Swing, historisch, theoretisch, praktisch

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von ppue, 26.Juni.2016.

  1. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem

    Ja:

     
  2. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem

    genau, die Art der Betonung ist entscheiden
     
  3. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Hm, Fela Kuti ist vielleicht kein so gutes Beispiel für traditionelle afrikanische Musik. Es gibt da sehr viel, was aus Amerika zurück nach Afrika kam.

    Vergleich mal:



    Das könnte glatt aus Cuba sein, einschließlich der Clave-Figur. Die lateinamerikanische Musik ist eigentlich generell sehr viel afrikanischer als die US-amerikanische, und Swing gibt es nicht.

    LG Helmut
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    Liebe @Andrea,

    entschuldige, wenn das aggressiv herüber kam, aber ich glaube nicht, dass ich hier eine eigene These, die, zugegebener Maßen ja nur eine Idee ist, das ternäre Element des Swing zu erklären, selber widerlegen muss.

    Es wäre schön, so du das Buch hast, in knappen Worten die Theorie des Autors hier vorzustellen, also eine konstruktive Kritik anführst, anstatt pauschal zu behaupten, ich hätte schlecht recherchiert. Welche Teile habe ich denn aus welchen Artikeln abgeschrieben?

    Nichts für ungut,

    Peter
     
  5. Andrea

    Andrea Kann einfach nicht wegbleiben

    Kann es sein, dass du mich nicht verstehst? Ich verstehe jedenfalls deinen letzten Beitrag nicht.
     
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  6. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Mglw meint er, dass auch dieser Fisch der Butter bedarf.
    Auch mich nervt es mitunter enorm, wenn Dinge aus meinem Fachgebiet zu ungenau dargestellt werden. Deine Erregung kann ich also schon nachvollziehen, indes finde ich auch nach längerem Suchen keine Abfälligkeit. :-?
    LG quax
     
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  7. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Da musse durch. Als ehemaliger Physikstudent musste ich mir ein dickes Fell zulegen. :)

    Grüße
    Roland
     
  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Du hast dieses Buch zitiert und ich denke, du weißt in etwa, was da drin steht. Und wenn da was von den Ursprüngen des Swing steht, dann kannst du uns vielleicht davon eine kurze Zusammenfassung schreiben. Ich will mir nun das Buch nicht erst einmal besorgen müssen, weil ich nicht weiß, inwieweit das mein Interessensgebiet berührt.
     
  9. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Wissenschaft beschreibt Phänomene, deren Entwicklung schon im Gange ist bzw. abgeschlossen ist. Dabei gibt es ja verschiedene wissenschaftstheoretische Ansätze. Was mich beim Swing fasziniert ist, dass er geschehen konnte, nicht geplant war, dass sich kulturelle tektonische Platten übereinander geschoben und ein entschleunigtes Erdbeben hervorgerufen haben. Ich wage die ungeheure Behauptung (die ich leider wissenschaftlich nicht belegen kann), dass es niemandem gelingen wird, das Prinzip "Swing" hinreichend wissenschaftlich herzuleiten, auch wenn es bestimmt ganz klare Anhaltspunkte von der Ethnologie bis hin zur Musikgeschichte gibt. Die Sarabande war für mich "der Swing" des Barock, eine stete Folge von Stau und Dammbruch im 3er Takt, Spannung und Auflösung. Was im Barock noch quasi in slowmo ablief, wurde in der Beschleunigung des 20. Jahrhunderts (fast) zum Zeitraffer.



    Ich weiß nicht, ob ihr die Arbeit von Heiner Goebbels kennt, den ich sehr schätze. In seiner Arbeit "La Jalousie", in der er mit vielen Geräusch-Samples, also "musique concrete" arbeitet, kommt auch eine wunderbare Sequenz von Stöckelschuhen auf Asphalt oder Pflaster vor. Leider fand ich kein Beispiel auf Youtube, das ich hier veröffentlichen darf. Wer die Sequenz irgendwo findet, kann das ja nachholen.
    Diese Stöckelschuhe auf Pflaster sind "Swing pur", ungeplant und unbedacht, genau so, wie Swing irgendwann entstanden sein wird. Wissenschaftliche Beschreibungen sind sicherlich aller Ehren wert, sinnvoll und faszinierend, wir sollten uns nur manchmal entkrampfen und uns durchaus bewusst auch einmal auf das Niveau einer naiven, ja fast infantilen Beschreibung von Kunst-Phänomenen einlassen, ohne wissenschaftlichen Anspruch zu erheben, so wie es Uwe Lyko alias Herbert Knebel zum Thema "Kubismus" vormacht (4:00 bis 6:00). Hab ich hier schon mal erwähnt, egal, lohnt sich immer wieder:



    Picasso hätte sicherlich drüber gelacht, Kunsthistoriker möglicherweise nicht.
     
  10. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Rein historisch finde ich das mit dem Irischen Einfluss schon plausibel, wenn man bedenkt, dass man die Entwicklung ja nicht aus dem Kontext des Umfelds herausnehmen kann. Die Afrikanische Kultur wurde damals bei den Sklaven unterdrückt, so dass sie, wenn sie Musik machten, auch viele Europäische/Amerikanische Einflüsse aufnahmen. Irische/Schottische traditionelle Musik nahm da definitiv einen bedeutenden Platz ein.
    Die Irische Musik wurde wie auch die Afrikanische Musik nach Amerika importiert. Die Amerikanische Variante der Irischen Volksmusik unterscheidet sich meines Wissens rhythmisch vom Irischen Original. Somit dürfte die Irische Musik, mit denen Afroamerikaner in Berührung kamen, eh schon eine modifizierte Variante gewesen sein.
    Die Sprache hat sich ja auch komplett unterschiedlich entwickelt :D
    Die Überlegung, ob/ wie es möglich ist, etwas wie Musik in einem "hostile environment" über Generationen zu tradieren, ohne dass da Modifizierungen stattfinden, und ohne "Kontamination" von außen, finde ich sehr spannend (immerhin reden wir von einer Zeit, die viele Generationen umfasst, prä-Tonträger, und Scores existieren für Afrikanische Musik wohl eher nicht...). Es ist belegt, dass da doch ein recht intensiver Austausch der Kulturen stattgefunden hat, eben auch aus dem Grund, dass es wohl lieber gesehen wurde, dass Afroamerikaner, wenn sie denn musizierten, Amerikanische/Europäische Musik machten. Da kam ein Melting Pot zustande, aus dem sich alles weitere entwickelt hat.
    Aber das sind nur meine laienhaften Überlegungen, ich weiß nicht viel über Musikgeschichte.

    LG Juju

     
  11. ppue

    ppue Mod Experte

    Das hätte ich selber nicht gedacht:

    1.png

    Die zwei größten Einwandererländer in die USA sind die Deutschen und die Iren gefolgt von den aus Afrika verschleppten Menschen.

    @Andrea

    Zu Maximilian Hendler (Vorgeschichte des Jazz): Der war zwar Professor für Slavistik, aber kein studierter Musikethnologe. Nun möchte ich doch wissen, welche Musikethnologen überhaupt eine passende Erklärung für die ternäre Spielweise gefunden haben. Steht auch noch die Frage aus, aus welchen Lexika ich abgeschrieben habe.

    Ja, ich bin ein wenig angesickt.
     
  12. Claus

    Claus Mod Emeritus

    Dann darf ich an Post #37 erinnern.
     
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  13. saxology

    saxology Ist fast schon zuhause hier

    In der barocken Kunstmusik gab es bereits eine verbreitete Tradition der ternären Ausführung binär notierter Achtel oder Sechzehntel. Couperin sprach von "notes inégales", die es wie beim Swing in verschiedener Abstufung gab.
    Hier ein schönes Beispiel, "Les Sauvages" aus Rameaus Oper "Les Indes Galantes", einmal binär

    und einmal ternär gespielt:


    Die Offbeat-Phrasierung lag den barocken Komponisten noch fern, aber bei Beethoven und Schumann findet man diesbezüglich geradezu visionär groovende Stellen.


    Gruß
    Joachim
     
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  14. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @Andrea

    Du hast Dich hier mit Deiner Kritik fachlich exponiert....

    Jetzt solltest Du auch inhaltlich liefern.

    Sonst sind Deine Komnentare auch nur unüberprüfbare Worthülsen.

    Da reichen auch keine Links auf Bücher oder Dissertationen....:(

    Mach mal...hau rein....:)

    CzG

    Dreas
     
  15. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    :peace:

    Als eher naturwissenschaftlich geprägter Mensch drängt sich mir noch eine Frage auf:

    Wenn in der Deskription des Phänomens schon kein Konsens besteht, und das scheint mir recht deutlich zu sein - wie kann ich dann Hypothesen über die ethnische Herkunft falsifizieren?
    Ich befürchte, da fehlt noch ein gefestiges Methodeninventar.

    Trotzallem ist es natürlich sinnvoll, schon jetzt entsprechende Hypothesen in allen Richtungen aufzustellen, woher das Phänomen swing denn kommen mag. Ich bin nun zwar kein Rheinländer, aber ich glaube dort heißt es: "jeder Jeck swingt anders....." oder so ähnlich. Ich stelle jetzt mal eine Hypothese auf und hoffe, nicht gleich gesteinigt zu werden:

    Viele Jazzmusiker/innen kann man an ihrer Art zu swingen identifizieren. Wie man die Achtel spielt, ist also ziemlich individuell. Jede/r Musiker/in hat unterschiedliche Einflüsse und Hörerfahrungen (das galt auch vor der Erfindung der Tonträger). Die Hypothes wäre: im Jazz hat sich relativ früh ein Grundkonsens gebildet, das es swingen muss. Die Art und Weise, wie dies swingen ausgestaltet wird, ist dann von unterschiedlichen Einflüssen auf das Individuum oder die Gruppe abhängig. Möglicherweise auch teilweise von viel banaleren Dingen, wie der Ansprache und "Aktion" des gerade gespielten Instruments.

    Ein Beispiel aus der etwas jüngeren Geschichte: In den 80ern habe ich häufiger polnische Gruppen gehört. Die swingten äußerst gut, aber eindeutig anders als die westeuropäischen, Da war für mein Empfinden etwas slawisches Rhythmusfeeling hineingeraten.

    (Der Tlatsache, dass diese Hypothese keinen Erklärungswert für den Ursprung des swings hat, den ich ich als Grundkonsens voraussetze, bin ich mir durchaus bewusst. Vielleicht zeigt das aber mit auf, wie schwer es ist, einen eindeutigen Ursprung zu lokalisieren. (Wer swingte als Erste/r, können wir die Person heute noch befragen, .......)



    ,....Keep swingin´


    Saxax


    (nix ohne Fußnote: "swing" ist hoffentlich durchgängig klein geschrieben, um es vom Musikstil "Swing" abzusetzen)
     
    giuseppe gefällt das.
  16. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Gestern Abend habe ich mal recherchiert und nachgedacht:
    Der Swing wurde am 13. März 1929 von Zutty Singleton in New York erfunden.
    Er spielte an dem Tag in der Band von Bubber Miley.

    Wer es nicht glaubt, kann mich ja widerlegen, aber bitte fundiert mit Quellenangaben usw.! ;-)
     
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  17. ppue

    ppue Mod Experte

    Die oben eingestellten Aufnahmen mit King Oliver widerlegen das wohl eindeutig.

    Ein paar Sätze zur Entstehung des Jazz allgemein:

    Das Negro Spiritual war der religiöse Gesang der afroamerikanischen Sklaven in den USA mit dem typischen Klatschen und Stampfen (Trommeln waren zumeist verboten, galten sie doch als illegales Kommunikationsmittel).

    Spirituals, Field Holler und Work Songs waren musikalische Erscheinungsformen schon vor dem amerikanischen Bürgerkrieg. Sonntags durfte die schwarze Bevölkerung auf einem extra ausgewiesenen Gelände in New Orleans (Combo Square) singen, tanzen und sogar Handtrommeln verwenden.

    Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gab es in den USA die Minstrel-Shows, in denen Tanz, Sprache und Musik der Afroamerikaner durch schwarz angemalte Weiße (Blackfaces) karikiert wurden. Später übernahmen immer mehr schwarze Musiker diese Aufgabe, färbten sich ihre Gesichter ebenfalls schwarz und umgingen so die rassistischen Auftrittsbeschränkungen.

    Auf der anderen Seite karrikierten auch die Schwarzen das eitle Gehabe ihrer weißen Herren. Mit übertriebenen Gesten, Stock und Hut tanzten sie den Cakewalk, der auch wiederum Eingang in die Minstrelshows fand.

    Aus Sankt Louis kam Ende des 19. Jahrhunderts der Ragtime ('zerrissene Zeit'), eine stark synkopische Instrumentalmusik, die in kleineren und größeren Ensemblen oder einfach mit dem Banjo gespielt wurde. Heute ist sie nur noch als ein Piano-Stil in Erinnerung.
    Zur gleichen Zeit entstand der Blues als vokale und instrumentale Ausdrucksform der afroamerikanischen Bevölkerung.

    Mit dem Ende der Bürgerkriege gab es billige Instrumente von der Armee, was die Gründung von Marching oder Street Bands begünstigte, dem farbigen Pendant zu den weißen Brass Bands. Sie spielten im Freien zur Hochzeit, zur Beerdigung oder zum Tanz auf. Das Aufkommen von Tanzhallen, zu denen auch Farbige Zugang hatten, bewirkte, dass sich die Bands verkleinerten. Dadurch, dass im Sitzen gespielt werden konnte, konnten die verschiedenen Trommeln nun von einem Musiker an dem (gerade erfundenen) Schlagzeug bedient werden.

    Aber nun bin ich schon bei den Anfängen des New Orleans Jazz. Die Swingphrasierung (-:den schreibe ich gerne groß) entstand wohl im Dunstkreis von Cakewalk und Ragtime Mitte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Und das bestimmt nicht an einem Tag (-:
     
  18. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Aber nein!
    King Oliver & Co in den 20iger Jahren war kein Swing. War ein völlig anderes Rhythmuskonzept. 2 Beat, Stomp, New Orleans Jazz oder wie auch immer benannt. (Der Erfinder des Jazz war übrigens Jelly Roll Morton, das war vor dem Swing).
    Der Swing kam erst in den 30iger Jahren zum Durchbruch und wurde dann auch als solcher benannt.
    Auch z. B. Ellington hat in den 20igern noch keinen Swing gespielt. Hört man auf den alten Aufnahmen recht deutlich!
     
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  19. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich spreche hier vom Swingrhythmus und nicht von der Swing-Ära.

    Natürlich swingen King Oliver & Co.
     
  20. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Nein, tun sie nicht! Sie grooven, aber sie swingen (noch) nicht!
    Rhythmisch gesehen sind sie noch näher an den amerikanischen Militärmärschen (vergleiche Stars + Stripes von Sousa mit Panama Rag) oder eher im Stil einer schnell gespielten Polka aus Böhmen, als beim Swing.
    Oliver & Co waren alle im 2 Beat unterwegs, also 2/4 bzw. Alla Breve. Swing funktioniert nur im 4/4 Takt und der kam erst später!
    Wie gesagt, Zutty Singleton hat den Übergang gemacht. Dann hat Sid Cattlett den Swing weiter ausgebaut und Gene Krupa und andere haben das übernommen.
    Leg mal nen Swing Rhythmus über eine King Oliver Nummer, das funktioniert nicht!
    Frag Han Bennink! ;-)
     
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