheiden, welcher Widerstand für dich optimal ist.
bei mir hat sich über Jahrzehnte auf der Klarinette ein "Gleichgewicht" eingestellt... ich habe eine Klarinette genommen mit etwas mehr Widerstand, die den Ton schöner Trägt im Piano und dafür etwas leichetere Blätter genommen... beim Umstieg auf das Tenorsax bin ich am Anfang total geschwommen, weil da der Widerstand viel kleiner ist und ich bin bei der Blattauswahl anfangs dementsprechend unsicher wat, weil sich der gewohne Blaswiderstand nicht einstellen wollte... ich hab dann immer genau drauf geachtet wie mir der Klang vorkam, von schwereren zu leichteren Blättern gewechselt... scheppert es? klingt es dünn und langweilig? rauscht es und ist total schwer und unflexibel? das ging so eine Weile bis ich auf dem Sax das im Griff hatte... genauso Bassklarinette... wenig Widerstand... dementsprechend erstmal eine Phase der Orientierung bezüglich Blattauswahl, Blaswiderstand und Klangergebnis... n euerdings habe ich ein Bassetthorn... rate mal.... aber diesmal umgekehrt, das Teil ist sehr eng gebohrt und dementsprechend eigenartig sind auch die Widerstandsverhältnisse... da bin ich im MOment in der Findungsphase... auch hier... schwerere Blätter, leichtere Blätter, ausprobieren, wie stellt sich für mich der Ton dar? wie angenehm/kommod fühle ich mich beim Spielen? Wie ist die Ansprache?
Danke für die informativen und aufmunternden Beiträge! Nach mehr als 10 Jahren am Altsax - und nach einer Menge Equipment-Probiererei und dem Gefühl "Das ist es!" - hätte ich eigentlich wissen müssen, dass man mit diesem Instrument eigentlich nie "fertig" ist. Ich werde mal strenger auf die Blattrotation achten, denn ich neige dazu mein momentanes Lieblingsblatt ständig zu spielen. LG Uli
Jeder macht andere Erfahrungen auf der Suche nach den perfekten Blättern. Und den richtigen Weg dahin gibt's leider nicht, da sich Dein Ansatz und Deine Spielart ständig ändert. Und einmal angekommen, kann sich alles wieder ändern. Bei mir lief es ähnlich wie bei Thomas. Als ich neben Saxophon Bassklarinette anfing gab mir mein Bruder, Klarinettist, ein paar Tipps, wofür ich sehr dankbar war, welche ich auch für das Saxophon umsetzte. Ohne Tipps oder Anleitung ist es nämlich nicht einfach, die richtige Blattstärke zu finden und glücklich mit dem Klang zu sein. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich während meiner ersten 10 Jahre immer härtere Blätter gespielt habe. Klanglich war ich damit relativ zufrieden. Aber ich musste mich abmühen, und die Ansprache war nicht super. Ich konnte nicht so leise spielen wie ich wollte. Ich konnte/wollte aber auch nicht leichtere Blätter spielen, da der Klang dadurch schlechter wurde. Sackgasse. Vielleicht musste das so sein, vielleicht hätte ich aber auch einen direkteren Weg gehen können. Ich habe dann meinen Ansatz verändert, Tonübungen gemacht und gleichzeitig leichtere Blätter genommen, die einfach ansprachen und mit denen ich so leise spielen konnte wie ich wollte. Jetzt bin ich seit etwa 5 Jahren richtig glücklich was meine Tonproduktion angeht. Also, basierend auf meinen eigenen Erfahrungen, mein konkreter Tipp für Dich: spiele so leichte Blätter, dass alle Töne problemlos (wenigstens mit Subtone) und relativ rauscharm ansprechen, egal wie leise Du spielst. Dass der Ton schlechter wird hat meist was mit der Lautstärke zu tun. Im Leisen klingen leichte Blätter meist wunderbar. Dann arbeite an Deinem Ton indem Du Deinen Ansatz variierst (dazu solltest Du einen Lehrer aufsuchen, bei dem all das richtig funktioniert, das geht nicht schriftlich) und Tonübungen machst. Wenn Du Blätter gefunden hast, womit die Töne leicht ansprechen und die Töne im Leisen schön klingen, dann kannst Du folgende Tonübung machen (eine der besten Tonübungen, die ich kenne), die in ihren Grundzügen eigentlich Standard ist, aber wo wichtig ist, worauf man achtet (das war der Tipp meines Bruders): Töne ganz leise anfangen (auch gerne ohne Anstoß anhauchen, und erst einmal nur die Töne, die von sich aus am besten klingen und relativ leicht anzuspielen sind, d.h. lange Töne [wo die schwingende Luftsäule lang ist]: tiefe Töne und mittleres D und Es) und lauter werden. Versuche dabei, den ganzen Raum mit Klang auszufüllen und völlig im Klang einzutauchen. Am besten machst Du die Augen dabei zu. Hört sich möglicherweise ein bisschen esoterisch an, hat bei mir (und bei anderen) aber gut funktioniert. Der banale Hintergedanke ist sicherlich, dass man ganz genau zuhört, nicht nur einfach darauf achtet, dass der Ton nicht zittert oder so. Der Klang muss dabei voll und warm sein, er muss Dir gefallen. Irgendwann lässt die Klangqualität aber nach, es plärrt oder trötet einfach nur. Dann aufhören, und das ganze nochmal probieren, immer wieder. So wirst Du Die Klangqualität, die Du im Leisen hast, auch im Lauten bekommen. Der Ansatz und die Atmung wird sich langsam anpassen. Diese Übung mache ich immer wieder, obwohl ich in letzter Zeit keine Zeit dafür hatte. Eine andere übliche Tonübung für hohe Töne, ab hoch Bb (ganz kurze Töne): die Klänge mit den 2 Oktaven überblasenen entsprechenden langen Tönen vergleichen. Wenn das mit dem Überblasen nicht so einfach geht, kannst Du die Oktavklappe zur Hilfe nehmen. Natürlich hilft die beste Tonübung nichts, wenn der Ansatz nicht okay ist. Aber das geht -wie gesagt- eigentlich nur mit einem (guten und gut spielenden) Lehrer. Das Buch von Liebman ist sicherlich auch ganz gut. Viele Grüße, Benjamin P.S.: ich sollte noch hinzufügen, dass ich nicht 100% glücklich mit meinem Sopransax-Sound bin, ist ein bissel quäkig (weniger mit meinem Buescher True Tone als mit meinem Mark VI). Meine eigenen Ratschläge sollte ich auch mal für das Sopransax anwenden
@bhimpel Auch ein sehr schöner Beitrag, vielen Dank dafür! Ich werde versuchen, die von Dir geschilderten Tonübungen regelmäßig zu machen. Leider ist es bei mir - und bei Anderen wohl auch - so, dass ich das Spielen als Flucht aus dem Alltagsstress sehe, d.h. ich will beim Spielen nicht auch noch ein hohes Maß an Disziplin investieren. Ich nehme mir zwar immer vor, lange Töne, Dynamik, Artikulation, Fingerübungen etc zu machen, breche dann aber schon nach ein paar Minuten zusammen und lege eine Snidero CD o.ä. auf. Aber bei Playalongs kann man herrlich schummeln... Herzliche Grüße, Uli
Hallo Uli, ich würde sagen, dass ein paar Minuten pro Trainingseinheit bei dieser (übrigens ausgezeichneten) Übung ausreichen. Man muss ja nix übertreiben! Dass Du bereits 10 Jahre spielst, war mir nicht mehr so bewusst - ich bitte um Entschuldigung, weil sich meine Antwort vielleicht zu sehr an Anfänger gerichtet hat. Möglicherweise ein kleiner Trost bei "Blatt-Frust": Von Benny Goodman wird die Anekdote berichtet, dass er einmal so unzufrieden war, dass er 70 (!) Blätter hintereinander angetestet hatte, bis er das ihm gerade passende fand... Ich persönlich "rotiere" meine Blätter zwar nicht, denke aber auch, dass Dir das eventuell weiterhelfen kann. Herzliche Grüße, Rick
Rick hat recht, ein paar Minuten pro Tag die beschriebene Tonübung gewissenhaft machen, reicht aus. Es kommt wie gesagt hauptsächlich darauf an, dass man in dem Klang eintaucht und sich auf die Klangqualität konzentriert. Dann macht's auch Spaß. Viele Grüße, Benjamin
Das ist schon wahr, aber wenn du Benjamins "esoterischen" Ansatz ernsthaft, aber nicht verbissen erfolgsorientiert nachvollziehst, kannst du dich sogar mit diesen Klangübungen gut vom Alltagsstress lösen. Mir geht es inzwischen ganz gut damit. Ich mache es übrigens auch noch in die andere Richtung und versuche den Ton möglichst stufenlos in ein Rauschen übergehen zu lassen. Hans