Theorie und Praxis

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von ppue, 21.Januar.2018.

  1. Mini

    Mini Ist fast schon zuhause hier

    Was heißt denn "kennen". Musikalisch erfassen oder benennen?

    Vom Gehör und der Musikalität her sollte jeder Interpret, auch wenn er nach Noten spielt, harmonische Fortschreitungen verstehen. Wenn er das nicht tut, wird er niemals irgend etwas sauber intonieren können. Das gilt zumindest für Blasinstrumente, Streicher und Gesang.

    Die formalen Bezeichnungen zu kennen und benennen zu können und sich Gedanken über die Zusammenhänge zu machen, ist dafür nicht erforderlich, allerdings meiner Meinung nach hilfreich.

    Gruß
    Mini
     
  2. Dreas

    Dreas Gehört zum Inventar

    Na, hoffentlich nicht, ich nehme es jedenfalls generell nicht so wahr.

    CzG

    Dreas
     
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  3. Gerrit

    Gerrit Guest

    Das ist nicht sehr freundlich! Wenn er mit dieser Musik nichts anzufangen weiß, ist es sein Recht, das auch zu äußern. Ich sage das als Jazzmusiker...
     
    macpom gefällt das.
  4. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Da hast Du natürlich völlig Recht. Ich habe mich etwas einsilbig ausgedrückt und dachte an kompositorische (bzw. improvisatorische) Kenntnisse wie eben z.B. wie und wo eine Tritonussubstitution funktioniert.

    LG Helmut
     
  5. Gerrit

    Gerrit Guest

    ... die Frage ist, inwieweit eine komplexe Analyse der harmonischen Prozesse - die Literatur geht diesbezüglich gelegentlich sehr (!) weit - die Kreativität des jeweiligen Interpreten unterstützt oder weiter entwickelt. D.h. wie tief muss das Wissen gründen, um die Ausübung zu fördern? Diese Frage ist gewiß kaum allgemeingültig zu beantworten und hängt selbstverständlich auch von der zu bewältigenden Aufgabe ab... aber ich erinnere mich doch an das eine oder andere Interview mit Meisten ihres Faches, die, angesprochen auf den kreativen Prozess, darauf hinweisen, daß sie zwar über theoretische Kenntnisse verfügen, diese jedoch etwa während sie ein Solo improvisieren, eher in den Hintergrund treten. Art Blakey sagte einmal sinngemäß: er sei kein Heuchler, er mache Fehler. Doch: hören wir diese Fehler? Und wie und als was nehmen wir sie ggf. wahr? Möglicherweise als. Kreative Komponenten oder sogar stilbildende, Wahlmöglichkeit innovative...?
     
  6. Gerrit

    Gerrit Guest

    „... kreative Komponenten, stilbildende, innovative wohlmöglich...“ sollte es heißen ;-)
     
  7. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @Gerrit
    Uli Beckerhoff sagte zu uns immer, lerne und übe bewusst, aber auf der Bühne spiel einfach.

    Und genau so empfinde ich das auch. Üben und theoretische Auseinandersetzung bereiten nur die Basis für den kreativen Prozess der Improvisation.

    Gruß,
    Otfried
     
  8. Gerrit

    Gerrit Guest

    ... im Zuge der Digitalisierung werden ja gelegentlich auf den CD‘s verschiedene Takes mit veröffentlicht: first, second, third... alternative Takes. Das ist manchmal recht aufschlussreich und spannend, zu verfolgen, wie sich eine Aufnahme entwickelte, daß Leute wie Cannonball, Trane, Miles... anfänglich daneben lagen, mehrere Anläufe benötigten bis das Teil dann irgendwann saß. Das heißt: theoretische Versiertheit ist kein Garant für ästhetische Qualität. Es kommt wirklich darauf an, was Du, Beckerhoff zitierend, sagst: das spielen auf der Bühne! Der Schritt von der Theorie in die Praxis! Das Risiko und Möglichkeit, Fehler machen zu dürfen. Dieses Element kommt heute vielerorts in der „Ausbildung“ oder sagen wir lieber „Entwicklung“ viel zu kurz, denke ich.
     
  9. Gerrit

    Gerrit Guest

    ... erinnern wir uns an die alte Geschichte: Bird bläst sich irgendeinen Mist auf einer Session zusammen. Jo Jones wirft das Becken nach ihm. Nicht die feinste Art der Rückmeldung. Aber Bird zog sich zurück und lernte. Und er durfte einen Fehler machen. Heute bleibt ja vielen diese Erfahrung verwehrt, weil sie auf Sessions in keiner Weise geduldet werden. Was trieb Bird dann später? Er nahm Miles an die Hand. Der blies anfangs, als er mit Bird auftrat, auch keine berauschenden Soli, man kennt ja die Aufnahmen, aber Bird ließ das zu und führte Miles... so sollte es, meiner Ansicht nach, sein!
     
  10. ppue

    ppue Experte

    Das ist nun hinlänglich geschrieben worden, dass man während des Solos keine Skalen ausrechnet.

    Die komplexeren Skalen, z.B. eine alterierte Leiter, findet dennoch irgendwann ins Solo. Dafür muss man die Skalen üben und muss sich einen ganz neuen Wortschatz erarbeiten, den man z.B. über die V spielen kann.

    Das geht einmal über das Ohr, das lernen muss, solche Skalen zu hören und zum anderen über die Finger, die die alterierten Töne gut kennen lernen müssen.

    Beides lernt man durch Übungen mit dem Skalenmaterial und durch Licks, die man sich bestenfalls selber herstellt oder solche, die man bei anderen abschreibt. Das sind meist nur kleine Wendungen, die man auf mannigfaltige Weise kombinieren kann.
     
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  11. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Gebongt. War nicht sehr freundlich. Aber solche ablehnenden Statements in theoretischen Threads finde ich trotzdem immer wieder ärgerlich. Jemand fühlt sich ausgeschlossen und betont dann, das wäre eh nicht sein Ding. Das ist doch überflüssig und störend.
     
  12. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Ich habe mich immer gefragt, warum Leute nicht die Grundlagen dessen lernen, was sie bevorzugt machen.
    Verstehe ich bis heute nicht, aber kann ich akzeptieren.

    Von daher ist Theorieignoranz (neutral gemeint im Sinne von 'nicht wissen wollen') OK. Solange es das Musikmachen nicht einschränkt. Leider habe ich schon negative Erfahrungen machen müssen, aber eher selten.

    Grüße
    Roland
     
  13. Gerrit

    Gerrit Guest

    Alles gut! Ich mein‘s ja nicht bös! Ich versteh‘ Dich schon. Aber wenn wir hier offen diskutieren halten wir so etwas eben aus! Und ich finde: wenn jemand etwas mit Jazz nichts anzufangen weiß, es möglicherweise mit der Theorie des Genres zusammenhängt, warum soll er‘s nicht auch mal sagen?
     
  14. Gerrit

    Gerrit Guest

    Das ist schon klar. Aber: ich kenne Aufnahmen, von Joe Henderson etwa, da hört man den Solisten denken, man hört ihn die Akkorde analytisch zerlegen und die Lines entwickeln... das gibt es auch. Mir geht es um den wichtigen Schritt zum Spiel hin. Man muss sich vorbereiten, Akkorde, Skalen, Licks... so wie Du schreibst, aber was viele, wohl gerade auch hier, umtreibt, das ist der Schritt von der Vorbereitung zum Spiel, das Anwenden, der Schritt von der Theorie zu Praxis und liegt in der Ausbildung oder Entwicklung einiges im Argen. Die Abneigung mancher gegen die Theorie liegt wahrscheinlich u.a. darin begründet, daß sie vielerorts zu abstrakt vermittelt wird und sich daher ihr Sinn in der Anwendung nicht erschließt. Es ist häufig so: man lernt Vokabeln aber vernachlässigt die Grammatik. Oder: man beschäftigt sich mit dem geschriebenen Wort aber nicht dem gesprochenen...
     
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  15. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Er "soll es MAL sagen" - meinetwegen, aber nicht so oft. Außerdem wissen wir es schon lange. Und wenn doch Jazz und noch mehr Jazztheorie und noch mehr Harmonielehre nicht gemocht und nicht gespielt wird, wäre es doch naheliegend, das Forum "Improvisation - Harmonielehre" nicht zu besuchen.

    Wenn ich Threadtitel wie "Tritonussubstitution" lese, stürze ich mich drauf, freue mich auf die Inhalte, die Du und Juju und Günne und einige andere incl. interessanter Quellen vermitteln. Was soll dann z.B. da ein Jammern über unverständliche Inhalte von Leuten, die eh kein Interesse dran haben?

    Ich zumindest empfinde Statements der Art "Was ihr hier diskutiert, verstehe ich nicht, interessiert mich auch nicht" überflüssig und störend. Ich gehe auch nicht in Threads, wo über Musikvereinsmusik diskutiert wird, um dort kundzutun, das ich froh bin, keine Musikvereinsmusik zu können/ zu verstehen/ zu machen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 25.Januar.2018
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  16. ppue

    ppue Experte

    Ist gut, @gaga. Haben alle verstanden.

    Ganz richtig: Licks sind kleine praktisch anwendbare Sätze. Hat man sich so einige drauf geschafft und b9 und #11 sind in Ohren und Fingern, dann fährt man am besten mit ein paar Musikerfreunden in Urlaub und macht jeden Tag Straßenmusik. Das trainiert, bringt Geld, Spaß und jede Menge Routine.
     
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  17. logout

    logout Ist fast schon zuhause hier

    Ja, aber das eigentliche Problem ist, dass immer die anderen die Dummen sind die man schulmeistern muss.
    Würde mich interessieren wie du gelernt hast ganze Sätze zu sprechen wenn du nur Vokabeln auswendig lerntest?
     
  18. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Wir nähern uns unerbittlich dem 'Valentinschen Fixpunkt':
    Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.

    Wenn man diesen Fixpunkt erreicht, ist der Thread in einem dynamischen Quasigleichgewicht und dreht sich nur noch um sich selbst, ohne zu neueren Erkenntnisgesinn zu führen.
    :)

    Warum ist für manche Grammatik uninteressant?
    Warum ist für manche Musiktheorie uninteressant?
    Zahlt die Hausratsversicherung auch bei Kabelbrand im Herzschrittmacher?
    Fragen über Fragen.

    Grüße
    Roland
     
    Dreas gefällt das.
  19. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    Ach was. Wir schreiten unerbittlich fort in die Metadiskussion.

    LG Helmut
     
  20. ppue

    ppue Experte

    Ich glaube, @Roland, die anfängliche Hürde ist sehr groß. So groß, dass wir, die wir täglich mit der Theorie umgehen, uns gar nicht mehr vorstellen können, was es heißt, die Intervalle nicht auswendig zu können geschweige denn, sie bestimmen oder singen zu können, die Noten eher recht und schlecht, den Basschlüssel gar nicht lesen zu können. Dann kommen, so einfach das für uns klingen mag, ein paar Fremdwörter hinzu, Subdominante, Tonikaparallele. Dazu kommt, dass man das, was man theoretisch lernt, gar nicht weiß, anzuwenden oder überhaupt heraus zu hören. Was soll ich einen übermäßigen Dreiklang begreifen, wenn ich ihn beim Hören nicht erkenne.

    Ich weiß noch, wie mein Klarinettenlehrer in jeder Stunde zehn Minuten Intervalltraining gemacht hat und wie viele Wochen es dauerte, bis ich die einigermaßen gut erkennen konnte.

    Ich glaube, die Theorie ist so schwer, weil man sie praktisch nicht übt.
     
    slowjoe und Dreas gefällt das.
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