Vorzeichen ohne Noten-Entsprechung

Dieses Thema im Forum "Anfänger Forum" wurde erstellt von MonKid, 20.November.2022.

  1. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Weil Dir im Endeffekt (und Du kannst gar nicht früh genug damit anfangen das begreifen zu wollen) klar sein muss, dass Du nicht einfach Tasten drückst, sondern das (vor)hören sollst, was Du spielst, und dann die richtigen Griffe findest.
    Ein H in F-Dur z.B. ist nicht einfach ein H, es ist ein akustisches und körperliches Event :).


    Ein Kollege hat mir mal erzählt, wie er das seinen Schülern versucht begreiflich zu machen: Du siehst an der Tafel das Wort "HAT". Es ist Dir aber klar, dass Du es im Englischunterricht anders als im Deutschunterricht aussprichst.
     
  2. scenarnick

    scenarnick Admin

    Lass mich mit einer "blöden Antwort" beginnen :)
    Solange Du nur "Töne spielen" willst, die da stehen, hilft Dir das gar nicht. Sobald Du anfangen willst "Musik zu machen", hilft Dir das Wissen sehr.

    Ok - nu muss ich die "blöde Antwort" auflösen:

    Die Tonart eines Stückes bestimmt einige "besondere" Töne. Zum Beispiel in Bb Dur natürlich die Dur-Terz (D). Warum ist das wichtig für Dein Spiel? Nun, zum Einen ist die Dur Terz der entscheidende Ton der Reihe, der das Ding erst zu Dur macht im Akkord (im Gegensatz zu Db im Moll Akkord), zum Anderen wird eine Dur Terz auch etwas anders intoniert bei fortgeschrittenen Spielern. Man nimmt sie - je nach Kontext - in der Klassik gerne mal etwas höher um die Strahlkraft zu erhöhen. Das sind aber Dinge, die sich nicht im Notensystem abbilden lassen, sondern sich aus dem harmonischen Kontext ergeben und für den musst Du die Tonart wissen.

    Ebenso kann es wichtig sein zu wissen, ob bestimmte Töne eine "Leit-Funktion" haben können. Ist hier in Deinem Beispiel nicht der Fall. Wird aber gern mal auf der Quarte verwendet (also bei Bb Dur das Eb), das entweder als Grundton der 4. Stufe der Harmonik stehen kann oder als Leitton (Vorhalt) zu einer Auflösung führt (nach D, also der Dur-Terz). Dann hat das Ding im Zusammenhang mit den Akkorden eine besondere Funktion, die man durch Betonung hervorheben kann. Betonung erfolgt nicht nur durch Lautstärke, sondern auch durch Mikro-timing, also ggfs. ganz leichte, fast nicht wahrnehmbare Verzögerung.

    Wenn Du die Übung irgendwann erweitern willst / sollst (kenne das Buch nicht) kann es sein, dass Du gebeten wirst, Zwischentöne zu spielen - also vom D auf das F zu gehen. Welcher passt da? Nur das Eb - und das ist am Anfang der Zeile/Anfang des Stückes verankert.

    P.S.: Ich bin ein Freund davon, in jeder Zeile die Vorzeichen zu haben, wird aber leider nicht immer durchgängig so notiert. Muss man sich dran gewöhnen und die Tonart als "globale Variable" abspeichern, bevor man den ersten Ton spielt

    Dann denk Dir die Vorzeichen (die die Tonart ergeben) als eine #include directive am Anfang einer Source-Datei :) Das Include gibt Dir einen Tonvorrat an, auf den Du Dich (erstmal) beschränkst.
     
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  3. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Wenn das Stück in G-Dur gesetzt ist, spielst Du die G-Dur Tonleiter, also wie C-Dur, nur Fis statt F (ein #). Wenn Du weiter F spielst klingt es falsch.

    CzG

    Dreas
     
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  4. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Naja - wenn der Tonvorrat der gleiche ist

    Bb-Dur: Bb C D Eb F G A
    G-Moll: G A Bb C D Eb

    und sich die Melodie unterschiedlich anhört, hat es etwas mit den in dieser Melodie verwendeten Intervallen zu tun.

    Das sagt noch nicht eindeutig, ob das Stück in Dur oder Moll steht, gibt aber schon mal einen Hinweis.

    Zusätzlich sind betonte oder gehaltene Melodietöne Hinweise auf „harmonische Landepunkte“.
    Wo sich z.B. Spannung von der Quinte in den Grundton auflöst ist bei Dur und Moll anders.

    Dur F -> Bb
    Moll D -> G

    Wie @Roland schon schriebte, es kann gut sein, dass es nach diesen vier Takten ganz anders weiter geht und das Stück insgesamt in Dur steht.
     
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  5. bebob99

    bebob99 Strebt nach Höherem

    Ich bin auch Informatiker :rolleyes:

    Aber im Ernst: es ist ganz egal, ob in der gezeigten Zeile gerade tatsächlich ein "b" oder "es" vorkommt oder nicht. Wichtig ist, dass Du das ganz am Anfang anschaust und verinnerlichst: B-Dur = B + Es. Immer, überall, bei jedem Vorkommen. Kommt keins vor, dann ist es ja egal. Was aber NICHT geht: Falls hier ein Es vorkommen würde aber kein B, nur das Es als Vorzeichen anschreiben.

    Alle Tonarten haben einen begrenzten Satz Vorzeichen von null bis sieben Kreuze oder ebenso viele B's. Es kommen immer nur welche dazu. Es werden keine "gerade unbenutzten" weggelassen. Das wäre viel zu kompliziert zu lesen. Anhand des angeschriebenen Häufchens an Vorzeichen ist die Tonart bestimmt und dann rattern im Kopf automatisch alle davon betroffenen Noten herunter.

    zwei "b" = B-Dur = B, Es
    vier # = E-Dur = fis, cis, gis, dis
    ...

    Und aus. Danach muss man nicht immer gedanklich oder tatsächlich bei jeder Note an den Anfang des Stücks zurück denken. Die Info "B-Dur: B, Es" hängt über dem ganzen Stück.

    Dass es sich auch um eine "parallele Moll handeln" könnte ignoriere ich mal, weil es in diesem Sinn gar keinen Unterschied macht.

    Die Faulen legen bei einer "B-Tonart" gleich mal den linken Zeigefinger auf das Front-B. Zur Erinnerung. Außerdem ist dann das erste B schon immer richtig. Bei einfachen Melodien musst Du auch nicht umgreifen und hast auch kaum Kombinationen bei denn ein anderes "b" besser zu greifen wäre. Bist Du zu komplizierteren Stücken kommst, hast Du das mit den Vorzeichen längst automatisiert.

    Wenn Du dann noch länger spielst, musst Du die Vorzeichen oft gar nicht mehr ansehen, weil sich der jeweilige Ton oft automatisch aus dem Spielfluss der Melodie ergibt und Du nicht mehr darüber nachdenken musst, ob das jetzt ein E oder ein Es sein müsste. Es passt ohnehin nur einer.

    Und zuguterletzt: Die wenigsten Stücke sind "Saxophon Solo ohne Begleitung". Vom Notenmaterial sind auch andere Instrumente betroffen und die Tonart gilt für das ganze Stück mit allen Instrumenten. Nur weil Du gerade keine der Noten spielen musst, heißt das nicht, dass nicht andere in dem Tonmaterial von der Notation betroffen sind. Da bekommst Du für Deine Stimme keine völlig überflüssige und verwirrende Extrawurst von abweichenden Vorzeichen - nur eine auf Dein Instrument transponierte Stimmung, bei der die Noten den jeweiligen GRIFFEN entsprechen, nicht der tatsächliche (klingenden)Tonhöhe.
     
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  6. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Wie unterschiedlich Köpfe funktionieren.
    Die abweichenden Noten pro Tonart zu lernen wäre mir komplett „um die Ecke“ weil es immer irgendwie auf C-Dur Bezug nimmt.

    Ich habe irgendwann den Geschmack und das Gefühl von As auf meinem Instrument verinnerlicht und mir das dazugehörige Tonmaterial in Kopf und Finger geübt. Ohne Umweg über „C-Dur plus vier b“ - Ab Bb C Db Eb F G geht für mich viel schneller.

    Natürlich habe ich mir auch die Zusammenhänge angeschaut und weiß, warum das nächste zusätzliche b immer auf der vierten Stufe der Tonleiter kommen muss. Wenn ich das aber bewusstseinspflichtig anfange zu denken, ist das Stück vorbei, bevor ich die Vorzeichen ausgezählt habe…
     
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  7. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Ok Du Informatiker. Du hast da ne Menge globaler Variablen in Form der Notenlinien ind Zwischenräume. Ganz am Anfang werden die gewissermaßen initialisiert. Die Anwesenheit von Vorzeichen oder deren Fehlen vermittelt Dir die Werte. Da muss dann zwischendurch nicht mehr nach vorn gelinst werden.
    Der Haken ist, dass man das mit den Tonarten einfach lernen muss.
     
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  8. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Dann wäre noch der Aspekt der Lesbarkeit.
    In der oberen Zeile mit festgelegter Tonart. (Schau mal welche das sein soll, so als Übung)
    In der zweiten Zeile gewissermaßen als C-Dur notiert, aber mit dem nötigen Vorzeichen vor jeder Note.
    Viel Spaß bei Melodien über mehr als drei Takte.
    IMG_20221120_181111.jpg
     
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  9. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Tonarten sind wie Tuschkästen mit bestimmten Farben. Du kannst als Komponist alle Farben benutzen, musst es aber nicht. Insofern hast du auch Stücke, die zwar mit den Farben des Tuschkastens xy gemalt wurden aber nicht alle benutzt worden sind, das ist eine Entscheidung des Komponisten.

    Visuell/Optik: Bei einer Tonart werden die Vorzeichen vorne dargestellt, damit man nicht dauernd sie vor jede Note schreiben muss, was visuell sonst das Notenbild zumüllen kann und die Übersicht abhanden kommt, gerade wenn es sehr viele Vorzeichen gibt und eventuell auch noch Auflösungszeichen und weitere Vorzeichen zusätzlich benutzt werden.

    In einer Tonart habe die einzelnen Töne in Bezug zum Grundton ein bestimmtes Spannungsverhältnis. So klingt der Ton C in C Dur spannungsarm (frei) wohingegen er in Db Dur viel Spannung hat. Der gleiche Ton hat also in unterschiedlichen Tonarten eine andere Spannung (in Bezug auf den Grundton) und wirkt damit in einer Melodie auch anders. In Melodien geht es ja meist um den Auf- und Abbau von Spannungen.

    Durch das Festlegen einer Tonart erfährst du mit entspechendem Fachwissen lassen sich Melodien leichter erfassen, weil du die Töne der Tonleiter zuordnen kannst oder als zusätzliche Töne von ausserhalb der Tonleiter erkennst. Das hilft z.B. beim Lernen einer Melodie.

    Das Notensystem unterscheidet nicht zwischen einem Anfänger und einem Fortgeschrittenem, das ist wie bei der Sprache, die Wörter werden da für Anfänger auch nicht einfacher buchstabiert und notiert.
     
  10. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Das ist sehr schön beschrieben.

    Hier in der „Anfängerabteilung“ sollte man aber dazu erklären, dass ein H in F-Dur (F G A Bb C D E) gar nicht vorkommt.

    Wer also dieses Event spüren möchte, spielt eine Weile die F-Dur Tonleiter rauf und runter und streut dann mal statt dem B(b) ein H ein.
    Noch schöner, wenn man das zu einer F-Drone oder einem Payalong mit F-Akkorden spielt.
     
  11. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Und versucht sich vorzustellen, welcher Gestalt eine Lydische Ente sein könnte...
     
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  12. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Wie der Avatar von @quax ?
     
  13. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Einfach: siehe die Ente von Helga, Ehefrau von Hägar.
     
  14. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Jetzt beginne ich die größeren Zusammenhänge zu verstehen.
     
  15. Matthias Wendt

    Matthias Wendt Ist fast schon zuhause hier

    Solltest Du jemals in die Verlegenheit kommen zwölftönige Stücke spielen zu müssen oder überhaupt etwas modernere E-Musik wirst Du um einen ganzen Haufen von mitten in die Notenstimmen eingestreuten Vorzeichen nicht herumkommen, da entweder die Tonalität / die Tonarten aufgehoben sind (Zwölftonmusik) oder so kompliziert sind, dass Generalvorzeichen alleine unnütz oder wenig hilfreich sind. Ein schönes Beispiel: Alban Bergs Violinkonzert
     
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  16. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Die ist höchstens mixolydisch.
     
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  17. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Zweifelsohne.
    Andererseits sind das die Ausnahmen und nicht die Regel.
     
  18. zwar

    zwar Ist fast schon zuhause hier

    die regel ist es zb aber orchestrierte filmmusik. die wird üblicherweise ohne generalvorzeichen notiert
     
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  19. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Ich höre Euch...
    kvack.gif
    KVACK!!!

    :D:D:D
     
    Rick, ilikestitt, giuseppe und 3 anderen gefällt das.
  20. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Klar gibt es auch das. Findet das in unseren Orchestern und Bands weite Verbreitung?
     
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