Rahmenbedingungen des Sax-Spiels

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von _Stevie_, 6.Januar.2009.

  1. _Stevie_

    _Stevie_ Schaut nur mal vorbei

    Hallo zusammen!

    Ich selbst spiele zwar kein Saxophon sondern Keyboards, aber ich interessiere mich für die Rahmenbedingungen des Saxophon-Spiels. Ich möchte ein Gefühl dafür bekommen, um mich besser in die Spielweise eines Saxophonisten denken zu können.
    Keyboard-Saxophon-Soli klingen zu 99,9% ganz scheußlich (das brauch ich hier wahrscheinlich gar nicht erwähnen).
    Aber ich denke das liegt zur Hälfte daran, dass Keyboarder wie Keyboarder und nicht wie Saxophonisten denken. Deswegen würde ich mich über ein paar Insight-Tips freuen.


    Mir kommen z.B. solche Fragen in den Kopf:

    - kann man mit einem Sax Bendings nach oben oder nur nach unten spielen?

    - über wieviel Noten kann ein Bending/Portamento gespielt werden?

    - spielt ein Sax-Spieler eher skalenorientiert?
    Sprich, sucht er eine passende Skala aus und hält sich
    den ganzen Song daran? Beim Klavier liegen ja alle
    Noten ausgebreitet vor dem Spieler...

    - ich habe schon oft gehört, dass Sax-Spieler Chords aufsplitten oder Arpeggios spielen. Das finde ich sehr typisch für Saxophon und habe es so auch noch bei keinem anderen Instrument gehört. Die Läufe werden meistens sehr schnell gespielt (16tel oder 32tel). Gibt es bestimmte Schemata oder sind das songbedingte Chords?

    Mehr fällt mir grad nicht ein, aber vielleicht habt ihr ja auch so noch ein paar Tips.

    Vielen Dank!


    Stevie
     
  2. Rick

    Rick Experte

    Hallo Stevie,

    ich selbst habe vor über 30 Jahren vom Klavier aufs Sax gewechselt (na gut, ich spiele immer noch Tasteninstrumente, aber nicht mehr so viel wie früher), da will ich mal sehen, ob ich Deine Fragen beantworten kann.:)

    Eher nach unten, das funktioniert über ein Lockerlassen des Ansatzes.
    Du kannst natürlich auch einen Ton von unten anspielen, dann musst Du allerdings beim Keyboard den Pitch Bend VOR der Taste runterziehen.
    Nach oben kannste den Pitch Bend vergessen, das gibt's beim Sax nicht.

    Eher kleinere Abstände.

    Es gibt alles, die skalenorientierten wie die Arpeggio-orientierten Spieler.
    In Pop und Funk eher Skala (Blues Scale), im traditionellen Jazz bis Bebop eher Arpeggios.

    Es gibt natürlich einen Haufen Licks, beispielsweise von Charlie Parker oder John Coltrane beeinflusst.
    Die Läufe sollten schon zu den Song Chords passen und MÜSSEN auch nicht schnell sein - aber manchmal möchte man eben ein bisschen angeben, das Sax bietet ja auch die Möglichkeit zum schnellen Spiel, warum also nicht? :-D

    Mein Spezialtipp:
    Einfach ganz viel Saxer anhören und nachzuspielen versuchen! ;-)


    Schönen Gruß, viel Erfolg!
    Rick
     
  3. _Stevie_

    _Stevie_ Schaut nur mal vorbei

    Hallo Rick!

    Vielen Dank für Deine Antwort!
    Ah, Du bist auch ein Schlüsselbrettspieler (und Nachtmensch dazu) :p

    Das mit dem Bend Up hatte ich auch so in Erinnerung.
    Ich war nur etwas irritiert, da ich vor Kurzem in einem Forum
    genau das Gegenteil gelesen hatte. Jetzt weiß ich Bescheid :)
    Ich dachte immer, dass ein Sax über große Tonabstände Benden kann, aber das sind dann wohl ganz schnelle Läufe, die sich nur wie ein Bending anhören (?).

    Ich sitz grad an einem Demo Song für Tenor Sax.
    Wenn er fertig ist werde ich ihn mal hier posten und ihn
    von euch zerreissen lassen, LOL. Ich werde mir Mühe geben :)


    Herzliche Grüße,

    Stevie


    P.S.: Deinen Spezialtipp werde ich beherzigen, bin ein großer Fan von Tower of Power, Candy Dulfer, Incognito, Maceo Parker, Stan Getz, etc...
     
  4. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    man kann auf dem Saxophon einzelne Töne nur sehr begrenzt nach oben drücken (max Halbton, eher weniger), nach unten hingegen durchaus einen Ganzton, die tiefen Töne allerdings deutlich weniger.

    Daneben gibt es noch die Möglichkeit von Glissandoeffekten, ich habe da schon durchaus Brauchbares zu hören bekommen, wenn es auch nie so schön klingt wie auf der Klarinette.

    Auch wenn Pianisten tendentiell eher mehr in harmonischen Zusammenhängen denken als Saxophonisten, so liegt der eigentliche Unterschied m.E. in der unterschiedlichen Art der Tonerzeugung.

    Beim Pianisten ist der Anschlag das Ein und Alles, um einer gespielten Phrase Seele, Gefühl und Audruck zu verleihen.

    Beim Saxophonisten gibt es diesen Anschlag praktisch gar nicht, wenn wir mal perkussive Elemente des Klappen schlagens außer acht lassen. Ausdruck wird über den Ansatz, die Atmung, die Phrasierung erzeugt. Als Bläser hat man ein anderes körperliches Verhältnis zum Ton denn als Pianist oder Violinist. Nicht, dass das Eine schlechter oder besser wäre, es ist aber anders.

    Ich habe einmal einen Keyboarder erlebt, der spielte mit einem breath controller auf seinem keyboard und hatte einen hervorragenden Klangerzeuger. Für einen Moment dachte ich wirklich, da spielt ein echter Saxophonist.

    Gruß,
    xcielo
     
  5. blue_asphalt

    blue_asphalt Ist fast schon zuhause hier

    … ein schönes Beispiel mit breath controller gibt es bei Eric Clapton „Wonderful Tonight“ – (ab 4:08 min) am Keyboard sitzt Dave Sancious (neben Billy Preston) www.youtube.com/watch?v=nHC0mX-Er_E
    oder auch bei der gerade neu erschienenen DVD „Bryan Ferry / The Bête Noire Tour… am Keyboard sitzt Clifford Carter und benutzt bei einigen Titeln (The Bogus Man, Casanova…) so ein Teil… wenn man die Augen zu macht denkt man manchmal wirklich es ist ein Sax… Klasse!!! Infos: www.rocktimes.de/gesamt/f/bryan_ferry/bete_noire_tour.html
    meint Herb
     
  6. _Stevie_

    _Stevie_ Schaut nur mal vorbei

    Hey xcielo!


    Ja, das ergibt für mich auch Sinn, wenn man bedenkt, dass
    das Bending nur durch den Ansatz realisiert wird.

    Ich glaube dann habe ich Glissando mit Portamento verwechselt. Ich hatte sowas hier im Sinn:
    http://www.youtube.com/watch?v=grjWx8YeFok

    Wenn ich das richtig verstehe, wäre ein Portament z.B.
    das stufenlose spielen der Note C nach F.
    Beim Glissando gibt es mehrere kleine Stufen/Noten von denen man zur nächsten Stufe/Note springt.
    Werden solche Glissandi hauptsächlich über die Naturtöne gespielt oder ist es eine Mischung aus Ventil und Naturtönen?

    Da gebe ich Dir absolut Recht. Aber ich würde trotzdem sagen, dass ein Saxophon durch die Ausdrucksmöglichkeiten
    um einiges lebendiger klingen kann als ein Klavier.
    Generell alle Intrumente, die nicht ausschließlich über die Limitierung der festen (stufigen) Tonzuordnung verfügen haben da einfach mehr Freiraum (Streicher, Holz- und Blechbläser). Und genau die Instrumente sind auch verdammt schwierig auf dem Keyboard zu simulieren.

    Ich glaube Du meinst den Yamaha VL70m oder VL10, der basiert auf Physical Modeling (das Ding ist knapp 10 Jahre alt und seitdem gab es auch keinen Nachfolger)
    Wenn man das Instrument beherrscht, kann das in der Tat sehr realistisch klingen!
    Ich habe hier auch ein Instrument, das man mit Breath Controller, bzw. Expression Pedal steuern kann. Leider habe ich noch keinen Breath Controller und muss mich momentan erst mal mit meinem Pedal begnügen. Aber ich denke mit einem BC würde das Ganze noch um einiges an Spielgefühl gewinnen.

    Kennt jemand das Sax Solo aus "Sexy Soul" von Tower of Power? Ich habe das mal versucht nachzuspielen.
    Schwierig wird es dann, wenn die Bendings mit Swell/Crescendo kombiniert werden. Das ist halt ein absolut typischer Sax-Klang.


    Viele Grüße,

    Stevie


    EDIT: Hier noch ein Link von einem Sax-Player, der das Instrument mit einem EWI spielt:
    http://www.youtube.com/watch?v=gtvmcRKsHto#

    EDIT: @Herb, super Infos danke! Das Sax im Video kommt auch von einem Yamaha VL70m ;)
     
  7. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Nach wikipedia ist Portamento:
    Zwischen zwei Tönen eines Intervalls wird eine kurze chromatische Verbindung oder ein kurzes Glissando gespielt. Notiert wird es durch einen verbindenden Strich zwischen den beiden Noten.

    Zwischen der chromatischen Verbindung und dem Glissando gibt es auf dem Sax beliebig viele Zwischenmöglichkeiten, die auf deinem video ja auch gut zu hören sind. Manchmal hat man mehr Möglichkeiten, in den tieferen Lagen muss man die Chromatik halt möglichst flüssig spielen, damit ein halbes Glissando daraus wird.

    ---
    natürlich hat man bei einem Blasinstrument immer neben der melodischen Gestaltung den Freiheitsgrad der Tonbildung, den man bei einem Tasteninstrument nicht hat. Dieses ist auch durch einen breath controller nicht wirklich zu simulieren.

    Gott sei Dank wie ich finde, wenn jeder Pianist wie ein Saxophonist klingen könnte, hätten wir ja nix mehr zu tun :roll:

    Gruß,
    xcielo
     
  8. _Stevie_

    _Stevie_ Schaut nur mal vorbei

    Danke für die Erklärung des Portamento/Glissando ;)

    Sagen wir mal so, der Blaswandler fügt noch eine weitere Ausdrucksdimension hinzu, die ohne ihn nicht erreicht werden könnte. Kommt natürlich immer auf den Klangerzeuger an.

    Klar, da hast Du Recht. Das ist auch nicht Sinn der Sache. Wobei viele Keyboard auch Saxophonisten sind ;)


    Viele Grüße,

    Stevie
     
  9. _Stevie_

    _Stevie_ Schaut nur mal vorbei

    So, das Preview ist fertig:
    www.synthetic-arts.net/Download/Sax.mp3

    Würde mich über Kritik und Anregungen der Saxophonspielweise freuen!
     
  10. Rick

    Rick Experte

    Absolut genial, nahezu perfekt, täuschend echt, fast schon erschreckend! :-o

    Das Saxofon-Solo kann man meiner Ansicht nach praktisch nicht negativ kritisieren, nur ein paar Töne fand ich etwas zu lang (da kam dann das Dynamik-Anschwellen zu penetrant raus), doch das könnte man auch mit etwas Goodwill als Marotte des Saxofonisten erklären. ;-)

    Das Trompeten-Solo war dem gegenüber nicht ganz so authentisch - Trompeter spielen weniger Läufe, auch waren zwischendurch einige Töne eine ganz kleine Spur zu lang.

    Nichtsdestotrotz:
    Chapeau! :)


    Schönen Gruß,
    Rick
     
  11. _Stevie_

    _Stevie_ Schaut nur mal vorbei

    Morgen Rick!

    Echt? Krass, jetzt ich bin baff. Danke für Dein Lob :D
    Kann es ehrlich gesagt nicht wirklich einschätzen. Ich finde am Sax könnte man noch die typische Dynamik besser nachempfinden, gerade bei Läufen.
    Das Anblasen habe ich mit Expression Pedal gesteuert.
    Aber das ist leider dank fehlendem Breath Controller etwas
    schwierig, da mein Fuß kein Gefühl dafür hat, wann dem Bläser die Luft ausgeht ;).
    Beim Trompeten Solo hab ich mir echt die Zähne ausgebissen. War beim Sax aber auch so. Es ist nicht einfach sich in die Spielweise eines Bläsers zu denken. Bei mir auf dem Keyboard liegen quasi alle Noten ebeneinander. Bedingt durch das Spielprinzip von Bläsern kommen da auch ganz andere Soli heraus.
    Ich plane mir eventuell einen Akai EWI (USB oder 4000S)zuzulegen. Die Lernkurve wird allerdings bestimmt sehr steil sein.


    Nächtliche Grüße,

    Stevie


    P.S. Bist auch so ne Nachteule? :-D
     
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