Trompetenphrasierung

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 13399, 6.Dezember.2022.

  1. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Hallo, alle

    Gibt es im Jazz Merkmale von ,,Saxophon-", bzw. ,,Trompetenphrasierung"? Also Merkmale der Art, zu Improvisieren, die tatsächlich innerhalb der Gruppe der Trompeter bzw. der Saxophonisten konstant unterscheidbar sind?
    Ich habe zuletzt ein paar Trompetensolos transkribiert und finde, dass es irgendwie komisch wäre, sie so auf meinem Saxophon zu spielen, sie sind aber auch irgendwie reizvoll und neu.

    Wie seht ihr das?
     
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  2. Dr-Dolbee

    Dr-Dolbee Ist fast schon zuhause hier

    "Phrasierung" würde ich das eher nicht nennen aber bei jedem Instrument sind halt bestimmte Läufe einfacher zu spielen als andere. Vielleicht eher "Licks"? Bei Tonarten ist das eigentlich das gleiche.
    Interessant wäre es einmal die Soli verschiedener Instrumente als Midi zu programmieren und bei gleichem eingestelltem Sound (Synthi) o.ä. zu schauen ob man raushört auf was für einem Instrument sie im Original gespielt wurden. Ich vermute mal bei nem typischen Jazzsolo würde das machbar sein.
     
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  3. Rick

    Rick Experte

    Zu meinen wichtigsten Inspirationen beim Improvisieren gehören Trompetensolos - etwa von Bix Beiderbecke, Louis Armstrong, Harry James, Dizzy Gillespie (ihn fand ich, als Teenager, oft melodisch interessanter als Charlie Parker, ist aber damals rein subjektiv gewesen), Miles Davis, Kenny Dorham, nicht zuletzt Randy Brecker...

    Auf jeden Fall ist es immer lohnend, über den "instrumentalen Tellerrand" zu blicken.

    Am langweiligsten finde ich persönlich übrigens Saxofonisten, denen man anhört, dass sie sich ausschließlich mit Solos anderer Saxofonisten beschäftigt haben. ;)
     
  4. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Nee, ist nicht komisch. Mit Alto passt es auch lagentechnisch, für Tenor sind die Soli häufig zu tief. Über Phrasierung würde ich mir keinen Kopp machen, du willst ein tp-solo imitieren, aber nicht partout wie tp klingen.
     
  5. claribari

    claribari Ist fast schon zuhause hier

    ...meine Erfahrung über viele Jahre: Trompter produzieren so um die 70% der Anzahl der Töne, die die Holzbläser blasen..., ich meine nicht die Dauer...für Asse wie Wynton Marsalis trifft das nicht zu, und erreichen zu oft die Schmerzgrenze für die Öhrchen...
    9 Finger sind eben schneller als 3...:klug:
     
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  6. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ich würde denken, dass 3 schneller sind als 9, aber der Ansatz/ das Überblasen die Sache schwieriger machen, weil es sonst schnell "muddy" klingt

    Von den Fingern ist es bei der Trompete ja sehr simpel. Drei Finger: Digital entweder gedrückt oder locker
     
  7. Spätberufener

    Spätberufener Ist fast schon zuhause hier

    Ganz so einfach ist das nicht. Zu den gedrückten oder lockeren Fingern wie du es nennst kommen die ganzen Naturtöne dazu, wo gar nichts gedrückt wird und der Ton nur mit den Lippen, bzw. mit dem Ansatz gebildet wird. Und ---3 Finger sind sicher schneller als 9
    @claribari ganz klar, der Tonumfang, der mit der Trompete für einen Nichtprofi leicht zu spielen ist, ist wesentlich kleiner als beim Sax. (jedenfalls für mich)
     
  8. Witte

    Witte Ist fast schon zuhause hier

    Ich find das nicht komisch..., iss letzlich auch nur jede Menge gutes Vokabular..., und viele Trompetensolos hören
    sich echt knorke auf dem SAX an...;)

    Bin auf die Idee das erste mal drüber gestolpert, als ich den Vlog von Fabrzio entdeckt hab...;)



    Cooler Vlog..., cooler Typ...;) Und über Phrasierung würd Ick mir immer Gedanken machen...
     
  9. sanne83

    sanne83 Ist fast schon zuhause hier

    Zu meinem Ausstand hatte ich ja "my way" gespielt. Eigentlich waren das auch Trompetennoten. Mittlerweile habe ich auch Noten für Saxophon von dem Lied, aber die gefallen mir gar nicht so.

    Hatte ich damals auch im critizisme me eingestellt.
     
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  10. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Das geht mir genauso! Trompeter bringen ihre Soli musikalisch mehr auf den Punkt, Saxophonisten neigen mehr zum Technik-Genudel.

    Beides lässt sich auch aus dem verschiedenen Bau der Instrumente erklären. Mit der Trompete hat man technisch beschränktere Möglichkeiten, mit dem Saxophon kann man schnelle Läufe leicht herunternudeln, was dazu verführen kann, mehr unnützes musikalisches Material in den Raum zu werfen.

    Viele Saxophonisten sollten sich ein Beispiel an Miles Davis nehmen, meine Meinung.:cool:
     
  11. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Noch mal zur Phrasierung. Gut eingestellte Holzblasinstrumente und synchrone Finger brillieren durch ihr geschmeidiges Legato, deshalb ist vieles was wir spielen letztlich Legato mit Akzenten, Dämpfungen unf Geräuschen. Bei der Trompete muss bei Linien ständig mit dem Mund der Oberton gewechselt werden. Ich (als Nicht-Trompeter) könnte mir vorstellen, dass das bei schnellen Linien präzisiert geht, wenn eine kleine Artikulation vorausgeht. Und so klingt für mich Blech auch, als hätte fast jede Note eine kleine Attack, ob sie nun wirklich eine hat oder nicht.
     
  12. ppue

    ppue Mod Experte

    Abgesehen von den verschiedenen Überblasmodi ist das erklärlich: Sobald eine andere Ventilkombination gedrückt wird, schwingt ein völlig anderer Teil der Trompete. Die Welle nimmt einen anderen Weg und muss sich in diesem erst etablieren.

    Beim Saxophon bleibt die schwingende Säule beim Tonwechsel erhalten und muss nicht völlig neue Wege finden. So kann man auch den einen Ton mit halb geöffneten Klappen zum nächsten "ziehen".
    Das geht bei der Trompete anders. Auch hier kann man ein Ventil nur halb drücken, der Ton fängt dann aber stark an zu rauschen, wird diffus. Ein schöner Effekt, den Lester Bowie gerne gebraucht hat. Stabil ploppt der Ton aber erst dann auf, wenn er weiß, durch welches Röhrchen er nun genau soll.
     
  13. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Es ist auf der Trompete offenbar viel schwieriger, flüssige Linien zu spielen, bzw. zu improvisieren als auf dem Saxophon.

    Daher, und weil der Ton deutlich prägnanter erstrahlt, verlegen sich viele Trompetenspieler eher auf das rhythmische Spiel mit kräftiger Phrasierung.

    Das ist auf dem Saxophon genau so schwierig nach zu machen, wie es auf der Trompete schwierig ist, typische Saxophonlinien zu spielen.

    Sind halt vom Charakter her unterschiedliche Instrumente.

    Gruß,
    Otfried
     
  14. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @giuseppe und @Otfried

    Wisst ihr das konkret, also spielt ihr selbst trompete, flügelhorn oder cornet, oder sind das Vermutungen?
    Meine bescheidende Erfahrung mit trompete und cornet sind da etwas anders. Zumindest, wenn es keine drehventile sind, lässt sich auch mit blech legato spielen. Den wechsel der naturtöne finde ich nicht so schwer, auch legato, sofern es benachbarte naturtöne sind. Große Sprünge kann ich jedenfalls nicht legato (noch nicht?)
     
  15. ufosax

    ufosax Ist fast schon zuhause hier

    Ich war lange Zeit der Meinung, dass die Trompete als Instrument und damit auch die Trompeter generell eine geringere Bandbreite hinsichtlich Ton, aber auch Artikulation aufweisen (beide hängt ohnehin irgendwie zusammen). Mit anderen Worten: Für mich als Saxophonisten klingen die Trompeter alle gleich und ich habe das immer auf das Instrument geschoben.

    Die Wahrheit ist aber wohl, dass man mit seinem eigenen Instrument und den diesbezüglichen Vorbildern einfach mehr Zeit verbringt. Wenn man sich der Sache dann ein bisschen mehr und vor allem länger widmet und sich dann auch mal eine grössere Bandbreite an Trompetern anhört, dann fallen da dann doch auch irgendwann grössere Unterschiede bei der Artikulation innerhalb der Gruppe der Trompeter auf.

    Dabei ist wohl einiges im jeweiligen Musikstil begründet. Ich finde z.B. dass Dizzy Gillespie und Charlie Parker insofern sehr ähnlich artikulieren, als dass sie Sachen wie Akzente und Ghosten oft über die Luft (Airstream) machen und eher sparsam mit der Zuge umgehen. Das dürfte auch den typischen BeBop lines und dem hohen Durchschnittstempo geschuldet sein. Genauso finde ich, dass Clifford Brown und Sonny Rollins weniger von einer strengen Legatoartikulation besessen sind als viele ihrer Zeitgenossen, sondern gerne die Zunge auch mal deutlicher zum Einsatz bringen. Es ist vielleicht auch kein Zufall, dass viele Saxophonisten und Trompeter, die ähnliche Konzepte bei der Artikulation verfolgen auch mal einige Zeit zusammen gespielt haben.

    Inwieweit bestimmte Eigenheiten vom Instrument beeinflusst werden, kann ich kaum beurteilen, da ich selbst nicht Trompete spiele. Ich habe mir aber zufällig gestern Abend folgendes YouTube Video angesehen, in dem ein Trompeter mal auf Artikulationen verschiedener Trompeten Legenden näher eingeht und es scheint, dass es da doch typische Auslöser für einige Eigenheiten in der Artikulation gibt, die beim Saxophon so wahrscheinlich nicht auftreten und damit vielleicht schon auf das Instrument zurückgehen, die Erklärungen zu Louis Armstrongs Phrasierung deuten für mich z.B. in diese Richtung (los geht es so richtig zu unserem Thema bei ca. Minute 39:15):



    Für alle, deren Englisch nicht gut genug ist: man kann sich die YouTube Untertitel automatisch übersetzen lassen und das klappt zumindest insoweit ganz ordentlich als dass man jedenfalls den Sinn versteht, auch wenn mal das ein oder andere Wort etwas schief rüberkommt.

    Für alle, die eine Berufskariere im Jazz anstreben: lernt Englisch.
     
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  16. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Ich habe lange mit Trompetern zusammen gespielt und mich natürlich auch mit Ihnen ausgetauscht.

    Ich habe ja auch nicht von Unmöglichkeiten geschrieben sondern von Schwierigkeitsgraden.

    Gruß,
    Otfried
     
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  17. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ist alles in meinem Post selbst beantwortet. Hinzufügen kann ich nur, dass ein Legato auf Blech für meine Ohren nie an die Glattheit hinkommt, die auf Holz möglich ist. Und die genannten Gründe, auch von @ppue , fand ich durchaus plausibel für das was ich höre. Das mag alles falsch sein, nur dass auf der Trompete genauso ein Legato möglich ist, wie auf der Klarinette, nehmen dir meine Ohren nicht ab.


    Das dachte ich auch lange. Zumindest bei Parker höre und sehe ich das mittlerweile anders. Habe da viel auch half-time gehört, um die Artikulationen zu verstehen. Meines Erachtens ist das bei Parker sehr viel Zunge, aber eben sehr behutsam und nicht nur gestoßen sondern viel ghosting und release. Hab das ja in einem einem andern Thread geschrieben und bin bislang den Beweis schuldig geblieben, hab aber grad zu wenig Zeit. Vielleicht kann ich mal ein paar Beispiele nachliefern.
     
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  18. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Allgemein wird in der alten Saxophonschule die Zunge sehr nuanciert benutzt.
    Im Hard Bop hingegen wird teilweise wie mit einem Maschinengewehr jeder einzelne Ton angestoßen, das ist eine ganz andere Ästhetik.
     
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  19. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Naja - bei Dexter G. klingt das ziemlich gelassen, häufig ja auch mit deutlichem laid back verbunden, also eher Maschinengewehr mit Ladehemmung und Schalldämpfer ;-).
     
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  20. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Dexter ist für mich allerdings nicht in der beschriebenen Kategorie von Spielern. Er hat ja auch einen sehr starken Einfluss von Young
     
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