Pentatonik und Skala

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von Gast, 1.März.2012.

  1. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    @owl

    bei saxophonic in neukirchen-vlynn gibt es mehr oder weniger regelmäßig wochenendworksops mir Angelika Niescier. Wär vo Stuttgart ein wenig aufwändig.

    Aber:

    Auch 2013 wird es jazzemble in Remscheid geben.

    1 ganze Woche mit Unterkunft direkt im Seminarhaus.

    Cheerio
    tmb
     
  2. Rick

    Rick Experte

    Hallo Dreas,

    ääähh, ist das jetzt ein Beispiel für Inside oder für Outside oder für "viel falsch spielen"? :-o

    Im Ernst, ist ja ganz nostaglisch, erinnert mich an meine Jugend (deutsche Jazzszene der 1970er Jahre), aber als Beispiel im aktuellen Zusammenhang vielleicht nicht ganz so gut geeignet. ;-)

    -----------------------------------------------------------

    Hallo Knut,

    erst mal finde ich es klasse, dass Du hier ins Forum gefunden hast; immerhin schätze ich Dich schon seit langem als hervorragenden Saxofonisten, Improvisator und Big-Band-Leader; obwohl Du daraus nie Deinen Brotverdienst gemacht hast, gehörst Du meiner Ansicht nach zweifellos zu den kompetentesten Musikern (mindestens) im Rhein-Neckar-Raum.

    Nun zu Deiner Mutmaßung:
    Pentatonik erzeugt ja schnell eingängige Melodielinien, diese wiederum sind dankbarer chromatisch zu verschieben (zu "rücken"), weil sie der Zuhörer gut im Ohr behält und deshalb der Rückung eher folgen kann.

    Feststehende Tonfolgen, die wiederholt und dabei auch variiert werden, nennt man "Sequenzen". Schon in der Klassik wurden gerne Sequenzen gebildet und transponiert, das war ein beliebtes Stilmittel im Rondo, oft zu finden bei Haydn und Mozart.

    Coltranes Sequenzen dürften noch einen anderen Ursprung haben, nämlich die afro-amerikanische Tradition.
    In der "primitiven" Musik werden ständige Sequenzen-Wiederholungen oft ihrer hypnotischen Wirkung wegen eingesetzt, daraus entwickelten sich über viele Zwischenschritte die "Riffs" des Kansas-City-Swing (z. B. bei Count Basie).
    Auch das Blues-Schema mit seiner Form
    Ruf - verstärkter Ruf - Antwort
    beinhaltet Sequenzen.

    Coltrane hat die Sequenzen und ihre chromatische Rückung ursprünglich vorwiegend als Steigerungsmittel eingesetzt, wie später auch seine Fusion-Epigonen, besonders der junge Michael Brecker in seiner Jazz-Funk-Phase der 1970er.

    Grundsätzlich kann man jede Art von Melodie zu diesem Zweck benutzen, sie sollte nur möglichst eingängig, also auch entsprechend kurz sein.

    Geht man nun aber von der chromatischen Sequenzen-Verschiebung weg und bildet im Outside-Bereich völlig neue Linien, die keinerlei Ähnlichkeit zu vorhergegangenen Tonfolgen aufweisen, ist es tatsächlich eine Möglichkeit, pentatonische Elemente zu verwenden, weil diese dem Hörer vertraut vorkommen könnten.
    Ich sehe aber keine Notwendigkeit, ausschließlich Pentatonik für Outside-Effekte zu verwenden, denn jedes wiedererkennbare Tonleiterelement würde ebenfalls den Zweck erfüllen können.

    Pentatonik birgt die Gefahr, dass die Melodik schnell banal wird. Gut für Pop und Funk, schlecht im Modern Jazz. :cool:

    Deshalb könnte man vielleicht folgende Rangfolge des "Aufpeppens" einer modalen Improvisation aufstellen:

    Pentatonik: Sehr vertraut, aber bald langweilig
    Einfache Skala: Vertraut, "folkloristisch"
    Ungewöhnlichere Skala: Ansatzweise verwirrend
    Pentatonik mit Outside-Pentatonik: Zunächst irritierend, gut eingesetzt spannend und dabei nachvollziehbar
    Skala mit Outside-Skala: Verstörend, "chaotisch", nur von Kennern noch nachvollziehbar, "For Musicians Only"

    Welche Wirkung man nun beim Zuhörer erzielen möchte, liegt im Ermessen des Künstlers. :-D


    Schöne Grüße nach Heidelberg,
    Rick
     
  3. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Hi Rick,

    wo habe ich geschrieben, dass DAS ein aktuelles Beispiel fur
    "inside-/outside" spielen sein soll?

    Ich hatte von ihr ein Zitat gebracht, dass sie in einem workshop
    gebracht hat und das man ihre Musik googeln kann, worauf "Owl" fragte wer sie ist.

    Das habe ich beantwortet und ein Beispiel ihrer Musik verlinkt.
    Nicht mehr und nicht weniger.

    Ein- oder bewertende Aussagen zu ihrer Musik könnte ich auch
    gar nicht machen, weil ich davon keine Ahnung habe.


    Schönen Abend,

    Dreas
     
  4. Rick

    Rick Experte

    Lieber Andreas,

    nein, das hast Du nirgends geschrieben, ich habe auch mitbekommen, wie der Gesprächsverlauf war - fand nur das Freie-Musik-Video im aktuellen Zusammenhang lustig und habe mir daher einen Gag erlaubt.
    Sorry, war nicht böse gemeint!


    Dir auch noch einen schönen Abend,
    mit versöhnlichen Grüßen,
    Rick
     
  5. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    "Sorry, war nicht böse gemeint."

    Hatte ich auch nicht so verstanden.... :)

    Gute N8!

    Dreas
     
  6. Rick

    Rick Experte

    Dann bin ich ja beruhigt,
    Dir auch eine gute Nacht! :)

    Rick
     
  7. Knut.R

    Knut.R Nicht zu schüchtern zum Reden

    Lieber Rick,
    erstmal möchte ich mich für die herzliche Begrüßung von Dir bedanken. Es ist auch sehr nett, dass Du mich für einen kompetenten Musiker hältst.
    Ich habe schon seit längerer Zeit als Gast mit Hochachtung viele der Kommentare gelesen und bei mehreren Mitgliedern eine bewundernswerte Ernsthaftigkeit und ein beachtliches Engagement für das Thema Saxophon gefunden.
    Auch Du hast hier schon viele interessante Themen angesprochen.
    Zu Deinen Ausführungen vorweg: Ich hoffe nicht, dass Du Michael Brecker als Coltranes Fusion-Epigone betrachtest, so könnte man Dich allerdings verstehen. Manchmal glaube ich, Brecker hat das Outside-Spiel auf eine nahezu unerreichbare Höhe entwickelt und sich unter Musikern einen sagenhaften Ruf erarbeitet. Joe Lovano hat mal gemeint, man müsse irgendwann im Leben einsehen, dass man Brecker nicht erreichen könne.
    Und zur Pentatonik: Sie ist sicher nicht der Königsweg zur Outside-Improvisation, aber sie ist in doppelter Hinsicht sehr hilfreich, zum einen besteht eine große Nähe der Pentatonik zum Blues, zum anderen stellt die Pentatonik einen zu variierenden Fundus von überzeugenden Outside-Kürzeln zur Verfügung, auf die man relativ schnell zugreifen kann.
    Mir scheint, es lohnt sich sehr, einige Zeit auf Pentatonikübungen zu verwenden.
    Ansonsten kann ich mich Deinen Überlegungen anschließen.
    Herzliche Grüße, doch ebenfalls nach Heidelberg, oder?
    Knut
     
  8. Rick

    Rick Experte

    Lieber Knut,

    das ist nicht nur nett, sondern vor allem zutreffend!

    Dankeschön!

    Okay, da gebe ich Dir und Herrn Lovano Recht, ich wollte seinen Ruhm damit keineswegs schmälern.
    Michael Brecker ist einer der großen Tenorsaxofonisten gewesen, keine Frage, war auch für mich lange Zeit ein großer Einfluss.

    Dennoch wage ich zu behaupten, dass man seinen Stil schon so betrachten kann, dass er unter anderem bestimmte Charakteristiken von Coltranes Spielweise auf Fusion Jazz übertragen und "perfektioniert" hat.

    Ganz bestimmt!

    Freut mich!

    Nein, ich wohne schon seit 1994 in Öhringen (an der A6 zwischen Heilbronn und Schwäbisch Hall), bin aber nach wie vor häufig im Rhein-Neckar-Raum aktiv, nicht zuletzt mit meiner Big-Band. ;-)

    Herzliche Grüße,
    Rick
     
  9. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    "Michael Brecker ist einer der großen Tenorsaxofonisten gewesen, keine Frage"
    und einer der langweiligsten.dieses überkonstruieren ermüdet doch ungemein.
     
  10. flar

    flar Guest

    Moin, moin Lee
    das sehe ich anders! Mich würde vor allem interessieren wie Du diese Aussage begründest!

    Viele Grüße Flar
     
  11. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    "Über Geschmack lässt sich nicht streiten"
    sprach der Frosch und biss in die Seife . . .

    (Ich frage mich ja immer, warum man immer "Grund" eingeben muß, wenn man was geändert hat. Das könnte die Software ja auch automatisch hinschreiben.)



    [size=xx-small]Berlin Band[/size]
     
  12. matThiaS

    matThiaS Admin Emeritus

    Stimmt. Mir gefallen auch nicht alle Sachen, die Brecker gemacht hat. Aber er hatte eine stilistische Breite, wie sonst kaum ein anderer Saxophonist. Ihn nur auf die Fusionecke festzulegen, wird ihm meiner Meinung nach nicht gerecht.
     
  13. Rick

    Rick Experte

    Hallo Matthias!

    Wie gesagt, nichts gegen Herrn Brecker, aber stilistische Bandbreite?
    Da habe ich wohl, trotz meiner dutzend LPs und CDs von/mit ihm, etwas verpasst.

    Ich hatte immer den Eindruck, dass er vorwiegend einen sehr klar definierten eigenen Stil gespielt hat, immer mit dem selben modalen Zugang improvisiert hat, stets eine ähnliche Ästhetik verfolgte, wenn auch zugegebenermaßen in unterschiedlichem musikalischem Umfeld, von Funk, Fusion über Latin Jazz bis hin zu Neo Bop.

    Aber ich habe ihn nie im 1930er Stil swingen, im 1940er Stil boppen oder im 1950er Stil cool jazzen gehört - DAS wäre für mich eine wirkliche stilistische Bandbreite. :roll:

    Und ja, es gibt durchaus Saxer, die das können und auch tun, beispielsweise Joshua Redman oder Jörg Kaufmann, die mir spontan einfallen.
    Oder Sonny Rollins, nicht zu vergessen die extrem wandlungsfähigen Mainstreamer Gerry Mulligan und Stan Getz, die sogar im klassischen Swing zu Hause sein konnten (letzterer spielte jahrelang in Benny Goodmans Orchester - da wäre Brecker mit seinem Sound sofort rausgeflogen!). ;-)

    Dadurch ist er mit Sicherheit am bekanntesten geworden, da hat er am meisten gesagt und prägend gewirkt, finde ich.


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  14. flar

    flar Guest

    Moin, moin
    Wer lust hat kann ja mal durch guckenSidediscografie
    Die meisten Aufnahmen davon habe ich nicht und kenne ich auch nicht, aber für immer das gleiche doch recht unfangreich, oder?

    Viele Grüße Flar
     
  15. Rick

    Rick Experte

    Moin Flar,

    Michael Brecker hat einen Großteil seines Geldes als Saxofon-Solist bei Pop- und Rock-Produktionen verdient, wie man auch schön auf Deiner Liste sieht.
    Ab und zu haben ihn auch ältere Jazzmusiker engagiert, weil sie durch seine Mitwirkung zeitgemäßer, trendiger klingen wollten, wie Dave Brubeck oder beispielsweise hier Chet Baker und Ron Carter (Brecker ab etwa 1:10):
    http://www.dailymotion.com/video/xfjsq7_chet-baker-love-for-sale_music

    Meistens wollte man ja ausdrücklich ihn, gerade weil er eben einen speziellen Sound und eine typische Spielweise hatte.
    Ich bilde mir ein, ihn sofort überall rauszuhören (oder jemanden, der ihn kopiert, da gibt es ja zahllose, teilweise verblüffende "Kopisten").

    Man kann ihm meiner Ansicht nach seine Virtuosität, seinen eigenen Stil, Sound und seinen großen Einfluss auf gefühlte 10 Milliarden Saxofonisten nicht absprechen, aber ihm eine außergewöhnliche stilistische Wandlungsfähigkeit nachsagen zu wollen wird seiner nicht gerecht, finde ich.

    Was soll's?
    Das ist doch nicht schlimm, Charlie Parker hat beispielsweise auch immer gleich geklungen! ;-)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  16. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Ein Aufnahme, auf der Brecker zeigt, dass er tatsächlich auch anders spielen kann als Michael Brecker:

    Nicht nur deswegen eine sehr empfehlenswerte CD !

    Die altbekannten Brecker-Phrasen und Licks kann man hier jedenfalls nicht hören.

    Auf youtube gibt es von der Band einige Konzertschnipsel, die mir hinsichtlich der Klangqualität aber so wenig gefallen, dass ich sie hier nicht einstellen mag.
     
  17. Knut.R

    Knut.R Nicht zu schüchtern zum Reden

    Hallo an alle,
    das Thema "Michael Brecker" hat offensichtlich Reaktionen ausgelöst.
    Unzweifelhaft hat jeder ein Recht auf eigenen Geschmack und muss kein Anhänger von Brecker sein.
    Ich muss auch zugeben, dass das Anhören von Brecker manchmal anstrengend ist.
    Aber er ist zu keinem Zeitpunkt langweilig. Der Gehalt seiner Improvisationen erschließt im Hinblick auf die hohe Geschwindigkeit, mit der sie vorgetragen werden, häufig erst bei Analyse von Transkriptionen der Soli. Es ist unfassbar, mit wieviel Abwechslung und Einfallsreichtum er gespielt hat. Gleichzeitig war er technisch immer auf dem höchsten Niveau.
    Wie sein Bruder Randy erzählt hat, hat Michael jeden Tag, den er zuhause verbringen konnte, mindestens 8 Stunden geübt.
    Dies hört man.
    Er hat Werke für die Ewigkeit geschaffen (eine meiner LieblingsCDs ist Oggermann mit Brecker).
    Breckers Tod hatte bei vielen Musikern, die ich kenne, und bei mir große Traurigkeit ausgelöst. Ich hatte gehofft, er könne mich während meines ganzen Lebens begleiten
    Herzliche Grüße
    Knut


     
  18. matThiaS

    matThiaS Admin Emeritus

    Für mich wäre das eher ein Fall von Selbstverleugnung.
     
  19. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    Hi zusammen,

    Brecker war einer, der das outsidespiel perfekt beherrscht hat. Keine frage, dass er technisch auf allerhöchstem Niveau spielte. Und er hatte seinen eigenen, von ihm selbst geprägten Stil. Er hat sich daher nie wie ein swingspieler angehört, aber wenn man seine aufnahmen im Bop Bereich anhört, klingt das schon sehr authentisch, ohne dass er seinen Stil verliert. Vielleicht macht gerade das die ganz grossen Musiker aus. Er war eben einer davon!

    Grüße

    Mixo
     
  20. TheSteamer

    TheSteamer Ist fast schon zuhause hier

    Moin !

    Brecker, Liebman, Berg, Marsalis:

    http://www.youtube.com/watch?v=jTfNjoyIAhE&feature=related

    http://www.youtube.com/watch?v=BXrsw0UGQp4&feature=related

    http://www.youtube.com/watch?v=gbNwrYwniDs&feature=related

    http://www.youtube.com/watch?v=Wr7EvF0C7xU&feature=related

    http://www.youtube.com/watch?v=ut0-qQTxXBY&feature=related


    Ich habe immer dafür plädiert, sich Vorbilder zu suchen die in den Anfängen liegen!
    Nicht um so zu spielen, sondern um seine eigenen Wurzeln zu erkennen oder zu entdecken.

    Man spielt technisch schnell, dafür klanglich schlecht, oder technisch langsamer, dafür klanglich besser, ausgenommen die alten Saxophon Giganten! (Oscar Klein)



    Grüße the Steamer
     
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