Selbststudium - Interpreten, Literatur, Anregungen

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von WoodwindBlues, 24.September.2015.

  1. WoodwindBlues

    WoodwindBlues Schaut öfter mal vorbei

    Hallo zusammen,
    ich spiele nun, nachdem ich studiumsbedingt eine Pause eingelegt habe, wieder regelmäßig Saxophon. Gelernt habe ich Saxophon während meiner Schulzeit und habe jetzt 2-3 Jahre kaum (zwei mal im Jahr für ein paar Tage) gespielt. Nun möchte ich es schaffen mich so zu verbessern, dass ich in die nächste Jazzbar zu Jam-Sessions gehen kann ohne mich zu blamieren. Mein Ansatz erholt sich langsam von der langen Pause und meine Vorbildung in Sachen Technik ist auch noch nicht ganz in Vergessenheit geraten, ich fange also nicht bei Null an.
    Problematisch ist jedoch, dass ich nie wirklich "gelernt" habe Jazz zu spielen. Zwar habe ich früher eine Menge Jazz in diversen Bands und Ensembles gespielt und auch improvisiert (ein Gefühl für Jazz ist also da). Aber die anspruchsvolleren Stücke waren immer aus der Klassik. Die Improvisation lief (läuft) bei mir immer rein übers Gehör oder eine Blues-Skala.

    Was mir also momentan fehlt ist theoretisches Wissen und die Anwendung davon. Das mir das fehlt, merke ich nicht nur beim Improvisieren, sondern auch beim erlernen transkribierter Soli. Wenn ich die Skalen zu einem Stück lerne fällt es mir danach viel einfacher, die Soli zu spielen/lernen. Insbesondere ist es leichter Stücke mit gewohnten Harmonien (Ionisch, Dorisch, Mixolydisch) zu spielen als solche, die auf Akkorden mit erhöhten Nonen etc. basieren (z.B. komme ich bei Lazy Bird besser voran als bei Blue Train).
    Ich habe ein ganz gutes Notenbuch zum erlernen der Skalen und mit Übungen zu allen möglichen Akkorden und Harmonien ("Amazing Phrasing - 50 Ways to improve your improvisational Skills" von Dennis Taylor), was mir hauptsächlich fehlt (glaube ich) ist etwas, wo ich das praktisch anwenden kann. Am besten wäre da wohl etwas mit transkribierten Soli, das am besten auch irgendwie systematisch aufgebaut ist. Da bin ich mir nicht so sicher ob sich die Soli von John Coltrane besonders gut dafür eignen (besonders nachdem ich ein anderes Notenbuch entdeckt habe, das sich speziell mit der Musiktheorie von Coltrane beschäftigt - im Vergleich zur "Standart" Jazz Theorie). Schön wäre, wenn die Soli trotzdem von existenten Aufnahmen transkribiert wären (ich finde das unheimlich motivierend, wenn ich die entsprechende CDs einfach so hören kann und das nach etwas klingt - ganz im Gegensatz zu den üblichen "Saxophon-Schulen-Backing-CDs").

    Außerdem würde mich noch interessieren, wie ihr die Theorie gelernt habt und sie anwendet. Skalen ect. auswendig lernen (z.B. C-ionisch: CDEFGHC) oder im Kopf aufbauen (z.B. C-ionisch: GGHGGGH)? Und lernen nach Akkorden (Dm7, G7, Cmaj7) oder nach Tonarten und Stufen (C-Dur: II-V-I)? Ich mache es momentan so dass ich mir die Skalen während dem Spielen im Kopf aufbaue und zu den Akkorden lerne (also wenn ich ein G7 [also G-Mixolydisch] habe weiß ich, dass ich bei 2-3 und 6-7 die Halbtonschritte habe), bin mir aber nicht sicher ob das so sinnvoll ist (vor allem nach Akkorden zu lernen anstatt nach Tonart und Progression).

    Viele Grüße,
    Michael
     
  2. Jazzica

    Jazzica Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Michael,

    herzlich Willkommen im Forum!

    Ich kenne leider kein Buch mit transkribierten Soli, aber meiner Erfahrung nach ist es hilfreich, selbst Soli, die einem gefallen nach Gehör zu transkribieren. Da Du früher schon nach Gehör improvisiert hast, denke ich, dass Du eine gute Grundlage für das Transkribieren hast. Man muss mit einfachen Soli beginnen. Hier gibt es einen Blog, wo am 02.09.2015 in einem Video-Tutorial beschrieben wird, wie man ein Solo transkribieren kann:

    http://www.saxophoneworkout.de/tutorialsblog

    Ich bin selbst "Gehörspielerin" und habe mich zwar mit Musiktheorie beschäftigt, aber ich kann sie nicht in dem Sinne "anwenden", dass ich beim Spielen an Tonleitern oder Stufen denke. Während ich spiele und das Gehör "eingeschaltet" ist, fällt es mir schwer, überhaupt zu denken, daher spiele ich eher intuitiv. Gelernt habe ich die Musiktheorie aus den Büchern von Frank Haunschild ("Die neue Harmonielehre") und Frank Sikora, wobei ich die Werke der beiden nur auszugsweise durchgearbeitet habe und immer noch weiter darin studiere.

    Da ich beim Musik machen nicht denken kann, versuche ich, mir ein "Inventar" von Phrasen und Tonleitern so anzutrainieren, dass ich diese während des Improvisierens intuitiv verwenden und jederzeit "abrufen" kann. Daher übe ich immer abwechselnd alle maj7, m7 und V7-Akkorde als Arpeggien, möchte mit der Zeit auch halbverminderte und verminderte Akkord-Apreggien dazu nehmen, und außerdem übe ich die am häufigsten in der Improvisation benötigten Tonleitern in allen Tonarten: alle Dur- und Moll-Tonleitern, überhaupt alle Tonleitern aus dem ionischen System, Blues-Tonleitern, die sogenannte HM5 (mixo b9b13), das ist die Tonleiter, die sich auf der 5. Stufe von harmonisch Moll aufbaut, alteriert, HTGT. Auf längere Sicht möchte ich noch weitere Tonleitern dazu nehmen. Ich übe die so lange, bis ich sie in jeder Tonart wirklich "in den Fingern" habe und dann kann ich auch damit improvisieren, d.h. ich merke dann, dass ich in der Improvisation Phrasen verwende, die aus diesen Tonleitern stammen.

    Was auch hilft, um sich über das Gehör weiter zu entwickeln, ist natürlich: Viel Musik hören, Jazz und auch anderes. Das gibt einem Ideen für die eigene Improvisation.

    Ich hoffe, dass Dir hier noch jemand antwortet, der die Improvisation eher von der theoretischen Seite aus angeht, das würde mich selbst auch interessieren.

    Viele Grüße von

    Jazzica
     
  3. saxhornet

    saxhornet Experte

    Tip: Such Dir einen Lehrer, der genau feststellen kann, wo Du gerade stehst und was Du wirklich lernen musst und wo die grössten Mankos sind. Du wirst selber nicht wissen was sinnvoll wäre als nächstes zu lernen und wo wirklich deine Schwachstellen sind. Ist der Lehrer gut, spart dir das eine Menge Zeit und Frust. Es gibt kein Buch, daß einem auch nur annähernd Improvisation beibringen kann oder auch nur zu einem Bruchteil einen guten Lehrer ersetzen kann.

    LG Saxhornet
     
  4. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

  5. saxhornet

    saxhornet Experte

    Damit solltest Du auf Bluessessions gehen, da funktioniert das meist ordentlich und gut. Bei richtigen Jazzsessions gehst Du damit unter, da ist weitaus mehr Wissen und mehr Fertigkeiten am Instrument Voraussetzung.

    Lg Saxhornet
     
  6. dabo

    dabo Strebt nach Höherem

    Hi @WoodwindBlues
    Schöner Name!!!

    Erst mal welcome! Schön, dass du wieder zum Sax gefunden hast!
    Im Moment OnlineKurs von ppue bei der VHS Duisburg.

    Ein Lehrer nach so langer Pause würde ich dir auch raten.

    LG
    Dabo
     
  7. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Hallo Michael,

    Workshops sind schon gut. Es gibt viele Anregungen, man spielt intensiv mit anderen Leuten etc.

    Aber: In den paar Tagen kann man etwas nicht wirklich einüben. Saxhornets Tipp, Dir einen Lehrer zu suchen, ist sicher optimal.

    Zum Allein-Üben hat Jazzica einiges geschrieben. Das ist natürlich ein Programm für ein ganzes Jazzerleben. :) Du hast schon bemerkt, dass Improvisieren besser geht, wenn Du vorher die Skalen geübt hast. Da kannst Du weitermachen. Zuerst die Skalen im Ionischen System für die wichtigsten Tonarten, gleichzeitig Arpeggien der entsprechenden Akkorde. dann langsam erweitern. (Man muss nicht immer gleich alles in allen 12 Tonarten machen ;-))

    LG Helmut
     
  8. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

  9. GelöschtesMitglied11073

    GelöschtesMitglied11073 Guest

    Theorie hin oder her,klar die ist auch wichtig.
    Aber probier doch einfach mal nur nach gehör zu improvisieren. und zwar mit wenigen Tönen (maximal 4 am Anfang) aber viel laut und leise und Rhythmus einbauen.
    Mir hat das seeeeehr viel gebracht das jeden Tag zusätzlich zu üben
     
    Jazzica gefällt das.
  10. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Das ist ja mehr als ein Fass, das Du da aufmachst. :)

    Bei mir ging's lange Zeit nur nach Gehör, aber am Klavier, denn da komme ich her.
    Anfang war immer
    Musik hören => was passiert da? => Information isolieren => damit herumspielen => versuchen einzubauen => ...
    Ist auf dem Klavier aber einfacher als auf dem Sax.

    Aber Tipp: im Kopf bauen nach Intervallen zum Grundton (z.B. Sekunde, große Terz, Quarte, Quinte, große Sexte, kleine Septime) und deren Abweichungen, hier: alles wir Dur, aber kleine Septime => mixolydisch
    Umgekehrt: As lydisch denke ich *nicht* als vierte Stufe von Es-Dur, sondern als As-Dur mit übermäßiger Quarte (aka erhöhter 4. Stufe).

    Ich war früher der Eigenbrötler schlechthin (ich habe mir 'Gesellschaftsspiele' zum Geburtstag gewünscht, die man allein spielen kann), aber ich würde empfehlen: Kontakt zu anderen, sei es Workshop, Lehrer, ....

    Grüße
    Roland
     
  11. WoodwindBlues

    WoodwindBlues Schaut öfter mal vorbei

    So, ich muss mich jetzt erst mal entschuldigen, dass ich den Thread einfach so in der Landschaft habe stehen lassen. Ich habe aber in den letzten Tagen viele von den Tipps ausprobiert, aber nichts hat mir so richtig weitergeholfen. Auch beim üben von transkribierten Soli hatte ich das Gefühl fest zu stecken. Bis ich dann vorgestern mal ein paar Stücke aus den sechs Suiten für Cello von Bach (transponiert für Bb Saxophon) angepackt habe. Ich konnte Läufe auf einmal wieder in einem Tempo vom Blatt spielen, für das ich bei den Jazz Soli ewig üben musste. Da ist mir endlich ein Licht aufgegangen:
    Ich bin die Harmonien in der Klassik so gewöhnt, dass ich einfach "weiß" welche Dreiklang-Auflösung hinter dem Lauf steckt und was danach kommen muss ohne dass ich die Noten wirklich "lesen" muss. Ich hatte ja bereits erwähnt, dass meine Soloarbeit früher fast ausschließlich Klassik war. Ich hatte nur den Fehler gemacht, davon auszugehen, dass ich meine "technischen" Fertigkeiten einfach auf Jazz übertragen kann und hatte nicht realisiert, dass davon vieles auf Gehör und Gefühl beruht. Von daher denke ich, dass es für mich am sinnvollsten ist, in Sachen Jazz noch einmal bei den Grundlagen anzufangen und von da aufzubauen. Also erstmal an einfacheren Stücke und vor allem mit sehr grundlegenden Jazz-Harmonien (II-V-I ect.) arbeiten.
    Ich würde mich freuen, wenn mir jemand Noten in die Richtung (also zum einen "Jazz-Etüden", falls es sowas gibt und zum anderen vielleicht Transkriptionen von Interpreten die in Sachen Technik und Harmonien nicht gleich auf dem Niveau von Coltrane, Rollins & Co sind) empfehlen kann.
    Außerdem wäre ich für Interpreten-Tipps dankbar, die sich zum "Selbst-transkribieren für Anfänger" eignen.

    Wenn ich dann da ein bisschen weiter gekommen bin, werde ich mich auch mal nach Workshops hier in der Gegend umschauen, Einzelunterricht wird zeitlich eher nicht drin sein.
     
    Rick und Jazzica gefällt das.
  12. Rick

    Rick Experte

    Hallo Michael,

    auch von mir ein herzliches :welcome:

    Das ist eine gute Erkenntnis!

    Auf jeden Fall zu empfehlen sind die Niehaus-Übungen in mehreren Bänden nach verschiedenen Schwierigkeitsstufen, die empfinden gerade auch Musiker, die von der Klassik kommen, als sehr hilfreich:
    http://www.amazon.de/Niehaus-Basic-Jazz-Conception-Saxophon/dp/1934638005

    Es muss ja kein regelmäßiger Unterricht sein, aber gelegentlich eine Einzelstunde bei einem erfahrenen Profi zu nehmen wäre vielleicht zeitlich eher möglich und auf jeden Fall kein Fehler. :)

    Gut Sax,
    Rick
     
  13. tunundlassen

    tunundlassen Ist fast schon zuhause hier

    Hi WoodwindBlues!

    Die Frage habe ich diesem tollen Forum auch mal gestellt :)

    http://www.saxophonforum.de/threads/einfacher-jazz-titel-transkribieren.22641/#post-320574

    Viel Spass beim Ausprobieren der vielen Vorschläge der lieben Kollegen!

    Liebe Grüsse
    tunundlassen
     
  14. JazzPlayer

    JazzPlayer Ist fast schon zuhause hier

    Meine Erfahrungen kommen alle vom Klavier, auf's Saxophon zu übertragen fällt mir noch schwer, aber ich denke mal, in der Sache unterscheidet sich das wohl kaum.

    Transkribierte Solos (jawohl, im anglikanisch geprägten Jazz verwende ich bewusst nicht den lat. Plural) würde ich erstmal komplett weglassen. Meiner Meinung nach ist das eher für fortgeschrittene Improvisateure, die sich gerne noch ganz bestimmte Dinge aneignen wollen und diese dann man im Kontext eines ganzen Solos betrachten wollen. Für den Anfänger steckt in einem (Coltrane-)Solo einfach viel zu viel drin, was nicht immer gut erklärbar ist. Vielleicht sind da ganz alte Bebop und Swing Solos etwas leichter, weil man sich ganz früher strikter an Skalen gehalten hat, als das z.B. die Herren Coltrane und Davis taten.

    Um in der Lage zu sein, schöne Solos zu spielen, braucht es - wie so oft - eine vernünftige Mischung aus Theorie und Praxis. Alle möglichen Skalen und Formen auf dem Papier zu kennen hilft erstmal nur genauso bedingt weiter, wie am Stück 50 mal eine Form durchzuspielen.
    Ich will das mal ein bisschen aufdröseln, um dir Anhaltspunkte für dein Üben zu geben. Die richtige Mischung muss man aber auch für sich selbst finden.

    In theoretischen Fragen bist du ja schon mal mit einer guten Vorbildung ausgestattet. Das ionische System ist dir bekannt, einfache Verbindungen wie 2-5-1 sagen dir auch was. Das ist schonmal sehr gut! Für den Anfang kann man damit schon ziemlich viel Üben.

    Ich würde empfehlen, die Skalen ("gängige" Tonarten, an Standards orientieren!, dürfen durchaus Vorrang haben) zuerst trocken zu üben. D.h. ionisch, dorisch, mixolydisch vielleicht auch lydisch und äolisch für verschiedene Grundtöne in verschiedenen Tonarten zu üben. Beispiel: [C ion - D dor - G mix] [F ion - G dor - C mix]. Dabei sollten die Skalen auch jeweils als eigene Skala behandelt werden und nicht immer mit Eselbrücken wie "d dorisch sind ja die Töne wie c ionisch" herbeigeholt werden. Letzteres führt nämlich dazu, dass man unbewusst den Grundton aus der Herleitung ansteuert und damit das tonale Zentrum verschiebt, ergo den Klang verändert. Skalen sollten außerdem immer über den größtmöglichen Ambitus geübt werden, auch gerne mal beginnend von Tönen des zugehörigen Drei- oder Vierklanges. Desweiteren kann man mit den Tonleitern auch weitere Figuren spielen, z.B. in Dreier- oder Vierergruppen rauf (CDE DEF EFG oder CDEF DEFG EFGA usw.) in Intervallen (CE DF EG oder CEG DFA Stichwort Arpeggio). Da hat man dann auch schon einen fließenden Übergang zu Dingen, die man dann auch im Solo benutzen kann. Solche Figuren, so banal und reißbrettkonstruiert sie wirken, kommen tatsächlich vor, nur eben wohldosiert und rhythmisch gewürzt)
    Wir haben uns bis jetzt also mit dem ausführlichen Kennenlernen einzelner Skalen beschäftigt. Diese sind nun einigermaßen "in den Fingern" und kommen automatisch, sobald man an die entsprechende Skala denkt.

    Jetzt kann man einzelne Skalen zu Verbindungen zusammenfügen. Die 2-5-1 Verbindung bietet sich als erstes an, weil sich hier das Tonmaterial nicht ändert, die Bedeutung der Töne jedoch mit dem Grundton wechselt. Mit einem Playback (von Aebersold gibt es sowas bestimmt), kann man diesen Aspekt üben, erste Figuren entwickeln und sich zur Abwechslung auch mal auf den Rhythmus konzentrieren.
    Wenn man es soweit geschafft hat, hat man schon einen sehr großen Schritt getan.

    Was sich z.B. noch anbietet, ist es, sich mit der Bluesform vertraut zu machen, denn es gibt neben der einfachsten Variante, in der nur 1-4-5 auftauchen noch Varianten mit 2-5-1 Verbindungen, gerade von Charlie Parker findet man da viel. Im Blues wechseln sich aber verschiedene Tonarten ab. Im einfachsten Fall wären das drei verschiedene mixolydische Tonleitern. Was man hier Üben kann: die Töne, die sich in den Tonleitern jeweils unterscheiden, gezielt anzuspielen oder eine Figur an das neue Tonmaterial anzupassen.
    Beispiel: Blues in C: erst eine Figur mit CDE, nach dem Wechsel zur vierten Stufe dann CD Eb.
    Eine weiterhin beliebte Kadenz ist es, mit einem maj7-Akkord zu beginnen und diesen im nächsten Takt zu einem Moll7-Akkord zu verändern, der als Beginn einer 2-5-1-Verbindung zum maj7-Akkord des unter dem Anfangsakkord liegenden Tones führt. Beispiel [ C maj7] [ C-7 F7 ] [Bb maj7] so z.B. zu finden in Afternoon in Paris oder How High the Moon oder vielen anderen Stücken. Hier hat man beide Prinzipien, also Tonartwechsel, wie auch Beibehalten des Tonmaterials hintereinader.
    Ich empfehle hier übrigens die Anschaffung eines Real Books (dickes Notenbuch als Sammlung von Jazzstandards).

    Hat man sich dann sowohl mit einzelnen Skalen, die auch schon Kadenzen oder einfachen Formen auseinandergesetzt, darf man sich auch ruhig an einen ganzen Standard wagen. Das kann man natürlich auch schon vorher immer mal wieder machen, einfach um zu sehen, wie weit man schon kommt.
    Auch hier kann man mit der Wahl des Stückes ganz verschiedene Sachen trainieren. Manche Stücke haben viele 2-5-1-Verbindungen. Manche Stücke lieben den Tonartwechsel (anfängeruntauglich aber prominentes Beispiel ist "Giant steps", besser wäre da vielleicht "Joy Spring", weil man da auch am Thema erstmal schön üben kann) und andere wiederum (wie "so what"), haben nur 2 Tonarten im jeweils selben Modus (2 dorisch-Tonleitern) und laden dazu ein, sich näher mit diesem bestimmten Modus auseinanderzusetzen und auszuloten, wie man den zugrundeliegenden Akkord noch interpretieren kann. Warum nicht mal andere Molltonarten ausprobieren?

    Zwei häufig auftretende Formen habe ich noch vergessen: Moll-Blues wie bei Mr. PC oder Equinox (dort braucht man noch die alterierte Skala) und die berühmten rhythm changes, ursprünglich aus I got rhythm, auch zu finden in Oleo und anderen Stücken.

    Über verschiedene Rhythmusübungen habe ich jetzt noch gar nicht gesprochen, da findet man aber auch intuitiver hin und braucht da wenig theoretische Grundlagen für.
    Was ich aber grundsätzlich vermitteln wollte: es gibt viele verschiedene Sachen, die man üben kann. Wichtig ist, dass man in etwa einen Plan hat, was man jeweils zu welchem Zweck üben will. Dann kommt man auch schneller ans Ziel. Ich für meinen Teil mache das jedenfalls so, immer ganz gezielt bestimmte Dinge zu üben und dann später in ein Solo einzubringen.

    Ich hoffe, da war für dich schon der ein oder andere Übungsansatz dabei.

    edit: was ich noch sagen wollte. Ab dem Punkt, wo man sich grundsätzlich zurechtfindet, aber noch nicht gleich alle an die Wand spielen kann, lohnt es sich, in einer Jazzcombo zu spielen, wo die meisten in etwa auf demselben Niveau sind. Die Rhythmusgruppe sollte da vielleicht schon ein bisschen gefestigter sein, aber das Üben mit echter Begleitung und das Hören von anderen Solisten deines Levels hilft schon. Auch aus den Fehlern anderer kann man lernen!
     
    Rubax und GelöschtesMitglied7838 gefällt das.
  15. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Ok, ich versuch's mal mit einer Anregung. Ein Musikstück ist wie eine Geschichte. Einleitung, verschiedene Akte, Höhepunkt, Ausklang.... Es gibt also einen großen Spannungsbogen. Auf dem Weg dahin gibt es kleinere Spannungsbögen. Und wenn wir genau hinsehen, sehen wir, dass der Wechsel von Spannung und Entspannung der Herzschlag nahezu jeder Musik ist. Bei einer guten Komposition ist die Melodie so etwas wie ein Idealsolo.....alles perfekt auf den Punkt gebracht. Ein gutes Solo kann also z.B. die Erzählung ganz woanders hinführen..... um dann auf der bekannten Pointe wieder zu landen. Also im Prinzip fände ich es besser auf ein Ziel hinzudenken, als von einem Akkord zum nächsten zu tapsen.
     
    Jazzica, saxhornet und Rubax gefällt das.
  16. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Bezüglich Jazz-Etüden: da hat mir meine Lehrerin, eine Jazz-Sax-Studentin, den Snidero aufgegeben. Für mich als Anfänger natürlich "easy jazz conception", aber da gibts natürlich auch "höhere".
     
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