Unterhaltungsmusik / Hintergrundmusik: Eure Erfahrungen ?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Florentin, 28.August.2010.

  1. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Ich spiele seit kürzerer Zeit in einer kleinen Combo (rein instrumental). Bisher sind wir bei kleineren Events (bis zu 100 Besucher, Weinfest - Firmenjubiläum - Tag der offenen Tür usw.) engagiert worden. Wo also die Musik nur einen angenehmen und entspannten Rahmen bieten soll. Also auch keine Tanzmusik.

    Mich würden Erfahrungen von allen interessieren, die so etwas auch machen.

    Einige meiner ersten Eindrücke:

    - Den allermeisten Leuten ist die Musik wirklich schnurzegal. Sie lassen sich berieseln wie aus dem Radio. So lange sie sich noch unterhalten können, sind sie zufrieden.

    - Auch die Veranstalter. Sagten öfter, dass es ihnen gefällt. Könnten aber sicher keine Stücke nennen, die wir gespielt haben. Die haben ganz anderes im Kopf in dem Moment.

    - Bei solchen Gelegenheiten gibt es kaum Applaus. Ist eben kein Konzert. Hier spielt man für die Gage des Veranstalters, nicht für die Begeisterung des Publikums.

    - Wenn es mal Applaus gibt, hat das kaum etwas zu tun mit der Qualität der Darbietung (schönes Stück, gut gespielt). Der Applaus bedeutet eher: danke, dieses Stück habe ich erkannt.

    - Hat man erst mal akzeptiert, dass die meisten eh nicht hinhören: dann kann man doch lieber Stücke spielen, die einem selbst gefallen ?!


    Könnt Ihr etwas dazu sagen:

    Wie wählt Ihr dafür das Programm aus ?

    Sprecht Ihr dazu viel / wenig / gar nicht (kann man durch Ansagen das Publikum mehr ansprechen) ?

    Wie haltet Ihr's mit Gesang ?

    Wäre auch sehr interessant, wenn Ihr etwas über Tarife verraten könntet.

    Wir (Amateure, keine Grossstadt, aber auch keine arme Gegend) haben uns als Standard-Tarif gesetzt: 200 Euro für die erste Stunde, jede weitere Stunde + 100 Euro. Inklusive Fahrtzeiten und eigene PA. Aus dem Repertoire können wir bis zu 4 - 5 Stunden locker abdecken. Leider gelingt es uns nicht immer, diesen Tarif durchzusetzen (hauptsächlich, weil Bandmitglieder auf Sonderkonditionen für Familie / Freunde / Bekannte / "strategische Auftraggeber" bestehen ...)

    Vielen Dank !
     
  2. Rick

    Rick Experte

    Hallo Florentin!

    Völlig normal. Daran gewöhnt man sich.
    Das ist kein Konzert, sondern eine Dienstleistung.

    Ich liebe es, bei solchen Gelegenheiten einfach mal ein Real Book aufzuschlagen und dann gemeinsam zu schauen, welche Titel man erst wenig oder noch gar nicht gespielt hat. Das übt ungemein, ist spannend und abwechslungsreich!
    Auch sehr beliebt: Ein einfaches Lied (z. B. "Mackie Messer") wird bei jedem Durchgang einen halben Ton höher transponiert, jeder Solist improvisiert einmal alle 12 Tonarten durch. :-D

    Es kommt darauf an, um was für eine Veranstaltung es sich handelt.
    Bei einem Stadtfest oder so sollten schon bekanntere bzw. attraktivere Nummern ausgewählt werden, da darf auch etwas "Conférence" stattfinden, gerade musikalische Laien lieben Gesang, damit können sie mehr anfangen als mit instrumentalem "Gedudel", das sie oft einfach nicht verstehen.

    Bei reiner Hintergrund-Musik im kleineren Rahmen (Empfang, Party, Brunch usw.) fährt man am besten ohne Gesang, ohne Ansagen und überhaupt möglichst unauffällig.
    Da ist man wirklich nur für die Atmosphäre zuständig, wie ein akustisches Duftspray. ;-)

    Siehe oben.
    Ansagen wecken Aufmerksamkeit, sind also etwa bei Konzerten extrem wichtig. Auch bei Tanzveranstaltungen gehören sie dazu, finde ich.
    Doch je mehr die Musik für den Hintergrund vorgesehen ist, desto mehr sollte man darauf verzichten.

    Bewährt hat sich die Sitte, vielleicht zu Anfang und/oder Schluss das Ensemble vorzustellen, sich beim Veranstalter zu bedanken und dem Publikum zu erklären, dass man nur zur Untermalung spielt und den Anwesenden eine angenehme Zeit wünscht.
    Das entfernt Barrieren und nimmt den Leuten das schlechte Gewissen, weil sie sich unterhalten und nicht zuhören und applaudieren.

    Wenn jemand zwischendurch klatscht, kann man sich gern dafür bedanken. Falsch wäre es jedoch, nun anzunehmen, eine Show reißen zu müssen. Das nervt schlimmstenfalls und wird dem Anlass eher nicht gerecht. :roll:

    Nicht verramschen!
    Eine gebuchte Dienstleistung ist kein Konzert, wo Ihr Euch selbst präsentieren dürft.
    Die Regel ist: Je mehr man das spielt, worauf man Lust hat, desto weniger Geld bekommt man dafür; doch wenn man den Leuten etwas bietet, was SIE wollen, sollte und darf man sich dafür auch anständig bezahlen lassen. :cool:

    Gut, so ein Stadtfest ist da möglicherweise eine Ausnahme, genau wie Fernsehauftritte; da bekommt man die Chance einer großen Öffentlichkeit und muss oft im Gegenzug auf angemessene Gage verzichten. :-(

    Aber bei Privat- oder Firmenfeiern ist das etwas ganz anderes!

    Pro Kopf oder für die ganze Band?
    Im ersten Fall wäre es ganz stattlich, im zweiten Fall recht mager.
    Wie viele seid Ihr denn?


    Schöne Grüße, viel Spaß und Erfolg weiterhin!
    Rick
     
  3. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Der ist gut. Den muss ich mir merken!
    Ich hoffe, da ist kein copyright drauf ;-)

    Gruß aus dem Schwarzwald
    Bernd
     
  4. bwing

    bwing Kann einfach nicht wegbleiben

    Ich mag kein Duftspray, weder akustisch noch olfaktorisch.
     
  5. Rick

    Rick Experte

    Hallo Bernd,

    darfst Du gerne verwenden; aber Bernhards Reaktion zeigt mir, dass der Ausdruck vielleicht nicht ganz glücklich gewählt ist. :roll:

    -------------------------------------------

    Hallo Bernhard,

    dann drücken wir es eben anders aus, wie wäre es damit: Ein angenehmer Duft, der durch den Raum schwebt.

    Ich mag so etwas auch als Konsument recht gern, zum Beispiel in Hotelbars oder beim romantischen Abendessen mit Kerzenschein.
    Ich höre dann aber auch zu und bin meistens derjenige, der dem Bar-Pianisten applaudiert. ;-)

    Was mir als Musiker am wenigsten gefällt, ist das steife Ambiente von Konzertsälen. Da gehört zumindest Jazz meiner Ansicht nach auch nicht wirklich hin.

    Schon zu seinen Anfängen im Unterhaltungsviertel Storyville von New Orleans war Jazz doch auch eine Art Hintergrundmusik.
    So eine entspannte Atmosphäre gibt es heute vorwiegend in Jazzclubs, wo man zuhört, sich aber auch mal unterhalten darf, dazu etwas trinkt und irgendwie mit Musikern und den anderen Gästen in einer Art Kommunikation steht.

    Was ich hingegen gar nicht leiden kann, sind Leute, die sich bei Hintergrundmusik direkt vor die Band stellen, womöglich noch mit dem Rücken zu den Musikern, und dann lauthals miteinander reden.
    Etwas Respekt sollte schon vorhanden sein, Live-Musik ist eben doch kein Radio oder mp3-Player! :evil:

    Findet Du es denn nicht schön, einen Saal zu betreten, alle sind festlich gekleidet, es herrscht eine heitere Stimmung, und im Hintergrund swingt eine gute Band leise entspannt vor sich hin?

    Ich habe es jetzt schon öfter erlebt, dass man für den Tanz einen DJ verpflichtet, doch zu Empfängen und Abendessen ein niveauvolles kleines Jazz-Ensemble engagiert, und muss zugeben, dass es mir als Musiker so herum angenehmer ist als umgekehrt. :-D

    Tanzmusik kann nämlich ganz schön stressig werden, wenn die eine Fraktion des Publikums Standardtänze liebt, die andere lieber pausenlos Disco-Fox schwoft und die nächste um alte deutsche Schlager bettelt...
    Bei Hintergrundmusik sind meistens alle glücklich und freuen sich (wenn man unaufdringlich genug spielt). :)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  6. bwing

    bwing Kann einfach nicht wegbleiben

    Es gibt wenige Szenarien wo mich Hintergrundmusik nicht stört. In der Hotelbar oder beim romantischen Abendessen passt sie dazu wenn die Qualität stimmt und wenn die Akustik stimmt, wenn ich mich ohne zu schreien mit meinem gegenüber unterhalten und trotzdem die Musik bewusst genießen kann.
    Aber wenn der Wirt im Restaurant 'ne Platte auflegt um den Lärmpegel zu erhöhen, dann hätte er das lieber bleiben lassen sollen. Ebenso ist es mit dem Alleinunterhalter beim Weinfest. Ich gehe dann lieber dorthin wo keiner lärmt.
     
  7. rbur

    rbur Mod

    Wenn du schreien musst, ist es ja auch keine Hintergrundmusik mehr.
     
  8. CBlues

    CBlues Strebt nach Höherem

    Was wäre der Untergang der Titanic ohne Hintergrundmusik
    gewesen ? :-o

    Die andere Fraktion gibt es alledings auch zuhauf...
    Nämlich die, die sich bei nem Gig in einem Club dermaßen laut unterhalten, das man am liebsten mit einem Knüppel draufhauen möcht.
    Was treibt Leute zu einem Auftritt einer Jazz-Band um dann lauthals über irgeneinen Blödsinn zu Quatschen ? :-x

    Live erlebt in KA,
    Lothar
     
  9. rbur

    rbur Mod

    Naja, vielleicht war es ja Dixieland-Jazz?
    Ich hab manchmal den Eindruck, dass man bei Dixie grundsätzlich laut reden muss. :roll:
     
  10. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Das unterschreibe ich jetzt mal so zu 100 % als langjähriger Tanzmucker.

    Eine Tanzband ist nur gut und wird auch dann gut bezahlt, wenn sie die Sääle / Festzelte füllt, den Umsatz des Veranstalters hebt, sehr sehr vielseitig ist und die meisten Genres behersscht quer durch den Geschmacks-Gemüsegarten des normal-musikalischen Fußvolkes.
    Das dabei erheblicher Stress aufkommt,je größer die Veranstaltung und Gage ausfällt, ist dem Hobby jedoch sehr abträglich und auch einer der Gründe warum unsere 7-Mann Tanz & Showband (rein als amateure neben dem fulltimejob her) nach jahrelangem Rumreisen in halb Deutschland und im benachbarten Ausland (fast jedes WE) irgendwann dann bedingt durch immer weniger Spaßfaktor auseinanderbröckelte.

    Fazit (meines jedenfals): wenn Musik zum Stress wird, sollte auch richtig Kohle fliesen oder man sollte sich gleich ein anderes Hobby suchen.

    Wenn es dagegen richtig Spass macht, ist mir die Gage total nebensächlich....da langt schon das freie Getränk und ein Vesper.

    Aus einiger Erfahrung sprechender Schwarzwälder grüßt.

    Wuffy
     
  11. Rick

    Rick Experte

    Hallo Bernhard,

    da bin ich freilich ganz bei Dir!

    Es gibt viele Gelegenheiten,wo mich Musik stört, vor allem aufgrund der Lautstärke sowie jeweiligen Richtung.
    Beim Essen mag ich ruhige, von mir aus etwas plätschernde Musik, aber keine für die Disco produzierten Chart-Hits aus der Konserve, da tanzt mein Verdauungssystem Pogo! :-o

    Alleinunterhalter haben gewiss ihr Klientel, doch dazu gehöre ich normalerweise nicht. Außer, es handelt sich um einen exzellenten Musiker mit guter Stimme und für mich interessantem Repertoire, doch die sind natürlich eher selten. :-(


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  12. Roman_Albert

    Roman_Albert Ist fast schon zuhause hier

    Ich mags ganz gerne, wenn Jazz als Hintergrundbeschallung life dargeboten wird.

    Natürlich müsen entweder die Räumlichkeiten angemessen sein oder die Musiker professionell genug, um auch in Hintergrundlautstärke zu spielen.

    Mir persönlich wäre es bei Gigs mit der Jazzband oft sehr recht, die Zuhörer würden sich unterhalten und dann gerade mal am Ende der Stücke kurz applaudieren, wenns ihnen denn gefallen hat, statt konzentriert auf uns zu schauen und jedes im Bestfall mittelmässige Solo zu beklatschen.

    Find ich persönlich unnötig: Die wenigsten Amateure (und ich schon gar nicht) sind so gut oder originell, dass Vollzeit-Aufmerksamkeit beim 100sten Vortrag von Standards erforderlich wäre.

    Die "gängigen" Titel im Realbook taugen für mich eher als Begleitmaterial fürs zusammensitzen, reden, essen oder trinken. Oder eben als Übungsmaterial für Sessions und Workshops.

    Das sind m.E. gute und respektable Funktionen, aber für echte Konzerte gehört meines Erachtens schon "etwas eigenes" auf den Teller.
     
  13. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Interessantes Thema.

    Als Agentur organisieren wir auch für unsere Kunden Veranstaltungen, z.B.
    auch mit Abendprogramm. Da ist auch live Hintergrunfmusik gefragt.

    Wenn wir dann Bands suchen, sind folgende Kriterien entscheidend:

    1. Welche Musikrichtung wünscht der Kunde?
    2. Welches Budget steht zur Verfügung? (lieber einen guten Solisten,
    als eine mittelmässige Band.
    3. Die Musiker sollen das spielen was gebrieft wurde. Punkt. Bloss keine
    "kreativen Ergüsse".
    4. Professionel, im Hintergrund, unaufällig, abr gut! Es ist ein Irrtum
    anzunehmen, dass die Gäste, nur wiel sie nicht aktiv zuhören, nich mitbe-
    Kommen, ob Stümper oder Profis am Werk sind.
    5. Und professionelle Musik gehört auch anständig bezahlt!

    So jetzt noch meine "neue" Sichtweise. Ich habe jetzt ja auf dem einen oder anderen Geburtstag von Freunden gespielt. Und ich kann jetzt sehr gut nachempfinden,was Musiker dann empfinden. Man erwarten natürliche ein unmittelbares Feedback.
    Ich hatte bisher per Ansage drei vier Stücke vrgetragen. Da gibtes dann artig Applaus.
    Ich hatte daann aber auch zweimal zur späten Stunde - auf Anfrage - nochmal gespielt. Und da war das dann eher Hintergrundmusik. Zunächst war ich irrietiert, weil alle anfingen sich weiter zu unterhalten. Dann aber habe ich begriffen: die akzeptieren mich jeztz. Für die ist es jetzt normal, dass ich im Hintergrund "dudele". Und das war für mich eine riesen Anerkennung.

    Insofern kann ich Rick nur zustimmen. Diesen musikalischen Duft im Hintergrund zu produzieren ist nichts negatives, sondern trägt erheblich zu einem gelungenen Abend bei.

    LG

    Dreas
     
  14. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Danke für die interessanten Erfahrungen !

    Das mit der akustischen Duftnote finde ich auch sehr treffend ! Wir haben halt noch Schwierigkeiten beim Einschätzen, ob wir den "richtigen" Duft bieten (mangels konkreten Feedbacks). Leider haben die Veranstalter uns bisher auch keine verwertbaren Vorgaben gemacht.

    Wir spielen unterschiedliche Genres, jeweils in Blöcken zu 3 - 4 Stücken. Gershwin, Glenn Miller, Jazz Balladen, Musicals, Beatles, Evergreens, Bacharach, Lateinamerikanisches, langsame Walzer, Walzer. Im Freien etwas lauter und schwungvoller, im kleineren Rahmen Ruhigeres. Das einziges Muster, das sich bisher abzeichnete: die flotten Sambas und Bossa Novas kommen scheinbar sehr gut an. Und wenn die Stücke zu unbekannt sind, gibts ganz wenig Resonanz, da können sie noch so schön sein.

    Das laute Unterhalten von Gästen ganz in unserer Nähe ist für mich noch sehr gewöhnungsbedürftig. Beim ersten Mal, als mir jemand mitten beim Spielen ein Glas Sekt hingehalten hat, hatte ich noch gedacht, die wollen uns veralbern. Aber mittlerweile merke ich, dass sich die Leute wirklich absolut keine Gedanken darüber machen, dass unsereiner sich da ein bisschen konzentrieren muss und weder Hand noch Mund frei hat ...

    Tja, der "Tarif" war natürlich für die ganze "Band". Aber (und jetzt werde ich vielleicht gleich gesteinigt) in diesem Fall haben wir ein Experiment gewagt: wir sind nur zu zweit (Trompete + Sax / Klarinette) mit Playback-Begleitung. Das macht uns halt ziemlich flexibel und wir brauchen nur sehr wenig Platz, was für kleine Events wohl ein Vorteil ist. Bisher gings überraschend gut, wohl die allerwenigsten haben sich gefragt, wo denn die ganze Big Band Begleitung beim Glenn Miller herkommt ...
     
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