Über wen oder was seit ihr zum Jazz gekommen?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gast, 8.Oktober.2009.

  1. Schepperer

    Schepperer Ist fast schon zuhause hier

    Servus,

    bei mir waren es ein Radiosender. Ich weiß nicht mehr welcher. Ich war ungefähr elf oder zwölf Jahre alt und hatte ein Zimmer im Dachboden. Ich bin immer gerne recht früh "ins Bett", damit ich oben noch in aller Ruhe und bei Dunkelheit mit einem alten Radiokasettenrekorder Jazz hören konnte. Es waren uralte Schellackaufnahmen, die der Sender da gespielt hatte, Abend für Abend. Ja!, jetzt weiß ich es auch wieder, die Reihe hieß nämlich auch "Schellack-Souvenirs". Ich hatte seinerzeit ich weiß nicht wie viele Kasetten mit den Aufnahmen voll gespielt, um sie dann auch immer wieder anzuhören. Das war eine schöne Zeit.., ich fand mich tierisch cool. Meine Klassenkameraden fanden mich, der ich Klarinette gespielt habe, überhaupt nicht cool.
    Freilich habe ich dann auch irgendwann das gehört, was man üblicherweise altersgemäß hört, aber ich erinnere mich immer wieder gerne an meine "Schellackjahre" im Dachboden meiner Eltern.
    Seitdem hat mich der Jazz nie ganz losgelassen, auch wenn ich mich später viel mehr mit Rock- und anderen schrägen Mixturen beschäftigt habe. Die richtige Beschäftigung mit dem Thema, d.h. ein ernsthaftes Herantasten, kommt erst jetzt, jenseits der Vierzig in Gang. Schade, dass ich die ganzen alten Kasetten nicht mehr habe.

    Grüße, Franz
     
  2. tbeck

    tbeck Strebt nach Höherem

    @roland

    Ja Louis Sclavis ist schon klasse, ich habe so ziemlich alle Cds von ihm, Live habe ich ihn leider auch noch nicht erlebt.

    gruss
    Thomas
     
  3. Gast

    Gast Guest

    Also, ich musste lange nachdenken, wie ich zum Jazz gekommen bin. Es ist ja schon so lange her. Ähnlich lange wie bei correze.

    Bei mir waren es meine Mutter und meine 6 Jahre ältere Schwester. Die hörten mit unserem neuen Plattenspieler dauernd Klassik. Und das ging mir wahnsinnig auf den Zeiger. Und ich dachte, da muss es doch noch was anderes geben (verfrühte Midlife-Krise?:)? Dann bekam ich irgenwann ein eigenes Radio, ein Freund wollte Banjo lernen, ich hörte Chris Barber, ein Freund wollte Trompete lernen, ich Klarinette, ich bekam die Schallplatten von Benny Goodmann Carnegie Hall Concert 1938 geliehen

    http://www.youtube.com/watch?v=dbzXS49937A

    und sah und hörte die Dutch Swing College Band

    http://www.youtube.com/watch?v=zJCWJvmNRs4&feature=PlayList&p=210135FFB5B75D58&playnext=1&playnext_from=PL&index=21

    Das war ungefähr zu dieser Zeit (1960). Die Band war lange meine Lieblingsband.

    Mit Klarinette fing ich an... hörte aber leider nach kurzer Zeit wieder auf.

    Seitdem liebe ich Jazz; okay mein Musikgeschmack hat sich gewandelt. Aber ich habe viele Life erlebt, später dann auch in unserem Hannoverschen Jazzclub, dem ich auch verbunden bin

    http://www.jazz-club.de/

    Und so kann ich sagen, man kann mehrere Lieben im Leben haben:)


    Liebe Grüße,

    Joe
     
  4. Gast

    Gast Guest

    Habt Dank für eure Erinnerungen.
    Sie lesen sich sehr spannend und sehr aufrichtig - schliesslich will ich mich für eure ehrlichen Beiträge auch sehr bedanken.
    Ja, ihr schreibt vom Zugang durch die Liebe vor 45 Jahren, und der Liebe überhaupt, ihr schreibt von der Mutter und der Schwester, die dauernd Musik hörten, ihr schreibt von den Freunden, die anfingen Instrumente zu lernen, ihr schreibt von der Pubertät in der nach vielem gesucht wird und immer ist es anders, von der dunklen Dachkammer in der der Jazz lebte, von Radiosendern die euch anregten. Dass, hat mich sehr beeindruckt. Aber auch eure musikalischen Zugänge sind sehr interessant: Allman Brothers, John Mayall, von Ravel und Debussy zum FreeJazz, Emerson, Lake & Palmer (hast du auch die "The Nice" gehört?), Hamit Bluiett (Kennst du auch Hamit Bluietts clarinet family?)Louis Sclavis, Miles Davis´ Bitches Brew, Coleman Hawkins, King Curtis (Memphis soul stew)...
    Ich sah Hendrix mit 16 in Strasbourg und ich wusste sofort, dass, ist ein Aufbruch.

    vielen, vielen Dank! Room to move (wenn du erlaubst, packe ich das in die Signatur)

    Ich bleibe unter euch
    Pépinot
     
  5. coolie

    coolie Strebt nach Höherem

    Es war bei mir so um 1969 herum. Ich hörte Ella Fitzgerald mit der Chick Webb Band im Radio - und der Swing hat mich umgehauen!
    Es gab in meiner Klasse ein paar Mitschüler, die auch zum Jazz gefunden hatten. Wir tauschten uns (LPs) dann aus über unsere Neuentdeckungen... Und dann bekamen wir Miles Davis' "Kind of Blue" in die Finger - der Hammer. Weather Report, Keith Jarrett, Dave Brubeck erweiterten das Spektrum. Na ja, wenn man so tief drin steckt, kommt man (im Normalfall) nicht mehr davon los. Parallel zum Jazz hat mich aber immer auch gute Rockmusik (Family, the Nice...)angesprochen - und die Klassik auch.
    So war das bei mir.

    LG - Uli
     
  6. TootSweet

    TootSweet Ist fast schon zuhause hier

    An meinem 17. Geburtstag, vor rund 5'000 Jahren, hat das Mingus-Quintett mit Eric Dolphy bei uns in der Stadt gespielt. Ich habe mir das angehört und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

    Ein paar Tage später ging ich an eine Probe der Stadtmusik (=Blasmusik) und bekam da eine Bassklarinette ausgeliehen.
     
  7. Gast

    Gast Guest

    Hui, Eric Dolphy. Ja, das ist auch einer meiner Favoriten!

    Ich verstehe, ihr seid alle selbst aufgebrochen! Gut, dass ihr Anregungen gefunden habt.

    Es fällt aber auch auf, dass die Frauen unter euch Foristen eher die Beziehung betonen [entweder zu einem Menschen, zu einem Jazzclub oder zum Instrument]

    @coresse: die Bach-Suiten [ich kenne sie von Pieter Wispelwey (Cello) sind auch meine Favoriten

    Es macht Spass mit euch. Danke

    Viele Grüsse
    Pépinot
     
  8. EdithM

    EdithM Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Pepinot (von den Choristen?),

    hast Du die Bachschen Cellosuiten schon einmal von Jo-Jo Ma gehört?

    Gruß
    Edith
     
  9. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Mit 9 oder 10 Jahren haben mir die alten Slapstick Filme gefallen: Dick und Doof, Keystone Cops, Buster Keaton etc. Vor allem war ich von der synkopierten Musik fasziniert, die den Filmen unterlegt war. Mit 12 habe ich dann endlich meine erste Jazz LP zum Geburtstag bekommen: ein Sampler mit Musik von den 20igern bis 1945: Sidney Bechet, Fats Waller, Lionel Hampton, Louis Armstrong, Benny Goodman, Duke Ellington, Count Basie, Dizzy Gillespie.....Von da an gabs kein Halten mehr, ich habe mir alles reingezogen, was ich im Radio oder auch sonst kriegen konnte. Mit 16 (1972) habe ich dann das erste mal Jan Garbarek mit Band live erlebt - das war unglaublich.
    Seit dem höre ich Jazz.

    Da ich mit 5 Jahren angefangen habe zu trommeln und mit 9 dann mit der Klarinette, habe ich dann versucht, das was ich gehört habe auch nach zu spielen - leider bis heute mit nur mässigem Erfolg...
     
  10. HeinTS

    HeinTS Schaut öfter mal vorbei

    Hallo,

    die Ausgangsfrage traf auch mich "mitten ins Herz" meiner ungelösten Pubertätsprobleme - super Threat!
    Schon als Kind wollte ich Klavier lernen - auch mein Vater hatte als Kind Klavier und später (Kirchen)-Orgel gespielt. Doch wir hatten kein Klavier. Dann kam ich 1966 aufs Gymnasium (Theodor-Heuss-G. in Dinslaken). Ich sang als Sextaner im Schulchor - daneben gab es ein "symphonisches" Schulorchester, einen Studienrat, der nur Musik unterrichten durfte (er hatte auch noch Deutsch und Erdkunde studiert, doch um diese Fächer zu unterrichten, gab es genug andere unmusikalische Lehrer auf dieser Schule) - und das Gymnasium hatte schuleigene Instrumente. Eine Violine wurde gerade wegen Kauf eines eigenen Instrumentes, Schulabgang oder unzureichendem Talent frei - der Studienrat ging während der Schulchorprobe durch die Reihen, um zu hören, wer halbwegs singen konnte. Er sagte mir, dass ich mich nach der Probe bei ihm melden sollte, drückte mir dann die Geige nebst Telefonnummer und Adresse vom Geigenlehrer in die Hand. Meine Eltern: "Wenn der Herr Sudienrat das meint, dann müssen wir halt den Geigenunterricht bezahlen." So einfach ging das damals. Ein Jahr später saß ich in der "dritten Geige" (bis zum Abi konnte ich mich immerhin bis zum "Konzertmeister" 1. Geige hocharbeiten).
    Vor lauter Arroganz als Telemann- undVivaldi-Spieler habe ich damals echt den Anschluss an die Musik meiner Klassen-Kollegen verpasst. Beatles & Co wurden von mir belächelt und gingen spurlos an mir vorrüber. Noch heute bin ich dabei, dieses Versäumnis durch exzessives "Rock-Palast-Gucken" aufzuarbeiten
    Sehr bald erfuhr ich, dass der genannte Studienrat (für evtl. Dinslakener Leser: Herbert "Peppy" Kirchhefer, Ur-Berliner - Gott hab ihn selig), nicht nur Kantor der evangelischen Kirchengemeinde in Dinslaken war, sondern zuvor im im Nachkriegs-Berlin in seiner Jazzgruppe "Peppy and his Syncopeters" wirkte. In seinem Musikunterricht hörten wir Bach, Beethoven, Wagner und Schönberg - doch legendär wurde es beim Thema "Jazz" - er kam aus dem Dixie, lehrte uns Dixie - und Bebop: Beim Anhören von Charly Parker schüttelten wir als "klassische Violinisten" damals nur den Kopf - "zu schräg".
    Unvergessen der von Kirchhefer organisierte Besuch eines Konzertes auf der Dinslakener Trabrennbahn mit Ben Webster - wir verstanden wieder nichts - Peppy hatte Tränen in den Augen.
    Dann kamen die wilden 70er. Die Schulkonzerte bestanden fortan aus einem 1. Teil (Sextanerchor, Volkslieder, Bach, Bartok, Hindemith etc.) und einem 2. Teil: Dixie und Swing, bearbeitet von Peppy für "symphonisches Schulorchester" mit Chor plus Drums and Sax. - Ich musste als "Konzertmeister" Standards wie "Ain't she sweet" oder "On the sunny side of street" als Stehgeiger zum Besten geben - obwohl noch keine Ahnung vom Jazz. Bald gründeten aber einige Schulfreunde eine Dixie-Band - Klarinette, Trompete, Sax, Banjo, Drums - und ich Akkorde-hämmernd am Klavier. Bei privaten Treffen hörten wir beim Alkohol DutchSwingCollege-Goodman-Basie-Ellington-LP's ... und gaaanz langsam wurde ich vom reinen "Klassikersein" erlöst.
    Dann lange nichts (siehe mein Account) - dann begeisternde Besuche von Jazz-Abenden mit unbekannten, aber guten Leuten bei uns in der Provinz Kleve - bis ich von meinen Kindern erfuhr, dass man in der "Bucht" alles günstig gebraucht bekommen kann - also Saxe geangelt (ein neues zu kaufen, wäre mir nie in den Sinn gekommen), Autodidakt, Unterricht, und jetzt mehrere CD-Meter mit allem, was jazzt -

    jetzt ist genug - sorry, für einen kürzeren Beitrag hatte ich keine Zeit (frei nach Goethe)

    Gruß
    HeinTS
     
  11. Gast

    Gast Guest

    Hej Edith

    In der Tat, ich mag auch Chöre. Ich entdeckte sie wieder, als ich mich damit beschäftigte wie obertonreich mein Saxophon ist. Les choristes hat in Frankreich dazu geführt, dass v.a. junge Leute zu 1.000senden in Chören singen wollten. Dass, hat mir gefallen! Mein Name hat aber damit nichts zu tun.

    Ja, ich hörte JojoMa´s Cellosuiten. Tatsächlich finde ich sie von genanntem Niederländer allerdings am Besten. Pardon.

    Aber lass´ uns bitte nicht vom Thema abkommen. ;-)

    VG
    Pépinot
     
  12. Gast

    Gast Guest

    Oh, @Hein TS

    Das "tönt" (wie die Schweizer sagen) jetzt wirklich nach Pépinot. Ein Freund von mir sagte: der Mensch hat 3 Chancen.
    1. In den frühen Kindheitsphasen (Ob das eine Chance ist, hängt aber davon ab in welche Klasse ein Kind hineingeboren wurde; was bedeutet: wieviel Geist hatten die Eltern/ Lehrer etc. ein Kind zu verstehen)
    2. Die Pubertät (sie gelingt nur, wenn die Kindheitsphasen gelungen sind)
    3. Die erwachsen Beziehungen (in denen alles noch einmal "neu" verstanden werden kann) ... und hier befinden wir uns!!!

    Bin jetzt verabredet
    Bonne nuit
     
  13. Gast

    Gast Guest

    Liebe Foristinnen und Foristen

    [wie es sich in dem gerade geschlossenen Thread zeigte, ist es nicht ganz leicht in einer Gemeinde von fast 5.000 Menschen immer das Richtige zu machen und zu finden]

    Hab ich euch erschrocken mit meiner Art der Zusammenfassung od. ist das Thema schon erschöpft?

    Es ist natürlich hochspannend mit so vielen Menschen virtuell im Kontakt zu sein, die alle das gleiche Instrument lieben und auf die unterschiedlichste Weise etwas damit anzufangen wissen. Mich, interresieren eure Zugänge zum Jazz od. was immer es ist weiterhin.

    VG Pépinot
     
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