Welche Zukunft hat Jazz?

Dieses Thema im Forum "Eigene (musikrelevante) Themen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 5328, 15.Mai.2011.

  1. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    @Dreas
    Hmmmm......

    Versteh ich nicht ganz, deine "Öffentlich Rechtliche" Kritik. Also, wenn irgendwo Jazz läuft, dann doch dort (BR, Arte, 3sat, diverse andere Kultursender), ich hab noch nie Jazz bei Pro7 gehört, außer von Lisa Simson in der bekannten Serie vorgetragen.

    LG
    edo
     
  2. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    Sorry doppelpost
    edo
     
  3. Gast

    Gast Guest

    Kürzlich hatte ich mit meinem Saxlehrer eine kleine Unterhaltung über das Improvisieren.

    In aller Kürze wieder gegeben:

    Viele Jazzer improvisieren für die anderen Jazzer. Denen wollen sie imponieren: wie schnell sie spielen können, wie sicher sie die Skalen beherrschen, wie sie die schwierigsten Nuancen der Akkorde umsetzen können. Bei der Improvisation erkennt man auch nicht mehr, zu welchem Titel die Improvisation gehören könnte. Im Grunde ist die Improvisation beliebig, Hauptsache schneller, höher, weiter!

    Und dann gibt Musiker, die spielen nicht für die anderen Jazzer, die spielen für die Zuhörer, für das Publikum, das der Musik auch noch folgen können soll. Die Improvisation ist dann meistens der Melodie näher, man kann zwischendurch immer mal wieder ein kleines Aha-Erlebnis haben; ja, wir waren ja bei z.B. "Gee Baby, Aint I Good to you?"

    Jazzelemente hört man allenthalben, vielleicht ist die Bezeichnung "Jazz" auch verstaubt, vielleicht wird damit auch "Musik von vorgestern" assoziiert. Für mich als 15-jähriger war damals Klassik total verstaubt.

    Irgendwo habe ich hier gelesen, Jazz ist nicht tot, er riecht nur ein bisschen streng. Das war jetzt frei übersetzt, sozusagen improvisiert:)

    Herzliche Grüße,

    Joe

     
  4. tbeck

    tbeck Strebt nach Höherem

    Die Frage ist ja, wann wird denn da mal was gesendet, vielleicht alle 14 Tage oder alle 4 Wochen, mal eine Sendung mit Jazz?
    Im Radio, hier bei uns ist WDR 3 eigentlich der Klassiksender, gibt es dann mal eine Sendung um 22:00Uhr.
    Dann bleibt noch DLF.
    Alle anderen Sender senden den ganzen Tag Charts rauf und runter, die Anzahl der verschiedenen Titel die dem Zuhörer noch angeboten werden haben sich dramatisch reduziert.
     
  5. Morello

    Morello Ist fast schon zuhause hier

    Wenn man nur UKW zur Verfügung hat, ist es natürlich dünn, weil man nur die öff-rechtl. Radiosender in der Nähe bekommt.

    Wer Satellitenfernsehen hat, hat schon mehr Auswahl.

    Und richtig gut wird's, wenn man sich Internet-Radio zulegt:
    Beispiel

    kleine Übersicht der wöchentlichen Sendungen im öff-rechtl.:
    Jazzz im Radio


    Gruß

    Morello
     
  6. Gast

    Gast Guest

    Ich habe auf dieser Seite

    unter "suche" das Stichwort "Jazz" eingegeben und dies erhalten:

    Treffer

    7010 Treffer bei den Öffentlich-Rechtlichen! Ich hab aber nicht überprüft, ob das alles brauchbar i.S. von Jazz ist.

    Herzliche Grüße,

    Joe
     
  7. Rick

    Rick Experte

    Hallo Edo,

    stimmt nicht ganz, bei Pro7 gab es 2005 eine "TV-Total Jazz Night", die war absolut klasse!

    Da hat Stefan Raab (mal wieder!) völlig cool bewiesen, dass auch so ein "verstaubter" Big-Band-Swing noch unterhaltsam sein und beim Publikum ankommen kann, wenn er attraktiv und witzig präsentiert wird (ab ca. 1:15 geht's richtig ab!): http://tvtotal.prosieben.de/tvtotal/videos/player/?contentId=15949

    ABER - zum Jazz gehört das Live-Spielen, und das hat im Fernsehen so seine Tücken, weil die dort inzwischen nur noch auf Sprache eingestellt sind. Mit "Bordmitteln" können die heute oft gar keine Musik mehr aufnehmen/senden! :-o

    Pop-Musik ist einfach konsumier- und reproduzierbar, da legste ein Playback ein und fertig. Macht keinen Stress, da gibt's keine Unwägbarkeiten durch Improvisation (Risiken und Experimente liebt man beim Fernsehen überhaupt nicht!).

    Meine Meinung: Die könnten es schon, wenn sie wollten, aber sie sind zu faul und unmotiviert, gehen lieber auf Nummer sicher.
    Also wird auch heute, über 15 Jahre nach meinem Erlebnis mit den Jugendlichen, weiterhin der breiten Öffentlichkeit geiler Jazz vorenthalten... :-(


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  8. tbeck

    tbeck Strebt nach Höherem

    Hallo Morello,
    ich stimme Dir natürlich völlig zu und wer recherchiert wird auch fündig werden, besonders im Internet.
    Aber es geht ja darum der breiten Masse den Jazz oder auch anderes zu Gehör zu bringen und diesen Auftrag erfüllt das Öffentlichrechtliche nicht.

    gruss
    Thomas
     
  9. Gast

    Gast Guest

    Thomas, bitte sieh doch mal nach:

    über 7000 Treffer bei dem Stichwort Jazz bei der ARD!

    Und da ich schon mal dabei bin:

    Mittwochs DRadioKultur: selten Jazz aber sehr oft g... Konzerte.

    Findet ihr hier.



    Und noch eine Bemerkung zum Auftrag der Öffentlich-Rechtlichen:

    Wer ist das denn? Und wer bestimmt dort? Neben den Programmverantwortlichen sitzen da Politiker im Rundfunkrat und machen denen die Hölle heiß, wenn sie nicht genügend Quote bringen. Stell ich mir so vor:

    "Die hohen Gebühren und keiner sieht oder hört zu. Programm für Minderheiten. Geschmacksverirrung. Wer will das denn? Kann man es auch gleich lassen. Das breite Volk zahlt auch Gebühren. Dann muss deren Geschmack auch bedient werden. Ich kriege zu Haus was von meinen Wählern aufs Haupt. So geht das jedenfalls nicht!"

    Jazzige Grüße,

    Joe
     
  10. Wilson

    Wilson Gehört zum Inventar

    Eine interessante Thematik, mit der ich mich auch schon das ein oder andere Mal beschäftigt habe. Beobachte ich die Geschichte des Jazz, meine ich da zu erkennen, dass der Jazz wie keine andere Musik Strömungen aufnimmt und sich mit dem Ziel verändert und entwickelt, aufkommende Sehnsüchte und Probleme der Gesellschaft oder kleinerer gesellschaftlicher Untergruppierungen aufzunehmen und somit eine Veränderung selbiger zu initiieren. Die Sehnsüchte würde ich da fast schon vor die Probleme stellen. Nach dem Börsen-Crash, vor allem aber nach dem zweiten Weltkrieg bis in die 50er gab es das Bedürfnis der Menschen, ihre Lebensfreude mit tanzbarer Musik herausplatzen zu lassen. Deswegen waren die Swingbands zu der Zeit wahrscheinlich so erfolgreich. Der Bebop kam wahrscheinlich auf, weil sich die schwarzen Musiker von den weißen, die auch aufgrund der Rassenproblematik kommerziell viel erfolgreicher waren, differenzieren wollten. Die Freejazzphase erklärt sich wegen des Bedürfnisses nach Freiheit und Gleichberechtigung von Seiten der schwarzen Bevölkerung von selbst, nachfolgende Stile ebenso.

    Um zu Dreas Frage zurückzufinden, so würde ich die zukünftigen Probleme vor allem im religiösen Bereich sehen, es gibt da sicherlich noch viele andere Entwicklungen, dieses ist meines Gefühls nach aber jenes mit dem größten Konfliktpotential. Vielleicht wird sich der zukünftige Jazzstil wieder etwas mehr Coltrane-like entwickeln, vielleicht befinden wir uns gerade mitten in der Suche nach unserem "Love Supreme". Da fällt mir gerade ein, dass ich das Stück umbedingt aufnehmen wollte, vielleicht ein guter Ansatz, um es zu spielen...
     
  11. Morello

    Morello Ist fast schon zuhause hier

    Hallo tbeck,

    im Grundsatz hast Du Recht.
    Aber ich würde es nicht ganz so schwarz sehen. Anderen Musikrichtungen abseits von den Charts geht es ähnlich. Ich könnte mir vorstellen, das die "klassiker" eine ebensolche Diskussion führen wie wie hier.

    Ich meine, es ist in den letzten jahren sogar etwas besser geworden. Aber als Jazzliebhaber wünscht man sich natürlich mehr Angebote (gerade weil "Jazz" ja auch ein sehr breit gefächerter Begriff ist).

    Hier sei noch auf den kürzlich in ZDF-Kultur umbenannten öff-rechtl. Fernsehkanal hingewiesen, der seitdem vermehrt Jazzkonzerte bringt; z.B. die jedes Jahr vom NDR in Salzau aufgenommenen.

    Gruß

    Morello
     
  12. Wilson

    Wilson Gehört zum Inventar

    Jetzt hat das System doch einfach einen Absatz verschluckt...

    Also den Gedanken noch zuende gedacht, ich denke der Jazz hat eine Zukunft, weil er im Stande ist, sich zu verändern. Während andere Musikrichtungen relativ festgefahren sind, lebt der Jazz ja gewissermaßen von der Veränderung. Kommerziell wird er aber wahrscheinlich nicht mehr erfolgreich sein, dafür aber wertvoll.
     
  13. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ edo

    "Versteh ich nicht ganz, deine "Öffentlich Rechtliche" Kritik. Also, wenn irgendwo Jazz läuft, dann doch dort (BR, Arte, 3sat, diverse andere Kultursender), ich hab noch nie Jazz bei Pro7 gehört, außer von Lisa Simson in der bekannten Serie vorgetragen."

    Ja noch, aber immer weniger. In der Summe nähern sich die ÖR immer mehr den Privaten. DAS ktitisiere ich.

    LG

    Dreas
     
  14. cara

    cara Strebt nach Höherem

    Es gibt Sender, die nur Jazz senden, wie

    TSF Jazz
    Jazz radio
    Arrow Jazz
    .
    .
    .
    .
    .

    im Übrigen alles über Satelit zu empfangen. Ich denke mal, dass Kabel sich da auch nicht lumpen läßt.

    Leute, wir leben in Europa im Kommunikationszeitalter !

    Gruß Cara

     
  15. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Um die Ausgangsfrage zu beantworten: Die allerbeste!

    Noch nie gab es in unserem Städtchen soviele kleine Bühnen und Auftrittsorte und soviele feine Konzerte.

    Ich mache mir daher wenig Sorgen. Jazz besteht schließlich nicht nur aus großen Namen. Innovativer sind oft die unbekannten Leute.

    Gruß
    Saxfax

     
  16. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Ich bezweifle sehr, dass die Zukunft des Jazz etwas mit Medienpräsenz zu tun hat.

    Es geht um LIVE-Musik!

    Dafür braucht es

    1. Musiker

    2. Publikum

    3. Clubs

    Welche Aufgabe sollen die Medien denn da übernehmen? Vielleicht Interesse wecken mit dem Abspielen alter Glenn Miller Platten?
    :lol:
     
  17. Wilson

    Wilson Gehört zum Inventar

    Stimmt, wenn ich da z.B. an die Aufnahme von diesem Saxophonisten aus Island denke, der so einen genialen Ton und viele Ideen, aber vor allem einen Namen hatte, den ich nicht Ansatzweise aussprechen konnte. Davon gibts viele, und das ist gut so. Man hatte der nen Ton...
     
  18. tbeck

    tbeck Strebt nach Höherem

    Hallo Joe,
    ARD ist ein weiter Begriff, die wenigen Sendungen die es gibt werden natürlich durch alle Sendestation durchgenudelt, also erst NDR, WDR usw. und dann noch Radio- und Fernsehsender, da kommt dan scheinbar was zusammen, aber man sollte sich nicht täuschen lassen.

    Zitat Rick...
    Dem kann ich mich nur anschliessen1

    Gruss
    Thomas
     
  19. Cannonball

    Cannonball Kann einfach nicht wegbleiben


    Hey,

    In Köln Dellbrück gibt es sogar einen Förderverein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die "Jazz-Bewegung" zu fördern und auch Neulingen diesen Musikstil schmackhaft zu machen.

    Neben der jährlich stattfindenden "Jazzmeile", werden in regelmäßigen Abständen Jam-Sessions, Konzerte, Workshops etc. veranstaltet.

    Wer interessiert ist, dem kann ich die sehr intime und publikumsnahe Atmosphäre im Restaurant Pfeiffer sehr empfehlen.

    www.delljazz.de ist die Seite.

    Mitglied werden kann jeder, der Beitrag ist beliebig (allerdings mindestens 15€ im Jahr, wenn ich mich recht erinnere...)


    Gruß, Alexander
     
  20. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich weiß nicht, wofür es gut sein soll, wenn der Jazz von einer größeren Menschenmasse gehört wird. Kann doch jeder hören, was er will.

    Mir persönlich ist es unangenehm, wenn gute Jazzmusik im Kaufhaus dudelt. Die Vervielfältigung eines Artikels entwertet ihn, macht ihn zu einem standartisierten Massenartikel.

    Es wird auch hoffentlich immer einen Unterschied zwischen guter individueller Kunst und Kunsthandwerk geben, dass vielleicht gut für Hotelzimmer ist, aber eben wenig künstlerischen Wert hat.

    Norah Jones war genau bis zu dem Zeitpunkt gut, bis sie den Grammy bekam. Danach gefielen mir ihre Platten nicht mehr. Und das, merkwürdiger Weise, aus rein musikalischer Sicht. Vielleicht wurden die nächsten CDs unter anderen Bedingungen, z.B. unter plötzlichem kommerziellen Druck eingespielt. Ich weiß es nicht.

    Die Mainstreamphase des Jazz in den 30ern kommerzialisierte die Musik. Auch, wenn manchem der Sound gefällt, ist die Musik aus künstlerischer Sicht eher bescheiden. Meine Lieblingsband aus der Zeit ist das Duke Ellington-Orchester und selbst das verflacht im Niveau punktgenau ab 1930. Die besten Aufnahmen sind zwischen 1925 und 1930 gemacht worden, als die Idee neu war, in größeren Formationen zu spielen. Die meisten Aufnahmen danach sind wesentlich unspannender.

    Ist schon richtig beschrieben worden, dass der Jazz eben eng mit der Individualität der Künstler zusammen hängt. Es ist ein Wiederspruch, Individualität behalten und ein Programm für Millionen machen zu wollen.

    Jazz hat Zukunft und erfährt die notwendigen Neuerungen wie die gesamte bildende Kunst nur dann, wenn er eben nicht zum Mainstream wird.

    Gute Kunst ist immer elitär.

    Etwas anderes ist es, wenn Musik aus dem Volk kommt, dort produziert wird. Jazz gehört inzwischen zu den modernen Roots einer Musik, wie sie von vielen Amateur-Ensembles in Deutschland gespielt wird. Auch hier wird Jazz weiterleben, obwohl er natürlich etwas stinkt (war übrigens Frank Zappa, der das sagte). Das halte ich für legitim, sowie man auch vorzüglich und ohne große Avancen im Gospelchor singen kann.
    Mir persönlich ist es sehr viel mehr an dieser Art Volksmusik gelegen, als dass ich die großen Interpreten der Avantgarde bräuchte. Selber zu musizieren, so mit den Mitmenschen zu kommunizieren, entspricht einer demokratischen Gesellschaft mehr als das Feiern der großen Stars.
    Dass es diese nicht mehr so oft geben wird, liegt nicht zuletzt in der Struktur von Demokratie, zu der das Internet noch viel beitragen wird. Die Präsenz weniger Sender und Plattenfirmen wird gegenüber dem Medium Internet weiter abnehmen. Das ist gut, denn es entspricht der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Zeit der Stars gehörte in das 20. Jahrhundert. Wir erleben noch die letzten Ausläufer.

    Die Stile des Jazz verzweigten sich immer mehr. Ab den 50er Jahren floss der Jazz in Rock, Pop und immer mehr Genres ein und wird dort, wenn auch modifiziert, überleben. Die Bedingungen, wo es neue, unverwechselbare Jazzstile und deren Leitbilder gab, sind nicht mehr gegeben, deshalb ist der Jazz in dieser Form schon tot. Na gut, er wird immer hin noch von einer Schar Studierter künstlich beatmet.
     
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