Ton/Ansatz verbessern

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von susaphone, 18.Dezember.2005.

  1. susaphone

    susaphone Schaut nur mal vorbei

    Hallo,
    ich spiele seit ca 10 Jahren Altsax. Davon hatte ich die ersten 6 Jahre Unterricht, hab es danach ziemlich schleifen lassen und erst jetzt vor ein paar Monaten wieder ernsthaft angefangen zu üben. Technisch bin ich inzwischen wieder halbwegs fit, aber ich hab das Gefühl, dass ich einfach vom Ansatz her keinen schönen Ton mehr drauf kriege... (Instrument: Selmer SuperAction 80, Mundstück: Berg Larsen 95er Bahn, Blatt: RicoRoyal 1 1/2)...
    Hat jemand Tips? Sowohl gute Übungen für Ansatz + Ton als auch Vorschläge zu Mundstück/Blatt?
    Dankeschööön!
     
  2. Schorsch

    Schorsch Ist fast schon zuhause hier

    Ich denke, dir können Longtines weiterhelfen. Und da kann ich dir mit ein paar Übungen dienen:

    Das einfache Aushalten von Tönen gehört auf der einen Seite sicher zu den langweiligsten Übungen, die man auf dem Saxophon oder jedem anderen Instrument auch machen kann – auf der anderen sind sie jedoch auch eine der sinnvollsten. Denn der technische Anspruch ist so niedrig, dass man genug Zeit hat, sich auf andere Dinge wie die richtige Haltung, Atmung, Entspannung und den Ansatz zu konzentrieren, was bei vielen anderen technisch anspruchsvolleren Übungen nicht gegeben ist. Deswegen sollten die „Longtones“ eigentlich in keinem Übungsplan fehlen.

    Zunächst gilt es, sich für eine Tonart zu entscheiden, in der die Übung ausgeführt werden soll. Stehen noch andere auf Tonleitern bezogene Übungen auf dem Programm, ist es sinnvoll, sich hier für die gleiche zu entscheiden. Und dann kann es auch gleich losgehen.
    Vor dem Anstoßen des ersten Tones sollten folgende Dinge kontrolliert werden:
    • Stehe ich bequem?
    • Ist das Instrument auf der richtigen Höhe?
    • Sind meine Hände locker, greifen aber trotzdem so fest wie es nötig ist, um alle benötigten Klappen zu schließen?
    • Ist mein Ansatz so fest wie nötig, aber gleichzeitig auch so entspannt wie möglich?
    • Atme ich „in den Bauch“?

    Wenn alle diese Fragen mit „ja“ beantwortet werden konnten, kann es losgehen. Trotz des niedrigen Anspruches hier nochmal das zur Übung gehörende Notenbild:
    [img align=left]http://www.informatik.uni-frankfurt.de/~haehnke/long1.bmp[/img]






    Wichtig ist wie immer, dass die Übung über den kompletten Umfang des Instruments ausgeführt wird. Das bedeutet am Beispiel von C-Dur, dass nicht nur von c’ bis c’’’ gespielt wird, sondern nach oben bis zu f’’’ und nach unten bis zum kleinen h. So werden auch die problematischen Bereiche in die Übung miteinbezogen und auf Lange Sicht verhindert, dass die Problembereiche sich zu Angstbereichen entwickeln.
    Während des Aushaltens der Töne sollten die oben bereits angesprochenen Aspekte des Saxophonspiels ständig kontrolliert werden. Dieses Konzept ist besser bekannt als „rotierende Aufmerksamkeit“. Ist ein Punkt aus der Liste nicht mehr erfüllt, sollte man sich fragen, warum das so ist und versuchen, es zu ändern.

    Die einfachen lang ausgehaltenen Töne sind ideal, um besonderes Augenmerk auf die Dynamik, also die Lautstärke zu legen. Die Dynamik kann für einen Saxophonisten schnell zu einem Problem werden, wenn er es nicht gewohnt ist, sich in ihren Extremen zu bewegen. Spielt man ungewohnt laut, kann die Tonhöhe schnell um einen Viertelton absinken, weil einfach die Kraft und die Erfahrung fehlen, sie konstant zu halten. Umgekehrt kann es bei einem extremen Decrescendo leicht vorkommen, dass parallel mit dem Absinken der Lautstärke die Tonhöhe immer weiter steigt, was ebenso unerwünscht ist. Der einzige Weg, solche Probleme zu vermeiden bzw. auszuräumen ist es, die Kontrolle der Lautstärke bewusst zu kontrollieren.

    Die Übung ist sehr simpel zu beschreiben, aber anfangs noch schwer exakt auszuführen. Man sucht sich wieder eine Tonleiter aus und wiederholt auf jedem Ton folgende Figur:
    [img align=left]http://www.informatik.uni-frankfurt.de/~haehnke/long2.bmp[/img]









    Auf jedem Ton ist also lediglich ein Crescendo gefolgt von einem Decrescendo auszuführen. Hierbei sollte das Crescendo so leise wie möglich beginnen, die Lautstärke dann bis zum Maximum gesteigert werden, und das Decrescendo dann wieder bis zum absoluten Minimum führen. Am Anfang mag der so erreichbare maximale Dynamikunterschied noch relativ gering sein, aber er wird sich mit der Zeit vergrößern. Weiterhin ist es sinnvoll, diese Übung mit Metronom auszuführen, z.B. bei einem Wert von M.M. = 76. So ist sichergestellt, dass die Phasen des An- und Abschwellen des Tons gleich lang sind. Und natürlich gilt auch hier, dass die Übung über den kompletten Umfang des Instruments ausgeführt werden sollte.

    Für die möglichst exakte Ausführung der Übung ist es nötig, sich selbst gut zuhören zu können. Denn für das einfache Steigern und Abschwächen der Lautstärke gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, von der aber nur eine die richtige ist. In nachfolgendem Diagramm sind drei der Möglichkeiten illustriert:
    [img align=left]http://www.informatik.uni-frankfurt.de/~haehnke/long3.bmp[/img]














    Der Unterschied zwischen den drei dargestellten möglichen Ausführungen ist sofort ersichtlich: in der oberen gestrichelten Linie schwillt der Ton schnell an bis zur maximalen Lautstärke, wird dann lange nahezu konstant gehalten und sinkt erst gegen Ende sehr schnell wieder auf das Minimum. Die untere gestrichelte Linie ist das genaue Gegenteil – der Ton bleibt zunächst lange konstant, schwillt dann schnell an, sofort schnell wieder ab und bleibt dann wieder lange Zeit konstant. Keine der beiden Versionen ist die, die eigentlich angestrebt werden sollte.
    Die mittlere, durchgezogene Linie ist der angestrebte Lautstärkeverlauf, der ja auch durch die Symbole für Crescendo und Decrescendo nahezu in dieser Art vorgegeben ist und lediglich etwas „abgerundet“ ausgeführt wird. Der Ton schwillt gleichmäßig an und wird auf den Tönen in der Mitte des abzudeckenden Zeitintervalls nahezu konstant gehalten. Hier im Beispiel bedeutet das, dass auf der letzten Zählzeit der ersten ganzen Note die Lautstärke kaum noch zunimmt, auf der ersten Zählzeit der zweiten ganzen Note (dem Lautstärkemaximum) nahezu konstant gehalten wird und nur gegen Ende dieser Zählzeit leicht abnimmt. Auf den verbleibenden Zählzeiten nimmt die Lautstärke dann wieder kontinuierlich ab. Dadurch wirkt der Crescendo-Decrescendo-Zyklus wesentlich organischer und glatter.

    Natürlich kann die Übung auch umgekehrt ausgeführt werden:
    [img align=left]http://www.informatik.uni-frankfurt.de/~haehnke/long4.bmp[/img]










    Hierbei gelten dann natürlich alle Aussagen genau umgekehrt.

    Es ist stets darauf zu achten, dass die Tonhöhe sich so wenig wie möglich verändert. Um das zu kontrollieren, kann es nützlich sein, die Übung nicht nur mit Metronom, sondern auch mit Stimmgerät auszuführen.
    Während des Crescendos sinkt sie für gewöhnlich leicht bis stark ab, da der Unterkiefer nach unten gezogen wird. Um dem entgegenzuwirken, kann man den Druck durch den Unterkiefer leicht erhöhen. Weiterhin kann es besonders am Anfang passieren, dass Luft unkontrolliert aus den Mundwinkeln entweicht. Mit der Zeit wird die Ringmuskulatur um den Mund herum aber an Definition zunehmen und dieser Effekt verschwinden.
    Während des Decrescendos steigt die Tonhöhe meist an, da der Mund dabei zunehmend geschlossen wird. Hier kann es hilfreich sein, den Unterkiefer bewusst ganz leicht nach unten zu ziehen.

    Eine weitere gute Übung für die Entwicklung einer fein abgestuften Lautstärke ist unter dem Begriff „Terrassendynamik“ bekannt geworden.

    Hier geht es darum, auf einem Ton nacheinander möglichst viele unterscheidbare und konstant gehaltene Dynamikstufen zu realisieren. Der Ton wird zunächst in der maximalen Dynamik gespielt, dann durch einen leichten Zungenstoß angestoßen in der nächst tieferen Dynamikstufe, dann wieder durch einen leichten Zungenstoß in der nächst tiefer gelegenen usw.. Sind alle beabsichtigten Abstufungen durchlaufen, wird auf dem nächsten Ton wieder bei der lautesten begonnen.Im Notenbild sieht das bei vier Dynamikstufen zum Beispiel so aus:
    [img align=left]http://www.informatik.uni-frankfurt.de/~haehnke/long5.bmp[/img]







    Es gibt dabei ein paar Punkte, auf die geachtet werden sollte. Am einfachsten lassen sie sich an einem kleinen Diagramm erklären:
    [img align=left]http://www.informatik.uni-frankfurt.de/~haehnke/long6.bmp[/img]













    Hier sind die abgestuften durchgezogenen Linien das Ziel, das es zu erreichen gilt. Jede Dynamikstufe soll für sich absolut konstant bleiben. Es gilt zu vermeiden, dass wie durch die durchgezogene gestrichelte Linie illustriert die Lautstärke über die Zeit einfach kontinuierlich abfällt, oder ein hörbarer Übergang von einem Lautstärkeniveau auf das nächste erfolgt (kurze gestrichelte Linien). Am Anfang reicht es, mit vier Dynamikstufen zu beginnen. Mit der Zeit kann die Anzahl erhöht werden.
    Hilfreich ist es, auch bei nur vier Abstufungen so laut wie möglich zu beginnen. Denn durch die Anfangslautstärke bestimmt man, wie viel „Platz“ für die übrigen Niveaus verbleibt. Je lauter man also beginnt, desto mehr weitere Abstufungen lassen sich realisieren.

    Natürlich kann auch diese Übung umgekehrt ausgeführt werden, indem mit der leisesten Lautstärke begonnen wird.

    Oktavbindungen gehören nur bedingt in das Gebiet der „Longtones“, lassen sich hier aber zu Beginn am besten üben.

    Der gebundene Übergang zwischen zwei Tönen macht besonders dann Probleme, wenn die Bindung über den Oktavklappenwechsel hin erfolgt, oder wenn einer der beiden Töne im tiefen Bereich liegt. Nur durch gezieltes Üben kann dieses Problem mit der Zeit behoben werden.
    Es gibt verschiedene Punkte, deren Beachtung den Übergang zwischen den Oktaven enorm erleichtern kann. Besonders wichtig ist es, rechtzeitig von der Oktavklappe zu gehen – lieber einen Moment zu früh als zu später. Setzt man zusätzlich noch auf den zweiten Ton einen kleinen Atemakzent und zieht den Unterkiefer leicht nach unten, wird die Ansprache des unteren Tons enorm erleichtert.
    Begonnen werden kann mit folgender Übung: den Grundton halten, sich ins Gedächtnis rufen, was alles beim Oktavwechsel bedacht werden muss, den Wechsel vollziehen und dann den Endton noch einen Moment halten. Das wird auf jedem Ton (über den gesamten Umfang des Instruments) wiederholt. Im Notenbild:
    [img align=left]http://www.informatik.uni-frankfurt.de/~haehnke/long8.bmp[/img]
















    Mit der Zeit kann die Zeit, die die Töne gehalten werden, verkürzt werden. Funktioniert diese Übung gut, kann (diesmal auch mit Metronom) zunächst langsam und dann mit zunehmendem Tempo zu folgender übergegangen werden:
    [img align=left]http://www.informatik.uni-frankfurt.de/~haehnke/long9.bmp[/img]









    Hier hat man auf jedem Ton eine Auf- und eine Abwärtsbindung und wird durch das unnachgiebige Metronome gezwungen, sie exakt im Tempo auszuführen. Mit der Zeit wird man feststellen, dass neben den Oktavbindungen auch die allgemeine Technik verbessert wird, denn hier ist es nötig, alle Finger koordiniert in kurzer Zeit zu bewegen.



    Ich hoffe, das hilft dir erstmal weiter. Und an alle anderen: wie findet ihr diese Erklärung zu den Longtones? Vielleicht wird sie hier mit ein paar anderen Übungen zusammen in etwas anderer Form nochmal online gestellt :)
     
  3. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    N'abend Schorsch,

    das hast Du sehr schön dargestellt. Ich hasse diese Übungen. Aber sie sind extrem wichtig, was ich merke, wenn ichs bleiben lasse. Dann hasse ich diese Übungen noch mehr. Und lege möglichst die Sax-Clinic CD von Thorsten Skringer ein, da gibt es ein schönes Playback für Longtones. Das kann richtig nett sein (man muss zu diesem Playback nicht unbedingt longtones spielen).

    Gruß,
    saxfax
     
  4. saxolina

    saxolina Strebt nach Höherem

    Hallo Schorsch,

    also ich finde diese Zusammenstellung prima - hab sie gleich ausgedruckt und werde mich heute nachmittag mal ans ausprobieren machen.

    Danke.

    Gruß
    Saxolina
     
  5. susaphone

    susaphone Schaut nur mal vorbei

    Hallo Schorsch,
    danke für die Tips...
    Wieviel Zeit verbringst du am Tag so mit den Longtones?
    Susa
     
  6. Sanne

    Sanne Ist fast schon zuhause hier

    argh - warum sind sinnvolle Übungen immer so eklig???
    Obwohl - bei regelmäßigen Üben machen sie manchmal sogar Spaß...
    Hab`s mir auch gleich mal ausgedruckt - schöne Zusammenstellung! Da ist mindestens die erste Viertelstunde der Übeeinheit doch gleich mal sehr sinnvoll ausgefüllt!

    Liebe Grüße
    Sanne
     
  7. Schorsch

    Schorsch Ist fast schon zuhause hier

    Das rechne ich momentan lieber nicht pro Tag, das Ergebnis wäre zu niederschmetternd ;-) Es kommt eben darauf an, ob Probleme auftauschen oder nicht und ob man sich dann auch bemüht, diese zu beheben. Bei mir ist wenn ich übe von 15 bis 60 Minuten alles drin.
     
  8. freejazzer

    freejazzer Ist fast schon zuhause hier

    Bauchatmung finde ich problematisch, mit "Hochatmung" oder "Ganzkörperatmung" fällt es meiner Meinung nach wesentlich leichter, den Hals offen und entspannt zu lassen. Ist auch sehr gut bei Klassik, für ppp ist es in allen Stilrichtungen wichtig (ansonsten wird gerne gepresst und zu hoch intoniert).

    Grüße
    freejazzer
     
  9. Schorsch

    Schorsch Ist fast schon zuhause hier

    Dann erklär vielleicht noch den Unterschied zwischen den dreien.
     
  10. freejazzer

    freejazzer Ist fast schon zuhause hier

    Naja, die Begriffe habe ich jetzt etwas frei gewählt, ich meinte damit eigentlich nur das bewusste tiefe Atmen in den Brustbereich (sodass sich die Brustbein hebt) und ein tiefes Einatmen aus lockerem Stand, wo Teile in den Brust- und Teile in den Bauchbereich gehen. "Ganzkörperatmung" ist da für letzteres eigentlich ein ganz blöder Begriff, da habe ich auch schon bessere gelesen.

    Grüße
    freejazzer
     
  11. Reference54

    Reference54 Ist fast schon zuhause hier

    Erstmal, viel schwerere Blätter, gegebenenfalls auch
    die Marke wechseln, ich halte persöhnlich nicht viel von Rico
    und obwohl die Berg Larsen sehr brillant und offen sind,
    sind diese Blätter da zu wenig würde ich meinen.
    Tja, was das Stabilisieren des Ansatzes und einen schöneren Ton angeht, ist die beste Übung vor allem :
    Spielen, spielen und noch mehr spielen.
    Du brauchst eine Klangvorstellung, die hast du dann im
    Kopf und während du spielst, versuchst du sie umzusetzen.
     
  12. susaphone

    susaphone Schaut nur mal vorbei

    Hast du da nen konkreten Vorschlag? Hab bisher immer RicoRoyal gespielt...
     
  13. Pulco

    Pulco Schaut nur mal vorbei

    Hallo Zusammen,
    ich denke, dass neben all den unabdingbaren Übungen für den Ansatz etc. eines vor allem wichtig ist.
    nämlich eine mehr oder minder klare Vorstellung davon zu entwickeln, wie der eigene Sound klingen soll.
    (wurde ja bereits erwähnt)
    mir hilft dabei vor allem eines : hören !!!
    und zwar die 'Meister', deren Sound meiner Vorstellung am nächsten kommen.

    mache übrigens selber gerade ähnliche Erfahrungen, nach längerer Pause.

    schönen Gruß
    Pulco
     
  14. pth

    pth Ist fast schon zuhause hier

    @susaphone

    Da du schon relativ lange spielst, versuch es mal mit 2 1/2 Blätter z. B. Hemke, Rico Jazz, Brancher.
    Wenn du das für dich passende Blatt gefunden hast, bleib ein paar Monate dabei und suche dir erst dann (wenns denn sein muß) ein anderes Mundstück.
    Mach' nicht alles auf einmal!
     
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