Hallo liebes Forum, wie sicher der eine oder andere von euch schon weiß, versuche ich mich gerade bzw.immernoch an dem Improvisieren. Im Moment soliere ich zu Take Five. Bei dem Playalong, dass ich habe, habe ich 32 Take Zeit fürs improviesieren. Mein Problem liegt dadrinnen, dass ich nie weiß, wo ich gerade bin. Ich spiele einfach drauf los, konzentriere mich aber so auf die Töne, dass ich auch ja die richtige Skala etc. verwende, weiß aber nicht, in welchem Takt ich mich gerade befinde. Ich bin halt nicht sonderlich multitaskingfähig Kann man sich das irgendwie antrainieren, dass man weiß, in welchem Takt man ist? Was für Übungen würden mir da helfen? lieben Gruß und noch einen schönen Sonntag wünscht Yam-Horn
Dieses Problem kenne ich bestens, bin selber ein Suchender Nein, im Ernst das find ich etwas vom Schwieigsten, über die Form zu spielen. Bei mir fängt das schon da an, wo ich das innere Gefühl für 4 Schläge, sprich einen Takt, 4 Takte, dann die grössere Form 8 Takte, nicht habe. Ich habe also stundenlang 1Takt Licks gespielt, dazwischen immer ein Takt Pause, dann 2-taktig. Anfänglich auch nur den Grundton mit einer einfachen Figur auf die "1", dann die Akkordtöne des Akkords über den Takt. Ich mach das schon lange und es hilft nicht wirklich - so langsam gehen mir auch die Ideen aus Vielleicht hilft diese Medizin ja dir... antonio
Hallo Yam-Horn, ich schreibe es mal allgemein, wie genau es bei Take five ist, weiß ich nicht: Schau Dir mal die Akkorde zu dem Playalong an ob es da einen markanten Wechsel gibt. -Wenn es den gibt, versuch mal auf den Bassisten zu hören.... erstmal ohne selber zu spielen, evtl. mehrmals, dann selber mitspielen. Alternativ ist oft vom Schlagzeug was markantes gespielt, wenn ein Chorus zu Ende ist. P.S. Mir geht es nicht viel bessre als Dir, aber ich übe daran Dan
Dan scchrieb: Das trifft oft zu. Es löst aber das Grundproblem nicht, da man, wenn man nicht über weite Strecken mit der gleichen Skala durchkommt, auf die Akkordwechsel eingehen muss. Man muss also hören, wo man ist - der Bass ist da eine gute Leitplanke, aber....so viel auf einmal und dann noch den Bass hören
Hi Yam-Horn, mein Tipp: Langsam anfangen, zunächst nur die Grundtöne der Akkorde, dann, wenn das gut läuft, die Dreiklänge, dann Dreiklänge + Septimen. Dies dann möglichst auswendig. Wenn Du das drauf hast, wirst Du Dich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nie mehr in Deinem Solo verlieren. Ist ein mühsamer Weg, bringt aber irre viel!!! Grüße Saxolina
Hallo, also bei Take Five wundert mich das nicht, da läuft das ganze Solo ja über eine Harmonie. Grundsätzlich sehe ich Formverlust als Zeichen dafür, dass der Song selbst nicht sitzt. Einfaches Beispiel: Standard-Liedform mit 32 Takten in AABA. A ist die Hauptmelodie mit 8 Takten, oft melodisch sinnvoll geteilt in 2x4 Takte. B ist ein kleiner Ausflug, der oft deutlich hörbar ist wegen der harmonischen und melodischen Veränderungen. Jetzt muss ich mir merken, an welcher Stelle der Melodie Takt 1 ist(schwerer wird es von alleine ) Dann Takt 5, bei 9 wird schon wiederholt usw. Fixpunkte können auch beliebige markante Töne in der Melodie sein, oder Akkorde die auffallen. Bei playalongs kann man ganz wunderbar die Melodie mitdenken. Solange das nicht funktioniert, macht Mitspielen keinen Sinn. Man kann sich die Form auch über die Begleitung erarbeiten, aber mir ist die Melodie lieber. Liebe Grüße Chris
Ganz viel in der Pop Musik ist 2-taktig organisiert, zB sind die Schlagzeugpattern meistens 2 Takte lang. Zwei takte zu spielen kommt auch dem Atembedürfniss entgegen, das lässt sich gut in einem Zug blasen. Mach alle 2 Takte eine kleine Atempause, das strukuriert das solo schon mal. Der nächste Schritt: zähle 4 2-Taktige Abschnitte, und führe diese 8 Takte zu einem Ende, zB mit einem langen Grundton. Wenn du das wiederum 4x machst, hast du deine 32 Takte. Warum 8 Takte? Nun, das ist erstmal besser zu überlicken und man kann auch die musikalische Spannung über diesen Zeitraum gut aufbauen / halten. Zum anderen gibt es im Jazz auch oft diese 8-taktigen Perioden. Selbst wenn das Thema länger ist, werden oft 8taktig harmonische Schwerpunkte gesetzt (zB Dominante). Auch bei Take five ist das Thema A, B jeweils 8 Takte lang. Eine gute Übung: bei aller Musik die du hörst, versuch mal diese Methode anzuwenden, indem du dort die Takte mitzählst: 1234 2234 3234 ...8234. Im Blues klappt das natürlich nicht, da sind 4 taktige Abschnitte besser zu hören, sie beginnen mit: 1. Tonika, 2. Subdominante, 3. Dominante. Ansonsten wirst du natürlich 16, 24, 32 taktige Melodien finden. Wie beim Intonation lernen dauert es bei den meisten viele Jahre, bis sie Formbeusstsein entwickelt haben. He, ich bin da mittlerweile Jahrzehnte dabei... Für Take Five ist natürlich auch Sicherheit im 5/4 Takt vorausgesetzt. Gute Übung: Einfache impro strikt im Rhythmus punktierte Halbe, Viertel Viertel. Auf Zählzeit 4+5 die Töne der Moll Dominante benutzen, das schult zusätzlich das harmonische Verständnis.
Take Five ist natürlich nicht gerade ideal zum Improvisieren, wenn man noch unsicher ist, was die Struktur der Stücke anbelangt. Die Stücke im Jazz (ausgenommen Blues) sind immer in 8 Taktiken Pattern organisiert, will heissen, die Harmonien fangen in der abfolge nach 8 Takten wieder von vorne an, oder es kommt ein 8 Taktiker B-Teil. Es ist von absolutem Vorteil, wenn man das in Fleisch und Blut bekommt, durch hören, analysieren und spielen (auch und gerade nachspielen von Platten oder Playalongs). Blues ist in 12 Taktiken Pattern organisiert, das heisst, die Harmonien fangen nach 12 Takten von vorne an. Auch da gilt das gleiche wie vor; hören, analysieren und nachspielen, bis es absolut sitzt. Am besten natürlich, mit einfachen Stücken anfangen, möglichst im 4/4 Takt.
Ich habe gerade drei Tage Jazz-Workshop hinter mir, mir rauschen noch die Ohren... Wir haben ein gutes Dutend Stücke bearbeitet. Unser Dozent hat am Anfang einen der alten großen Jazzer zitiert: "Es gibt drei wichtige Schritte zur guten und sicheren Improvisation: 1. Hören, 2. Hören, 3. Hören!" Noten vom Pult! Stücke auswendig lernen! Das ergibt schließlich auch die erforderliche Formsicherheit. Besten Gruß, Hips.
Speziell beim Jazz kommt mir spielen nach Noten vor wie malen nach Zahlen Gruß aus der Nachbarschaft Bernd
Oh, das ist ein Thema mit dem ich mich auch grad abkämpfe. Ich merke, dass man da unglaublich geduldig sein muss. Ich befasse mich jetzt seit Wochen mit Blue Bossa. Erst Thema zum Playalong (auswendig natürlich) und immer gut zu hören, dann mit den Grundtönen anfangen, über Akkordtöne zu komplexeren Strukturen. Das ist für mich auch ein unglaublicher Kampf, vor allem hab ich keine Ahnung, ob ich das auch hinkriegen würde wenn mich jemand anders als Jamie Aebersold und seine Combo begleiten Was noch ne schöne Übung ist, im Aebersold 1 "How to play Jazz..." sind so 4- bzw. 8-taktige Phrasen über 3 Moll-Akkorde drin. Das hilft auch ein Gefühl für Phrasen zu entwickeln. Aber mir fehlt auch die Fähigkeit, neben dem Improvisieren "im Kopf" mitzuzählen. Ich kenn jetzt ja nicht dein Spiel-Niveau, aber ich glaub Take Five ist nicht gerade der ideale Starter, oder? Ich wünsch dir und uns allen viel Geduld
Es könnte sehr gut sein, dass es viel besser klappt, wenn die Playbacks nicht von Onkel Aebersold sind! Die Aebersold-Playbacks werden meistens von sehr routinierten Leuten eingespielt, die wohl kaum daran dachten, dass vor allem die Einsteiger-Ausgaben (z.B. Maiden Voyage) auch von Einsteigern verwendet würden. Sie spielen die Playbacks wie an einem Gig. Was zwar gut klingt, aber für Einsteiger mit Problemen in Sachen Orientierung ein absoluter Horror ist. Wenn jemand Band In A Box auf dem Computer installiert hat, dann empfehle ich, die Playbacks dort einzuhacken und mit den beiden Stufen der Begleitung (grünes und blaues Feld bei der Taktzahl) klare Strukturen zu schaffen. Dies hilft sicher, die Form nach Gehör besser zu behalten, respektive wieder zu finden Ebenso sind bei BIAB die Akkordwechsel klarer hörbar, was eine zusätzliche Hilfe ist. Ich empfehle, parallel zu den Impro-Kenntnissen das Rhythmusgefühl gezielt aufzubauen. Weiter hat es noch keinem Neo-Improvisator geschadet, sich näher mit Harmonielehre zu beschäftigen. Dabei kommt man früher oder später nicht um ein Harmonie-Instrument (ich empfehle Piano) herum. Dies fördert das harmonische Verständnis und das Gehör.
@ Peter: Bei der Blue-Bossa-Aufnahme von Aebersold komm ich ganz gut klar, es ist aber richtig, dass es auch Aebersold-Playalongs gibt, wo ich selbst beim Anhören und Mitlesen Mühe habe, die Akkordwechsel zu hören Du meinst also, wir Impro-willigen sollen echt auch noch Klavier lernen Bei uns steht sogar eins rum von meiner Freundin, aber wo soll ich denn die Zeit noch hernehmen
Ach ja, was gerne vergessen wird. Super Improvisationen stammen überwiegend von Musikern, die nicht nebenbei noch Beruf, Familie und 3 andere Hobbys haben. Bei Amateuren halte ich es deshalb für ratsam sich keine unrealistischen Ziele zu stecken. Take Five ist sicher keine gute Einsteiger-Nummer und auch beim Blue Bossa (der gerne ein Gähnen auf Sessions hervorruft) lässt sich ein hörbares Solo nicht aus dem Ärmel schütteln. Wenn ich mich recht erinnere, sind auf Aebersold's How to improvise einige Übungen für das Formgefühl und einen dezenten Einstieg. Liebe Grüße Chris
Chrisdos: Damit hast du absolut recht. Ich bewundere Leute, die neben Familie und Beruf auch noch echt gut Saxophon spielen. Ich hatte jetzt nochmal für meine alte Firma gearbeitet( Ja, ich habe tatsächlich auch was anständiges gelernt) und hätte Nachmittags die schönste Zeit gehabt noch zu üben, aber es wollte einfach nicht so wirklich klappen.
Hallo Chris, da hast Du völlig Recht! Kein Improvisations-Meister fällt vom Himmel. Gerade das Improvisieren über komplexe Strukturen (wie sie viele Jazz-Standards bieten) will gelernt, erfahren und gelebt sein, das ergibt sich nicht so einfach nebenbei. Um einigermaßen "amtlich" improvisieren zu können, sollte man sich nach meiner Beobachtung MINDESTENS 10 Jahre damit beschäftigt haben. Dabei spielen das Hören sowie das Analysieren, Verstehen des Gehörten wichtige Rollen (gelegentlich leise im Hintergrund eine Lounge-Jazz-CD laufen zu lassen zählt nicht). Es gibt meiner Meinung nach nicht DEN Jazz oder gar DIE Improvisation. Das ist ein riesiges Feld mit unterschiedlichsten Erscheinungsformen und Spielarten! So liegen beispielsweise zwischen einem einfachen Blues- oder Funk-Solo und der ausgefuchsten Improvisation über Standards wie "Giant Steps" oder "Chelsea Bridge" intellektuelle Welten. Deshalb ist der Tipp sehr hilfreich, nicht den zweiten Schritt vor dem ersten zu tun. Zu Anfang sollten simpelste Strukturen stehen, Stücke ohne den Wechsel von tonalen Zentren. Das Gefühl für den Ablauf bekommt man am besten durch "Call & Response", also Wechselspiele mit einem Partner (Lehrer oder anderer Solist). Ich halte überhaupt das aktive Zusammenspiel mit lebendigen Musikern, die reagieren und einen kritisieren können, für die allerwichtigste Erfahrung, die man sich möglichst häufig gönnen sollte. Nur so können Sicherheit und echte Routine aufkommen. Die Nachteile von Play-Alongs liegen auf der Hand: Sie dudeln stur vor sich hin, brechen zwar nicht empört ab, wenn man mal daneben liegt, aber sie geben auch keine Hilfestellung oder Rückmeldung. Ich habe einige "Jazzer" kennen gelernt, die nur mit Aebersold spielen konnten - denn sie hatten einfach die Begleitung auswendig gelernt, wussten genau die Stelle für jeden Wechsel, jedes Fill. Leibhaftige Musiker verwirrten sie hingegen, brachten sie meistens raus, weil sie unvorhersehbare Sachen machten (oder selbst mal rausflogen). Solche Abhängigkeit sollte aber nicht der Sinn der Sache sein. Schöne Grüße, Rick