Tipps zur Improvisation

Dieses Thema im Forum "Improvisation - Harmonielehre" wurde erstellt von ppue, 7.September.2022.

  1. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Wie schnell ist „schnell“?
    Und wie viel, „viel“?

    Für einen Amateur, wie mich, ist 140 mit Achteln und 8el-Triolen schnell und viel.
    Bei 160 vielleicht zu schnell / viel. Jedenfalls, wenn ich spiele.

    Da ich als Hörer schon etwas geübter bin, komme ich bis, sagen wir, 200-240 Sachen mit Achteln und Triolen mit, bevor es unübersichtlich wird… Pausen hin oder her.

    Das ist wie beim Sprachverständnis (und dem Sprachvermögen):
    In meiner Muttersprache verstehe ich sogar süddeutsche Idiome in Maschinengewehr.
    In meiner zweiten intensiven Sprache Englisch habe ich mit manchen, vor allem Nordenglischen, Akzenten meine Mühe, verstehe und beantworte aber im Allgemeinen auch Schnellsprecher.
    Ein aufgeregter Franzose am Telefon ist für mich ein Komplettausstieg. Langsam und vis-á-vis verstehe ich fast alles, spreche jedoch noch ziemlich hölzern.

    Wenn man also Charlie Parker doof findet, könnte es auch daran liegen, dass der Kerl zu verdammt schnell war und man selbst noch auf Ellington-Geschwidigkeit dreht. Pausen und Raum für musikalische Statements hatten beide reichlich im Köcher.
     
  2. bthebob

    bthebob Ist fast schon zuhause hier

    @Otfried
    Völlig richtig.

    Aber zufällig las ich grade die komplette Überschrift:


    "..... advice for playing music in a group"

    Ändert nichts am "Sachstand" .... fiel mir nur auf.

    VG
     
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  3. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    aber gerade deshalb ;-)
     
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  4. bthebob

    bthebob Ist fast schon zuhause hier

    @Silver
    Einige Antworten auf die Frage:
    "Warum finde ich manches -doof- und anderes -nicht doof"

    finden sich in dem von mir erwähnten Buch (Beitrag #31)
    von Martin Schleske "Der Klang"

    Er bezieht sich nicht nur auf Musik, auch auf andere Bereiche der Kunst.

    Und es geht nicht um so profane Dinge wie:
    "Schon klar, wir haben alle verschiedene Geschmäcker"

    Kapitel -3-
    Der Entwurf
    Von der Harmonie der Gegensätze

    VG
     
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  5. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Auf dieser Ebene ist mir der Diskurs zu öde.

    Wenn du möchtest, dass ich Dich verstehe, wäre es hilfreich, mir nicht einfach nur ein Buch als Argument vorzuwerfen.

    Es hilft hier wie dort nicht, immer nur atemlos die Abkürzung zu suchen.
     
  6. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Was sind denn seine Antworten in Beitrag #31?
     
  7. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Du gibst die Antwort eigentlich selber im nächsten Absatz.

    Tempo und Anzahl an Tönen sind gut, solange du damit Häuschen, Hecken, Wiesen und Wege bauen kannst, um im Räumlichkeitsbild zu bleiben. Wenn du wie Bird sogar Paläste mit Stuck machen kannst, oder Brautkleider oder Wollenkratzer ist es alles gut. Dann kannst du halt mit vielen Tönen und schnell bauen.

    Wenn es nur für endlosen Sand reicht, sind die Töne vielleicht Zuviel. Vielleicht auch nicht, schlechtes Beispiel. Wenn nur 150 Paletten Ziegelsteine dastehen, waren die Töne zu viele.
    Wie auch immer, ich verstehe das mit dem Space so, dass man seinen Mitteln angemessen intentionell und planvoll umgeht.

    (Und so sehr ich weiß, dass er recht hat und das auch kann, so sehr liebe ich es persönlich hin und wieder völlig planlos und ohne Ziel Musik zu machen.)
     
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  8. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Nur „eigentlich“? Dann habe ich wohl schlecht formuliert…

    Also nochmal anders (ohne Sand und Ziegelsteine):

    Wenn ich die Musik, die ich höre oder spielen will, nicht verstehe - also auch die Semantik in der gehörten / gespielten Geschwindigkeit - höre ich nur ein Übermaß an Tönen bzw. spiele ich nur Gedudel, also eine Aneinanderreihung von sinnlosen Silben, um im Referenzbild der Sprachfertigkeiten zu bleiben.

    Erst, wenn ich die Musik / Sprache besser verstehen lerne, werden sich mir beim Hören mehr sinnvolle Elemente auch bei höherer Geschwindigkeit erschließen. Das Gleiche gilt sukzessive für das Sprechen / Spielen … aus „Blablabladibladada“ wird eine verständliche Aussage.

    Oder ich erkenne plötzlich, dass „Blablabladibladada“ genau das ist: eine Aneinanderreihung sinnloser Silben.

    Plan- und Ziellos irgendwas zu dudeln finde ich unbefriedigend, das langweilt mich sehr schnell.
    Als ich vorvorgestern mit einem E-Gitarristen auf dem Campingplatz zu rockigen Tönen über eine Stunde gejammt habe (eigentlich nicht meine Komfortzone) musste ich mir nach wenigen Minuten Pentatonik etwas einfallen lassen, sonst wäre es total öde geworden. Da war er, der Plan. Das Ziel: Spaß für die Spieler … und den halben Platz, der sich mit offensichtlicher Freude zum kostenlosen Konzert versammelt hatte.

    Wie so häufig, sagen wir aber mal wieder „eigentlich“ das Gleiche mit unterschiedlichen Worten.:pint:
     
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  9. bthebob

    bthebob Ist fast schon zuhause hier

    @Silver
    Ich befinde mich nicht in einem Diskurs ?!

    Ich lese mit und gebe, wenn mir thematisch was einfällt, meinen Senf dazu.

    Und ein Buch ist kein Argument.
    Schon gar nicht "werfe ich es dir vor"

    Der Buch-Tipp sollte eine Anregung sein !
    Aber lesen muss jeder selbst.

    Grade um Inhalte und Fakten nicht zu verkürzen.

    Der Autor hat sich viel Jahre mit der Thematik befasst.
    Er ist einer der gefragtesten Geiger-Bauer, weltweit.

    Gibt auch einen sehr sehenswerten Dok-Film über ihn

    VG
     
  10. bthebob

    bthebob Ist fast schon zuhause hier

    @gaga
    Nee, haste falsch verstanden.

    Ich meinte, in dem Buch, dass ich im Beitrag #31
    als Lese-Tipp genannt hatte, finden sich Antworten.

    Ich hatte es vor einigen Jahren gelesen, war begeistert.
    Hatte zuvor den Dok.-film über ihn gesehen.

    Antworten in Bezug auf Klang, Musik, Musizieren.

    Oder "warum einen etwas gefällt oder nicht gefällt",
    bezogen auf alle Bereiche der Kunst.

    Die Passagen über christlichen Glauben sind jetzt nicht so mein Thema.
    Aber auch lesenswert.

    Wenn ich die Zeit finde, kann ich ja mal versuchen,
    eine kurze Zusammenfassung zu schreiben.

    VG
     
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  11. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Also @bthebob , was ist denn nun Dein Punkt?

    Kein Diskurs, kein Inhalt, keine Zeit…? Nur eine Buchempfehlung in fünf Posts wiederholt. Kriegst Du Tantiemen??

    Du weißt, dass „Senf dazugeben“ ein Euphemismus für eine Ausscheidung am anderen Ende des menschlichen Körpers ist, ja?
     
  12. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Das Problem ist nur, daß die Hörer es unterschiedlich wahrnehmen. Der eine hört bei Bird Paläste mit Stuck (geht mir ähnlich), der nächste hört da sinnlose kubistische Bauten ohne Struktur und Sinn.
    Wie Silver schon sagte, ohne die Fähigkeit des Hörens und Verstehens was da passiert bekommt man nicht mit was passiert und kann es nicht richtig einordnen. Aber selbst wenn man es kann, kommt der eigene Geschmack zusätzlich zum tragen (ich mag Stitt lieber als Rollins).
     
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  13. Rick

    Rick Experte

    Mir geht's beim Hören ja oft umgekehrt: Viele Musik ist mir gefühlt zu langsam, da kommen mir die Melodien vor wie in Zeitlupe.
    Up-Tempo ist meine Komfortzone.

    Aber da ich nun mal Berufsmusiker bin und mit meinem Spiel Geld verdienen möchte, habe ich schließlich akzeptiert, dass der Durchschnittshörer es lieber langsamer hat - dann spiele ich die Sachen, die ich eigentlich schneller fühle, einfach "half time", das gefällt dann eher den Leuten.
    (Wer mich schon mal persönlich erlebt hat, weiß wahrscheinlich, dass ich auch gerne schnell rede - da sind wir wieder bei der Parallele zur Sprache.) :-D
     
  14. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Die Geschmacksfrage ist da, keine Frage. Allerdings zerschlägt sie konsequent angewendet viel von der Möglichkeit, zu analysieren, was besser und was schlechter ankommt in der Musik. Immerhin ist es doch so, dass viele Hörer vieles ähnlich wahrnehmen.
    Wenn ich ins Horn rülpse findet sich bestimmt irgendwo jemand, dem das gefällt. Wenn ich danach meine Ziele festlege wird es aber recht einseitig beim üben und bei der Anwendbarkeit mit anderen Musikern. Ein bisschen Universalität muss ich zulassen um Regeln aufzustellen, und wenn es für mich selber ist.
     
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  15. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Je mehr jemand NUR Musikhörer ist und je mehr jemand Musik hören NUR zur Erbauung oder Entspannung betreibt, um so mehr geht es NUR um Geschmack und Hörgewohnheiten. Je außergewöhnlicher meine Bedienung des Instruments ist, desto kleiner wird der Kreis der geneigten Zuhörer, wobei beim Hörer irgendwann Spezialistentum und Snobismus kaum mehr zu trennen sind.

    Man könnte eine (Saxophon-)Musikhörerpyramide zeichnen, wo der breite Boden von Hörern von Captn Cook und Billy Vaughn besetzt wird, dann kommt bald Kenny G., irgendwann Candy Dulfer, Jan Garbarek usw bis oben einsam an der Spitze Leute wie Brötzmann oder heute Matthias Schubert stehen mit extrem wenigen "Likes".
     
  16. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Eine Pyramide würde aber möglicherweise fälschlicherweise suggerieren, dass die Fans der Spitze auch die Basis hören. Dass alle die Basis hören. Dabei sind sie in Wirklichkeit fast exklusiv. Vielleicht doch lieber ein altmodisches Tortendiagramm?
     
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  17. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Ist das so? Wenn ich daran denke wie viele Leute die Melodien von extrem simplen Schlagern mögen und im Vergleich wie wenig die Melodien von Charlie Parker sieht man schon sehr deutlich wie da die Schere auseinandergeht. Wessen Geschmack soll man da dann als Maßstab nehmen? Allgemein bin ich erstaunt wie sich die Melodiegestaltung bei Songs verändert hat. Manche Songs haben nicht mal mehr einen Unterschied zwischen Strophe und Refrain im Popbereich und du bekommst einen Endlosloop perfekt auf Spotify's ideale 2 Minuten begrenzt.
    Der Vergleich ist nicht zielführend weil zu extrem im Unterschied. Zwischen ins Horn rülpsen und dem Unterschied der Melodik eines Parker im Vergleich zu einem Hodges ist da doch was anderes.
     
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  18. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Bei @gaga s Pyramide hätten wir tatsächlich „oben“ eine ziemlich versnobte Jazz-Elite (von der Jazzpolizei beschützt ;) ).

    Aber schon bei der Diskussion, wo denn nun die Spitze der Pyramide wäre, würden sich die Snobs erbittert streiten:
    Ist Free Jazz die Krone des Ausdrucks (auch, wenn Brötzmann von sich selber sagt, er wäre gar kein guter Techniker)?
    Ist es die Skandinavische Verinnerlichung, die Garbarek überhaupt erst angefangen hat (und Garbarek ist durchaus ein virtuoser Spieler)?
    Ist es die moderne Auffassung, die Jazzelemente mit HipHop abmischt und bei jungen Leuten gerade abgeht?
    Ist es die goldene Ära des Bebop, die alles unter 240 Sachen als Ballade auffasst?
    Endlos fortzusetzen…

    Es sind wohl doch eher Tortenstückchen.
    Im Vergleich zum Rest des Musikmarktes nicht einmal Krümelchen.
    Soviel zum Thema Hören erlernen und Geschmack.

    Um auf Chick und seine Tipps zurückzukommen: Die funktionieren in jedem Genre und sind unabhängig vom Geschmack gültig.
    Sogar beim achttaktigen Gitarrensolo im Popsong.
    Erst recht, wenn Michael Brecker gefühlt die Hälfte aller Popsongs der 90er mit im Wortsinn erstaunlichen Sax-Solos bereichert.
     
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  19. ppue

    ppue Experte

    Das ist doch Wurscht, wer da nun an der Spitze steht.

    Es ist ein ganz normales Phänomen von Kulturgut, dass es breit gefächert auftritt, die billige Massenware von vielen gemocht wird und eine Art von Spitzenkunst sogar Spezialisten erfordert, die die Kunst verstehen.

    Das ist in der Malerei, in der Poesie und Belletristik, der Bildhauerei und eben in der Musik überall gleich.

    Um Beuys zu verstehen, musst du dich mit ihm auseinandergesetzt haben, um Ives zu verstehen, ist es notwendig, geschulte Ohren zu haben. Das schaffst du als unbedarfter Laie in der Regel nicht.

    Es sind immer nur wenige, die sich an der Spitze des Kulturapparats behaupten können. Oft aber sind sie prägend für mehrere Generationen, haben ein künstlerisches Gebiet erschlossen, was ohne sie undenkbar gewesen wäre. Und in den allermeisten Fällen hat das gar nichts mit Geschmack zu tun.
     
  20. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Das ist der Punkt.
    Es gibt nicht die eine Spitze der Pyramide.
    Es gibt vermutlich nicht einmal nur eine Pyramide.
    Ob es überhaupt eine Pyramide ist, ist mehr als fraglich.

    Aber es gibt eine Avantgarde, die zu ihrer jeweiligen Zeit der Kunst weit voraus ist, Epochen prägt und anfänglich von nur wenigen überhaupt verstanden wird.

    Wer das schafft, hat entweder den Geschmack eines ausreichend großen Publikums geprägt oder getroffen.
    Manchmal erst nach dem eigenen Ableben wie Van Gogh und andere.
     
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