Pentatonik und Skala

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Gast, 1.März.2012.

  1. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Peter,
    ich denke mal, daß viele der Jazz-Größen des letzten Jahrjhunderts, nicht im geringsten Intervall oder Akkorde berechnet haben, sondern die Akkorde hören konnten, zudem die gängigen Akkordfolgen kannten, um zu wissen, welche Töne passen und auf welche sie lieber verzichten sollten. Die ganze dazu passende Akkordskalen-Theorie kam doch erst im nachhinein, um dem ganzen einen akademischen Unterbau zu geben, oder? Diese Theorie gibt natürlich Späteinsteigern wie mir, die eben nicht über eigentlich notwendige Gehörbildung verfügen, ein Werkzeug an die Hand, anhand dessen man sich bei vorliegendem Leadsheet berechnen kann, was paßt.

    Viele Grüße, Dirk
     
  2. Gast

    Gast Guest

    Ok nochmal danke :D

    ich hätte da noch eine frage zum dem was Peter grade erkärt hat: Wenn ich z.B. auf C-Dur improvisiere, kann ich dann einfach alle Modi bzw. ihre Pentatonik dazu spielen?
    oder wenn ich b-moll habe, kann ich dann jeden Modi und jede Pentatonik dazu spielen?
    Und woher weiß ich, dass ich bei einem bestimmten Stück xy in der Solopassage eine pentatoinsche tonlieter bzw. eine blues-tonlieter spielen kann? (ich schätz mal an den accorden oder?)
     
  3. Rick

    Rick Experte

    Hallo Zocker!

    Die Modi sind im Endeffekt nur veränderte Reihenfolgen der selben Töne.
    Grundsätzlich gilt immer: Probier's aus und mach dann das, was Dir am besten gefällt!
    Improvisation ist immer auch Kunst, nicht ausschließlich Handwerk - wenn Du sagst, dass es so klingt, wie Du willst, dann ist alles legitim, ansonsten wären wir immer noch beim New-Orleans-Style. ;-)

    Die Akkorde verraten dem Kundigen, welches Tonmaterial er verwenden kann, deshalb ist die Kenntnis davon unverzichtbare Grundlage der Improvisation.

    Man kann aber auch erst mal ausprobieren, wie's kommt, das ist besonders bei einfachen Stücken ohne nennenswerte Modulation (Pop, Rock) durchaus möglich.
    Einfach Song starten, dazu dudeln, bis man ein paar Töne findet, die passen, Tonart auschecken, los improvisieren! :-D

    Die "Königsklasse" der Improvisation ist dem gegenüber das "All American Songbook", also die sog. Standards - dafür benötigt man leider oft fortgeschrittene Kenntnisse von Akkorden, Harmonielehre usw., weil dort häufig Tonartwechsel und überhaupt komplexere Akkorde vorkommen, bei denen dann die einfachen Rezepte nicht mehr ausreichen. :roll:


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  4. Gast

    Gast Guest

    Was meinst du genua mit "nennenswerte Modulation", Rick?

    Also nix für einen Amatuer bze. angehenden Musikstudenten^^, oder?
     
  5. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Amateur heißt doch lediglich, daß jemand das Musizieren nicht als Profession betreibt, sondern sein Geld anderweitig verdient und sagt nicht unbedingt etwas über das spielerische Niveau aus. Ich habe habe schon extrem gute Amateure bzw Dilettanten (im ursprünglichen Sinne des Wortes) getroffen, die lediglich den vermeintlich sicheren Weg des Broterwerbs gewählt haben.

    Viele Grüße, Dirk
     
  6. Rick

    Rick Experte

    Tonartwechsel, die tatsächlich erzwingen, dass man ihnen in der Improvisation folgt.

    In der Pop-Musik gibt es häufig Modulationen (= Tonartwechsel), über die man trotzdem die selbe Pentatonik wie vorher spielen kann, zum Beispiel Wechsel zwischen Dur und paralleler Moll, das erleichtert die Improvisation.

    So etwas finden wir in dem Standard "Autumn Leaves", der zwar viele Akkorde enthält, bei denen man trotzdem nie wirklich die Skala ändern muss (allerdings tut man es gerne, weil es dann interessanter klingt, aber genau genommen MUSS man es eben nicht).

    Anders etwa die bekannte Nummer "Blue Bossa", die zwischendurch vier Takte in eine ganz "fremde" Tonart geht, die nichts mit dem Rest zu tun hat - das muss man mitmachen, sonst klingt es hoffnungslos falsch, ist also eine NENNENSWERTE Modulation. :cool:

    Und je mehr solche "echten" Modulationen im Stück sind, womöglich noch in kürzester Zeit (z. B. taktweise im B-Teil von "Have You Met Miss Jones"), desto stressiger für den Improvisierenden, ist ja klar, oder? ;-)

    Ganz im Gegenteil, gerade ein angehender Musikstudent sollte sich beizeiten mit so etwas beschäftigen!

    Als Profi (abseits von Pop, wie gesagt) kann es ein "Überlebensvorteil" auf der "freien Wildbahn" sein, mit verrückten Modulationen und komplexen Akkorden zurecht zu kommen.

    Der Amateur kann es sich jedoch aussuchen, ob ihn das reizt oder nicht, er muss ja nicht davon leben.

    Tatsächlich verdiene ich seit ein paar Jahren das meiste Geld mit solchen Jobs, wo ich bei irgendwelchen Anlässen zusammen mit glücklicherweise guten Musikern das "All American Songbook" rauf- und runterspielen darf; das ist so etwas wie ein "Jazzmusikerhimmel". :-D

    Pop-Musik läuft vielleicht eher im Radio, bekommt mehr Klicks bei YouTube, ist aber inzwischen live immer mehr ein Zuschussgeschäft. :roll:


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  7. Schepperer

    Schepperer Ist fast schon zuhause hier

    Rich schreibt: Tatsächlich verdiene ich seit ein paar Jahren das meiste Geld mit solchen Jobs, wo ich bei irgendwelchen Anlässen zusammen mit glücklicherweise guten Musikern das "All American Songbook" rauf- und runterspielen darf; das ist so etwas wie ein "Jazzmusikerhimmel". :-D

    Beneidenswert, Rick!! :) :)
    Aber sicher der verdiente Lohn für jahrelanges, geduldiges, diszipliniertes und demütiges Üben, Üben, Üben.

    Herzlichen Gruß, der Schepperer
     
  8. klafu

    klafu Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Peter,
    vielen Dank für die ausführliche Erläuterung.
    Jetzt muss ich erst mal meine Hausaufgaben machen ;-)
     
  9. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    @Rick:
    Ja, Penta Modus III hat keine Quinte. Aber eine Moll-Terz. Daher ist es eine Moll-Skala und kann auch ohne Quinte als Tonmaterial für Moll7b9b13 Akkorde verwendet werden... ;-) Das mit der Moll-Parallele ist mir auch schon aufgefallen. Ich hab's mit den Bezeichnungen halt gerne klar und ordentlich. Und wenn es für irgendetwas eine eindeutigere Bezeichnung gibt, die man verwenden kann, dann nehme ich diese.

    @4tmb und Dreas:
    Die Vorstellung von Intervallen ist verschieden und jeder wird intuitiv anhand von musikalischer Vorgeschichte und Lerntypus seine eigene Vorstellung anwenden. Bei mir ist es so, als dass ich mir bei Akkorden und Skalen eine Klaviertastatur auf dem Sax vorstelle! Und bei der rechten Hand ist diese dann seitenverkehrt. Dies dann in Verbindung mit den imaginären Noten im System. Und dann kommt ja noch das Muskelgedächtnis... :)

    @Dirk:
    Ja, die alten Meister haben wohl keine Intervalle berechnen müssen. Durch das täglich stundenlange Praktizieren hatten sie irgendwann das Material halt *einfach in den Fingern* (Muskelgedächtnis). Da die Hobby-Abteilung nicht täglich mehrstündiges praktizieren kann, muss da halt die *Abkürzung* über die Theorie genommen werden. Halt etwas kopflastiger und zu Beginn langsamer.


    Akkorde und Skalen sind lediglich Rohmaterial, es kommt dann darauf an, was man damit anstellt. Zu wissen, WAS man WO einsetzt, setzt funktionsharmonische Kenntnisse voraus. Wenn man mit möglichst wenig Änderungen des Tonmaterials spielen möchte, dann muss man wissen, welche Bereiche sich in welchen diatonischen Räumen befinden (Modulationen).
    Zudem sind über einen Akkord oft mehrere Skalen möglich: Z.B. kann man über eine Dominante b9 sowohl Harmonisch Moll von Stufe V als auch die Halbton-Ganzton-Leiter verwenden. Die Herausforderung ist, bei so viel theoretischem Kram noch möglichst frei und kreativ zu spielen... :)
     
  10. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Ich hab kürzlich eine Pentatonik-Übung endlich mal zu Papier gebracht. Download über diesen Link. Viel Spass! :)
     
  11. Gast

    Gast Guest

    Ok, ich frage nochmal :)

    Ist das be ider Moll-Pentatonik genauso wie in der Dur, also Stufen 1-2-3-5-6-(1 bzw.8)

    und beim Blues 1-2-k3-g3-5-6-b7-(1 bzw.8)in moll genauso wie in Dur oder is das hier wieder anders?:-?

    gruß, zocker


     
  12. Gast

    Gast Guest

    Dann wäre ja Moll gleich wie Dur. Fällt Dir da was auf?
    War eigentlich alles genau genug beschrieben, finde ich.
     
  13. Gast

    Gast Guest

    Oh, sorry, ich habs gemerkt. Ist mir peinlich. :oops:
     
  14. Gast

    Gast Guest

    Eine frage hätte ich noch. (Ich hoffe, dass ich die Antwort darauf nicht in einer von den Posts übersehen habe).

    ISt die Blues-Skala (bsp c-blues) ausgehend von Dur (keine Vorzeichen) oder von Moll (3 Vorzeichen)? Oder gibt es c-dur-blues UND c-moll-blues (davon hab ich aber noch nie was gehört)? :)

    Viele Grüße,
    Zocker
     
  15. Rick

    Rick Experte

    Hallo Zocker,

    die Antworten standen auch schon in den Posts:

    1) Üblicherweise empfiehlt man Improvisations-Anfängern zuerst die Moll-Blues-Skala, die deshalb auch landläufig als DIE Blues-Skala bezeichnet wird.

    2) Es gibt aber (mindestens) zwei gleichnamige Bluestonleitern, die von der Pentatonik (+ Blue Note)abgeleitet sind, je eine in Dur und eine in Moll.

    Beispiel Grundton C:

    Dur-Pentatonik:
    C - D - E - G - A
    + Blue-Note: Eb (kleine Terz von C-Dur)
    => C-Dur-Bluestonleiter

    Moll-Pentatonik:
    C - Eb - F - G - Bb
    + Blue-Note: Gb (kl. Terz von Eb-Dur)
    => C-Moll-Bluestonleiter

    Alles klar? ;-)


    Viele Grüße,
    Rick
     
  16. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Hi Rick,

    auch nochmal für mein Verständnis.

    Es gibt ja zu jeder Skala, Moll und Dur, eine Pentatonik.
    Und aus jeder Pentatonik kann ich eine Bluesskala machen, indem ich die Bluenote hinzufüge, richtig???

    LG

    Dreas
     
  17. Rick

    Rick Experte

    Hallo Dreas,

    richtig - wenn Du die Dur-Pentatonik nimmst und die kleine Terz (eigentlich einen Viertelton zwischen kleiner und großer Terz) hinzufügst, bekommst Du die Dur-Bluestonleiter.

    [size=large]DIESELBEN[/size] Töne vom Grundton der Moll-Parallele aus bilden die parallele Moll-Bluestonleiter (DIE generelle Blues Scale für Einsteiger, wie erwähnt).

    Jeweils dieselben Töne, nur andere Reihenfolge:

    C-Dur = A-Moll
    Eb-Dur = C-Moll
    G-Dur = E-Moll
    Bb-Dur = G-Moll
    F#-Dur = D#-Moll
    usw.


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  18. DirkThomsen

    DirkThomsen Ist fast schon zuhause hier

    Also ich würde es anders herum formulieren: Es gibt diverse Pentatoniken (5-Ton-Skalen), zwei ganz bestimmte davon werden als Dur- bzw Moll-Pentatonik bezeichnet, da sie eine große respektive kleine Terz beinhalten. Aber nicht: Zu jeder Skala gibt es eine Pentatonik.
    Die beiden Blues-Skalen wiederum kann man sich dann als eine dieser beiden Pentatoniken erweitert um eine Blue-Note vorstellen.

    Viele Grüße, Dirk
     
  19. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    @ DirkThomsen

    Zu welchen Skalen gibt es denn keine Pentatonik? (Bleiben wir im westlichen Kulturkreis, sonst wird es mir zu kompliziert)

    Zu den Kirchentonleitern müßte es die doch auch geben, oder?
    Und da habe ich dan auch entweder "Moll- oder Durähnlich"
    (also z.B. dorisch als "mollähnlich")

    Bei der chromatischen wohl nicht, würde ja auch keinen Sinn machen.

    Und sonst????

    LG

    Dreas
     
  20. Rick

    Rick Experte

    Hallo Dreas,

    abgesehen von solchen Sonderfragen:
    Ist Dir das mit der Bluestonleiter jetzt klar?

    Ansonsten:
    Zum Thema Pentatonik gibt es unterschiedliche Auffassungen.
    Ich gehe dabei immer von der durch aufeinanderfolgende Quinten gebildeten Reihenfolge aus, aber streng genommen kann man natürlich x-beliebige fünf Töne hintereinander reihen.

    Es gibt auch unzählige "Blues Scales", im Endeffekt hat jeder Blues-Musiker mehr oder weniger sein eigenes Tonmaterial, das kann von weniger als fünf Tönen bis an die 12 Töne reichen.
    Blues-Musiker haben schon immer auch andere bzw. mehr Töne verwendet als diese Skalen vermuten lassen. :cool:

    Die "Blues Scale" ist eigentlich ursprünglich ein theoretisches Konstrukt für den Improvisationsunterricht gewesen, das sich im Lauf der Jahrzehnte verselbstständigt hat.

    (Hihi, ich stelle mir gerade vor, wie jemand einen alten Mississippi-Delta-Blueser aus den 1920ern nach seiner "Scale" befragt - bekommt wahrscheinlich bestenfalls ein ziemlich verdutztes Gesicht zur Antwort!) :lol:


    Schöne Grüße,
    Rick

    P.S.:
    Musik, auch die Harmonielehre, ist eine Kunst und keine Wissenschaft, da entwickeln sich ständig Regeln, die wiederum geändert oder ganz gebrochen werden; erlaubt ist, was gefällt! ;-)
     
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