Vibrato

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von GelöschtesMitglied11073, 23.Oktober.2020.

  1. GelöschtesMitglied11073

    GelöschtesMitglied11073 Guest

    Ich bin daran interessiert mein Vibrato zu verbessern. Bis jetzt habe ich es mit Lippendruck gemacht,aber ein Profi hat mir gesagt das das mit Zunge senken eigentlich der bessere Weg ist.
    Ist das so,oder ist das egal ?
    Und was sind richtig gute übungen für Vibrato?
    Hatte vor Jahrzehnten mal was von Loundeix,da waren ganz spezielle Übungen drin,leider habe ich das nicht mehr.
    Achja es soll zwischen einem Vibrato im Bereich Pop,Rock und der Klssik einen Unterschied geben,gibt es tatsächlich ein klassisches Vibrato?
    Danke vorab für jede Hilfe
     
  2. Stevie

    Stevie Ist fast schon zuhause hier

    Hi Huuuup,

    ich kenne es tatsächlich nur mittels Lippendruck. Eine andere Variante wäre tatsächlich Zwerchfell-Vibrato wie das Flötisten und Doppelrohrblatt-Spieler machen (also Oboe und Fagott). Das müsste sich grds. auch auf das Sax übertragen lassen. Ich kenne aber niemanden, der das so macht.

    Gibt es einen Unterschied zwischen Vibrato im Bereich Pop, Rock und Klassik? Ich denke weniger in der Art, wie das Vibrato erzeugt wird als im Einsatz des Vibratos. Ich habe ja lange klassisches SaxQuartett gespielt. Da wird - je nach Stück und Stilrichtung unterschiedlich - grds. mit viel Vibrato gespielt. Aber nicht in dem Sinne, dass die Vibrato-Amplitude groß ist, sondern, wenn es passt, auf jedem Ton von Anfang bis Ende ein "kultiviertes", sanftes Vibrato gespielt wird. Da ist es dann eher ein "special effect", wenn eine Passage mal ohne Vibrato gespielt wird, um eine besondere Stimmung zu erzeugen.

    Im Jazz habe ich gelernt, dass Vibrato eher sparsam eingesetzt wird (hängt aber auch von der Stilrichtung ab - ich denke gerade an Sidney Bechet ...). Aber im etwas "moderneren", cooleren Jazz wird wenig Vibrato gespielt, allenfalls am Ende eines langen Tons. In meiner BigBand ist Vibrato komplett "verboten". Und auch die Coaches, mit denen ich so gearbeitet habe, standen Vibrato immer sehr zurückhaltend gegenüber.

    Im Pop-Bereich darf es nach meiner Wahrnehmung auch öfter mal was mehr sein.

    Das mal so als Einstieg in die Debatte.

    So long
    Stevie
     
  3. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Der vibriert eigentlich ganz amtlich (klassisch):


    Ich denk, wenn man das kann, sind stilistisch andere und langsamere nicht mehr schwer...
    Mein erster Lehrer, ebenfalls amtlicher Klassiker, klingt ähnlich, vibriert nur mit dem Voicing. Das finde ich persönlich extrem schwer, vor allem in dem Tempo.
     
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  4. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Auch viel Geschmackssache und individueller Wiedererkennungswert (eigener Sound)
     
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  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Was Harvey Pittel da anspricht, ist eines der wichtigsten Punkte beim Vibrato. Der Spieler darf nicht mehr in dem Stadion sein, dass er "beisst", also den Ton zu sehr am oberen Tonhöhenlimit spielt. Er muss in der Lage sein, auch einen Viertelton tiefer den Ton konstant zu halten. Meist hier als "lockerer Ansatz" umschrieben.
    Kann er dieses "Pitchcenter" gut halten, fängt das Vibrato mit einer leichten Erhöhung des Tones an. Danach fällt der Ton unter das Pitchcenter und kehrt wieder in die Ausgangslage zurück.

    Was bisher nicht erwähnt wurde, ist der Einsatz des Vibrato nur am Ende der Töne. Ich spiele einen Ton meist ganz gerade an und mache ein Vibrato nur gegen Ende des Tones. Manchmal nur ein/zwei Wellen kurz vor dem nächsten Ton oder der nächsten Pause. Das macht den Ton interessant.

    Bei der klassischen deutschen Klarinette war das Vibrato zu meinen Studienzeiten generell verpöhnt. Ich bin der Meinung, ein jeder spiele wie er wolle (-:
     
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  6. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Das ist eigentlich etwas Jazzspezifisches, Terminal Vibrato.


    Pittel spricht von Vibrato als Bestandteil des Saxophonsounds.

    Ein Vergleich Marsalis und Mule :)
    Bei Marsalis ist es die Kirsche auf dem Kuchen, beim Mule verhält es sich ein wenig anders.




    Ich glaube zu verstehen, was er meint.
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 23.Oktober.2020
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  7. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Irgendwo hab ich mal gelesen, dass zu Brahms Zeiten auf der Klarinette kräftig Vibrato angesagt war. Frage mich, warum man dann nicht z.B. das Klarinettenquintett auch mal so spielt, stelle mir das nicht schlecht vor.

    Gut von Pittel finde ich auch den Tipp, sich eher nach oben als nach unten zu orientieren, weil nach unten hin der Klang zu dominant wird und bei einem echt symmetrischen Vibrato der tiefere Pitch mehr wahrgenommen wird.
     
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  8. Rick

    Rick Experte

    Das kommt auf den Stil an, und ist außerdem witzigerweise sehr von der jeweiligen Gesangsmode abhängig:
    In den 1920er, 30er Jahren sehr viel Vibrato, in den 1940ern dezenter, ab den 1950ern verschwindet es allmählich, besonders im "Modern Jazz", da es als antiquiert und kitschig angesehen wird, doch durch Gospel und Soul kommt es dann zumindest im Pop wieder stärker vor.

    Das ist aber ein schwerer Fehler! Je nach Epoche des Arrangements ist ein gutes Vibrato sogar elementar, besonders der Sax-Satz klingt damit warm und "gesanglich".
    Bei Count Basie beispielsweise hat man das im "New Testament" (Besetzungen nach 1951, stärker vom Modern Jazz beeinflusst) sehr gezielt eingesetzt: stärker bei Balladen und entsprechenden Ensemblestellen, ansonsten am Tonende "ausklingend" (das von @Ton Scott erwähnte "Terminal Vibrato"), bei schnelleren Stücken nur noch bei wirklich langen Tönen und speziellen Stellen.

    Ausdrucksvolle Ballade - kräftiges Vibrato:



    Dasselbe Konzert, flotte Nummer - Vibrato nur bei längeren Tönen:



    "Coole" Ballade - dezentes Vibrato:

     
  9. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Passt, beide mit M. :)

    Der Vergleich ist tatsächlich der Wahnsinn. Schön zu sehen, wie sich der pariser Meister in der Klangästhetik der Streicher bewegt dabei aber ganz schön straight forward geht - Branford dagegen filigran, fast zerbrechlich, verloren im Wald. Nicht das, was ich beim Klick erwartet hätte. Wow!
     
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  10. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Tolles Beispiel, schöne Aufnahmen. Phantastisch wie der Dicke so am Klavier sitzt und so tut, als hätte er mit den Jungs nichts zu tun. Hausaufgaben gemacht und volles Vertrauen. Da könnten sich einige band leader ne Scheibe abschneiden. Und dann mit drei Tönen alles zusammenkitten und unverkennbar “signieren”. Vielleicht der größte in dieser Branche ...
     
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  11. jan7

    jan7 Kann einfach nicht wegbleiben

    Moin!

    Ich habe es auch mit Lippendruck gelernt, aber dem Hinweis, dass u.U. Veränderungen im Mundraum reichen können. Da habe ich mich aber nie mit beschäftigt.

    Und dann habe ich mit Metronom, eher gemäßigtes Tempo, Vibrato auf auf Halbe(oben-unten auf zwei Schläge), Viertel (oben-unten auf einen Schlag), Achtel (oben-unten-oben-unten auf einen Schlag), Triolen (o-u-o-u-o-u auf einen Schlag), sechzehntel (…) gespielt. Nicht weil man das später unbedingt genauso macht, sondern um es später kontrolliert einzusetzen. Weil man es UM die richtige Tonhöhe legen soll, nicht nur über oder unter die richtige Tonhöhe (vgl. Beitrag von ppue), ist es natürlich zu Beginn solcher Übungen problematisch, abseits der richtigen Tonhöhe anzufangen. Nicht dass man sich nebenbei sozusagen seine Stimmung versaut. Da hilft es, z.B., vier Viertel vorher einfach den Ton ohne vibrato zu spielen. Das Ganze habe ich über das ganze Register geübt, später gezielt aus den Bereichen des Registers , die sich sehr unterschiedlich verhalten haben, immer ein, zwei Töne rausgenommen und dann sozusagen größere Tonsprünge bei den Übungen vorgenommen. Z.T. war die Übung von einem Spieler, der sowohl Jazz und Klassik gespielt hat und später klassisches Saxophon an einer Hochschule unterrichtet hat, den späteren abrupten Registerwechsel und die Töne auf richtiger Tonhöhe am Anfang habe ich hinzugefügt.

    Ich weiß noch, dass ich am Anfang darauf achten musste, dass ich auf dem Anfang der halben (Viertel, Achtel) ÜBER den Ton komme und das Ganze nicht manchmal umdrehe. Ob es Sinn macht, das auch mal gezielt umzudrehen, weiß ich nicht.

    Wenn man das dann einigermaßen beherrscht, kann man gezielt versuchen, vibrato einzelner Töne von anderen von Platten zu imitieren, bzw. mitzuspielen.

    Ich habe neben der Übung, weil es mir schwergefallen ist, auch gezielt das geübt, was hier einige schon als sozusagen das typische Jazz-Endvibrato beschrieben haben: Ton ohne vibrato anspielen, dann zum Schluss ein vibrato drauflegen. Dabei habe ich gezielt vor allem die beiden Parater variiert: Stärke der Tonhöhenschwankung (vor allem: stärker werden lassen) und Geschwindigkeit des Vibratos und mir Endvibratos angehört, die mir gefallen haben und das über das Register dann geübt.

    Und wenn ich die Nase voll hatte, habe ich meine Lieblingsplatte von Serge Chaloff ganz weit weg gelegt und nur noch Pepper Adams gehört.

    Vielleicht sind das ja ein zwei Übungen, die helfen.

    Gruß von jan
     
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  12. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Kleiner Versuch der Hilfe, Kommentare gerne.

     
  13. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    Ich hab das mal probiert, will bei mir überhaupt nicht klappen. Für mich hätte ich vermutet dass das am ( ich hab’s mit dem ts probiert) kaum vorhandenen Blaswiderstand liegt. Beim Fagott bekomme auch ich als Anfängeramöbe das einigermaßen hin, beim ts gar nicht.
    Auf der Öhlerklarinette für mich ein nononononogo es lebe der dichte warme dunkle glatte marmorne Ton .... wie eine Statue... aber jeder wie es ihm beliebt ....
    LG
    Thomas
     
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  14. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Long way to go ... :cry2:
    Ich beisse immernoch :-D
     
  15. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Aber die Leute glauben alle, Du willst nur spielen.
    :duck:
     
  16. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem

    Richard Mühlfeld hat laut Zeitzeugen mit Vibrato gespielt
     
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  17. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    ja, ich bin aber nicht Richard Mühlfeld.... und ich armer kleiner Lutscher empfinde halt nun mal so :)
    LG
    Thomas

    kein Mühlfeld-Brahms aber :

    das hier



    oder lieber das hier



    mich zieht es zu Letzterem
     
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  18. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem

    @Thomas ich hätte kein Zitat einfügen sollen..........
    Wollte nur sagen, dass die Frage "mit oder ohne Vibrato" bei der Klarinette keine neue ist.
    Ich mag Reginald Kell und B. Goodman, als auch Michalik, Leister und viele andere. Anders gesagt: wenn's passt ist jedes Mittel was das Instrument zum Singen bringt, gut
     
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  19. OnkelSax

    OnkelSax Ist fast schon zuhause hier

  20. Rick

    Rick Experte

    Genau, das ist nach meinem Dafürhalten DAS typische Sax-Vibrato im moderneren Jazz: Geringe Amplitude, eher gegen Ende langer Töne ("Terminal").
    Werde ich gleich mit meiner nächsten Schülerin üben, die arbeitet auch daran. Aber es dauert natürlich seine Zeit, bis man das so gleichmäßig und geschmackvoll hinbekommt. ;)
     
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