Welche improvisatorischen Fähigkeiten haben herausragende Saxophonisten?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Tröto, 17.Oktober.2011.

  1. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Da der Thread "Lieblingssaxofonisten" sich gerade in diese Fragestellung hin entwickelt, mache ich den hier mal auf.
     
  2. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Ein Beispiel für das, was Mario - vielleicht, unter Umständen, möglicherweise, ggf. etc ;-) -, auch als Skalenwichserei bezeichnen würde:



    Ich habe die Band drei Monate später in Hamburg gehört und seitdem liebe ich dieses Stück in genau dieser Interpretation (auf Breckers erster CD unter eigenem Namen liegt das Stück in einer weitaus entschärfteren Version vor)!

    Brecker stellt Geschwindigkeitsrekorde ein oder auf, das kann man so sehen. Er spielt Brecker-typische Licks, wie man sie auch später oft zu hören bekommen hat.

    Und trotzdem:
    Ich finde dieses Solo herausragend, es passt nach meinem Geschmack in Bezug auf Thema, Tempo, Instrumentation usw. wie die Faust auf's Auge.

    Aber ansonsten, tatsächlich, bin ich überhaupt kein Fan von Hochgeschwindigkeitsspielereien. Man erkennt m. E., wenn man sich nur ein bisschen auskennt und ein paar Jährchen Jazz gehört hat, schnell, ob ein Solist ein eifriger Licks-Sammler und -Dudler war und ist und diese in immer wiederkehrenden Varianten zum Besten gibt.

    Und um noch ein bisschen Prügel zu beziehen:
    Ich halte z.B Herrn Sanborn für genau einen solchen.

    Kleine Ergänzung noch:
    Hochgeschwindigkeits- und intensives Licks-Spiel bedingen sich meiner Meinung nach schon in gewisser Weise. Deshalb kann man sie schon in einen Topf werfen, was ich zuvor in meinem Beitrag sicherlich getan habe.
     
  3. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Hallo Tröto,

    ich habe hohen Respekt vor dem was Michael Brecker auf dem Tenorsax vorführt.

    Die Musik finde ich aber einfach nur grässlich.

    Ist herausragende Improvisation immer Schnelligkeit oder geht es auch anders?

    LG

    Dreas
     
  4. Saxfriend

    Saxfriend Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Leute,

    so akrobatisch das Spiel des Michael Brecker auch sein mag, so richtig begeistert bin auch ich nicht von diesem Stück. Der Sound des Saxes ist absolut genial, aber dieses schnelle und sehr eigene Spiel auf dem Sax gefällt mir nicht. M. Brecker ist ein begnadeter Saxophonist :-D Das will ich nicht in Frage stellen, aber nicht alles muß mir gefallen,
    Saxfriend
     
  5. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem


    Geht auch anders. Bei Miles Davis zum Beispiel.......




    SlowJoe
     
  6. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    Miles Davis wird oft als ausgewiesenes Gegenbeispiel genannt, wenn es um das Thema Hochgeschwindigkeitsimprovisieren geht.

    Klar, der richtige Ton zum richtigen Zeitpunkt, vieles besser weglassen . . .

    Für die meisten Zeitabschnitte seiner Laufbahn ist das m.E. sicherlich auch richtig.

    Wer wollte es schon mit Charlie Parker in Fragen des Tempos aufnehmen!

    Andererseits hat Miles Davis auch gezeigt, dass er es durchaus anders kann, und zwar in der Phase in den 60ern, als er mit Wayne Shorter, Tony Williams, Herbie Hancock und Ron Carter spielte.

     
  7. montreal

    montreal Ist fast schon zuhause hier

    Hallo!

    Improvisation geht auch anders, zum Glück!
    Ich finde, das Improvisation von der Vielfalt der Möglichkeiten lebt: Tempowechsel, Pausen, gezielter Einsatz von Effekten, Dynamik etc.. Ich empfinde eine mit hoher Geschwindigkeit gespielte Passage als äußerst effektvoll und hörenswert, sie muß für meinen Geschmack aber in einem zeitlich passenden Rahmen bleiben.
    Für mich ist Joshua Redman ein Beispiel für einen guten "Improvisator". Chris Cheek´s Improvisationsart gefällt mir auch.
    Gruß, Thomas
     
  8. Gast

    Gast Guest

    Hi !

    Also ich sehe es So:

    Improvisieren über ein Stück...über gewisse Akkordfolgen und Rhythmen ... hat in erster Linie etwas mit Phantasie und Schöpferischer Fähigkeit zu tun.
    Man erzählt die gegebene Geschichte in anderen Worten ( Tönen)...schmückt sie aus. lässt was weg...addiert was dazu...
    > wenn ich das mal so umschreiben darf.

    WENN man das dann auch noch schnell kann....GUT.

    Wenn aber die Phantasie des Improvisieren zu dem Abdudeln aller möglicher Tonleitern und Licks verkommt, die ein jeweiliges Akkordschema nunmal zulässt, dann ist das eine Technische Show.... eher weniger und nicht mehr.

    Ich habe ganz früher viel Oldtime-Jazz gehört---- DA kann man noch improvisierte und vor allem Phantasievolle Soli finden !
    Je weiter der Jazz sich jedoch in die Moderne entwickelt hat, desto öfter findet man den Geschwindigkeitsrausch auf der Skalenbahn....tendentiös gesprochen.

    Ich selbst spiele gerne sehr schnell.....aber niemals schneller, als meine Phantasie arbeiten kann >> sonst landet man in technisch versiertem aber Hirnlosen Gedudel.


    LG

    CBP
     
  9. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    die m.E. wichtigste und einzige über die Qualität der Improvisation entscheidende Fähigkeit ist "Musikalität".

    Auf jedem technischen Niveau kann man mit entsprechender Musikalität herausragende Soli spielen.

    Technik um der Technik Willen hingegen ist keine Musik sondern Zirkus (so Paquito de Rivera im übertragenen Sinne), und dem stimme ich zu.

    Allerdings:
    Michael Brecker verbindet ein Höchstmaß an Technik mit einem Höchstmaß an Musikalität.

    Seine Musik, speziell die hier verlinkte muss ja nicht jedem gefallen, und ich mag sie auch nicht (mehr).

    Sein Spiel als "Skalenwichserei" zu bezeichnen finde ich hingegen ein Zeichen mangelnder Toleranz, Respekt und bar jeglicher Musikalität. Da geht mir die Hutschnur hoch, wenn ich sowas lese.

    Gruß,
    xcielo
     
  10. Rick

    Rick Experte

    Meiner Ansicht nach ist das auch eine Zielgruppenfrage.

    Ein Profi-Musiker muss immer sein Publikum im Auge haben - gefällt dem nicht, was er spielt, sollte er schleunigst sein Konzept ändern, um zu überleben - oder er versteht sich als "unverstandenen Künstler" und pflegt dieses Image einsam in seinem Kämmerlein... ;-)

    In der heißen Phase des Fusion (70er bis 90er) wusste ein vorwiegend junges, männliches Publikum "Sportlichkeit" sehr zu schätzen, verblüffende Technik und Rasanz.
    Das war dann sicherlich oft mehr Akrobatik als Musik, aber die Leute standen total drauf und erwarteten das auch von den Musikern.

    Natürlich kann man in hohen Tempi nicht mehr so schnell Neues erfinden, kreativ sein, also muss man zwangsläufig "Licks abspulen", die man zu Hause antrainiert hat.

    Auch in Bezug auf Harmonik und Melodik wollte das Publikum nicht unbedingt Neues hören, man liebte die Quartparallelen, übermäßigen Akkorde und viel Chromatik, "Inside-Outside Playing". :-D

    All diese Bedürfnisse haben die "Stars" wie Sanborn, Brecker, Bill Evans usw. hervorragend befriedigt, also wurden sie sehr erfolgreich, so lange der Hype anhielt.

    Ich sehe darin nichts Verwerfliches, auch wenn ich diesen Stil nur am Rande mitgemacht habe, weil er für meinen Geschmack früh in Klischees erstarrte, auf die ich persönlich keinen Bock hatte.
    Aber es gab damals einen Haufen musikalischer Glanzpunkte, die mich bis heute faszinieren - und manche Aufnahme von Michael Brecker gehört auf jeden Fall dazu! :)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  11. montreal

    montreal Ist fast schon zuhause hier

    Hallo,xcielo, das hat doch hier gar keiner von Brecker behauptet!
    Gruß, Thomas
     
  12. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    Hmmmmmmmmm....

    Schnelligkeit ist ein Kriterium, aber keine Notwendigkeit für "herausragendes" Saxspiel.
    Ein, für mich(!!!) notwendiges Kriterium ist: erreicht der Herr, die Dame mich? Demonstriert mir hier jemand seine technischen Fähigkeiten (kann mal ganz nett sein), oder versucht mir jemand etwas über sich mitzuteilen und gelingt es ihm / ihr?
    Sehr subjektiv!

    Lg
    Edo

    Lg
     
  13. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    ich muss mich wohl korrigieren.

    Nein, niemand hat das Spiel von "Michael Brecker" als "Skalenwichserei" bezeichnet.

    Ich habe das also nicht gelesen, und mir geht nicht die Hutschnur hoch!

    Tatsächlich bin ich nur der natürlich völlig irrigen Vermutung aufgesessen, dass die in einem anderen thread mit diesem Begriff verbundene Spielweise auch auf Michael Brecker gemünzt sein könnte ;-)

    Mea culpa,
    xcielo
     
  14. Gast

    Gast Guest

    @Edosaxt

    Meine Meinung in anderen Worten !!

    Hey...wenn DAS nicht eine "Improvisation" ist !!!

    Klasse ;-) ;-)


    CBP
     
  15. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    ganz genau, edo...

    und technisch gesehen sollte der / die Künstler aus meiner Sicht möglichst viel "draufhaben", weil das einfach viel mehr Wahl-/Ausdrucksmöglichkeiten
    bietet ( ich meine jetzt nicht den Technikexhibitionismus). Stellt euch vor, Brecker hätte auf trötos (für mich) tollem Beispiel mangels technischer Exzellenz irgendein paar Allerweltslicks aneinanderketten müssen?
     
  16. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    was ist eine gute impro?

    wenn info rüberkommt (o-ton unseres schlagzeugers)......sehr verkürzt, aber recht hat er. der musiker erzählt mir eine geschichte, die mir gefällt.

    da muss beides stimmen: das erzählen und das gefallen. es gibt ja auch geschichten, die gut erzählt sind und die einem nicht gefallen! es ist also alles auch sehr subjektiv.

    zu brecker: der typ ist einer meiner absoluten favourites und konnte sogar langsam spielen und was rüberbringen, man stelle sich das mal vor. er hat das schnelle spielen m.e. als stilmittel eingesetzt und nicht als demonstration, was er technisch drauf hatte. das hatte er nicht nötig, weil eh alle wussten, dass er trechnisch mit der beste auf dem erdball war. aber ich habe mich ca 25 jahre an ihn herantasten müssen und merke oftmals heute, dass ich jetzt neue sachen in seinem spiel entdecke. rip m.b.!

    grüsse

    andi
     
  17. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Hi,

    ich weiß nicht, welche improvisatorischen Fähigkeiten "herausragende" Saxophonisten haben.

    Aber ich weiß, welche Fähigkeiten ich besonders schätze.

    - dynamischer Aufbau
    - stilistische Bandbreite
    - kreatives Verarbeiten des Themas
    - das Finden des letzten Tones :lol:

    Wenn er/sie mich auch noch berührt, bin ich der glücklichste Zuhörer der Welt.

    Liebe Grüße

    Chris
     
  18. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    echtes improvisieren, also nichts vorher(!) zurechtgelegtes.
    und ehrlichkeit;d.h. nur das spielen was wirklich in einem ist und nicht, was gut ankommt oder eindruck schindet oder zeigt, dass man die theorie brav gelernt hat.
    l.g. grmz
     
  19. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Ich finde es schade, wenn Saxophonisten, die technisch unglaublich versiert sind, schon fast automatisch fehlendes "Feeling" oder "showing off" vorgeworfen wird. Klar gibt es sie zuhauf, technisch sehr fortgeschrittene Musiker, die mit unglaublich vielen aneinandergeketteten Phrasen unglaublich wenig zu sagen haben. Aber genauso wie es Menschen gibt, die mit wenig Worten unglaublich viel ausdrücken können, gibt es welche, die sich viel umständlicher ausdrücken und viel mehr Worte benutzen, um sich verständlich zu machen. Vergleicht es auch mal mit Schriftstellern. Ich finde, bei improvisierenden Musikern ist das genauso. Es gibt auch welche, die vordergründig sehr technisch daherkommen, aber trotzdem nicht weniger musikalisch sind und uns sehr viel zu sagen haben.
     
  20. Gast

    Gast Guest

    @Nightwatchman

    ( Sorry > Nightwatchwoman !!! )

    > es geht ja nicht um das ""Genre"" der Improvisierten Geschichte........

    Da kann es ( auch musikalisch ) vom Slapstick bis zur Ode oder der vollen Symphonie gereichen.....vom Reim bis zum Epos ... von der Novelle bis zum Roman.

    Da können / MÜSSEN sogar gewisse musikalische und auch ""Handwerkliche "" Fähigkeiten vorhanden sein.

    NUR ... nicht jede Fähigkeit taugt zum IMPROVISIEREN....

    Genauso wie nicht JEDES OHR eine solche Improvisatiom erkennen mag.

    Ich z.B. Lieeebe Van Gogh...aber ich Hasse Marc Chagall....

    Beide waren Maler von ausgesprochener Ausdrucksweise und eigenem Stil-.......

    aber nicht jeder gefällt halt.

    Insofern habe auch Improvisatorische Fähigkeiten / Aktionen ihren eigenen Lauf und ihre eigenen Gesetze.....

    und wir werden alle berühmt, wenn wir gestorben sind :_) :)
    :)


    Cheers !

    CBP
     
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