Seit einiger Zeit übe ich mit meinem Lehrer "Swing-Achtel". Das erste Achtel soll doppelt so lang sein, wie das zweite Achtel. (Stichwort "ternär") Auch in Lehrbüchern wird darauf immer wieder Wert gelegt. Mein Lehrer ist da supergenau, es wird im langsamen Tempo mit Metronom geübt und dann schneller werdend. In Stücken fällt mir diese von ihm erwünschte Präzision sehr schwer. Ich hatte zeitweise die Faxen auch ziemlich dicke. Aber er meint, ohne das präzise hinzukriegen, würde "es" nicht swingen. So, nun war ich gestern bei uns im Jazzclub und dort hat Jonas Schoen (www.jonas-schoen.de)einen mit Musik untermalten Vortrag mit der Fragestellung "Was ist eigentlich Jazz" gehalten. Wenn meine seine Vita liest, sieht man, dass er nicht irgendwer ist. Abgesehen davon, dass sich diese Fragestellung nicht schlüssig beantworten lässt, ist er auch auf die "Swingachtel" eingegangen und meinte, von vielen Lehrern würde die von mir beschriebene Spielweise verlangt, wovon er gar nichts halte. Dabei käme durchaus nicht unbedingt eine swingende Spielweise zustande, es könne sich im Gegenteil ein "Hüpfeffekt" entwickeln. Außerdem käme man von dieser Spielweise wieder schlecht runter, wenn man sie verinnerlicht hat. Dexter Gordon sei ein berühmtes Beispiel für gerade Achtel. Er meinte, es sei wichtiger, die Noten auf dem Offbeat zu betonen. So, was sagt ihr dazu? Was meinen unsere Unterrichtenden? Wie ist es bei Euch im Unterricht?
Hej Joe, so wie Du die ternäre Spielweise beschreibst, ist das als erste Näherung sicherlich richtig. Aber die streng triolische Spielweise, die Du da lernen sollst, hat mit Swing noch wenig zu tun. In der Tat ist es wohl so, dass bei verschiedenen Musiker/inne/n die Achtel sehr unterschiedlich lang sein können; die ternäre Art ist dabei wirklich nur eine grobe Näherung. Damit das Ganze swingt sind m. E. noch ein paar andere Dinge in der Pharsierung ausschlaggebend: Vorne oder hinten (layed back) phrasieren sowie Betonungen innerhalb der Melodielinien. In der Literatur findest Du eine ganz gute Beschreibung, wie Jazznotation gemeint ist, bei Joe Viera (den genauen Titel kann ich gern nachgucken, wenn ich wieder zu Hause bin). Zum Lernen finde ich, gibt es wichtigeres als das Metronom: Hören, hören und nochmals hören.... (Ich mache das auch gerne so, dass ich zu CDs mitspiele). Wenn Du bei alten Swingbands (z.B. Count Basie) anfängst bis heute, wirst Du schnell feststellen, wo die Unterschiede liegen. Wenn es richtig gut swingen soll, kann ich Zoot Sims empfehlen Was er spielt ist relativ übersichtlich und swingt wie der Teufel. keep swingin´ Saxax
Hey Joe, where you goin' with that swing-achtel in your hand (J.Hendrix), wie wir wissen, ist die triolische Erklaer- bzw Notationsweise ja nur ein "Hilfsmittel", um dem Phaenomen naeherzukommen, die von dir beschriebene Zaehlweise findet sich eher beim shuffle (Blues: von Robert Johnson bis Blues Brothers und spaeter), den hab ich auch oft als echte 1/8-Triolen (teilweise mit 1/8-Triolenpause am 2. Triolen/8) geschrieben gesehen, die Position des 1/8-offbeats ("Und"-Achtel - nicht zu verwechseln mit dem Flucht-Achterl) ist ja relativ flexibel, abhaengig vom Tempo: spiel ein slow-swing Tempo (ca 70 - 80, keine Ballade), dann die gleiche Melodie als med-swing (120 - 140) und dann als up-tempo (200 +), dann faellt auf, dass sich die offbeat-1/8 bei steigendem Tempo immer mehr zu "geraden" (straight, even, binaeren) 1/8 veschieben - andererseits taets auch ziemlich zickig, meoglicherweise auch schwer spielbar, jedenfalls hoerbar merkwuerdig klingen... was machst du auch dann, wenn eine Melodie nur leicht "angeswingt" zu spielen sei? Bsp: die Originalaufnahme vom Watermelon Man: p + dr spielen (eher) gerade, tp + ts wechseln im Anfangsthema zwischen gerade und leicht angeswingt, Dexter Gordon is auch ein gutes Bsp fuer das Gegenteil: er spielt gerne im Solo taktweise extrem hinter dem beat, laesst sich von der Band ziehen, baut rhythmische Sapannung auf und landet am Ende der Phrase wieder in time, mein Tip: viel hoeren, unterschiedl. Epochen, Musiker und Instrumente, (leichte) Transkriptionen mit der Aufnahme spielen und den Solisten genau zu imitieren (rhythm, dynamisch, phrasing,...) versuchen, Gruss, Dsharlz
Naja - jemandem, der sich eine ternäre Spielweise aneignen will, die auch swingt, Dexter Gordon als gutes Beispiel zu nennen, ist meines Erachtens doch etwas gewagt. Mit der von ihm praktizierten Spielweise könnte er wohl in keiner Sax Section einer modernen Big Band mitspielen. Fakt ist: Bei langsamen bis mittleren Tempi ist die Rhythmik triolisiert, das Verhältnis ist 2:1 = Beat : Off Beat. Je schneller das Tempo wird, umso binärer werden die Achtel gespielt. Man spürt den Swing dann erst, wenn die Off Beats betont werden. Da hat Jonas Schön teilweise recht, wenn er sagt, dass die Off Beat-Betonung wichtiger ist als die triolisierte Rhythmik. Ich versuche es aber aus der Sicht eines Lernenden zu betrachten und diese müssen zuerst erleben und spüren, wie es ist, triolisierte Rhythmen zu spielen. Im Gegensatz zu binär (= rockig, eckig) und Doubletime (Sechzehntel, funky, nervös) hat die triolisierte Spielweise (nicht nur Swing, sondern sämtliche Dreier-Rhythmen wie 6/8, 12/8 wie z.B. die irische Volksmusik usw.) eine rollende, treibende Charakteristik. Und dieses Rollen muss man intus haben, um es in schnelleren Tempi mit beinahe binären Achteln ausschliesslich mit der Off Beat-Betonung zu praktizieren. Wer nicht erlebt hat, wie ein triolisierter Rhythmus rollt, wird dieses Gefühl niemals in schnellen Tempi einfliessen lassen können. Das Problem mit den *falsch* interpretierten Swing Achteln, so dass sie gehüpft klingen, muss nicht zwingend falsch sein, denn das wäre Shuffle. Ich erlebe es aber sehr oft, dass ternär-Lernende das mit dem betonten Off Beat-Achtel zu gut machen wollen und mit einem zu harten Zungenschlag das Blatt abblocken. Das Ergebnis ist zwar triolisch (2:1), weil aber der Beat-Achtel durch die zu harte Zunge verkürzt wird, klingt es gehüpft (was aber auch richtig sein kann, wenn es als Shuffle verlangt wird ). Wer dies im Unterricht so vorspielt, muss aus meiner Sicht nicht an der Triolisierung, sondern am Zungenschlag arbeiten. Hat man sich eine homogene, triolisierte, Off Beat-betonte Swing-Phrasierung erarbeitet, dann ist dies eine Norm, von der aus man in alle Richtungen wie auch Dexter Gordon gehen kann und dies dann aber auch bewusst spielt. Mein Tipp: Triolisierte Achtel üben, den Off Beat betonen, darauf schauen, dass der Beat Achtel durch den betonten Off Beat infolge zu harter Zunge nicht verkürzt wird und grossen Wert auf eine homogene Off Beat-Betonung legen, damit diese einheitlich härter betont werden. Mit dieser Ausgangslage stehen alle Möglichkeiten offen...
@Joe60 Wie sehr sich die Tonlängen gegenüber geraden Achteln verschieben, hängt letztlich auch von den Angaben des Stücks ab ("light swing" hört sich anders an als "swing"). 2:1 ist erstmal ein guter Einstieg zum Üben. Es gibt zahlreiche Metronome, die auch eine triolische Rhythmik wiedergeben können - versuche doch mal, damit zu üben. Sieh zu, dass Du die Noten auch so lange klingen lässt, wie sie sollen (sonst kommt dieses "abgehackte" Gefühl rein). Und die Betonung des Off-beats ist natürlich immer richtig.
Hallo Peter, ich schätze sehr deine fachlichen Beiträge in diesem Forum. Du erklärst sehr detalliert und plastisch. Ich würde alles noch besser verstehen, wenn ich es hören könnte. Meine Frage, könntest du oder/und andere Forumsmitglieder, Soundbeispiele für die verschieden Arten des Swings(verschiedne Tempi, Shuffele, Swing, Artikulation, etc.) in das Forum stellen. Eine Tonleiter rauf und runter wäre ja schon genug. Ich könnte dann genau hören was du/ihr schreibt und es dann nachspielen üben. Soll aber keine Umstände machen. Schönes Wochenende Nilu
hallo nilu... hör dir einfach die meister der jeweiligen epochen an und vergleiche es direkt miteinander! bspw. duke ellington oder count basie für "breiten", klassischen swing in moderaten tempi, etc. charlie parker oder cannonball adderley für uptempo-nummern, wo sich der swing aufgrund des hohen tempos in richtung binär verschiebt, der swing aber aufgrund der artikulation trotzdem erhalten bleibt! (gut hören tut mans auch bei micheal brecker, der spielt nämlich so präzise, wie kaum ein anderer, wie ich finde!) oder eben leute wie dexter gordon, die ihre stücke agogisch oftmals sehr frei interpretieren! (find ich persönlich übringens sehr cool, da sehr abwechslungsreich!!) lg und viel spaß beim stöbern! phi
Moin, wie es schon gesagt wurde, swing ist in erster Näherung immer eine Mischung aus timing und Phrasierung der Achtelbewegung - je nach Tempo und Stilistik variiert es. Mittlerweile gibt es immer häufiger Metronome [u.a. auch APPs für iPod/iPhone], die zu einem Schlag nicht nur Triolen "klicken" können, sondern nur das erste [welches ja dem Downbeat entspricht] und das dritte Triolendrittel [welches dann eben der triolisierten Offbeatachtel entspricht] "klicken". So kann man das timing der triolischen Bewegung ganz gut üben. Gruß, Christoph
Erstmal ganz herzlichen Dank für Eure Antworten. Du, Peter, hast mich neu motiviert. Und auch matthias vielen Dank für die links. Sie sind sehr gut zu gebrauchen. Toll was es im "net" so alles gibt. Kommt man allein nicht so ohne weiteres drauf. Liebe Grüße, Joe
Moin, aus meiner Sicht wichtiger als die genaue 2:1 Einteilung ist das Lernen der Swing Phrasierung, also die offbeats anzustoßen, die downbeats aber zu binden. Geht es langsam spielt man fast automatisch irgendwie ternär, wird es schneller, wird es mehr und mehr binär. Vielleicht hat Jonas Schoen sowas Ähnliches gemeint. Was natürlich nicht heißen soll, dass man nicht von ternär bis binär möglichst alles üben sollte. Gruß, xcielo
Da habe ich zum Teil sehr schlechte Erfahrungen gemacht, vor allem bei Kunden, die in einem grösseren Intervall (4 bis 6 Wochen) in den Unterricht kommen. Die haben den Off Beat mit einem Zungenschlag angestossen und dann korrekt auf den Beat gebunden. Unbewusst haben sie aber - um den rhythmischen Halt nicht zu verlieren - die nicht angestossene Note mit Luft nachgedrückt und lauter gemacht. Statt da - waa - da waa - da - waa tönte es nach da - wAA - da - wAA - da - wAA (da = Off Beat-Achtel mit Zungenschlag, waa = Beat-Achtel ohne Zungenschlag) Dass sie den Beat nachdrücken, ist ihnen gar nicht aufgefallen - Hauptsache gebunden und damit eigentlich korrekt ausgeführt Darum habe ich damit angefangen, bei ternärer Phrasierung zuerst ausschliesslich mit Zungenschlägen zu üben, bis die Kunden es sich bewusst sind, dass der lange Beat-Achtel einen weniger betonten und der kürzere Off Beat-Achtel einen mehr betonten Charakter haben. Danach war der Übergang zu der Spielweise mit den Bindungen absolut kein Problem...
Moin Peter, wenn jemand Probleme hat, und du ihm auf diese Weise hilfst, so ist das natürlich Klasse Andere sind da vielleicht fixer, und die müssen sich m.E. nicht unbedingt all zu sehr mit der Frage beschäftigen, wie ternär denn ternär richtig ist Gruß, xcielo